fest Mißernte fast mrr Ott« Holland eingeflZhrt wird, verhäkt es sich ähnlich. In Erkenntnis der gefährlichen Loge hat di e Industrie des Einbruchsgeöietes befchloffen, sofort eine einmalige Sonderbei» Hilfe von 200 000 M. für Unverheiratete und 400000 M. für Ver- heiratete auszuzahlen. Das wäre schon eher geschehen, wenn nicht der Mangel an Zahlungsmitteln dazwischen gekommen wäre. Infolge der Zahlungsmittelkuappheit konnte bei Krupp nur ein Fünftel der Löhne ausgezahlt werden. Die Stimmung ist infolgedessen erregt. Von den Franzosen hereingebrachte landfremde Elemente, be- sonders Großpolen und Tschechen, agitieren lebhaft unter den Beleg- schaften der Zechen für wild« Streiks, bisher jedoch ohne Erfolg. Trotz des Verbots antifaschistischer Kundgebungen durch die deutschen und französischen Behörden rufen die Kommunisten des Ruhrgebiets zu Demonstrationen unter der Parole„Sturz der Regierung Cuno, Einrichtung einer Arbeiter- und Bauernregierung, Bewaffnung der Arbeiterschaft und Bündnis mit Sowjetrußland" auf. Gestern haben die einzelnen Divisionskommandeure den Ortsverwaltun- gen mitgeteilt, daß gegen jede Ansammlung auf der Straß« mit Waffengewalt eingeschritten würde. Es empfehle stch daher für die Einwohner, möglichst die Straße zu meiden. Da die Anschläge der Divisionskommandeure zum großen Teil erst heute veröffentlicht werden, bleibt noch die Hoffnung, daß die Anhänger der Kommunisten davon Abstand nehmen werden, sich den Gewehren der fremden Soldaten preiszugeben. Münster , 28. Juli. (Eig. Drabtber.) In Dortmund wurden 100 Zentner Kartoffeln, die für die Bevölkerung bestimmt waren, vondenFranzosen rücksichtslos für den eigenen Bedarf beschlagnahmt. Demonstrationen am Mittelrhein. Mannheim , 28. Juli. (Mtb.) Die Markentwertung hat in einigen Städten am Oberrhein zu Teuer ungsdemon st ra» tionen und Krawallen geführt. Um Schlimmerem vorzu» beugen, hat der Demobilmachungskommissar von Mannheim die Der- treter der Arbeitgeber und-nshmerorganifationen sowie die Vertreter der Schlichtungsbehörden zu einer Sitzung eingeladen, m der geeig- nete Maßnahmen zur BekämpfungderTeuerung besprochen werden sollen. Das Ergebnis der Sitzung steht noch aus. Dagegen wird uns von unterrichteter Seit« mitgeteilt, daß zurzeit auf ver, schiedenen Werten der Mannheimer Industrie für Teue- rungsdemonstrationen agitiert wird. Die Belegschaft der Mannheimer Schiffswerke hat bereits heute mittag ihre Betrieb« ver- lassen. Die Straßen der Stadt Mannheim bieten in den Mittags- stunden das gewohnte Bild. Die Bureaus der städtischen Verwaltung bleiben geschlossen. Sesatzungswillkür. Bochum , 28. Juli. (WTB.) Der Kommandant der 40. Infanterie- dioision ordnete die vollständige Stillegung der Stra- ß e n b a h n im ganzen Bereich der 40. Division an, und zwar heute abend bis Montag, den 30. Juli, früh ö Uhr. Dortmund , 28. Juli. (WTB.) Da der Direktor der Reichs- b a n k der Verfügung der Besatzungsbehörde vom 23. Juli, binnen drei Tagen 80 Milliarden Papiermart zu liefern, nicht nachgekommen ist, hat der Kommandierende General der Besatzungstruppen verfügt, daß der Direktor, der zweite Direktor und der Haupt- kasiierer der Reichsbank ausgewiesen werden und daß die Rcichsbank geschloffen wird. Im Verfolg dieser Verfügung wurde die Reichsbank von dem militärischen Unter-Intendanten der dritten Division oersiegelt._ Die Verhaftungen in Köln . Köln . 23. Juli. (WTB.) Zu der Metdung der„Rheinischen Zeitung ", daß in Köln Massenverhaftungen rechtsradikaler Put- fchisten stattgefunden hätten, wird von zuständiger Stelle mitgeteilt, daß gestern und heute insgesamt 3 Personen durch die b r i- t i sch« Besatzungsbehörde verhaftet worden sind. Bei einer wur- den drei Zentner Sprengstoff gefunden.(Welche Mahnohmen die deutsche Polizei ergriffen hat, läßt die amtliche Meldung offen. Anm. d. Red.)
