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m-opnotion Sef Kapitalisten und' GrundbeWer ihne siegreiche Kraft. Sie gewannen damit nicht nur die unwissenden Mit- glieder der industriellen Arbeiterschaft, die sich einbildeten, mit der bloßen Verjagung der Kapitalisten und ihrer Ange- stellten aus den Fabriken sei die sozialistische Produktion schon in Gang gebracht, sondern auch den landhungrigen Teil der Bauernschaft. Damals entstand die Idee einer.Llrbeiter- und B a u e r n r e g i e r u n g" als Form der Reoolutionsregie- rung. Aber es ist bodenlose Dummheit oder gewissenloseste Spekulation auf bodenlose Dummheit, wenn man diese Parole heute in die deutschen Massen wirft. Auch heute, wie 1917 in Rußland , sind in Deutschland Opfer von den Besitzenden geboten, jedoch weit geringerer Art als damals. Man verlangt von ihnen nur, daß sie in demselben Maße nach Maßgabe ihrer Kräfte durch Steuern zur Rettung des Staates beitragen, wie es die arbeitenden Klaffen schon seit Jahren tun. In schamloser Weise haben die Besitzenden sich seit dem Beginn des Krieges um diese Pflicht herumgedrückt, gestützt auf die Politik der Inflation, die Herr Helfferich eingeführt hat, die den Schiebern und Agrariern nicht nur Steueropfer ersparte, sondern ihnen so- gar zur Quelle reichster Gewinne inmitten des größten Elends wurde. Dieser Politik gilt es jetzt, ein Ende zu bereiten. Es ist sicher nicht ausgemacht, daß die große Koalttion die Kraft dazu aufbringen wird, aber geradezu unsinnig ist es, von einer Bauern- und Arbeiterregierung mehr zu erwarten. Denn gerade die Bauern waren bisher die stärkste Stütze der Jnflationspolitik, gerade sie haben sich am energischsten gegen jede größere Besteuerung gewehrt. Und dabei ist der deutsche Bauer über das revolutionäre Stadium längst hin- aus: er ist zum reaktionärsten Faktor unter den Massen der deutschen Gesellschaft geworden: ohne ihn besäßen die Stmnes und Hitler längst nicht die Macht, über die sie verfügen. Und gerade s i e sollen die berufenen Verbündeten des revolutio- närcn deutschen Proletariats sein! Gedankenloser kann man wohl nicht fremde Schlagworte einer früheren Zeit aufnehmen und propagieren! Eines aber zeigt das Schlagwort von der Bauern- und Arbeiterregierung deutlich. Es beweist, daß selbst die Kom- munisten an der augenblicklichen Möglichkeit einer reinen Ar- beiterregierung zweifeln. Eine Bauern- und Ar- beiterregierung ist auch nur eine Koalition s- regierung. Aber ausgerechnet eine solche mit den schlimm- sten Feinden des Proletariats. Das Wort der Bauern- und Arbeiterregierung soll nur eine Verschleierung der Idee jener Koalitionsregierung sein, die von den Kommunisten mit den ertremsten Nationalisten angestrebt wird. Die Regierung Stresemann-Hilferding soll gestürzt werden, um d e r K o a l i- tion Radek-Ludendorff und Koenen-Hitler Platz zu machen. Diese Koalition und nicht eine reine Ar- beiterregierung ist augenblicklich die einzige Alternative der großen Koalition. Damit ist die Gegnerschaft gegen diese genügend gekennzeichnet. Es ist möglich, daß es der Regierung Strefemann-Hilfer- ding nicht gelingt, der Folgen der Inflation völlig Herr zu werden. Aber es ist sicher, daß eine Regierung Koenen-Hitler das Elend des Währungschaos auf die Spitze treiben würde durch völlige Lähmung jeglicher Produktion. Es ist möglich, daß es der Regierung Stresemann-Hilferding nicht gelingt, den Ruhrkonflikt gütlich beizulegen. Aber es ist von vornherein sicher, daß eine