pvlitischm Zweck« zu bedienen. Die Reichswehr hat die Pflicht, all« solche Versuch« rücksichtslos abzuschütteln.(Sehr wahr!) Cm neuer Putschversuch würde das Reich in seiner Folgewirkung sprengen. Mit dem Reiche fiel« auch die Reichswehr . Bilden sich denn jene rechtsradikalen Putschpolitiker ein, die Geschichte dort wieder beginnen zu können, wo sie beim Großen Kurfürsten stand? Nur Narren können glauben, daß der Lauf der Geschichte sich wiederholt. Die Reichsregierung hat deshalb unter allen Umständen dafür Sorge zu tragen, daß kein Organ der Reichs- wehr Verbindung mit illegalen Organisationen unterhält.(Sehr richtig! bei den Soz.) Dem deutschen Volke tut nichts mehr not, als die Sicherheit, sich ernähren und bekleiden zu können, damit es arbeiten kann. Der hierzu nötige Lohn muß einer durch die Geldentwertung aller Spar- mittel entblößten Arbeiterilasse wertbeständig gesichert werden. (sehr richtig! bei den Soz.) Hier besteht eine dringlichste Ausgab« nicht nur sür die Regierung, sondern auch für die Ärbeitgeberschaft. Das deutsche Volt muß ohne genügenden Export verhungern. Die Produktion hochwertiger Produkte für den Export setzt aber eine leistungsfähige Arbeiterschaft voraus. Leistung� fähig und diszipliniert! Mit Generalstreiks wird in der gegenwärtigen Zell niemandem gedient. (Stürm. Unterbrechungen durch dl« Komm.) Ein Generalstreik ohne realisierbares politisches Ziel führt nicht zur Verbesserung der Lage der Arbeiter, sondern steigert nur die Ver- e l e n d u n g. Die Verantwortung hierfür fällt auf diejenigen, die selche schädlichen Parolen ausgeben. Aber täuschen wir uns nicht! Möglich war die Ausdehnung dieser Streiks nur, weil vielfach die ausgepowerten Massen im Be- griff waren, den Glauben an eine bessere Zukunft überhaupt zu verlieren.(Sehr richtig!) Das gerade ist die schwer« Schuld der Wirtschafts- und Finanzpolitik der Reichsbank und der vorigen Re- gierung.(Sehr richtig!) Unter dem parlamentarischen System ist eine neue Regierung für die Fehler ihrer Vorgängerin nicht verantwortlich.(Sehr richtig!) Wir entnehmen der heutigen Erklärung der Reichsregierung, daß sie nach Kräften die Fehler der Vergangenheit gutmachen will. Sie darf in der Durchführung dieses Programms unserer Unterstützung sicher sein.(Lebhafter Beifall bei den Soz.) (Schluß des Berichts in der Beilage.)
Stmgl lehnt ab. Entgegen anders lautenden Meldungen hat der Reichspost- minister a. D. Stingl, dem von Reichskanzler Dr. Strefemann die Uebernahme des Reichspostministeriums angeboten worden war, die Weiterführung dieses Ministeriums aus Gesundheitsrück- sichten abgelehnt. In dem Schreiben, in dem er die Ablehnung begründet, weist Reichspostminister a. D. Stingl darauf hin. daß er, auch wenn Dr. C u n o Reichskanzler geblieben wäre, in Bälde ge- zwung>m wäre, um Enthebung von seinem Amte zu bitten.
