Nr. 397 40.Jahrgang Ausgabe A Nr. 198

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Berliner Volksblatt

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Zentralorgan der Vereinigten Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

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Moralische Feiglinge.

Bemerkungen zum Mordprozen Baur .

Der Münchener Prozeß gegen die Mörder des Studenten Baur unterscheidet sich in Atmosphäre und Verlauf wenig Don anderen Berfahren, die gegen völfische Berbrecher durch geführt worden sind. Aber alle diese Prozesse haben eins ge­meinsam, was den Sozialdemokraten stugig macht, ja an­widert.

Wir haben in sechszigjähriger Geschichte ja auch unsere politischen Prozesse gehabt. Davon viele, die mit schweren Bestrafungen endeten. Aber ein Sozialdemokrat trat erhobe nen Hauptes vor seine Richter. Mit dem ruhigen Gewissen eines Menschen, der sich bewußt ist, in reiner Absicht seiner Sache und seinen Idealen gedient zu haben. Die Gerichts­verhandlung diente für ihn nicht dem Zweck, einen Freispruch zu erlisten oder sich herauszuschwindeln, sondern sie war die Gelegenheit, um zum letztenmal zum letztenmal vielleicht vor lang jährigem Begräbnis hinter Zuchthausmauern diese Ideale und Prinzipien von einer öffentlichen Tribüne zu verkünden. So ging von jeder Gerichtsverhandlung gegen fozialistische Führer eine propagandistische Wirkung aus, die zehnfach die Leiden des einzelnen Verurteilten aufmog.

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Was aber erleben wir bei den völkischen Aktivisten? Bei den Leuten, deren eingebildeter Heldenmut Deutschland er retten soll? Stammelnde, schlotternde Schulbuben, Feiglinge ohne Belennermut, die vor Gericht nur das eine Ziel fennen, durch die läppischsten Ausreden die eigene kostbare Haut zu retten. Ewige Quartaner, die das Anlügen der Lehrer zur Birtuosität ausgebildet haben. Wo haben wir auch nur ein­mal den Deutschvölkischen erlebt, der zu seiner Tat gestanden und seinen Richtern trozig erwidert hätte:„ Ja, ich hab's ge­tan, weil es meine Ueberzeugung war, verurteilt mich, aber: Hier stehe ich, ich kann nicht anders."

Ja, wo haben mir jemals diesen völkischen Bekenner er Tebt? Der Erzberger- Attentäter, Oltwig v. Hirschfeld, hatte dem Minister nur einen Denfzettel" verabfolgen wollen, die Techow und Konforten gebärdeten sich als die armen Ber­führten des toten Kern, Herr v. Jagow- nur an Jahren diesen Buben überlegen war rein durch Zufall in den Rapp- Butsch hereingeraten und hatte sich sogar eine juristische Konstruktion ausgeflügelt, wonach er zur Ülebernahme eines Ministerpostens bei Kapp sozusagen rechtlich verpflichtet ge­wesen wäre, die biedere Prinzeffin Hohenlohe hielt Ehrhardt für einen anderen Menschen, weil er seinen Namen mit dem eines Konsul Eichmann vertauscht hatte, Ehrhardt selber 30g es vor, fich als hurtiger Springer denn als mutiger Bekenner

zu erweisen usw. usw.

Sonntag, den 26. August 1923

daß echtes Heldentum erst da anfängt, wo jener Leute Helden. tum aufhört. Die Deutschvölkischen und ihre kommunistischen ubeter stehen im Banne des äußerlichen und unzulänglichen Heldenbegriffs, wie ihn das alte System predigte und dessen gläubige Berehrung auch ein Grund unseres Zusammenbruchs war. Wer sich duellierte, galt als Held, wer den Zweifampf ablehnte, wurde als Feigling verachtet. Und doch gehörte für einen Angehörigen der ehemals herrschenden Kaste ein weit höherer moralischer Mut dazu, sich der Standessitte zu wider­fezen, als sich ihr zu fügen.

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Daß solche Kreaturen, die heute von völkischem Patriotismus triefen, morgen auch den Kommunisten zur Verfügung stehen werden, wenn ihnen das geschäftlich rentabel erscheint, fann man getrost annehmen.