Regierung Koenen-Hitler das weder kann noch auch nur will. Die jetzige Regierung ist die ein- zige, die wenig st ens die Möglichkeit bietet, das zu leisten, was die Stunde verlangt. Sie ist der letzte Pfeil im Köcher Deutschlands . Es hat keinen zweiten zu versenden. Dieser furchtbare Ernst der Situation zeigt die Notwendig- keit der großen Koalition, bietet aber auch am ehesten die Aus- ficht, daß ihre bürgerlichen Mitglieder sich der Zwangslage des Reiches bewußt werden und endlich wenigstens einiger- maßen ihr entsprechend handeln. Allerdings muß man darauf

Silöer von See Ruhr. Von G. A. Lehnert. Schlagende Welter. Ts lastet ein Etwas über dem Land an der Ruhr: es liegt in den zerfurchten Gesichtern, es glüht aus umschatteten Augen, es flattert als Fluch aus rauhen Kehlen, es ringt sich als Gebet aus welkenden Brüsten. Ein Schrei nach Erlösung geht über ein blutendes Land. Di« Berge des Unrechrs sind in den Himmel gewachsen! Die Geknech- teien in den Niederungen stehen auf. Es brodelt in der Tiefe und glüht wie flüssiges Magma. Die Luft ist elektrisch geladen, mit Explosivgasen angefüllt. Schlagende Wetter! Und wenn«in Funke fliegt, dann steht das Ruhrgebiet In Flammen! Schon sitzen die Dunkelmänner beisammen und reiben das harte und das weiche Holz und blasen auf die Reibeflächen, damit es Feuer gebe. Die Hyänen de» Schlachtfeldes wittern Beute. Hochöfen in Gelsenkirchen . Nicht der leiseste Rauch steigt in die drückende Luft. Wie eine Ruine muten die gewaltigen Anlagen an. Bon den ragenden Schloten sind die immer wehenden Rauchfahnen niedergeholt. Nackt und knöchern starrt das Gewirr der Brücken, Gerüste, Träger und Masten zum Himmel, das sonst immer in wallende Wolken ge- hüllt war. In der riesige» Kraftzentrale, wo in normalen Zeiten die größten Turbinen und Easmotore. die größten Dynamos trel- ben, dreht sich kein Rad. Die stählernen Ungeheuer schlafen. Hunderttausende Volt, Millionen Kilowatt wandern nicht ins Land! Keine Sirene heult, keine Glocke tönt, kein Riemen schwirrt, kein Hammer dröhnt, und wer das Lärmen und Tosen und Brennen hier gekannt, dem legt sich eine Beklemmung auf die Seele. Da! Was ist das? Hoch über den Oefcn hängt etwas an einem Gerüst. Mensch- liche Leiber? Vorläufig nur bekleidete Strohpuppen, Stinnee, Cuno und Ludendorff darstellend. Ob es bei den Vuppen bleiben wird? Neben dem Werkeingang Nebt ein vom Regen verwaschenes Propagandaplakat:Die Zähl der ausgeblasenen französischen Hochösen.. grinst es geradezu hohnooll von der Wand. Delegschastsverfammlung. Dicht gedrängt, Kopf an Kopf, zehntausend Mann: eine un- ruhige, lärmende, quecksilbrig« Masse, wie das brodelnde schwarze Wasser im Klärbassin der Zech«. Auf dem Dache eines niederen Schuppens steht die Versammlungsleitung. Einer spricht einen hahncbüchenen Unsinn. Kaineraden, und wenn sie unsere Forderungen nicht erfüllen, dann versck)achern wir einfach die Zeche: da steht sie ja." Bravo!" Zustimmendes Gebrüll der Menge. Und die Laternenpfähle sind auch alle da(Bravo!" Bravo?"), es fehlen nur die, die daran aufgehängt werden." �Braoo!"Bravo!"_

gefaßt feitt, daß eine starke Pression von sozialdemokratischer Seite sehr energisch wird nachhelfen müssen. Gelingt es auch jetzt nicht, den besitzenden Klassen die nötigen Steueropfer aufzuzwingen, dann ist freilich Deutsch - lands Ruin besiegelt. Besiegelt durch die bornierte Kurzsichtig- keit und verbrecherische Gewissenlosigkeit der Besitzenden und ihrer Helfershelfer und Helfferiche.

