Da die Logerbe st ände an Kots aus dem Ruhrrevier fast ganz abtransportiert find, vermehren die französischen Bs- satzungstruppen ihre Anstrengungen, um den für ihre Hüttenindustrie unentbehrlichen Brennstosf zu erhalten. Schon seit einiger Zeit griff die Besatzung auf die Lagerbe st ände der Eisen- werke an der Ruhr zurück. In den letzten Tagen versuchte man die Belegschaften einzelner Zcchcn zur Aufnahme des Kokerei- betriebe- zu zwingen, indem man ihnen im Weigerungsfall« den Zutritt zu sämtlichen Anlagen der Zechen unmöglich machte und so die Zechen überhaupt st i l l e g t. Dieses Vorgehen endete vor längerer Zeit auf den staatlichen Gruben mit einem glatten Mißerfolg infolge des einmütigen Widerstandes der Beamten und Ar- beiter. Auch der auf den privaten Zechen unternommene neue Ver- such, die Kokserzeugung für die Befatzungsmächte in Gang zu brin- gen, scheiterte an der Weigerung der Belegschaften, für sie zu arbei- ten. Im Csicncr Bezirk sind aus diesem Anlaß die Zechen„Gusiav' und„Heinrich", im Bochmner Bezirk die Zechen„Prinz von Preußen",„Amalie" und„Philipp Gustav" sowie„Dorstfeld II/III" bei Dortmund außer Betrieb. Der Brenn st offversand nach Frankreich und Belgien aus dem Ruhrbezirk hat im Juli gegenüber dem Monat Juni«ine beträchtliche Abnahme erfahren, und man rechnet damit, daß der Koksversand gegen Ende dieses Monats ganz aufhören wird. Auch ein„Erfolg" der Ruhrbesetzung. Brüssel , 2. August. (Eca.) Der Senat hat gestern nachmittag mit 82 gegen 32 Stimmen bei 4 Stimmenthaltungen den Gesetzentwurf über das Militärdien st gesetz angenommen. Der Gesetzentwurf setzt die Dauer des aktiven Militärdienstes auf 1 2 M o n a t e für die Infanterie, die schwere Artillerie und die Pioniergruppen fest, während für die Kavallerie Und die leichte Ar- tillerie eine aktive Dienstzeit von 13 Monaten festgesetzt ist. Solang« Zwangsmaßnahmen gegen Deutschland auf der rechten Rheinseite angewendet werden, soll die Dienstzeit um zwei Mo- nate für all« Kategorien ohne Unterschied verlängert werden. Die übliche 5üge. In der„Deutschen Tageszeitung" finden wir fok- gende Notiz: Die Belohnung. Wie wir hören, ist dem Frankfurter Poli- zeipräsidenten E h r l e r, der für den mangelhaften Sicher. heitsdienst anläßlich der kürzüchen Demonstration, bei der Staats- anwalt Haas ermordet wurde, verantwortlich gemacht wird, ein Posten in Berlin angeboten worden. Als Nachfolger Ehrlcrs sollen zwei der sozialdemokratischen Partei angehörende Landräte, die augenblicklich bei der hiesigen Regierung bsschäsiigt sind, in Aussicht genommen worden sein. Woher die„Deutsche Tageszeitung" diese Weisheit schöpft, wissen wir nicht. Jedenfalls ist die Quelle ein« recht trübe, denn an der Nachricht ist kein Wort wahr. Soweit wir unterrichtet sind, ist mit der Untersuchung der Vorfälle in Frankfurt a. M. ein« b«- sondere Kommission beauftragt worden, zu deren Obliegenheiten es auch gehört, zu untersuchen, ob bei der Ermordung des Staatsan- walts Haas Versäumnisse des Polizeipräsidiums in Frankfurt vor- liegen. Diese Tatsachen festzustellen wäre auch für die„Deutsche Tageszeitung" ein leichtes gewesen. Sollte den Herren, die seiner- zeit mit der Klistierspritze so rasch bei der Hand waren, die deutschnational-völkisch-kommunistische Einheitsfront während des Antifafchistenrummels so gut gefallen haben, daß sie die Me t h o d e n der„Roten Fahne" auch künftig zu ihrem eigenen zu machen gedenken? Alsdann: Gut Glück auf den Wog zur„Ehrenrettung" Deutschlands ! Deutschnatkonale gegen Antisemitismus. ' Dem Hamburger„8-Uhr-Abendblatt" vom Dienstag entnehmen wir folgendes Inserat: Wer schließt sich einer deutsaznalionalen Organisation gegen den Anllsemikismus an? Zuschr. unter N. 606 an die Exp. d. Bl. Da kann man nur sagen:«Ich verstehe die Welt nicht mehr." Die Deutschoölkischen werfen sich gegenseitig Verjudung vor und laufen zum Kadi, um das Malheur gerichtlich untersuchen zu lassen: die Deutschnationalen gründen einen Verein zur Abwehr des Anti- femitismus... wirklich sonderbar, höchst sonderbar!