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Unverbesserliche Optimisten, zu denen wir uns auch rech­nen, glauben immer noch an eine geistige Erneuerung des deutschen Volkes. Aber eins ist sicher: aus diesen militaristisch verengten Gehirnen wird sie nie und nimmer geboren wer­den. Von ihnen gilt, was die„ Deutsche Nation" schrieb, als Ehrhardt in ruhmvoll gekrümmter Stellung unterm Auto­Der Mangel an moralischem Verantwortungsgefühl wird sig über die Grenze entwich: verstärkt durch den Kadavergehorsam auch vom„ Ein Soldat ohne Gehirn nichts weiter. Zu dumm und un­alten System übernommen. Man lebt im Blücherbund wie gebildet, um unterscheiden zu können, was er darf und was er nicht in der Kaserne, ist in Rompagnien eingeteilt, hat Borgesezte, darf. Bildet sich ein, ehrenwert und altpreußisch zu sein, und ist denen nur gehorcht zu werden braucht. Eigenes Denten erübrigt in dieser Einbildung vielleicht sogar ehrlich. Bemerkenswert ist nur sich. Ist Mord als politisches Kampfmittel zulässig? Andere die Anmaßung von ihm und allen seinesgleichen, trotz absoluter Fanatiker haben auch gemordet, aber sie haben sich wenig Stenntnislofigkeit sie haben allesamt nichts gelernt und find un­ftens ehrlich den Kopf über diese Frage zergrübelt. Hier wird fähig, die einfachsten politischen Zusammenhänge zu verstehen zu nicht nachgedacht: der Vorgesetzte hat befohlen, das ist mora- meinen, sie, gerade sie, seien die Retter des Vaterlandes." lische Rechtfertigung genug, einen Menschen totzuschlagen. Die Freilich: Diese Deutschlandretter wären längst ausge Borgesezten aber sind gewissenlose Leute wie die Leiter der storben ohne eine breite Schicht von Bürgern und Herunter­D. C., wie Herr Ruge, die sich rechtzeitig zurückzuziehen wissen gekommenen des alten Systems, die in schier unausrottbarer und ihr untergebenes Opfer, das fich nicht einmal auf der Borniertheit und Ideenlosigkeit die Taten dieser Jünglinge Anklagebant dem Schweigegebot zu entziehen magt, allein die bewundert und materiell unterstützt. Das elende Kneifen und Tat ausbaden lassen. jämmerliche Versagen ihrer Helden vor Gericht sollte eigent­Und diese Mörder aus militärischem Drill" sind noch die lich auch dieser Schicht die Augen darüber öffnen, daß von Anständigsten der Korona. Um fie herum wimmelt es von stupiden Femenmördern und Ministerattentätern nichts Gestalten wie dem ermordeten Baur selber, wie den Harden Großes und im wahren Sinne Heldenhaftes zu erwarten ist, Attentätern Anfermann und Weichhardt, denen Mord und daß Deutschlands Rettung nur von Menschen fommen fann, Totschlag nur flingender Erwerb, nur das leidige Mittel sind, deren geistige Struktur jenen Landsknechtnaturen ent= um ein Luderleben in Bars und Bordellen führen zu können. gegengesett ist.

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Devisenablieferungspflicht.

Die Notverordnung.

Die Verordnung über die Ablieferung ausländischer Berbeteiligungen jeder Art im Auslande; b) an inländischen mögensgegenstände hat folgenden Wortlaut: oder ausländischen Börsen gehandelte Wertpapiere. Auf Grund des Artikels 48 der Verfassung des Deutschen Den Berinögensgegenständen des Abs. 1 Nr. 1 stehen gleich Reichs wird folgendes verordnet: deutsche Reichsgoldmünzen sowie Gold- und Silberbarren. § 4.

§ 1.

Die Ablieferungspflicht ist durch Hingabe von ausländischen Zahlungsmitteln, Wertpapieren der im§ 3 bezeichneten Art oder gleichgestellten Vermögensgegenständen(§ 3, 2b. 2) zu erfüllen. verwenden: Argentinien , Belgien , Brasilien , Chile , Dänemark , Eng­Dabei sind zunächst die Währungen der nachfolgenden Staaten zu land, Finnland , Frankreich , Holland , Italien , Japan , Kanada , Kuba , Merilo, Schweden , Schweiz , Spanien , Tschechoslowakei , Türkei , Bereinigte Staaten von Nordamerika .