Ralurschntz und Fischereiinkeressen. Gelegentlich der in Magde - bürg abgehaltenen 43. Jahresversammlung des Fifchereioereins für die Provinz Sachsen und Anhalt wurde mitgeteilt, daß die Bestre- bungen, den Reiher„als fchlimmften Feind der Fischerei im Zaum zu halten", Erfolg gehabt lzaben. In der großen Reiherkoloni« in Fleischwerder bei Wittenberg soll« nunmehr ein Teil ter Reiherhorste vernichtet werden. Diese Nachricht ist geeignet, in allen für den Landschaftsschutz der deutschen Heimat interessierten Kreisen Aufsehen zu erregen. Der Heimatschutz arbeitet dauernd darauf hin, daß diese prächtigen Vögel, die in den meisten deutschen Landesteilen so gut wie ausgestorben sind, mit allen Mitteln erhalten werden, wo sie sich noch zeigen. Nun droht hier einer der wenigen Reiherkolonien, die wir in Deutschland noch haben. Gefahr. Erst im Vorjahre wurde auf die starke Verminderung der Fischreiher am Niederrhein hingewiesen, ebenso auf die Bestrebungen Niedersachsens , die Reiherkolonien im unteren Wesergsbiet zu erhalten. Es erscheint daher dringend angebracht, daß in der Provinz Sachsen nach dem Reckten gesehen und die Zerstörung einer interessanten Stell« der deutschen Landschaft verhütet wird, bevor es zu spat ist. Der Schaden, den die wenigen Reiher an der Fischerer anrichten steht in gar keinem Berhältnis zu dem Wert, den sie für die Belebung des nord- deutschen Tieslandes bedeuten. Ueberdies ist langst bewiesen, daß unzählige Kleintiers und ihr« Larven, denen niemand nachstellt und mit Erfolg auch niemand nachstellen könnte, der Fischerei durch massenhafte Laichvertilgung unendlich mehr Schaden anrichten als die— hochgegriffen— paar Tausend Reiher, dre noch im Lande nisten. Darum muß gegen die tellweise oder völlig« Zerstörung von Reiherhorsten vom Standpunkte des Landschaftsschutzes aus dringend Protest erhoben werden. Das Verbot des Hindenburg -Films. In einer Kleinen Anftag« einiger deutschnationaler Landtagsabzeordneter wurde Beschwerde darüber geführt, daß durch Entscheidung der Filmoberprufungsstelle die öffentliche Vorführung des Bildstreifens„Hindenburgs Oft» prsußenreije" im ganzen Reich verboten worden ist. Das Staats. Ministerium wurde geftaat, was es diesem Verbot gegenüber zu tun gedenke. Wie der Amtliche Preußische Pressedienst mitteilt, beant- wartet der Mmister des Innern die Anftag« folgendermaßen: „Die öffentliche Vorführung des Bildstreifens„Hindenburgs Ostpreußenreise" ist durch Entscheidung der Filmoberprüfungsstelle vom 11. Mai 1023 für das Deutsche Reich verboten worden, jöa die auf Grund des Lichtspielgesetzes eingerichtete Filmoberprüfungsstelle ein« unabhängige Reichsbehörde ist, deren Entscheidungen end- gültig sind, so ist das preußische Staatsministerium nicht in der Lage, weiteres zu veranlassen." Ianz unerhörtl— werden die„echten" Preußen schnarren. Sie können sich immer noch nicht an den Gedanken gewöhnen, daß Preußen(und das übrige Deutschland ) nicht mehr in ihrem Jnter- esse regiert wird und daß die Republik sich zu schützen weiß. Ianz unerhörtl_ Karl Brögerd Leitgedicht ist seiner neuen Gedichtsammlung .Deulschland" entnommen, die im Verlag OZkar WSHrle in Konstanz Bodenseeschwimmer. Die ans Friedrichshafen gemeldet wird, dat der Schwimmer Otto Kemmerich aus Husum den Bodensce von NomanSboni biS Friedrichshaien durchschwömmen. Er hat die 13 Kilometer lange Strecke ohne Begleilboot In etwa 3 Stunden zurückgelegt ob- wohl ihn ein Gewittersimm eine beträchtliche Strecke abtrieb. I
