Durchführung dieses sozialdemokratischen Pro- grammpunttes als erste Aufgabe betrachtet. Das ist ge» lungen. In den Verhandlungen des Reichstags vom Mctt- moch gelangte folgender Antrag zur Annahme: „Die Reichsregierung wird ersucht, alsbald Gesetzentwürfe vor- zulegen, welche durch Belastung der Vermögens- wert« der Wirtschaft und durch den Uebergang zu einer wertbeständigen Währung ein« Sanierung der Reichsfinanzen und eine Stärkung des Reichskredits in die Wege leiten." Dieser Antrag fand die Zustimmung des gesamten Hauses mit Ausnahm« der Deutschnationalen . Auch die Kommunisten stimmten ihm ohn« Debatte zu. Helfferich bekämpfte ihn auf das heftigste. Die gewiß nicht über jeden Zweifel hinaus deutlich)« Formulierung des Antrags bezeichnet« er als die größte Gefahr: denn er fei der erste Schritt zur Ver- wirklichung der sozialdemokratischen Forderung nach Er- fassung der Sachwerte. Infolge der politischen Ver- änderung, die sich in den letzten Tagen vollzogen habe, seien seine Freund« sehr bedenklich. Noch deutlicher hatte sich Helffe- rich im Steuerausschuß geäußert. Dort erklärte er offen, daß seine Freunde und die hinter ihnen stehenden Berusskreise ihn beauftragt hätten, im Reichstage Vorschläge über ihre freiwillige Anteilnahme zur Sanierung der Währung zu machen. Angesichts der Zusammensetzung der neuen Re- gierung halte er sich nicht mehr für berechtigt, diese Vorschläge zur Kenntnis zu bringen. Seine Partei müsse sich vorbehalten, zu prüfen, ob für sie eine Grundlage zur Mitarbeit gegeben fei. Helfferichs Schmerz ist begreiflich. Bei Cuno war er tonangebend. Jetzt ist er ausgeschaltet. Dafür widerspricht Helfferich jetzt der Annahme des sozialdemokratischen Antrages aus der für ihn ganz richtigen Empfindung, daß mit der An- nähme des Antrages auf Vorlegung der Gesetzentwürfe zur Belastung der Vermögenswerte der Wirtschaft der e r st e Schritt zur Erfüllung der sozialdemokra- tischen Forderung getan sei. Auch wir möchten ausdrücklich betonen, daß die Annahme des vorstehenden Antrages n u r der« r st e Schritt ist. Unter dem Einfluß der Empörung des größten Teils des Volkes über die Finanzzerrüttung und den Währungszerfall sind die bürgerlichen Parteien zur Abkehr von ihrer bisherigen Hal- tung in dieser Frage gedrängt worden. Ob das über den Augenblick hinausreicht und ob die Zustimmung zur Erfassung der Sachwerte nicht wieder rückgängig zu machen versucht wird, ist eine Frage, die endgültig beantwortet wird von dem dauernden Einfluß, den die Sozialdemoratie und die besitzlosen Kreise des deutschen Volkes auf die gegenwärtige Regierung ausüben. Ihn zu st ä r k e n, ist deshalb die drin- gendste Forderung und die politische Aufgabe der Stunde.
Offiziere unü Sowjetstern. Im Reichstag hat der Abg. V. G r a e f e vor einigen Tagen sehr erbauliche Mitteilungen über die Verbindung von höheren Offizieren mit Kommunisten gemacht, als er in der-letzten Cuno-Debatte u. a. ausführte: Die Deutschvöllischen können niemals mit den Kommunisten zusammengehen. Es ist ein echt orientalischer Trick,' wenn seitens gewisser Kommunisten versucht worden ist, die völkischen Mit- glieder von ihren Führern zu trennen, indem man ihnen vor« gaukelt: Ohne uns könntet ihr eure Ziele nicht verwirklichen. Die höheren Offiziere, die darauf hinein- gefallen sind, sind keine Bvltischen. Aber wenn Sie sich ihre Frauen oder ihre nähere Verwandtschaft ansehen... (schallende Heiterkeit). Herr Staatssekretär von Maitzahn, in welchem Ressort sitzen denn die Herren, die mit Radek-Sobelsohn in freundschaftlichster Weise nicht nur diplo- matisch, sondern auch sonst verkehren?(Heiter- keit.) Ist es wahr, daß Rädel bis zum 1. Sep- tember Einreiseerlaubnis noch Deutschland hat? (Staatssekretär von Maltzahn: Nein I) Also vielleicht bis zum S. oder 8.1(Erneute schallende Heiterkeit.)