Der Münchener Zememorü. München , 27. August. (Eigener Drahtbericht.) Das am Montag abend s4S Ahr unter großem Andrang des Publikums verkündete Urteil in dem Mordprozeß Vaur, das einstimmig gefällt wurde, lautet: Zwengauer wird wegen eines Derbrechens des Mordes zum Tode verurteilt. Die bürgerlichen Ehrenrechte werden ihm dauernd aberkannt. V erger, Johann, wird wegen eines Vergehens der Begünstigung zu S Monaten Gefängnis, abzüglich 2 Monate Unter- fuchungshaft, verurteilt. V e r g e r, Ernst, wird freigesprochen nnd sofort auf freieo Fuß gesetzt. Rüge wird vom Derbrechen der Anstiftung zum Mord freigesprochen und wegen eines Vergehens der Aussorderung zum Mord zu einem Jahre Gefängnis, abzügsich 2 Monate Untersuchungshaft, verurteilt." * München , 27. August. (Eigener Drahtbericht.) Nach Schluß der Urteilsverkündung im Baur -Prozeß versuchte Rüge mit den Worten:Gemeinheit! Schurkenurteil!" an den Richtertisch vorzu» dringen. In Nachahmung dieses- Vorbilds rief auch Zcrengauer, als er abgeführt wurde:Das ist ein Schandurteil, wie es ein größeres noch nicht gegeben hat." Die Disziplin der Mörderorganisation hat gehalten. Wie bei früheren Mordprozessen gegen Rechtsradikale büßt auch diesmal nur das geistig unbedeutende Werkzeug, während die A n st i f t e r und intellektuellen Urheber der Tat teils frei ausgehen, teils mit unbedeutenden Strafen davon» kommen. Wir wissen vom Rathenau -Prozeß her, wie die Angst vor der Rache der eigenen Kumpane den ausführenden Tätern noch auf der Anklagebank die Zunge bindet und sie lieber ihre eigene Stellung vor den Richtern verschlechtern läßt, ehe sie ihre Hintermänner verraten. So ähnlich war es auch hier. Der Hauptangeklagte, der Student Zwengauer, litt an gerade- zu monströser Gedächtnisschwäche, und das hat feine Mitange- klagten gerettet. Das moralische Urteil über die Rüge und Berger kann aber, auch wenn sie mit geringfügigen Ge- fängnisstrafen davongekommen sind, nicht anders lauten, als über den zum Tode verurteilten Zwengauer. Namentlich R u g e s Persönlichkeit hat eine Beleuchtung erfahren, die ihn als Haupthetzer zum politischen Morde deutlich bloßstellt. Sprach er doch vor unreifen Menschen das ftivole Wort, daß dem Abendgebet das Gelöbnis, einen Judenmord zu begehen, vorzuziehen fei. Rüge ist nicht erst von München her als Mordanstifter bekannt. Als bei der Rückkehr der oberfchlesifchen Selbstschutz- banden eine Reihe von geheimnisvollen Morden passierte, die zweifellos auf Konto einer geheimen Feme zu schreiben waren, wurde Rüge von der preußischen Justiz unter dem Verdacht der Mordanstiftung und des Hochoerrats längere Zeit ver- folgt. Das seltsame Schicksal des damaligen Steckbrisfes gegen Rüge ist eine Geschichte für sich und hat den Preußischen Land- tag mehrfach beschäftigt. Es wäre sehr interessant zu erfahren, ob nach den Enthüllungen, die der Fuchs-Machhaus-Prozeß sowie der Prozeß über die Person des Rüge gebracht haben, die p r e u ß i s ch e n I u st i z b e h ö r d s n die Strafverfolgung Ruges wegen feines oberfchlesifchen Sündenregisters wieder aufnehmen werden. Wie der Fuchs-Machhaus-Prozeß, hat auch der Mord- Prozeß Baur bewiesen, daß in derOrdnungszelle" München Dinge möglich sind, die sonst nirgends in Deutschland passieren könnten. Auch dieser Prozeß hat wieder ein anschauliches Bild von dem Verbrecher- und Verschwörertreiben des Geheimbünde geliefert, ohne freilich dieses Treiben zu vernichten, da die eigentlichen Leiter und Organisatoren nicht oder nicht genügend besttast wurden.