Cm ab September 5000 M. Und wertbeständige Tarife. Im Reichspostministerium ist die angekündigte Vorlage über die neue Postgebührenerhöhung, die ab 1. September in Kraft treten soll, fortiggestellt worden. Die von der Reichsposwerwaltung vorgeschlage- nen Erhöhungen sehen durchweg einen 200prozentügen Aufschlag auf die am 1. August in Kraft tretenden Gebühren vor. Demnach soll ab 1. September der F e r n b r i e f AO 0 0 M. und die Fernpostkarte 1200 M. kosten. Bei den Telegrammen wird eine Grundgebühr von 4800 M. und eine Wortgebühr von 2400 M. vorgeschlagen. Die Ortsgebühr im Fernsprechverkehr soll auf 1500 Mark festgesetzt werden. Die Iahresgrundgebühren für Fernsprechan- schlüsse sollen von der neuen Erhöhung zunächst nicht betroffen werden. Zur Begründung der neuen Vorlage führt die Reichspost- Verwaltung an, daß der Iahresfehlbetrag der Reichspost, der bei der Festsetzung der am 1. August in Kraft tretenden Ge- Bühren.5,9 Billionen Mark betrug, inzwischen auf ungefähr 30 Billionen angewachsen ist. Die Aufwendungen, die der Reichspostverwaltung aus den letzten Erhöhungen der Dienstein- kommen der Beamten und Staatsarbeiter erwachsen, belaufen sich auf das Jahr gerechnet auf ungefähr 20 Billionen Mark: die säch- lichen Ausgaben betragen ungefähr 5 Billionen Mark. Gegenwärtig finden im Reichspostministerium Beratungen darüber statt, wie eine gewisse Wertbeständigkeit der Tarife erreicht werden kann. Es ist beabsichtigt, bestimmte Grundlagen für die Gebühren festzu- setzen, die es gestatten, mittels einer zu errechnenden Schlüsselzahl die Gebühren der Teuerung schneller als bisher anzupassen.
J\n unsere ZreunSe und Leser! Die durch die ungeheuerliche Entwertung der Mark und die damit verbundene ganz maßlose Preissteigerung aller Bedarfs- artitel und Materialien eingetretene wirtschaftliche Unsicherheit be- droht die Existenz unserer Presse. Papier - und Druckpreise steigen von Woche zu Woche. Erhöhung der Löhne und Gehälter muß den irrsinnigen Steigerungen der Preise für Lebens- mittel usw. nachfolgen. Die Zeitungen sind nicht in der Lage, ihre Preise wie die jeder anderen Ware der rasenden Entwertung der Mark von Tag zu Tag entsprechend zu steigern. Eine Festlegung des Abonne- mentspreiss ist daher bei dem täglichen Wechsel der Preise zur Unmöglichkeit geworden. Wir setzen deshalb den Abonne- mentspreis zunächst für die erste halste des August aus 50 000 UfL fest, die in zwei Raten gezahlt werden können. Dieser Betrag ist nach den bisher schätzungsmöglichen Preisen für Druck und Papier aufs knappste bemessen. Der Papierpreis für August wird erst am Donnerstag dieser Woche und zwar nach dem Dollar st and an diesem Tage festgesetzt: er wird eine ganz phantastische Höhe er- reichen. Diese lawinenartig anschwellenden Papierpreise, bei denen vor allem die Zellstoffabrikanten hohe Gewinne einstreichen, gestatten sich für die Presse zur Unerttäglichkeit und sind geeignet, sie zum Erliegen zu bringen. Di« Erhaltung unserer Presse muß aber die erste Pflichtunserer Parteigenossen sein. Wir bauen auf die bisher bewiesene Treue und das Verständnis unserer Freunde und Parteigenossen, daß sse in dieser gewitterschwülen Zeit ihr Parteiorgan, das Rückgrat der Partei und ihrer Organisation, erhalten werden. Verlag und Redakliou des„vorwärts".