Europa im Lichte amerikanistben Humors Don Dr. R. K u e z y n« k i. Es gibt Völker, deren Humor ein völlig verzerrtes Bild von ihrer Lebensanschauung widerspiegelt. Wollte man z. B. das fran- zösische Volt nach seinem Humor beurteilen, so käme man wohl zu dem unsinnigen Ergebnis, daß sein Sinnen und Trachten ausschließ- sich auf Erotik gerichtet sei, ja, daß dieses Volk offenbar degeneriert sei. Umgekehrt habe ich immer den Eindruck gehabt, daß der Humor der Amerikaner recht wahrheUsgetreu die Empfindungen zum Aus- druck bringt, die dieses Volt tatsächlich beherrschen. E» erscheint mir daher nicht unnütz, aus der amerikanischen Presse eine Reihe von Glossen zur europäischen Frage anzuführen. Dabei möchte ich vor- ausschicken, daß die außenpolitischen Glossen in der hiesigen Presse zurzeit keinen guten Maßstab für den amerikanischen Humor im all- gemeinen bieten, weil sie großenteils gerade das vermissen lassen, was den Reiz de» amerikanischen Humor» ausmacht: die Harm- losigkeit. Die deutsche Mark. Die deutsche Mark beweist der Welt, daß e» kein absolutes Nichts gibt. Wenn einen gewöhntichen Menschen, der nach dem Dach eines fünfzehnstöckigen Gebäudes guckt, schon das Genick schmerzt, was muß da erst dl« deutsche Mark empfinden, wenn sie zu dem Dollar aufschaut. Wer will behaupten, aller Glaube sei aus der Welt entschwunden? Einige Leute erwarten eine Markhausse. i Die Reparationefrag� Deutschland scheint sich für alles zu interessieren, nur nicht für "'.seine Schulden. Die Entschädigung, die Deutschland zu zahlen bereit ist, be- trägt rund 00 000 OOO 000 Mark. Die Sioux-Jndianer behaupten, die Vereinigten Staaten schulden ihnen die hübsche Summe von?ö0 Millionen Dollar. Wir wollen bloß hoffen, daß sie nicht das Pittsburger Kohlenrevier besetzen. Deutschland schuldet uns 1 479 004 313 Dollar und 92 Cents. Vielleicht kriegen wir die 92 Cents. Deutschland kann sein« Schulden an die Vereinigten Staaten erst zahlen, wenn es sie in Mark umgerechnet hat, und da« mag mehrere Jahre dauern. Es kann kein« Ruhe geben, solang« die eine Hälfte der Welt «n Deutschland als Schuldner denkt und die andere Hälft« an Deutsch . Hand ab» Kunden. Der Balkan . Man kann m Bulgarien sehr alt werden, wenn man Joghurt Hrmkt und sich von der Politik fernhält. Die Türken haben Pech. Das Heer hat seit Monaten keinen Sold erhalten, und es gibt da nur wenige amerikanische Touristen, .Die man gefangen nehmen könnte.
Ich kann Ihne« recht genaue SngaBendarSSer machen, w o Rädel sich noch bis ,»r Minute auf« hält... Es sind also höhere Offiziere auf die kommunistischen Versuche hereingefallen. Vielleicht erfährt man auch noch die Namen dieser gescheiten Leute?
Kommunistische Naöaubrüöer. Am Mittwoch abend tagte in den.Germaniasälen" ein« stark besuchte Funktionärversammlung des Holzarbeiterverbcmdes. DI« kommunistischen Funktionäre hotten den Raum vor der Bühne befetzt und mochten dauernden Lärm. Einer von ihnen versicherte, daß er seinen Kollegen»roch die Nasen der Berbandsbeamten als Sieges- trophäe mitbringen müßt«. Darauf ließ Freidank darüber ab- stimmen, ob der rauflustige Funktionär noch in der Dersanrmkung bleiben dürfe. Eine zweifelhafte Mehrheit beschloß, der Mann solle bleiben. Darauf schloß die Leitung die Bersommlung und verließ, begleitet von unseren Genossen, den Saal. Schon während der Diskussion hatten mehrfach kommunistisch« Helden tälliche Angriff« auf sozialdemokratisch« Funktionäre oerübt, wenn diese sich irgend- eine zustimmende Aeußerung zu Ausführungen der Berbandsver- treter erlaubten. Der schamloseste Terror wird jetzt von den Moskau -Jüngern geübt. Wie lange werden sich unsere Genossen da» noch gefallen lassen?
