Richtlinien für �ohnverhanölungen. Vereinbarungen der Spitzenorganisationen.
In später Adendstund« erhalten wir die folgende Meldung der Tclographen-Uirion: Die Spitzenoerbände der deutschen Arbeitgeber und Arbeit- nehmer haben sich in mehreren Sitzungen der letzten Tage ein- gehend mit dem Lohnproblem beschäftigt. Sie sind bei ihren Untersuchungen von der Feststellung ausgegangen, daß bei der rapiden Geldentwertung der letzten Wochen der Reallohn zahl. reicher Arbeitnehmerkategorien eine Entwicklung genommen hat, die einer gerechten Abwägung der Interessen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht entsprach. Die Spitzenorganisationen sind sich darüber klar, daß eine endgültige Lösung des Lohnproblems nur gefunden werden kann in Verbindung mit der Lösung des Währungsroblem« und einer das Gleichgewicht in der Voltswirtschaft herstellenden Hebung der Produktion. Vis zur Erreichung dieses Zieles sollen die Richtlinien des Reichsarbeitsministeriums über die Möglichkeit der Erhaltung der Kaufkraft des Arbeitseinkommens für die Ueber. gangszeit weiter ausgebaut werden. Deswegen empfehlen die Spitzenoerbände allen Tarifoertragsparteien die Anwendung folgender Richtlinien: 1. Um sich«in einwandfreies Urteil über die Erhaltung der Kaufkraft des Lohnes und über die richtige Lohnhöhe zu bilden, ist es nötig- die jeweiligen Lohnbeträge in Grundlohn und Multiplikator zu zerlegen. Der jeweilige Tariflohn ist also gleich Grundzahl mal Multiplikator und ist bei Arbeitern wöchentlich, bei Angestellten dekadenweis« zu berechnen. 2. Für einen Zeitraum von 4— 8 Wochen legen die Tarisver- tragsparteien die um den Multiplikator zu erhöhende Grundzahl (Ausgangslohn) unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Rot- wendigkeiten beider Seiten fest. Dieser Ausgangslohn bleibt somit für die �betreffende Tarifperiode konstant. In ihm drückt sich die jeweilige Wirtschaftlage und Konjunktur der betreffenden Wirtschaftslage aus. . 3. Als Multiplikator soll eine aus der Statistischen Ersasiung der Lebenshaltungskosten(Kleinhandelspreise) gefundene Meßzahl verwendet werden, da lediglich die im Kleinhandel zu zahlenden Preise für Lebensmittel und Bedarfsgegenstände bestim- mend für den Zahlungsmittelbedarf des Arbeitnehmers sind. Der Dollarkurs oder die Großhandelsmeßzahl sind hierfür ungeeignet. Die Wahl der Meßzahl ist den Tarifvertragspartein überlassen. Bei Reichstarifverträgen oder bei Tarifverträgen für größere Gebiet« wird man die Reichsindexzahl des Statistischen Reichsamts zweck- mäßigerweise verwenden, wobei die Berücksichtigung der örtlichen
oder bezirtlichen Verschiedenheiten(Oriskltfssen) bei der Bemessung des Ausgangslohnes erfolgen kann. Bei örtlichen oder bezirklichcn Tarifverträgen empfiehlt sich die Anwendung entweder der vom Statistischen Reichsamt errechneten Indexzahl für den Ort bzw. den Bezirk oder einer nach ähn- lichen Grundsätzen wie denen des Statistischen Reichsomtes aufgebauten Meßzahl der Tarifvertragsparteien oder anderer Stellen von beiderseitig anerkannter Autorität. Es ist dabei von Bedeutung, daß für die verschiedenen Berufsgruppen eines einheitlichen Wirtschaftsgebietes möglichst eine ein- heitliche Meßzahl Anwendung findet. 4. Bei der Festsetzung der jeweiligen Lohn- oder Gehaltshöhe ist zu unterscheiden: a) die Lohnwoche, d. h. die Woche, für die der Lohn v e r- dient wird: b) der Fe st s e tz n n g s t a g der Meßzahlen, der möglichst mit dem Festsetzungstag des Lohnes zusammengelegt werden muh: c) der Auszahlungstag: ä) die Berbrauchswoch«. S. Grundsätzlich muß für die Bemessung der Lohnhöhe der Geldwert der Verbrauchswoche maßgebend sein;, man wird jedoch in Zeiten nur geringer Schwankungen des Geld- wertes, ohne allzu große Fehler zu begehen, den Feststellungstag der Meßzahl für die Lohnhöhe maßgebend sein lassen können. In Zeiten sehr starker Geldentwertung muß jedoch dieser Fehler«in nicht erträgliches Absinken des Reallohnes zur Folge haben, so daß man gezwungen ist, bei der Lohnfestsetzung außer der Meßzahl des Feststcllungstages auch noch diezuerwartendeSteigsrung der Meßzahl der Verbrauchswoche vorauszuschätzen. Einen gewissen Anhalt für diese Vorausschätzung kann die Bewegung des Dollarkurses und der Großhandelspreise geben. tz. Ob diese Schätzung richtig gewesen ist, wird man erst beurteilen, können, wenn die Meßzahl für die Verbrauchswoche vorliegt. Er- gibt sich alsdann, daß«in Zuwenig oder Zuviel an Lohn oder Gehalt bezahlt worden ist, so hat eine Korrektur in der Weise stattzufinden, daß dieser Differenzbetrag bei der nächsten Lohn- oder Gehaltsfestsetzung hinzugefügt bzw. abgesetzt wird. Zur Vereinfachung der Lohn- und Gehaltsrechnungen wird dieser Differenzbekrag mit der neu ermittelten bzw. abgeschätzten Lohn- und Gehaltssumme zu einem einzigen Betrage vereinigt. Um nicht durch übermäßige Belastung der Lohnburcaus neu« unproduktive Arbeit zu veranlassen, ist grundsätzlich daran fest- zuhalten, daß die wöchentliche Lohnzahlung bzw. bei Angestellten die Dekadenzahlung der richtige Weg ist.