Tagung öes partekausschulses. Der Parteivorstand hat den Parteiausschuß fstr morgen Donnerstag nach Berlin zusammenberufen. Auf der Tagesordnung steht u. a.: Besprechung der allgemeinen politi- schen Lage._ �Vorherrschaft" oöer Todesstoß! Sozialdemokratie und groste Koalition. Der heitere Streit zwischen äußerster Rechten und äußer- sten Linken, ob die Sozialdemokraten in der neuen Regierung die diktatorischen Alleinherrscher oder die Stiefelputzer der Bürgerlichen seien, findet in der Presse sein Spiegelbild. Die „Rote Fahne " schreibt: Was ist die Große Koalition? Die alte bürgerliche Firma mit einem neuen Firmenschild,«in neues, breiteres Feigenblatt. Ein wahrer Herrscher Deutschlands : Stinnes u. Co. Jehl schiebt sich noch die Sozialdemokratie als Deckung vor Schieber u. To. Das wird Schieber u. Co. nicht retten, aber der Sozialdemokratie«nd- gültig den Todesstoß geben. Wogegen sich die„Deutsche Tagesztg." so vernehmen läßt: Was die innere Politik betrifft, so steht diese unter dem Zeichen der„großen Koalition", die in Strefemann schon seit langem«inen getreuen Verfechter gehabt hat, und damit, wie die Dinge liegen, wie das Kabinett entstand, und wie es zusammengesetzt wurde, im Zeichen der Vorherrschaft der Sozialdemokralie. Herr Dr. Strese- mann mag sich bemühen, das zu beschönigen oder zu verklausu- lieren, die Tatsache besteht und wird sehr bald deutlich werden. Mit dem„endgültigen Todesstoß" scheint es danach nicht weit her zu fein. Immerhin ist anzuerkennen, daß die KPD . alle„Todesstöße", die sie der Sozialdemokratie bisher versetzt hat. als noch nicht„endgültig" betrachtet. Und das gibt uns auch für die Zukunft immerhin eine gewisse bescheidene Hoff- nung auf die Erhaltung unseres armen Lebens!
Immer konsequent Das fürchterlichste Verbrechen der sozialdemokratischen Verräterpartei ist ihre Koalitionspolitik. Keine bürgerlich-sozialistische Koalitionsregierung kann Deutschland retten? Auf blutigroten Plakaten prangt's an allen Säulen und Wänden der Millionenstadt und verkündet jedem, der kommunistische Lehren hören will, daß der verderblichen Koali- tionspolitik die kommunistische Regierung entgegengestellt werden müsse. Ein Trost nur ist uns Sundern geblieben. Ganz ohne Koalition geht es auch bei den Kommunisten nicht. Zwar geht's ihnen wie jener Jungfrau, die ein vr d bekommen hat, das nur ein ganz kleines war, denn auch sie betreiben Koalitionspolitik. Karl R a d e k, ihr Empeltscher versichert m seiner neuen Anweisung an die Parolen verbreitenden Jung- linge: „Wir sind bereit, uns sogar mit dem Teufel und seiner Großmutter zu kooperieren, um nur die Macht der deutschen Arbeiterklasse zu stärken." , Wer der Teufel und seine Großmutter ist. mit denen zu- sammen Karl Radek die Macht der deutschen Arbeiterklasse stärken will, das verrät er uns leider nicht. Vielleicht dachte er an die M ö r d e r R o s o L n x e m b u r g s, die R e m m e l e in Stuttgart brüderlich umarmte. Vielleicht auch an die deutschen Bauern, mit denen er in Deutschland eine Arbeiter- und B a u e r n r e g i e r u n g zur Beseitigung der Lebensmittelnot bilden will. Man kann nicht wissen-, des Herrn Wege sind wunderbor und Karl Radeks Weisheit uner- fchöpslich- Wir armen Sozialdemokraten können so weit frei- lieh nicht gehen. Wir überlassen nur gerne Karl Radek und die Seinen dem Teufel. ch- Im Reichstag können sich die Kommunisten gar nicht genug tun, p e r ni a n e ii t e s Tagen des Parlaments zu verlangen. Alle fünf Minuten ertönt in ihrer Presse dit Forderung nach Zusammentritt des Reichstages.