Die Stimmung im Reiche. Gessenkirchen, 13. August.(Eig. Drahtb.) Die Berg- arbeiterverbände haben am Mittwoch folgenden Aufruf an ihre Mitglieder gerichtet: Ueber 7 Monot« führt das deutsche Volk den schwersten Kampf um sein« Freiheit und Existenz. Die durch die Besetzung des Ruhr- reviers und infolge einer falschen Finanz- und Wirtschaftspolitik herocrgerufcne schmierige Ernährungslage wird von den Kommu- nisten, Syndikalisten und Unionisten dazu benutzt, die Arbeiterschaft in den Generalstreik zu treiben, um auf diese Weise den Bürger- krieg zu entfesseln. Die vorhandene Notlag« würde dadurch nur riesenhaft vergrößert. Die deutsch « Republik würde aus- einander fallen und die deutsche Arbeiterschaft unter fremder Herr- schaft Frondienst« leisten müssen. Die in den letzten Tagen vom Reichstag verabschiedeten Steuergesetze und deren rücksichtslose Durch- führung, wonach die Besitzenden in erster Linie zur Tragung der Lasten herangezogen werden, sind geeignet, der rapiden Geld- «ntwertung Einholt zu gebieten und eine Besserung der Ernährungs- läge herbeizuführen. Den Bemühungen der Gewerkschaften Ist es ge- lungen, die Wertbeständigkeit des Lohnes einigermaßen zu sichern. Die öffentlich« Lohnzahlung ist in fast allen Bergrevieren durch Ber- einbarung gewährleistet. Zur Beschaffung genügender Zchlungs- mittel werden alle Anstrengungen gemacht. Alle diese Maßnahmen können aber nur dann Erfolg haben, wenn die Arbeiterschaft sich nicht zu unbesonnenen Schritten hinreißen läßt, wenn sie den undurch- führbaren Parolen der Kommunisten keine Gefolgschaft leistet. Es gilt, alle Kräfte zusammenzufassen, um die dem deutschen Volke, vor allem der deutschen Arbeiterschaft drohenden Gefahren abzuwenden. Eencralstreik und passive Reststenz gegenüber den eigenen Werken vergrößern die Notlage der Arbeiterschaft, machen eine Besserung der Berhältnisse unmöglich, brechen den Abwehr- kämpf gegenüber dem fremden Militarieinus und gefährden die deutsche Republik. Kameraden, hört nicht auf die falschen Freunde! Der Weg führt ins Verderben. Folgt nur den Leitungen Eurer Organisationen. Rur dann wird es gelingen, die schwierigen Verhältnisse zu unter. binden und Freiheit und Republik zu sichern. Münster , 13. August.(Eig. Drahtb.) In Datteln kam es am Mittwoch nachmittag zu schweren Ausschreitungen kommunistischer Elemente. Etwa 8— 6000 Mann bedrohten das Lebensmittellaqer, stürmten das Amtshaus und mißhandelten den Beigeordneten Wille, dem ein Margarinesaß auf den Kopf gestülpt wurde. Die zur Eni- sttzung des Amtshauses herbeigeholten Polizeibeamten, die auf Zu- sicherung freien Geleits die Waffen abgegeben hatten, wurden schwer mißhandelt. Acht Beamte mußten schwerverletzt ins Krankenhaus ein- geliefert werden, die übrigen sieben wurden mehr oder weniger schwerverletzt. Polizeiliche Verstärkungen aus Recklinghausen wurden gleichfalls von der Meng« angehalten und angegriffen. Sie hatten drei Verletzte. Don den Ruhestörern wurden, sowie bisher bekannt wurde, 3 Mann verletzt. Von Recklinghausen sind am Mittwoch