Deutsthlanös Finanzpolitik. Eitle Kritik Robert Horues. London , 2. August. (Eca.) Im Laufe der Debatte, die gestern im Unterhaus« über die Arbeitstosenfrage stattfand, kritisiert« der frühere englische Schatzminister im Kabinett Lloyd Georges, Sir Robert Hörne, die deutsche Finanzpolitik, die seiner Meinung nach zum großen Teil an der auFmblicklichen»n- günstigen Lag« des englischen Handels schuld sei. Er erklärte, daß Deutschland seit dem Waffenstillstände als Schmarotzer der Alliierten gelebt und eine Politik des Ausweichens bezüglich seiner Schulden verfolgt habe. Deutschland , das keine äußeren Schulden habe, habe sich auch von seinen inneren Schulden zu bc- freien gewußt. Wenn man jetzt die Reparationen auslöschen würde, könnte Deutschland wieder in einer stärkeren Position a's vor dem Kriege aus dem Weltmarkt erscheinen. England habe 7 Milliarden Pfund Sterling Schulden, während Deutschland keine habe. Hörne stellte dann die Frage: Wie könnte England wohl mit einem Lande kämpfen, dos von allen seinen internationalen und inneren Verpflichtungen befreit ist? Er meinte, es wäre unklug. dem Deutschen Reiche«in allzulanges Moratorium zu gewähren. Ein Moratorium von vier Jahren, das man ihm an- geboten habe, sei seiner Meinung nach bereits übertrieben. Man dürfe nicht vergessen, daß man Deutschland einen Ausschub nur zum Nochteil des englischen Handels gewähre. * Diese Kritik aus dem Munde eines Staatsmannes, der wieder» holt Beweise von Sachlichkeit gegenüber Deutschland geliefert hat, ist nur zum Teil ungerecht. Tatsächlich hat die deutsche Finanz- Politik, insbesondere auf fiskalischem Gebiete, so wie sie von der bürgerlichen Reichstagsmehrheit unter Führung von Helfferich erzwungen wurde, das Bestemden der ganzen Weit erregt, ein- schließlich der sachlich denkenden Elemente des Auslandes. Auch die internationalen Sozialisten machen gegenüber ihren deutschen Genossen kein Hehl daraus, daß dies der schwächst« Punkt der deutschen Politik sei, und daß es ihnen besonders schwer sei, angesichts des schreienden Steuerunrechts in Deutschland den Angristen der deutsch - feindlichen bürgerlichen Elemente wirksam entgegenzutreten. Allerdings scheint uns die Kritik Sir Robert Harnes viel zu weit zu gehen. Sie wird von unrichtigen Prämissen begleitet und führt zu falschen Schlußfolgerungen. Denn gerade jene Politik der Alliierten— einschließlich Englands, die im Londoner Zahlung?. plan gipfelte, hat durch ihre Sinnfosigkeit der Steuerscheu des deutschen Bürgertums Vorschub geleistet, indem sie den einzigen Anreiz zu einer wahrhaften finanziellen Opfersteudigkeit in Deutsch - land erstickte, nämtich das sichtbare Ziel der Befreiung der besetzten Gebiete. Und oußerdem hat dieses Zahlung?- Ultimatum bewirkt, daß Deutschland , wenn es überhaupt versuchen wollte, seine Reparationsverpflichtungen zu erfüllen, dies nur durch den Ueberschuß einer forcierten, billigen Einfuhr erreichen konnte. Damit wurde es allerdings zum„Schmarotzer der Welt" und hat den valutastarken Ländern eine Konkurrenz gemacht, die sich dort in. Arbeitslosigkeit auswirkte. Das wissen insbesondere die englischen Sozialisten, und auch Sir Robert Hörne hat es inzwischen begriffen, nur ist ihm dieses Geständnis peinlich, wie die ganze Regierung Lloyd Georges alle Dummheiten der Jahre 1919 und 1926 mitgemacht oder geduldet und erst zu spät als solche erkannt hat. Daß Deutschland kein« äußeren Schulden hat, weil es wäh- rend des Krieges auf sich selbst angewiesen war, und noch für seine schwächeren Bundesgenossen sorgen mußte, ist nicht seine Schuld. Dafür hat es aber Milliardenwerte an Auslandsguthaben. Schiffen, Teilen des Reichsgebietes. Kolonien usw. durch den Friedensoerstag eingebüßt. Und daß sein« inneren Schulden mit der Entwertung der Mark automatisch zusammen- schmolzen, ist ohne weiteres zuzugeben: ihm aber einen Vorwurf daraus zu machen, war« damit gleichbedeutend, ihm nachzusagen, es habe absichtlich sein« Währung zugrunde gerichtet. Das ist allerdings die These Poineares, aber gerade Sir Robert Horn« ist es gewesen, der als Minister und auch später dieser sranzösischen Behauptung wiederholt energisch entgegengetreten ist. Dos Reichsarbeitsministerium hat den Höchstsatz des Grundlohns in der Krankenversicherung mit Wirkung vom 6. August ab auf 240 000 M. festgesetzt.