wie fte hetzen. Severing, der faschistische Antifaschist. Di« Mordhetze gegen Genossen Eevering.die seinerzeit schmählich zusammengebrochen ist, wird von deutschvölkischer Seit« in der schamlosesten Weise sortgesetzt. Vor uns liegt ein Flug- blatt, das u. a. von den Anhängern Knüppel- Kunzes verbreitet wird und das die deutsche Erneuerungs-Gemeind«(Walter Kramers Verlag, Leipzig ) als ihr„geistiges Eigentum " erklärt. In diesem Flugblatt wird behauptet, Schlageter sei von Severings Polizeiorganen st eckbrieflichverfolgt und v o n z w e i Sozialisten den Franzosen denunziert worden, es operiert mit dem alten Mätzchen, Se vertu g habe dieselben„nationalen" Vereinigungen oerboten wie General Degoutte,„der Unter- jocher des Ruhrgebiets"/ und schließt mtt dem kaum mißverständlichen Fingerzeig: Die Ratgeber Severings! Wie die„Deutsche Zeitung" in Nr. 188 berichtet, sind die Mitarbeiter und Ratgeber Severings: Staatssekretär Dr. Freund, Ministerialdirektor Dr. Abegg, Dr. Wcißmann, Oberregierungsrat Dr. Weiß, Dr. Badt, Regie- rungsrat Gosler, auch die Privatsekretärin Käte Rosenhain, samt- lich jüdischer Abkunft. Auch den Verfassern des Flugblatts ist natürlich bekannt, daß Schlageters Verhaftung durch die Franzosen mit Severings Polizei- organen nicht das geringste zu tun hat, es ist ihnen bekannt, daß zwischen den Maßnahmen Severings und Degouttes keine Zusammen- häng« bestehen, sie wissen sehr genau, daß Schlageter von deutsch - völkischen Roßbach-Jüngern, also von seinen eigenen Gesinnungs - genossen und den edlen Genossen der ebenso edlen Flugblattschreiber denunziert wurde. Aber was kümmert das die treudeutsch« Meute um Knüppel-Kunze und die„Deutsche Zeitung"! Munter wird darauflos verleumdet und gehetzt:„Severing, der marxistische Anti- faschistl" Und damit das Eist janicht sein« Wirkung verfehle. vergißt man auch den Jagdruf nicht:„Der Iud ist los! Hallt!" Dieses Treiben ist durchaus der Hätz der Kommuni st en wert, die in spaltenlangen Schmähartikeln den Ruf zu Tode Hetzen: „Severing, der Faschist". Man braucht diese deutschvölkisch- kommunistischen Parolen nur nebeneinander zu halten, um die elende und verlogene Demagogie der Desperados zu? Rechten und zur Linken zu durchschauen. In ihnen offenbart sich das ganze G«> heimnis ihrer Regiekunst. Es wäre traurig um die Ar- beiterschaft bestellt, wenn das auch das Geheimnis ihrer Macht werden sollte._ �Staatskunft und Taktik/ Ein„ Mitglied" der Deutschen Volkspartei versuchte vor einiger Zeit in den„Frankfurter Nachrichten' gegen den Führer der Volkspartei Stresemann zu stänkern. Er erhielt von Stresemann eine gehörige Abfuhr. Nunmehr setzt dicS ehrenwerte„Mitglied" der Deutschen Volksportci, dem offenbar seine eigene Presie den Kredit gekündigt hat, die Stönkereien in— der deutschnationalen„Deutschen Tageszeitung' fort. Sollte es sich um jenen Dr. Siegfried Weber handeln, der sich vom„Tag" daS Attest der Berühmtheit ausstellen ließ und der daraufhin von der Volkspartei abgeschüttelt wurde? Oder gar um den deutsch - völkischen Geißler, der von den Volksparteilern den Abschiedsbrief bereits erhalten hat?