Anders in der Stadt Berlin . Dort besteht von Großvaters Zeiten her die Bestimmung, daß in der ersten Maiwoche eines jeden Jahres sogenannte Ferien der Stadtverordnetenver- sammlung festgelegt werden müssen. Während dieser Ferien kann keine Angelegenheit beraten werden, gegen deren Er- ledigung 15 Mitglieder Widerspruch erheben. Gestützt auf diese Bestimmung, haben die Kommunisten, da die Ferien wie seit vielen Jahren so auch diesmal in die Monate Juli und August gelegt sind, in der ersten Juliwoche die Erledigung des Etats— auf wertbeständiger Grundlage!— verhindert und haben jetzt erklärt, daß sie keine Verhandlungen im August zulassen werden, trotzdem der Magistrat a n g e- sichts der ungeheuren Notlage der Berliner Bevölkerung das dringende Ersuchen an die Versamm- lung gerichtet hat, ihre Arbeiten zur Erledigung dringender Angelegenheiten unverzüglich auszunehmen. Durch diese Weigerung wird die Regelung einer ganzen Reihe wichtiger Vorlagen im Interesse der Arbeiterschaft unmöglich ge- macht. »* ♦ Diese Ablehnung begründeten die Berliner Kommu- nisten mit den angeblich arbeiterfeindlichen Steuern im Ber liner Etat. Besonders arbeiterfeindlich ist nach ihrer Meinung im Berliner Etat die starke Heranziehung der Ge- werbetreibenden durch die bedeutende Erhöhung der Gewerbesteuer und die Einführung der Lohnsummensteuer. In S u h l i. Th.— einer k o m m u n i st i s ch e n Domäne— in der sie die Mehrheit im Magistrat und eine starke Vertretung in der Stadtverordnetenver ammlung haben, be- willigten die Kommunisten genau dieselbenSteuern, die sie in Berlin abgelehnt hatten, mit dem einzigen Unter- schied, daß es ihnen nicht gelang, dieselbe Wertbestän- d i gk e i t durchzusetzen, die in Berlin die Sozialdemokratie er- reicht hatte. Immer konsequent!
Der verkrachte«.Generalftreik". Ueber den Zusammenbruch des kommunistischen Streiks schreibt die in diesem Fall gut unterrichtete V.L.-Korrespondenz: Die kommunistischen Funktionäre haben am Dienstag mittag offiziell den Abbruch des sogenannten„Generalstreiks" beschlossen, nachdem man 12 Stunden vorher noch entschlossen war, durch Verschärfung der K a m p f m e th o d en die „Aktion weiter auszudehnen". Der„Reichsausschuh der Betriebsräte" hat darüber hinaus auch an alle kommimistischen Sek- tionen im Reich die Weisung gegeben, sofort die Streikparole auszu- heben und die Aufnahme der Arbeit zu empfehlen. Dieser Um- schwung der Stimmung ist nicht uninteressant und ist, wie wir von zuverlässiger Seite erfahren, vor allem auf die Einwirkung der Reichszenlrole der SPD. zurückzuführen, die den vollständigen Zu- sammenbruch der von Anfang an zum Scheitern oerurteilten Aktion nicht eintreten lassen wollte. Für diesen Entschluß der KPD . war bestimmend, daß man in Mitieldeutschuind den Streikaufrufen nicht in der erhofften Weise gefolgt ist und daß in Süddeutschland die Bewegung üb c r h a u p t verpufft ist. Ein zweiter wichtiger Grund war die glatte Absage der Cisenbahnbeamten, die trotz aller Versprechungen und Drohungen auf ihrem Posten ge- blieben sind. In B e r l i n s e l b st w a r d i e Lage für die Kam- munisten in den letzten 24 Stunden unhaltbar geworden. Am Montagmorgen war in einer Besprechung der Streikleitung mit den Bertrauensleuten aus der Privatindustrie beschlossen worden, die Reichsdruckerei und zunächst die Metallindustrie, dann, wenn dieses Borhaben geglückt wäre, die anderen Industrien mit Gewalt lahmzulegen. In beiden Fällen scheiterten die Bestrebungen des Dreiundzwanzigerausschußes und obendrein begannen die Kern- trupppen der KPD. in Berlin , die Elektrizitäts- und Gasarbeiter, wankend zu werden. Die unerwartet f e st e H a l t u n g des Magistrats, der die Belegschaften kurzer- band entließ, verfehlte ihre Wirkung selbst auf die kommunistischen Funktionäre nicht. Am Dienstagvormittag war es so gut wie sicher, daß die städtischen Werke am Mittwoch wenig st ens einen Teil des Betriebes wieder aufnehmen konnten und damit brach die kommunistische Aktion vollends zusammen. Nach Mitteilungen von zuverlässiger Seite ist es allerdings zwischen der Reichszentrale der SPD. und der kommunistischen Rebenregierung, dem Reichsaueschuß der Betriebsräte, zu heftigen kämpfen ge- kommen, bis schließlich die Parteileitung ihren Willen durch- setzte und die Zusicherung erhielt, daß der Streik sofort abgebrochen werde. Besonders die Berliner Parteiorganisation, die Richtung Fischer-Maelow, setzte dem Abbruch des„Generalstreiks" heftigen Widerstand entgegen, mußte sich aber letzten Endes auch der Ein- ficht beugen, daß ein weiteres Verharren in dieser Aktion d i e Niederlage noch erheblich verschlimmern werde. Wie tiefgehend die Zerwürfnisse gewesen sind, beweist die Tatsache, daß die mitteldeutschen und westdeutschen Mitglieder des Reichsausfchuffes Berlin sofort verlassen haben, ohne sich um die weitere Abwicklung der Bewegung zu kümmern.