Staaten zu

Für je zehntausend Mart, bie gemäߧ 5 des Gesetzes zur Sicherung der Brotversorgung im Wirtschaftsjahr 1923/24 vom 23. Juli 1923( Reichsgefezblatt Teil 1 Seite 410) als erste Teil­abgabe zu entrichten sind, haben Erwerbsgesellschaften den Gegen von zwei Mark Gold, alle übrigen natürlichen und juristi­Die Mörder des Studenten Baur hielten sich getreu an schen Bersonen, Bersonenvereinigungen und Vermögensmassen den diese leuchtenden Vorbilder. Nach dem Muster der Prinzessin Gegenwert von einer Mark in Gold in ausländischen Zahlungs. Mathilde hätte für den Hauptangeklagten Zwengauer viel mitteln, anderen ausländischen Werten oder din gleichgestellten Teicht die Berteidigung nahegelegen, daß Baur gar nicht tot Berten(§ 4) abzuliefern, soweit ihnen in der Zeit vom 10. bis Stehen bei Infrafttreten der Verordnung dem Ablieferungs­sei, sondern als Engel im Himmel weiterlebe, aber er begnügte 20. August 1923 ausländische Vermögensgegenstände oder diesen pflichtigen Zahlungsmittel der im Abs. 1 bezeichneten Art nicht zur fich mit totalem Gedächtnisschwund. Man denfe: ein Mensch gleichgestellte Vermögensgegenstände im Sinne des§ 3 gehört Verfügung, so find an deren Stelle die Währungen der nachfolgenden ermordet einen anderen im Februar und weiß schon im haben. Die Ablieferung hat bis zum 15. September 1923 verwenden: Bulgarien , China , Deutschösterreich, August nichts mehr davon. Auf die Borhaltungen des Vor- zu erfolgen. Ist am 5. September 1923 der Bescheid über die Estland , Griechenland , Indien , Lettland , Livland , Peru , Polen , Rumänien , Serbien , Ungarn , Uruguaŋ. fizenden hat er nur Tränen, Schweigen und einmal auch das 3wangsanleihe noch nicht zugestellt, so wird die Ablieferungs­meinerliche Wort:„ Ich kann doch nichts dafür, daß ich mich pflicht vorläufig nach dem Teilbetrage der Brotversorgungsabgabe Die näheren Bestimmungen über die Verwendung von Wert­an gar nichts mehr erinnere." Der Schuljunge, der seine bemeffen, ber der Erklärung über die 3wangsanleihe ent papieren sowie der in§ 3 Abs. 2 bezeichneten Vermögensgegen Bokabeln vergessen hat! Einmal sucht ihn der Vorsitzende bei spricht. Der Rest ist innerhalb einer Woche nach 3u. ftände aus Gold und Silber zur Erfüllung der Ablieferungspflicht zutrifft die Reichsregierung. der Ehre zu paden: Mitglieder eines vaterländischen Vereins stellung des Zwangsanleihebescheids abzuliefern. treten doch ein für das, was sie gesagt haben." Der An­Die Reichsregierung bestimmt ferner, in welchem Umfange die Schulden in ausländischer Währung, die am 20. Auguft freiwillige Hingabe von Zahlungsmitteln in ausländischer geflagte fentt den Kopf und schweigt... 1923 bestanden haben und bis zum 1. November 1923 getilgt wer- Währung an das Reich, die nach dem 1. August 1923 stattgefunden den müssen, fönnen von dem nach Abs. 1 abzuliefernden Betrage hat, als Erfüllung der Ablieferungspflicht gilt. insoweit abgezogen werden, als sie den Wert der 20. August 1923 vorhandenen nicht abzuliefernden ausländischen Bermögensgegenstände über ft eigen.

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am

Eine Ablieferungspflicht besteht nicht, sofern der abzuliefernde Betrag zehn Mark Gold nicht übersteigt. § 2.

§ 5.

Bei verspäteter Ablieferung erhöht sich die Ablieferungs­pflicht um fünf vom Hundert des rückständigen Betrages für jeden angefangenen Monat der Säumnis. Weist der Säumige nach, daß feine Säumnis nicht auf Verschulden beruht, so kann die zuständige Stelle ganz oder teilweise von der Erhöhung abschen oder einen bereits abgelieferten Mehrbetrag zurückerstatten.