die Wartezeit in der CrVerbslofenfürforge. Das Presseamt Thüringen teill mit: Die Erwerbslosenunter. stützung dürfte bisher grundsätzlich nach einer Wartezeit von min. destens einer W och e gewährt werden, von einigen in der.Ver- ordnung ausdrücklich angegebenen Ausnahmen abgesehen. Noch dem Gesetz vom 19. Juli 1923, das soeben veröffentlicht worden ist, kann die oberste Landesbehörde mit Zustimmung des Reichsarbeits- Ministeriums die Wartezeit bis auf drei Tage abkürzen. Das Thüringische Wirtschaft sminl st erium hat beim Reichsarbeitsminister beantragt, daß diese Bestimmung mit dem In- krafttreten des Gesetzes, also mit dem 9. August, für Thüringen in Kraft gesetzt wird.
deutfthvölkisthe Revolution. Im eigenen Lager. Wir berichteten Über die Attacken eines deuffchoölkischen ehe- maligen Offiziers, die er gegen den„Alldeutschen Verband " und die„D e u t s ch e Z e i t u n g" ritt, und über das freudige Echo, das die Hetzjagd in der Presse der deutschvölkijchsn Freiheitspartei fand. Der deutschvölkische Gewährsmann warf den Alldeutschen nichts weniger vor,, als im jüdischen und jesuitischen Solde zu stehen. Im alldeutschen Lager schwieg man zunächst verschämt und oerstand ssch dann zu einer Moralpredigt in der„Deutschen Zeitung". Aber der deuffchvölkisch-freiheitliche Tobak scheint den Alldeutschen doch ein wenig zu stark gewesen zu sein. Der„All- deutsche Verband" hat nach einer Nachricht der„Deutschen Zeitung" nunmehr die notwendigen gerichtlichen Schritte gegen die Der- breiter der.„unwahren Behauptungen" eingeleitet, die von feiten der Fveiheitspartei mündlich und schriftlich gegen den Alldeutschen Ver- band ausgestreut werden. Das dürfte das erstemal sein, daß sich die Deutschvölkischen selbst die Verlogenhett ihrer antisemitischen und „antimarxistischen" Radaupropaganda vor Gericht bestätigen lassen.
frankfurter Verhaftungen. Frankfurt o. 211., 28. Juli. (TU.) Di« Ermittlungen der Kriminalpolizei bezüglich der Ermordung des Staatsanwalts Dr. Haas haben zu der Festnahme von etwa 25 Personen geführt. Davon sind 15 dem Richter zugeführt worden, well ihnen von der Polizei nachgewiesen werden konnte, daß sie sich in der Schwindtstraße mehr oder weniger tätlich beleidigt haben. Bei den übrigen Festgenommenen, die von der Polizei entlassen werden mußten, well ihnen tätige Teilnahme an den Ausschreitungen selbst nicht einwandstei nachgewiesen werden tonnte, wird die Deschuldi- gung wegen Landfriedensbruchs aufrechterhalten. Wegen dieser Per- gehen werden ssch die vorläufig entlassenen Personen demnächst vor dem Gericht zu verantworten haben. Ali» die H a u p t b« t e i l i g t« n an der Ermordung des Staats- anwaltschaftsrates Dr. Haas wurden bisher der 21jährige Dreher Willi Bender aus Hausen und der zurzeit erwerbslose Schreiiier und ehemalige Hilfspolizist KarlBräuning festgestellt. Bräuning ist 51 Jahre alt. Unter dem Druck der Ermittlungen der Kriminal- Polizei hat Bräuning zugegeben, daß er die beiden Verhängnis- vollen Schüsse abgegeben hat, die den Anfang der Aus- schreiwngen verursachten. Bräuning will die Schüsse lediglich als Warnung für die erregte Menge abgegeben haben. Nach den bis- herigen Ermittlungen muß aber angenommen werden, daß diese An- gaben nicht richtig sind. Seigischer KabmeÄsrm. � Brüssel, 28. Juli. (Eca.) Heute mittag von 12 bis 1 Uhr fand hier ein Kabinettsrat statt, der sich einer offiziösen Erklärung zufolge mit den Fragen der interalliierten Lage befaßte. Es handelte sich unt die endgültige Prüfung der Antwort auf die englische Note vom 20. Juli. Dieses Projekt, das im großen und