poincarss Instruktionen. Teutschland soll dauernd terrorisiert werden. Paris , 14. August. (WTB.) In den auch von H a v a s aus dem französisckzen Gelbbuch entnommenen Instruktionen Poin- c a r e s an den französischen Botschafter in London heißt es: Aus dem Studium der Verhandlungen über die Reparationsfrage feit der Unterzeichnung des Friedensvertrages gehe hervor, daß England sich stets bemüht habe,«ine Grundlage für eine Verständigung ausfindig zu machen, bei der Deutschland auf gleichem Fuße mit den Alliierten verhandeln könnte. Noch jetzt lasse man sich in London trotz vierjähriger Erfahrungen von den Stimmen aus Berlin be- «influssen, die die Forderung erhöben, daß Deutschland nicht die Demütigung einer Kapitulation zugemutet werden dürfe. Frankreich sei hingegen überzeugt, daß Deutschland bis Zehk nicht die Ueberzeugung von seiner Rieder- läge gewonnen habe oder daß wenigstens die deutsche Regierung, wenn sie selbst auch den Umfang dieser Niederlage kannte, das deutsche Volk niemals darüber aufgeklärt habe und daß deshalb Deutschland , weit entfernt, die mindeste Anstrengung zur Vertragserfüllung zu machen, immer nur danach getrachtet habe, sich seinen Verpflichtungen zu entziehen. Die Konferenz von Spa und das Londoner Ultimatum vom Mai 1921 hätten den Beweis erbracht, daß Deutschland hinsichtlich seiner Reparationsverpflichtungen nur dem Zwange gehorche. Heute ver- suche es, diesem Zwang« mit Hilf« Englands zu entgehen. Der französische Botschafter müsse sich deshalb in seinen Derhand- lungen mit der britischen Regierung hüten, sich auf Maßnahmen einzulassen, die unter dem Borwande einer Einstellung des passiven Widerstandes darauf hinausliefen, die Befugnisse Frankreichs als Besatzungsmacht und damit den französischen Druck selbst abzuschwächen. Deutschland müsse sortgesetzt die fr an- zösische Stärke zu spüren bekommen und Frankreich dürfe das Pfand nicht freigeben, bevor Deutschland restlos erfüllt habe. Die englische Haltung hat ihren tieferen Grund lediglich in der Befürchtung, daß die Besetzung des Ruhrvebicts den oölliaen Z ii s a m m e n b r u ck> der deutschen Zahlungsfähigkeit zur Folge habe. Die!« Auffassung bestreitet Poincare . Er entwirft darauf des aus seinen Reden bekannte Bild von Deutschlands Schein
bankerott und kommt zu dem Schluß, daß Deutschland in einem von i h m zweckentsprechend gewählten Zeitpunkte seine Ausgaben auf das Niveau seiner Einnahmen einschränken werde, was ein Leichtes sei für ein Land, das keine militärischen Ausgaben mehr habe und keine andere Schuld mehr zu tragen habe als die der Reparationen, daß außerdem die l a st e n s r e i e st e n und reichsten Steuerzahler der ganzen Welt haben werde. Diese Lage beschäftige Frankreich , auch wenn sie England, wie es scheine, keine Sorgen mache. England lege sich keine Rechenschaft ab über die wahrhaft erschreckende Gefahr, die nicht allein Frankreich und Belgien , sondern auch England und ganz Europa bedrohe und als«ine'wirtschaftliche Hegemonie plötzlich auf den Plan trete, die Deutschland die Früchte in den Schoß werfe, die es vom Kriege erwartet hätte, wenn dieser siegreich für Deutschland ausgegangen wäre. Für Frankreich sei es unmöglich, sich der Auffassung der englischen Regierung zu nähern, ohne seine Unabhängigkeit aufs Spiel zu setzen. Belgien habe genau dieselben Interessen wie