Der armschwingende Radikalinski tritt unter dem Beifallsge- klatsche der Zehntausend ab. Ein andererRedner" geht an den Rand des Daches. Ehe er ein Wort sagen kann, brüllt es tausend- fach aus der Masse:Nieder!"Ein Christ!"Nieder!"Werft den Hund vom Dach!"Runter!"Runter!" Ein nicht zu be- schreibender Tumult setzt ein: der Mann tritt zurück. Der Ver- fammlungsleiter ruft ein paar Worte, die im Getöse untergehen. Ein wüst aussehender Geselle tritt vor. ..Kommunistische Kameraden!" Tiefe Stille.Wenn der Assessar unsere Forderung nicht bewilligt, dann drehe ich ihm den Hals um!" Tosender Beifall.Bravo!Bravo!" Und wenn ich zehn Jahre ins Zuchthaus komme, mir is et ejal!"Bravo!"Bravo!" Sa geht es weirer, drei, vier Stunden, so lange, bis die Zu- Hörer alle fortgclaufen sind. Jeder, der eine Resolution einbringt, läßt selber abstimmen: jeder, der zur Vernunft crmahnt, wird niedergeschrien: jedem, der den Mund am weitesten aufreißt, wird zugejubelt. Tumulte in Gelsenkirchen . Schüsse schlagen durch den dämmernden Abend. Ich werse den Federhalter fort und eile in die Stadt. Bald bin ich in einem tosenden Menschenhaufen.Diese Hunde, diese verfluchten Lumpen!" Gemeint ist die blaue Polizei. In der Nähe des Bahn- Hofes verdichtet sich die Masse. Auf der Straße stehen halbwüchsig«, betrunkene Burschen mit Zaunlatten, Eisenstangen, Steinen und Knüppeln bewaffnet. Kameraden, wer Arbeiter ist, anschließen!"Auf zum Prä- sidium!" Wieder fallen Schüsse. In der Neustadt oersucht die Menge das Polizeirevier zu stürmen. Ein Ueberfallouto der Polizei rast in einem ungeheuren. Tempo heran. Di« Menge stiebt auseinander. Säbel blitzen, Schreie werden laut. Unbarmherzig fallen die Hiebs, rechts und links. Die bedrängten Beamten des Reviers bekommen Luft und sperren die Zugänge zur Wache ab. Das Ueberfallkommando rast wieder davon. Noch einmal gibt es eine Schießerei in der Nähe des Prä- sidiums: dann tritt langsam Ruhe ein. Resultat: ein Toter, zehn Verwundete. Wieviel« mögen noch verletzt sein, die sich nicht ge- meldet haben, um sich nicht zu verraten? Und die Ursache des ganzen Tumults? Eine Schlügerei wegen eines Stückchens Seife. (Die Kommunisten machten eine große Teuerungsunruhe daraus.) In tiefen Gedanken wanders ick nach Hause. Es ist stock- dunkel, denn seitdem die Franzofen die gasliefernd« Zeche besetzt haben, gibt es keine Straßenbeleuchtung mehr. Mein Fuß stößt gegen etwas Weiches, das quer über dem Bürgersteig liegt. Ein Mann! Tctt? nein, nur sinnlos betrunken! Zwanzig Schritte weiter eine Kneipe. Die elektrische Orgel spielt, Gläser klirren, Zecher grölen. Ein Ekel steigt in mir auf. Und ich denke an Arno Holz und die Wort«:Ein blutiger Frevel ist diese Zeit!"