Hungerelenö im Ruhrgebiet . Das amtliche Wolffsche Telegraphenburecm verbreitet aus Esten folgende alarmierende Nachricht: Die Lage im Ruhrgebiet wird von Tag zu Tag, ja fast von Stund « zu Stunde ernster. Infolge der stanzösifchen Grenz- Vorrichtungen und-bestimmungen wird der Grenzverkehr immer mehr beschränkt. Neue Stempel aus Pässe werden nur in seltenen Fällen bewilligt und sollen in Kürze überhaupt nicht mehr aus- gegeben werden, so daß dann nur noch die Personen über die Grenze können, die jetzt bereits im Besitze des französischen Stem- pels sind. Waren kommen nur in geringen Wengen oder gar nicht ins befehle Gebiet. Infolgedessen haben jehr viele Geschäfts ousverkaust. viele Läden find ganz gefchloffea. Weiterhin wirkt die ungeheuerliche Mark entwert ung katastrophal. Die Preise werden täglich erhöht, manchmal sogar mehrfach am selben Tage, und sind unerschwinglich. Alle Waren werden rationiert, und die vielfach verarmten Käufer müssen wieder in Reihen anstehen. Die Märkte find sehr schlecht beschickt, und die vorhandene Ware kann wegen der nominell hohen Forderunge« von den Säusern nicht bezahlt werden. Männer und Frauen ziehen in Scharen durch die Straßen und suchen in den Läden das zum Leben Notwendige zu erhaschen. Dieser sachlichen Darstellung schließt sich ein Absatz an, der sich mit den Erwerbslosen beschäftigt. Er lautet: Die Erwerbslosen, die zumeist durch die Maßnahmen der Franzosen ihre Arbeitsgelegenheit verloren haben, stellen immer höhere Forderungen. So verlangt der Essener Arbeitslosen- rat vierstündige Arbeitszeit bei Achtsllmden-Bezahlung für Not- standsarbeiter, außerdem pro Kopf der Erwerbslosen 10 Meter Hemdentuch, 3 Meter Anzugsstoff, billig« Schuhe, Stundung der Gasrechnung, Einstellung der Mietsrechnungen und Belieferung mit Kohlen, Speck, Schmalz und Kartoffeln. An versteckten Dro- Hungen im Falle der Nichtbewilligung fehlt es nicht. Aus dem ersten Teil der Meldung geht hervor, daß die Versorgung im Ruhrgebiet an einem äußerst kritischen Punkt angelangt ist. Das macht den Ruf der unter der Not am meisten leidenden Arbeitslosen nach Sstmdungen und Natu- rallobn erklärlich. Es sollte nichts unterlassen werden, um Abhilfe zu schaffen, bevor die Verzweiflung sich in sinnlosen Explosionen Luft schafft. Die Ereignisse in Oberhaufen zei- genj wie gefährlich die Lage ist. Unruhen in Gberhausen. Oberhausen . 1. August.(MTB.) Arn 1. August stüh wurde bekannt, daß ein Teil der Arbeiterschaft der„Guten Hostmings- Hütte" sich auf der Cssener Straße versammele und die Absicht habe, ein« Demonstration nach dem Innern der Stadt zu unter- nehmen. Versuche der Gewerkschaften, die Arbeiter zur Aufnahme der Arbeit zu bewegen, schlugen fehl. Etwa 3 0 00 bis 6000 Arbeiter versammelten sich auf der Essener Straße, um zu demon- «- strieren. Ein Polizeiaufgebot wurde nach der Mülhcimer Straß« gesandt. Der Aufforderung des leitenden Polizeibeamten, zurückzu- gehen, leistet« die Menge kein« Folge. Das Polizeiaufgebot wurde mit Steinen beworfen. Nachdem die dreimalige Aufforderung zum Auseinandergehen ergebnislos war, mußte von der Waffv Gebrauch gemacht werden. Es wurden einige Schreckschüsse und als diese ergebnislos blieben, eine Anzahl scharfer Schüsse abgegeben. Die Menge zog sich daraufhin zurück: sie nahm jedoch SO rn von dem Polizeiaufgebot entfernt miede' Ausstellung. Soweit bis- her bekannt ist, ist ein Toter und 3 Verwundet« zu