Frankreich und sei deshalb mit ihm ins Ruhrgebiet gegangen. Nichtsdestoweniger sei Frankreich bereit, mit Deusschland in Berhandlungen zu treten, sobald es feine Riederlage eingestanden habe und sich verpflichtet fühle, feine Versprechungen zu halten. Die englische Regierung wisse genau, daß die deutsche Iu- dustrie, wenn sie aus der gegenwärtigen Krise unversehrt hervorginge, nicht allein die Reparationslasten auf die übrigen Klassen der deutschen Bevölkerung abwälzen würde, sondern sich auch in einer derart vorteilhaften Lage befände, daß sie dank dem Ueberfluß an Arbeitskräften und der durchgreifenden Reorganisation ihrer Fabriken die konkurrierende Industrie erdrücken würde. Die französffche und die belgische Industrie wären gezwungen, sich mit ihr zu verständigen, und wer darunter leiden würde, wäre die englisch « Industrie als erstes Opfer der Kurzfichtigksit ihrer Regierung. Poineare sagt dann: Wir begreifen die Verlegenheit der englischen Regierung, die uns«ine Antwort erteilen will. In der Tat sind es ja die Kriegs schulden, die die deutsche Schuld unbestimmt lassen und sie zum mindesten in den Augen der Angelsachsen so stark belasten. Wir verlangen Ersatz für die Kosten unseres Wiederaufbaues. Mit der Bezahlung unserer Kriegsschulden können wir erst beginnen, wenn unsere oerwüstelen Gebiete wieder ausgebaut und di« Wiederaufbauanleihen verschwunden sind. Wenn die eng- tische und die amerikanische Regierung zögern, deutsche Schuldner- schreibungen der Serie C in Zahlung zu nehmen, so liegt das daran, daß sie deren unbestimmten Wert kennen und vor allem daran, daß sie nicht die Lasten auf sich nehmen wollen, selbst ihre Begleichung durch einen Schuldner zu betreiben, dessen häufiges Versagen und dessen Mangel an gutem Willen ihnen bekannt ist. Aber wir müssen ihnen sagen, daß wir unsere Schuld nur nach Maßnahme des Einganges unserer Forderungen bezahlen können. Wenn sie der Ansicht sind, daß unsere Schulden zu hoch sind, und wenn sie zur Herabsetzung oder Erleichterung bereit sind, so würden wir dies alsbald Deutschland zugute kommen lassen, d. h. wir würden von Deutschland nur das verlangen, was von uns selbst verlangt wird. Die deutsche Schuld ist von den Alliierten insgesamt am 1. Mai 1921 endgültig festgesetzt worden, daran können wir nichts ändern Anders steht es mit der von der R e- porationskom Mission aufgestellten Staffel sür die Be- gleichung der deutschen Schuld. Hier können von der Reparation-- kommission derartige Modalitäten zugelassen werden, daß gewisse Zahlungen aufgeschoben werden, und die Talsache, daß wir gezwungen sind, Deusschland Woralorium über Moratorium zu bewilligen. stellt selbst eine Modifikation des Zahlungsstatutz dar. Für den Augenblick gilt es als ausgemacht, daß die deutsche Schuld sich aus zwei Teilen zusammensetzt, einem, der sofort eingefordert werden kann, und doch nicht einmal eigentlich das, denn auf olle Fäll« müssen wir ja Deusschland ein Moratorium gewähren, und einem zweiten Teil, dessen Verfalltag unbestimmt ist. Wir wären nicht ganz abgeneigt, uns angesichts der gegenwärtigen Lage Deutschlands über die möglichst baldige Zahlimg desjenigen Teils der deutschen Schuld zu verständigen, der den Wiederaufbau der verwüsteten Ge- biete enthält, und die Prüfung des zweiten Teils der deutschen Schuld und seiner Begleichung durch die