ganzen mit der französischen Antwort übereinstimmt, jedoch in den Einzel- heilen stark von der stanzösischen Antwort abweichen dürfte, wird nunmehr zunächst dem Pariser Kabinett übermittelt werden. Es kann demnach angenommen werden, daß die Absendung der französischen und belgischen Antwort in London sich bis Montag abend oder Dienstag früh verschieben wird. Ueber den Text der Antwortnote wird in den maßgebenden Kreisen strengstes Still- schweigen bewahrt. Ein Lösungsprogramm öes„Temps". Paris , 28. Juli. (Eca.) Der„Temps", der in der letzten Zeit Meinungen zum Ausdruck bringt, die weniger die Auffassung der Regierungskreise wiedergeben, als vielmehr Gedankengänge, die den einflußreichen industriellem Kreisen entsprechen, stellt heute eine Art Programm der Weiterentwicklung der gegenwärtigen Lage auf, das er„den Weg der Zusammenarbeit" nennt. Der„Temps " bezeichnet zunächst drei Richtungen in Deutschland : 1. eine Richtung sei vertreten durch die gegenwärtige Regierung, die„mit Hilfe Eng- lands" den Widerstand fortsetzen wolle: 2. die„russische Richtung", die. vertreten durch die Kommunisten, auf der Grundlage der letzten Artikel Rädels, der die Hilfe der Dritten Internationale angebot.n habe, den deutsch -russischen Kampf gegen Frankreich predige: 3. eine „vernünftige Richtung". Letztere beabsichtige in keiner Weise vor Frankreich zu kapitulieren, sondern die Regierung zu ändern und die Geschäfte Deutschlands besser zu führen. Diese dritte Richtung gehe ursprünglich von den Sozialisten aus, finde aber auch, so folgert der„Temps" aus einem Artikel der„German ! a", in oen linken Kreisen des Zentrums Anklang. Der„Temps" sagt, Frankreich wolle nicht die Zerstörung Deutschlands , sondern das allgemeine Wohl Europcs und sei insolgedcssen der Ansicht, daß jetzt die Gläubiger Deutschlands einschreiten müßten, und zwar, nach den„persönlichen Idecu des Verfassers: 1. Die Gläubigerregie- rungen müßten Berlin klar machen, daß Deutschland sich in einer besseren Lage befände, wenn seine gegenwärtige Regierung durch ein Kabinett ersetzt würde, in dem alle republikanischen, ver- fassungstreuen Parteien vertreten wären. 2. Die neue deutsche Regierung könnte die aus der Ruhrfrage erwachsenden diplomatischen Schwierigkeiten vermeiden, wenn sie erklären würde. daß sie allen Beamten und allen Einwohnern des besetzten Gebiets freie Hand lasse, so daß diese ihrem Gewissen gemäß ihre Haltung gegenüber den Bcsatzungsbehörden einrichten könnten. 4 3. Durch eine Initiative der neuen deutschen Regierung müßte die Reparationskommission aufgefordert werden, entsprechend dem§ 9 des Anhangs 2 alle von Deutschland vorgebrachten Argumente und Zeugnisse anzunehmen, die mit der Zahlungsfähigkeit Deutsch- lands zusammenhingen. 4. Da es dringend notwendig ist, Deutsch , land eine neue Währung zu geben, die Aussicht hat, stabil zu sein, müßten die deutsche Regierung uud ihre Gläubiger zu gemeiusamer Arbeit sich zusammenfinden. Die Gläubigerregierungen müßten insbesondere erklären, daß sie unter Zahlungen nur solche Werte öerstehen, die tatsächlich auf den Hauptweltmärkten marktfähig sind, ohne daß das Reich Barzahlungen 3u leisten hätte, die den Kurs seiner Währung aufs neue erschüttern würden. Die deutsche Regierung könnte ihrerseits ein neues Organ schaffen, das in enger Zu- sammenarbeit mit der ReparotionSkommission stehen müßte und die Befugnisse hätte, eine erste Hypothek auf alle„Realitäten"(Gelände, Hütten. Gruben usw.), die im Besitz von Privatpersonen sind, auf- zunehmen, so daß die neue Währung durch ein bedeutendes Pfand gesichert würde,