ver- zeichnen. Eine Deputation der Demonstranten sprach nach dem Zusammenstoß beim Polizeipräsidenten vor und bat um di« Frei- gab« der Demonstration. Es wurde ihr erklärt, daß die jetzige Lage und di« bfftehenden Bestimmungen eine solch« Erlaubnis nicht zu- lassen. Die Mitglieder der Deputation wurden dringend ersucht, beruhigend auf die Menge einzuwirken und sie zum Auseinandergehen zu bewegen. Diesem Ersuchen wurde dann auch Folg« geleistet, worauf der Demonstrationszug sich auflöste. Die Lag« ist zur Stunde ruhig. Wie nachträglich bekannt wird, ist ein weiterer Schwerverletzter inzwischen gestorben. Außerdem sind noch drei weitere Personen als verletzt eingeliefert worden. ver Kampf um Sie Kohle. Essen, 2- August.(WTB.) Unter der Ueberschrift„Verschwinden der Kokshalden" schreibt die„Rhoinisch-Wesstälische Zeitung":
Aushalten und nicht verzweifeln. Von Hans Wefemann. In diesem Lokale braten tatsächlich ganze Schweine am Spieße, auf Rosten bruzzeln Hunderte von Würsten, rosige Schinken und pralle Sülzen baumeln an der Decke, und die ebenso rosige und glänzende Mamsell hinter dem Büfett schwingt ihren Dreizack zum Heißwurstspießen, wie Hitler seinen Marschallstab. Die Kellner laufen, bergehohe Lasten tragend. An kleinen Tischen sitzen die Gäste, hochgeschürzt, Gewehr in der Hand, bereit zum Gefecht. Motto: Laßt wohlbeleibt« Männer um sich sein! Und je nach Stimmung und Auswahl der Gerichte intoniert die Kapelle: Einen eingemachten Schweinskopf empfängt sie mit dem Fridericus, während Blutwürste mit Kartoffelsalot unter den Klängen des Chopinschen Trauermarsches in di« unendlichen Schlünde hinab- gleiten. Hinterher fließt das Bier. Schmatzend und behaglich schnaufend sitzt das liebe, gute, deutsche Spießerpublikum und ein« fcttdunstende Atmosphäre von Sattheit und. aufatmender Trägheit lullt wohlig olles Denken an unangenehme Ding« da draußen«in. An der Decke hängt ein Hausschlüssel in trautem Verein mit einem ousgestopften Krokodil, und damit auch das national« Empfin- de» auf seine Kosten kommt, prangt in giftgelber Farbe, gleich neben der bewußten Tür 0 0:„An Franzosen und Belgier wird nichts verabfolgt." Wehe, wenn solch ein Erbfeind hier erschiene, man würde ihn sachgemäß zu Klopstleisch verarbeiten und den Weg allen Fleisches gehen lassen!... So aber geht nur ein alter, verschämter Mann mit den Augen eines geprügelten Hundes von Tisch zu Tisch, aber er stört die heilige Verdauung durch seinen ärgerniserregenden Anblick. Die deutsche Männerbrust murrt, schon eilt der Geschäftsführer herbei und führt ihn hinaus zu seinen lumpigen Landsleuten, die ihr« schmutzigen Nasen an der Scheibe plättdrücken und durch ihren empörend abgemagerten Körper und gierigen Ausdruck den braven Leuten da drinnen dos Essen verekeln. Aber nicht lang«, denn schon schweben neue Galerien von Bratwürsten heran, die Musik spielt einen Marsch— guten Appetit! „Madame Butterfly " in der Volksbühne. Die„Tragödie einer Japanerin" Puccinis,„Madame Dutterfly", nahm gestern einen etwas unalücklichen Anfang. Vor Beginn der Vorstellung teilte ein Mitglied des Vorstandes mit, daß Fräulein Violetta Schadow, die Vertreterin der Titelpartic, infolge eines schweren Automobil- Unglücks im Tiergarten am Auftreten verhindert sei. Das zufällig im Hause anwesende Fräulein von Voß würde ohne Probe ein- springen. Dos Experiment glückte ausgezeichnet. In der ganzen wohin orberei'eten Vorstellung gab«s nicht nur keinen Riß, sondern Fräulein v. V o ß wußte van Anfang an dos Hauptinteresse auf sich zu konzentrieren. Am Trippeln und äußerlichen Charakterisieren ist