Reparationskommission auf einen unbestimmten Zeitpunkt zu verschieben. Die Verhandlungen über die Bezahlung der Kriegsschuld würden dabei im gegenseitigen Ein- vernehmen auf den gleichen Zeitpunkt zu vertagen sein. Ueber diesen wichtigen Punkt müßten die englische und die amerikanische Regierung sich vor allem aussprechen. Was di« italienisch« Haltung anbelangt, so ist sie für den Fall der Kriegsschuld mit der Begleichung der Reparationen um so enger verbunden, weil ihre Schuld höher ist als ihre Forderung an Deutschland . Für Italien ist dies di« wichtigste Frage, und Musso- lini hat diese Frage erst kürzlich noch eingehend unserem Botschafter auseinandergesetzt. Die französisch -belgischen Verhandlungen mit der englischen Re- gierung müßten daher auf sehr breiter Grundlage aufgenommen werden. Es fei sogar wahrscheinlich, daß Deutschland erst end- gülttge Vorschläge gemacht werden könnten, wenn die a m e r i k a- nisch« Regierung wegen ihrer Ansichten sondiert worden sei.
will poincare Zrieüen! Eine Interpellation Marc SangnierS. Paris . 14. August. (WTB.) Nach einer Havas-Meldung hat der Pariser Abgeordnete Marc Sangnier einen Brief an den Ministerpräsidenten gerichtet, in dem er erklärte, der großartige Er- folg des II. internationalen demokratischen Kongresses in Freiburg in Deutschland habe gezeigt, daß es auf der anderen Seite des Rheins eine machtvolle pazifistische Bewegung gebe, die Frankreich weder zu verhöhnen noch zu vernachlässigen das Recht habe. Die Abgeordneten von 22 auf dem Kongreß vertretenen Nationen, dar- unter 2S französische Delegierte, hätten den mächtigsten und e r- mutigend st en Geschehnissen beiwohnen können, besonders bei der Schlußsitzung, in der 7(1<)t) Zuhörer die französischen Wort«, die er, Marc Sangnier , gesprochen habe, mit einmüiigem Beifall begrüßt hätten. Die Deutschen seien in ihrem heißen Friedenswillen und in dem Wunsche, versöhnlich zur Lösung des Reparanons- Problems beizutragen, mit Beweisen so weit gegangen, daß sie auf den Tisch des Hauses S ch m u ck g e g e n st 3 n d e, ihre teuersten und tiefften Andenken niedergelegt hätten. Der badische S t a a t s p r ä- s i d e n t, der damit die Drohungen der alldeutschen Presse beant- wartete, habe Wert darauf gelegt, persönlich der Eröffnungssitzung beizuwohnen, und dabei das Wort zu nehmen. Die pazifistische Jugend Deutschlands , Katholiken, Protestanten und Sozialisten, seien in großen Massen herbeigeströmt und erboten sich, mit allen Kräften beim französischen Wiederaufbau mitzuarbeiten. Der Abge- ordnete bittet deshalb den Ministerpräsidenten, beim Wiederzu- sammentritt der Kammer eine Interpellation zur Diskusston zu stellen, die er hiermit einbringe und die sich auf die Haltung der französischen Regierung beziehe, welche diese gegenüber der Bewegung zugunsten des Friedens und gegenüber den prächtigen Aeußerungen pazifistischer Energie seitens der neuen deutschen Jugend einnimmt. Die Einstellung der Sachleistungen. London . 14. August.(TU.) Die Note der deutschen Kriegs- lastenkommifsion über die vorläufige Einstellung der deutschen Sachlieferungen auch an die nicht an der Richrbesetzung beteiligten Mächte wird in der Presse mit Belnerkungen begleitet, nach denen diese beabsichtigte Hebung der deutschen Finanzkraft nur dazu dienen soll, den passiven Widerstand an der Ruhr zu stärken.