Berliner Opernkrisen. In der S t a a t s o p e r ist es infolg« der Berufung Erich Kleibers zum Generalmusikdirektor zu einer Krisis gekommen: Fritz Stiedry fühlt sich dadurch zurück-

Agrarier an öle§?ont! Es gilt, die Steuer zu sabotieren! Graf Westarp hat sich ein feines Mittel ausgedacht, um seinen konservativ-agrarischen Freunden das Schimpfen auf die Steuern zu erleichtern. Zwar haben die Deutjchnationalen unter dem Eindruck des Schreckens die noch von Hermes vorgeschlagenen neuen Steuern mitbewilligt. Aber das ge­schah nur, so setzt er in derKreuzzeiwng" auseinander, well die Steuern ja auch ohne die Deutschnationalen bewilligt war- den wären, und dann mußte ja das Kabinett Cuno gestärkt werden. Schließlich aber jagt Westarp mit altkonservativer Offenheit: Gerade ihre Zustimmung zu diesen Steuern macht ihneu(den Deutschncttionalen) den Rücken ftei zu rückflchtsloser Bekämpfung der brutalen Steuerpolitik des Herrn Hilferding und zu einem ebenso rücksichtslosen Bestehen auf Erfüllung der Voraussetzung der Durchführung des Kampfes um Rhein und Ruhr bis zu Ende, unter der allein das Ruhropfer yon ihnen bewilligt worden ist." Damit ist von führender deutschnationaler Stelle der Ton angegeben, nach dem im Lande die Musik gemacht wird. In derZeitung für Hinterpommern" findet sich ein Aufsatz der Kreisgruppe Stolp des Pommerfchen Landbundes, in dem den Landwirten dieses Steuerrezept verschrieben wird: Der Reichsfinanzminister hat angeordnet, daß nach dem 25. August der vierfache Betrag der Steuern zu zahlen ist. Die Ernte hat erst begonnen, Dreschen angesichts der Witterung ist ein Unfug. Verkäufe sind nur m verschwindendem Umfange mög- lich. Die Beschaffung auch nur eines nennenswerten Bruchteils nötiger Zahlungsmittel ist ausgeschlossen. Die Landwirtschaft ist zu jedem Opfer bereit, das der Freiheit des Vaterlandes dient, aber Opfer, die nicht erfüllbar sind, müssen zu Strafen werden. Schaffe sich jeder«in reines Gewissen: Wer Zahlungsmittel hat oder sie sich ohne Derschleudernng seines Eigentums verschaffen kann, ist oerpflichtet, nach Maßgabe seiner Leistungsfähigkeit Steuern, ins- besonder« das Ruhropfer, zu begleichen. Aber niemand kann uns zu Leistungen zwingen, die im wesentlichen überhaupt unmöglich sind. Jeder beschaffe sich Beweismittel, die die Unmöglichkeit recht- zeitiger Zahlung darzulun geeignet find. Sollte die Regierung es unternehmen, von den Verpflichteten trotz nachweisbarer Zahlungs, Unmöglichkeit Strafbettäg« zu verlangen, wird sie sich dem ge- schloffenen Widerstand aller ehrenhaften Landwirte gegenüberschen. die es erzwingen werden, daß man ihr Eigentum nicht Forderungen zum Opfer bringt, die jeder vernünftigen und wirtschaftlichen Heber» legung widersprechen." Die Landwirte haben während des Krieges und nachher gute Tage gehabt. Ihre verschuldeten Gehöfte sind schulden- frei geworden. Dafür sind die Agrarier jetzt um so stärker. wenn es gilt, der Regierung zu trotzen. Sie sind zwar zu jedem Opfer bereit, aber etwa aus der Substanz ihrer Wirt- schast nötige Steuern zu zahlen, das Opfer ist unerschwinglich!

Die lanüwirtschastliche Setriebsfteuer. Nach dem Gesetz über die Besteuerung der Betriebe haben landwirtschaftliche, forstwirtschaftliche und gärtnerische Betriebe für die Monate September 1923 bis einschließlich Februar 1924 eine am ersten eines jeden Monats, zuerst also am 1. September, fällig werdende Abgabe zu entrichten. Die Abgabe beträgt für je 2<1tX) Mark des für das Grundstück festgestellten oder festzustellenden W« h r b e i» tragswertes 1,50 Mark Gold monatlich: bei ver- pachteten Grundstücken ist der Eigentümer und der Pächter nur je zur Hälft« abgabepflichtig. Wird die Abgabe m Papiermark ent- richtet, so ist sie mit dem für den Tag der Zahlung maßgebenden Umrechnungssatz zu vervielfältigen. Der Umrechnungssatz wird am Donnerstag«ine? jeden Woche bekanntgegeben werden und gilt für die Zeit vom Sonnabend derselben Woche bis zum Freitag ein» schließlich der folgenden Woche. Zahlungen, die bis einschließlich Freitag, den 31. August, auf die Landabgabe geleistet werden, wer- den von den Finanzämtern zu einem Umrechnungssatz von 372 000 für eine Mark Gold angenommen.