ihr vielleicht eine oder ander« Kollegin püber, im Aufbau der er- schütterndeu Tragödie wie auch im Gesanglich-Musskalischen steht sie obenan. Der Stempel der Ncrturwohrheit war ihrer Leistung im höchsten Sinne aufgedrückt. Ihre Partnerin Paula Ferry, die eine sehr schön« Alistimm« besitzt, unterstützte sie aufs trefflichste als Sazuki. Hans Heinz B o l l m a n n war ganz der sieghafte Linker» ton und geborene Herzensbrecher, der diese angenehme Unterhaltung mit feinstem Geschmack betreibt. Sein strahlender Tenor weiß auch die banalsten Stellen zu vergolden, die in diesem wirklichen Meister- werk gerade seiner Partie zugeteilt sind. Artur Fleischer, sein jovialer Genosse, der ausgezeichnete, als Komiker begabt« Edgar Lißner-Vadria» und die anderen Darsteller vereinigten sich zu einem Ensemble, das der Regie Ferdinand S t r a s s o w s und der musikalischen Leitung Johannes Heidenreichs alle Ehre machte. Was für Wunder diese von unseren„höheren Gewalt- hubern" so oft unterschätzte Partitur wirkt, zeigte Heidenreich mit seinem Philharmonischen Orchester. Die Ausstattung von Robert Sachs hielt sich glücklicherweise von den alten Uebertriebenheiten und der neue» stilvollen, dürren Sandwüste gleich weit entfernt, so daß die echt japanische„Kirschblütenstimmunq" erzielt wurde. Dos Ganze war eine Tat, auf die die Sommerdirettion der Volksbühne stolz sein kann. Heinrich Maurer . Margarine und Builer. Di« Zeiten, wo mancher Hausfrau schon bei dem Wort„Margirine" ein Kälteschauer übre die chaut rieselte, sind längst vorbei, und heute sind viele sroh, wenn sie nur Margarine bekommen können, deren Preis mit dem steigenden Dollar in schwindelnde Höhe schnelle Aber wenige von denen, die ibre tägliche Margarine aufs tägliche Brot schmieren, wissen, was Margarine ist. Eine knoppep Erklärung bietet Geh. Rat Iuckenack in feinem bei Springer erschienenen Buche„Was haben wir bei un. fcrer Ernährung im Haushalt zu beachten?" und er gibt auch darüber Auskunft, wie sich der Nährwert der Margarine zu dem der Butter! verhält. Früher wurde Margarine so hergestellt, daß man geschmol- zenen und geklärten Rindertalg bei etwa 23 bis 25 Grad stehen ließ, wobei sich der Talg in einen flüssigen und einen kristallinischen Teil schied. Wurde dann der kristallinische Teil durch Abpressen bc. seitigt, so erhielt man eine bei niedrigen Temperaturen— wie das Butterfett schau im Munds— schmelzende Masse, das sog. Oleo- margann. Aus diesem hochwertigen vitaminhaltigen Fett läßt sich unter Erwärmen mit Milch eine cremeartige flüisig« Emulsion her- stellen, die mit Hilfe van kaltem Wasser zum Erstarren gebracht wurde. Später sind dann an Stelle des Oleomargarin verschiedene andere Speisefette getreten, hauptsächlich pstanzlicher Natur, wie dos Kokosnußfott aus dsm getrockneten Fleisch der Frucht der Kvkos- palmsn, das Palm kernfett aus den Fruchtkernen der Oelpalme, dann gehärtete Oele und Trane und schließlich Gemische aus Rindertalg oder Preßtalg liffw. Bei dieser unserer jetzt gebrauchten Margarine bat der Vitaminenehalt keine Bedeutung mehr, und deshalb steht die Margarine an Nährwert hinter de« Butter zurück, die diese be- sonders für den Aufbau des Körpers wichtigen Stoffe enthält. Sonst aber handelt es sich bei der Margarine wie bei der Butter i.m ein« erstarrte, unter Zusatz von Milch gewannen« Fettemulsion, die nur an Stelle von Müchfett Speisefeit anderer Art enthält. Die gu!« Margarme sols in gesalzenem Zustande nicht mehr als 16 Pro-