Die anderen sind nicht besser. Vor ihren Blücherbund Rompagnien fonnten sie nicht weit genug das Maul auf reißen, nicht blutrünstig genug reden. Der famose Privat­dozent Ruge hat den jungen Leuten es waren Realgymna. fiasten dabei, wie Zwengauer bemerkt die offenbar sehr christliche Lehre eingeschärft, statt des Abendgebets solle jeder täglich den festen Vorfaz fassen, einen bestimmten Juden zu ermorden. All das ist jetzt harmlos. Man hat halt Sprüch' Für Personen, Personenvereinigungen oder gemacht", wie der schöne bayerische Ausdruck in solchen Fällen Bermögens heißt. Die„ Sprüch" waren meist recht massiver Art, bezeich- maffen, die nach diesem Gefeß nicht ablieferungspflichtig sind, nend genug für die geistige Berrohung jener Kreise. Alle weil ihnen innerhalb der maßgebenden Zeit teine ausländischen Augenblicke ist von„ umlegen" die Rede und jemandem ein und feine diesen gleichgestellte Vermögensgegenstände im Sinne geheimes Waffenlager zeigen", was als Fachausdrud be. Des§ 3 gehörten. bleibt eine Regelung über Art und Umfang ihrer Die Grundfäße für die Umrechnung der übrigen Währungen in Gold­deutet: ihn in einen Hinterhalt loden. Einen anderen Fach- Heranziehung vorbehalten. Das gleiche gilt für die Er. ausbrud erläutert der Angeklagte Johann Berger dahin: gänzung der Leistungen, soweit die Ablieferungspflicht aus mart ebenso wie die für die Kursermittlung bei der Ablieferung Das Wort Schwein habe nicht Berräter bedeutet, sondern Mangel an solchen Bermögensgegenständen hinter dem Betrag von Don Wertpapieren maßgebenden Grundsäge werden in den Durch einen Menschen, der in eine nationale Organisation nicht hin mei oder einer Mart Go für je zehntausend Mart des Teil- führungsbestimmungen(§ 14) festgestellt. eimpakt." Wieviel Deutsche sind danach feine Schweine in den betrages der Brotversorgungsabgabe zuzüdbleibt. Sugen dieser Heldenjünglinge gewesen?

§ 3.

Die Borschriften des Abs. 1 finden auch Anwendung, soweit Aber diese bramarbasierende Kasernenhofhoheit ist nur Rohstoffe oder sonstige Vorräte über das gewöhnliche Maß hinaus bas Gewand, unter dem sich die geistige Unzulänglichkeit ver- angesammelt worden sind. birgt. Gewiß mögen eine Anzahl dieser Jünglinge besigen, was man soldatischen Mut nennt. Einzelne fogar in Ausländische Vermögensgegenstände im Sinne diefer Berord­recht hohem Maße. Aber gerade dann, wenn sie sich geistig nung sind: für ihr Tun verantworten sollen, bemeist ihr Berhalten die 1. Gelbforten, Papiergeld, Banknoten und dergl.; Auszahlun Unzulänglichkeit dieser Eigenschaft, zeiat, daß foldatischer Mut gen, Anweisungen, Schecks, Wechsel und Forderungen in auslän­noch lange feinen Helden macht. Mögen fich Karl Radek discher Währung.

und seine gläubige Kommunistenschar in der Bewunderung die- 2. Nach näherer Bestimmung der Reichsregierung a) 2n les physischen Heldentums der Bölkischen gefallen. Wir wiffen, teile an ausländischen Erwerbsgesellschaften sowie Gefäfts

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§ 6.

Bei der Ablieferung von ausländischen Zahlungsmitteln wird umgerechnet.

§ 7.

Der Ablieferungspflichtige erhält für die von ihm abgelieferten Berte Stüde ber mert beständigen Anleihe des Deutschen Reiches( Goldanleihe) zu einem Kurse, der fünf Prozent unter dem Zeichnungskurse liegt, der am Tage der Ablieferung gilt. Der Ablieferungspflichtige fann anstatt dessen die Entrichtung des Gegen­merts wählen in:

a) Reichsmart zum Dollarkurse des der Ablieferung vorangehenden Berliner Börsennotiztages;

b) Butschrift auf ein wertbeständiges Steuer­fonto. Das Steuerfonto fann zur Tilgung von Reichssteuern und fonftigen Reichsabgaben nach Wahl des Steuerpflichtigen verwandt