Petroleum. Der velzweig kam, nicht länger Friedenssymbol sein, er ent- halt Oel . Das Räuberunwesen in China scheint so arg zu sein, daß es bei der schweren Verantwortung, die auf uns als den sittlichen Führern der Welt lastet, unsere nationale Pflicht werden mag, hin- überzugehen und die Provinzen, wo die ergiebigsten Petroleum. quellen sind, in unsere Obhut zu nehmen. Die türkische Konzession an Amerikaner muß schon sehr gut fein. Man hat dem Publikum kein« Aktien angeboten. Weltpolitik. Ein Engländer sagt, die Amerikaner kennen die Geographie schlecht. Dos liegt einfach daran, daß die Europäer sie immerzu ändern. Einige europäische Länder laden amerikanisch« Touristen ein, hinüberzukommen; aber die Einladung ist nicht so dringlich wie 1917. Der nächste Krieg wird in der Luft ausgefochten werden. Da» wird es den meisten europäischen Staatsmännern ermöglichen, ihn aus nächster Nähe zu betrachten. Der Diplomatie ist es nicht gelungen, den Krieg zu verhüten, und jetzt ist sie unfähig, einen Frieden zuftande zu bringen. Aber abgesehen davon ist sie vortrefflich. Wenn das Weltschiedsgericht die Parole bei unseren nächsten Wahlen sein sollte, so werden nicht übermäßig viele Menschen vor Aufregung sterben. Verstehen Sie das denn nicht? Jede Ration muß eine große Armee und eine große Flotte haben, um den Militar'smus bei den anderen Nationen zu schwächen. Wenn der Richter Gary recht hat und die Well nichts Besseres finden kann als Christlichkeit, wäre e» vielleicht ein guter Gedanke, es einmal damit zu versuchen.
Die wertbeständige Anlage. Was ich setzt erzähle, ist ein« wahre Geschichte. Sie hat sich zugetragen in der deutschen Mittelstadt R. Da giot es wie anderswo einen deutschnationalen Wahloerein. Bielleicht muh ich,«he ich weiter erzähle, noch sagen, daß die gut« Stadt R. von altersher außerordentlich trinksreudig ist.— Besagter deutschnationaler Wahlverein hat einen größeren Wahlfond» ge- sammelt, den man für später mögliche Wahlen wertbeständig anzu, legen beschloß.— Aber wie? Dollarschapanweisungen, Roggen» anleihe, Braunkohlenanleihe, das alles erschien den Herren bedenk- lich und allzu schwerfällig im Apparat. R. ist nicht nur trinkfreudig. Als Spezialität braut man dort einen ausgezeichneten Doppelkümmel. Da kam einer der deutsch - nationalen' Herren auf den genialen Gedanken, den Wohlfonds wert- beständig in Doppelkümmel anzulegen. „Dann kann man auch bei den Wahlen einmal etwas spen- dleren." meint« sachverständig ein zweiter. Also geschah's. Der Wahlfands des deutschnationalen Wahl- Vereins ruht gemütlich wohlverborgsn in Flaschenform im kühlen Keller. „Ob sie sich nicht im Borstand manchmal einen genehmigen?" fragt man im Boltsmund: aber das glaube ich nicht. Oder wäre
pollzeMche Verstärkungen eingetroffen. Vi« Besatzung ha! da« Eingreifen abgelehnt unb sich nur zur Stellung einzelner Patrouillen bereit erklärt. Breslau , 13. August.(Eig. Drahtb.) Die Lage im schlelsschen Industriegebiet war auch am Mittwoch noch ernst und reich an Zwischenfällen. In Liegnitz herrscht in den großen Be- trieben noch völlig« Arbeitsruhe. Die Streitbewegung ist vollkommen im kommunistischen Fahrwasser: als Streikforderungen wurden aufgestellt: Absetzung des Kabinetts Stresemann und Aus- lösung des Reichstages. Im Waldenburger Revier wird auf den Gruben in Gottesberg vollkommen gestreikt, außerdem auf der „Melchior-Grube" in Dittersbach. Auf den übrigen Gruben ist die Belegschaft zu zwei Dritteln eingefahren. Außer den Bergarbeitern streiken im Waldenburger Gebiet auch die Porzellanarbeiter. In Langenbielau streiken die Textilarbeiter: ihre Forderung geht dahin. eine Vorschußzahlung auf die bereits bewilligten Löhn« zu erhatten. In Wüstegiersdorf haben sich Kontrolliusfchüsf« gebildet. die in den Läden Waren beschlagnahmten, auch Lieh ab- schlachten und das Fleisch gegen Gutscheine verkaufen. Di« streikenden Bergarbeiter des Waldenburger Reviers ziehen auf» Land