zent und im ungesalzenen nicht mehr als 18 Prazent Wasser ent- halten und mindestens 80 Prozent Fett haben; sie steht darin mit der Butter auf einer Stufe. Butter und Margarine stehen also an Nährwert hinter dem Schweineschmalz zurück, dos fast 100 Prozent Fett ausweist. Butterschmalz und Schmelzmargarine bestellen aller- dings auch zu fast 100 Prozent aus Fett. Zeitgemäße Theaierpreise. Das Schloßparktheater unterrichtet sein« Besucher durch Anschlag über folgende Neuerung in der Preis. Politik:„Infolge der wachsenden Teuerung sieht sich die Direktion gezwungen, die Eintrittspreise dahin zu ändern, daß der teuerste Platz einem Pfund Butter, der billigste zwei Eiern entspricht." Diese Preisparollelcn sind sehr lehrreich. Sie zeigen, wie sehr die Theater bei jeder Geldentwertungsphpasc unter Abwanderung der Besucher zu leiden haben, da man in Publikumstreisen leicht glaubt, der neue Preis sei phantastisch hoch. Sie lassen aber auch erkennen, wie be- scheiden di« Theaterpreise trotz aller Nullen und Tausender ge- worden sind: denn vordem kostete auch im kleinsten Theater der teuerste Platz weit mehr Äs ein Pfund Butter, und für den Preis von zwei Eiern tonnte man allenfalls Programm und Garderobe bezahlen, für den billigsten Platz reicht« os selbst in der Schmiere nicht. Der Kampf um den Harem. Wiederholt schon hat sich die türkische Notionalversammluung mit Anträgen beschäftigen müssen, die auf di« Einführung der obligotorstchen Doppelehe abzielen. Salib Hodja, der der Wortführer der Bewegung ist, zählt zu seinen l Anhängern all« diejenigen, die das Derjchwinden des Harems in der Türkei beklagen. Schon fünfmal hat er feinen Gesetzantrag b-n der Nationalversammlung eingebracht, die ihn aber regelmäßig abgelehnt hat. Um für den Antrag außerhalb des Parlaments > Freunde zu werben und einflußreiche Persönlichkeiten dafür zu gewinnen, hat man jetzt eine umfangreiche Propagandatätigkeit ins Werk gesetzt. Gegnerinnen diese» Gesetzes find vor allem auch die Gattinnen der angesehensten Paschoe, die ihren Männern streng verboten hoben, diesen Salib Hodja zu empfangen. Die Regierung ihrerseits hat zur Bekämpiung dieses Antrag«? eine Statistik ver- ösfentlicht, die«ine Bevölkerung von 5 4.73 000 Männern und 6 171 000 Frauen für die Türkei ausweist, eine Feststellung, die erweisen soll, daß ein Gesetz zur Einführung der obligatorischen Dieleh« durch soziale Gründe nicht gestützt zu werden vermag. Schachmeitter 2. Stlapin ist, wie erst nach längerer Zeit bekannt wird. !n München . 67 Jahre alt. gestorben. Der ruinlche Meister hat sich besonders als Schachthcoretiksr b-rvorg-tan. Unsern Leiern war er Jahre hindurch verbunden, durch die R-daNion unlerer Echachsdalte. Zllabin. ein wahrhaft etbfichcr und Philos-Phischer Mensch, hat die Slrbeiterschachbewegung nach Kräften gefördert. Zu« Rektor der Berliner Universität für das neue Studienjahr wurde Professor Gustav R o« t h e, die bekannte Posaune des RationaliS- mus. gewählt. »Zchule der Weisheit« in Tarmftadt. Die nächste Tagung der Gesellschaft sür strcie Philosophie findet in Dormstadt vom lS. b!s 22. Sep. temder statt. Ihr Grundtbema ist das gegenseitige Berhältnis ooir Welt- anschauungundLebeuZg« staltung.