gesetzt und hat um sofortige Lösung seines noch vier Jahre laufen- den Vertrags gebeten. Das Deutsche Opernhaus hac gleichfalls feine Kapellineisterkrisis: Die Kapellmeister Krasse lt, M ö r i k e und Waghalter tun nicht mehr mit. Einsam strahlt am Charlottenburger Opernhimmel Leo Blechs Gestirn. Sonntag ging es zum erstenmal auf. Der neue musikalische Leiter des Deut- scheu Opernhauses dirigierte WagnersMeistersinger", mit oenen die neue Spielzeit eröffnet wurde. Sein Pult war schön mit Blumen geziert, er selbst wurde von seinen Verehrern festlich be- willkommnet und an allen Aktschlüssen laut gefeiert. Der neue Generalmusikdirektor bewährte sein« oft erprobte Wagner-Meister- schast. Aber der neue Apparat ist natürlich noch nicht so in feinen Händen wie der alte. Die Festwiese brachte er vollendet heraus. Die Aufführung, die die bekannte Besetzung(Scheidt Hans Sachs , Zohsel Stolzing, Gustav Werner David, Ed. Kandl Beckmesser, Frida Meyer Eva) aufwies, hielt sich auf guter Höhe. DieFliegenden". Etwas Schreckliches droht« dieser Tag« dem deutschen Gemüt: aus München kam die bedrohliche Kunde, daß die Fliegenden Blätter ", das feit 1844 bestehende Witzblatt, eingehen würde. Ein Leser derFranks. Ztg." hat daraufhin folgen- de» Siekrvlog beigesteuert:Wenn man beim Barbier oder Zahnarzt sehr lange warten mußte, dann waren sie plötzlich da, die guten Fliegenden": und selbst wenn man«in Zahngefchwür hatte oder, was noch schlimmer ist, drei Leute sich ausgerechnet die Haar« schneiden liehen, dieFliegenden" waren ein kleiner Trost, kaum spürbor und doch vorhanden,«in Zeitvertteib, ein Leidvertreib. DieFliegenden Blätter " sind zeitlos: und das ist ihr« wesent- lichste Charaktereigenschast. ihr Wert und Vorzug. Revolution, Weit- krieg und Katastrophen veränderten das deutsche Leben, dieFUe- genden Blätter" aber blieben, wie ein Märchen, davon unberührt. Der Witz hat die Aufgab«, der Zeit einen Vexierspiegel vorzu- halten. Der Witz derFliegenden Blätter " bestand dann, ihr diesen Spiegel konsequent und wohllätig vorzuenthalten. Hier war ewig Mondschein in spitzgiebeligen Gassen, Stammtischbehagen, der be- trunkene Steueramtsvizesekretär, der mit dem Schlüssel das Kanal- gitter zu Lssnen sich bemüht, plätschernde Brunnlein, und der Nacht- Wächter mit Horn und Hellebarde. Das, was im deutschen Menschen still, bürgerlich, unpolitisch, spießbürgerlich, anspruchslos, häuslich ruhebedürftig, emeritiert, kon- servatio ist, all das hatte in denFliegenden" sein Symbol. Ach ja, die alten Witz«! Sie sind doch die besten, wie die alten Bekannten. Man sieht sich wieder, man freut sich. In einer Zeit, da olles raffi- niert, überspritzt, grotesk, überoriginell wurde, blieben dieFlie- genden" wie sie waren. So belanglos ihre Scherze und Bilder im letzten Jahrzehnt auch waren, diese unbewegte Stille in den Stürmen der Zeit hatte im deutschen Gemüt ihren tieferen Grund. Vielleicht sterben dieFliegenden" zur rechten Zeit: ihre Generation ist«igent- lich längst dahin: der alte Oberländer ging erst kürzlich voran." Die Todesnachricht mar fteilich voreilig. DieFliegenden drucken nur einiqe Nummern nicht, die aber schon vorgcdruckt sind: das zeitlose deutsche Gemüt kann also seine Andachten ruhig weiter verrichten. Die Lebensgesahr der Dicken. Die Zusammenhänge von Körpergewicht und Langlebigkeit sind von der New Yorker Metro- politan-Lebensversicherungsgejelljchast auf Grund ihrer großen Er,