und Halen sich Feldfrücht«. In die Gutshös« wurde nicht«ingedrungen. Schutzpolizei ist in kleineren Abteilungen auf das flache Land entsandt worden, um die landwirtschaftlichen An- wesen zu schützen._ Reichstagung üer �rbeiterjugenö. Neber daS Ende des ReichSaröeiierjugendtageSerhalteu wir iolgen- den Bericht: Wieder durchziehen singende Truppen Jugendlicher die Straßen. Die sich einfindenden H aken kr eu z ler mustern mit verwundert-ärgerlichen Mienen die Mafien. Der Luitpoldhain ist der Sammelpunkt zum Fackelzug. Hier herrscht ein frohes Lebep. Während in der großen Festhalle verschiedene Redner vor einer außerordentlich stark besuchten Versammlung Ansprachen � Balten, tanzen auf der Luitpoldwiese Arbeitermädel und Jungen mit Nürn- berger Zlrbeiterkindern alte Volkstänze. Die Ausstellung zum Fackel- Zug erfolgt. Nur ganz langsam kann sich der gewaltige Zug, u«- gefähr 73 000 Teilnehmer, vorwäriS bewegen. Fackeln flammen auf und Kampflieder ertönen. Rund um den Dutzendteich geht es. Hoch- und Niederrufe schallen in den Abend hinaus. Ueberall, wo die Demonstranten hinkommen, empfangen sie herz« liche begeisterte Zurufe, die mit ebenso herzlichen Heilrufen quittiert werden. Auch der sozialistische Ordnungsdienst mutz manche Hul« digung über sich ergehen lassen. Da, wo die Stadt wieder an- fängt, muß der Zug sich auflösen und heimwärts geht es in die Quartiere. Viele müssen aber noch den Weg zum Bahnhof an- treten, denn am Montag beginnt das Alltagsleben. Herzlichst wird ?lbschicd genommen, wer weih, ob es ein Wiedersehen gibt. Da sind die Genossinnen und Genossen auS den besetzten Ge- bieten, die, wie sie selbst aussagen, nicht wissen, ob sie infolge der Grenzipcrre lebend über die Grenze kommen. Doch alle halten sie den Kops hoch und geloben, daß sich die geschlossenen Freundschasts- bünde nie lockern dürfen. Die Berliner und noch andere bleiben über Nacht in Nürnberg . Montag früh pulsiert ein reges Leben am Bahnhof. Thüringer , Oesterreicher , Berliner , Schweden , Sachsen usw. müssen jetzt auch die Stadt der Meistersinger verlassen. Der Heimatort ruft zur Pflichterfüllung. Ein kräftiges Hoch auf Nürnbergs Arbeiterschaft bringen die Jugendlichen, als sich der Zug in Bewegung setzt, an? und schwenken lustig die Tücher zum Abschied. Bald sind sie den Blicken der Zurückgebliebenen entschwunden und auS der Ferne klingt eS....)>ie Internationale wird die Welt befrein". Die Reichstagung der Sozialistischen Ardeiterjugend hat ihr Ende erreicht. Die Teilnehmer haben sich trennen müssen und ziehen zerstreut in alle Welt hinaus. Gestärkt den KampfeSmut und gestärkt die seelische Kraft, werden sie in ihrer Heimat wirken und schaffen im Geiste der Nürnberger Tagung, die eine neue wichtige Etappe innerhalb der sozialistischen Arbeiterjugendbewegung darstellt. Gerade die ausländischen Genossen, deren stattliche Besucherzahl stark« Freude hervorgerufen hat, sind dazu berufen, das, was sie in Nürnberg gesehen und gehört haben, in ihrem Mutterlande weiter zu verbreiten und so ein Bild zu geben vom neuen republikanischen Deutschland . Daß Deutschland seine republikanische Staatsform zu verteidigen wissen wird, zeigte ja mit aller Deutlichkeit der Beifall, den der Genosse Löbe bei seinen Worten, die er zu den Massen im Luitpoldhain sprach, er- hielt, als er ausrief: Hier im Orgesch« und Faschistenbayern rufen wir den Feinden der Republik zu: Seid gewarnt. Wehe Euch, wenn der Wall der Millionen P.r oletarier sich gegen Euch erhebt.
der Kümmel auch in den Körpern der deutschnationalen Herren vielleicht wertbeständig angelegt?— Wer weiß?— H. W. Wofür der Arzt hastet. Ein Interessantes Urteil des Reichsge- richte? über die Haftung des Arztes wird von Oberreichsanwalt Ebermayer in der„Deutschen Medizinischen Wochenschrist" mitge- teilt. Ein Patient hatte beim Besteigen der Straßenbahn einen Unfall erlitten. Der Arzt stellte ohne Röntgenuntersuchung einen Schenkelbruch fest und behandelte dementsprechend. In Wirklichkeit lag nur eine HüstenverrenktMg vor. Durch die falsche Behandlung blieb das Bein verkürzt und die Bewegungsfreiheit beschränkt. In drei Instanzen wurde der Anspruch auf Schadenersatz anerkannt. Nach dem Urteil des Reichsgerichts kann der Kranke verlangen, daß der Arzt alle auch entfernten Berletzungsmöglichteiten in den Kreis seiner Erwägung zieht und die modernsten Mittel anwendet. Durch ein Röntgenbild hätte sich sofort die Art der Verletzung feststellen lassen. Dies Verschulden ist zwar nur gering, aber auch«in sehr geringes Verschulden genügt schon, um die Schadenersatzpflicht zu begründen. Was Edisons Gehirn wert ist. Die Amerikaner, die all« Wert« in Ziffern auszudrücken lieben, haben im Verfolg ihrer Lieblings. beschäftigung jetzt auch den Versuch gemacht, das Gehirn ihres größten Erfinders, Edison, sozusagen zu kapitalisieren. Bei diesen Schätzungen sind die„New York Times " zu der Zahl von 3 Mil- liarden Dollar gelangt, einer Ziffer, die den kapitalistischen Nutz- wert des Gehirns des Erfinders darstellen soll. Bei dieser Ge- legenhest mag daran erinnert werden, daß Edison soeben sein tausendstes Patent genommen hat, und daß er nicht von der Sucht nach Geldgewinn geleitet wird, wenn er Tag für Tag zwanzig Stuujden im Laboratorium emsig arbeitet. Der Mann stellt in Wahrheit an das Leben überaus bescheidene Ansprüche. Er Hot oft genug erklärt, daß er sich, wenn es nötig fein sollte, mit dem Lohn eines Telegraphpenarbeiters, d. h. mit monalllch 173 Dollar, begnügen würde, und daß ex immer als Telegraphist sein Aus» kommen finden würde. Die gefährlichen Weikfahrken der Ozeandampfer. Wie aus New Pork gemeldet wird, wächst sich der von den engltschen und amerika - Nischen Echiffahrtsgesellschaften geübt« Sport, immer neue Schnellig« teitsretorde in der transatlantischen Fahrt aufzustellen- nachgerade zu einem Unfug aus, der das Leben der Passagiere in ernste Gefahr bringt. In einer der letzten Nächte harrte am Hafen wieder eine große Menschenmenge, die mit atemloser Soannung darauf wartete. welches der fälligen Schiffe als erstes einlaufen würde. Die drei ersten Schiffe trafen in Abständen von je einer Minute ein. Der Kapitän des Schiffes, der als erstes durchs Ziel ging, erklärte später den Berichterstatiern. die erreicht« Schnelligkeit sei so groß gewesen. daß er das Schiff erst mehr als eine halbe Seemeile über die L-an- dungsstelle heraus zum Stillstand bringen konnte.„Die geringst« Störung im Mechanismus des Steuerapnarats"- fügt« er hinzu, „hätte eine verhängnisvolle Katastrophe hcrbeiführen können,"
Hllferdinqs„Finanzkapital-- ist im sowjetrusstsch-n StaalSverlaz (MoStau-Petersburg) soeben in russischer Sprache erschiene«.