Die Miüenwalö-Konferenz. München , 27. August. (Eigener Drahtbericht.) Bei der Zu- sammenkunst des Reichskanzlers mit dem bayerischen Minister- Präsidenten wurden«in grundsätzlicher Uebereinstimmung die Vor- aussetzungzn für ein gedeihliches Zusammenarbeiten zwischen dem Reich und Bayern erneut festgelegt". Das ist die absichtlich nichts- sagende amtliche Mitteilung über die Konserenz in Mittenwald , auf der Fragen erörtert wurden, die innerpolitisch von größter Be- deutung sind. Zu diesem Zweck hat auch der Frakttonschef der Bayerischen Volkspartei , Geheimrat Held, an den Besprechungen teilgenommen, der ja in Wirklichkeit der Spiritus rector der bayerischen Regierungspolittk ist. Als besonderen Wunsch, der dem kulturellen Empfinden des bayerischen Voltes entsprechen soll, wurde ausgesprochen, der Kanzler möge dafür sorgen, daß das Reichsschulgesetz endlich erledigt werde, und zwar in Rich- tung der Bekenntnisschul«. Charakteristisch für diesen Wunsch ist, daß zur gleichen Stunde in München anläßlich der Tagung des Katholischen Lehrervereins der Münchener Erzbifchof Faulhaber folgenden Kampfruf ausgibt:«In der Elternabstimmung hat das katholische Deutschland mit 76 Proz. aller wahlberechtigten Stimmen die Bekenntnisschule gefordert. Wenn die Gesetzgebung diesen Bolkswillen sich nicht zu eigen macht, wird es auch im Volks- stoat noch Mittel und Wege geben, um den Willen des Volkes, den Schrei des Volkes nach der Bekenntnisschule durchzusetzen." Das sagt derselbe geistliche Würdenträger, der von der Kanzel herab die Revolution als aus Verrat und Meineid geboren nennt und der nach wie vor der Schleppenträger und Beichtvater sämtlicher bayerischen Prinzessinnen ist. Der Reichs- kanzler aber verabschiedet sich von Mittenrrald mit der Versicherung, daß er im Rahmen der gegebenen Verhältnisse nichts unterlassen werde, was das Verhältnis zwischen dem Reich und Bayern bcein- trächtigen könnte.
Ravensteins Nachfolger. Anfang voriger Woche wollte Havenstein, wie wir bereits mitteilten, freiwillig von seinem Posten scheiden. Daher sah die sozialdemokratische Reichstagsfraktion davon ab, die vorher in Aussicht genommene Einberufung des Reichstags zur Aenderung des Autonomiegesetzss zu verlangen. In- zwischen hat aber Havenstein seine Meinung geändert. Reben dem Einfluß von deutschnationaler Seite sind es persönliche Gründe, die seinen Meinungsumschwung hervorgerufen haben. Vor ollem spielt auch die Annahme eine erheblich« Rolle, sein« Weige- rang, zurückzutreten, werde die Ernennung des Nach- folgers erschweren. Wenn das letzter« der Fall sein sollte, so wird dadurch doch an der endgültigen Entscheidung nichts geändert werden. Di« sozial- demokratische Fraktion ist nach wie vor der Meinung, daß Häven- stein nicht die Gewähr bietet, daß die al» notwendig erkannte Politik der Reichsregierung von der Reichsbcmk energisch und eindeutig unterstützt werde. Sie besteht deshalb un- zweifelhaft auf den Rücktritt Havensteins. Auch das Reichskabinett und die hinter ihm stehenden Regierungsparteien haben sich ein- inütig gegen Havenstein erklärt. Trotzdem dadurch längst die Ent- fcheidung gegen Havenstein gefallen ist, wird die Einberufung des Reichstags zur Lösung des Konflikts notwendig sein. Herrn Häven- stein fehlt eben die Erkenntnis, daß der von den Parteien und der Regierung ausgehende Wille des gesamten Volkes höher stehen muß als der Starrsinn eines Beamten. Nur durch das Verhalten Häven- steins droht aus dem sachlichen Gegensatz zwischen den Regierung?- Parteien und Reichsbankleitung ein persönlicher zu werden. Die Schuld daran trägt Herr Havenstein selbst. * Am Montag beschäftigte sich erneut ein engerer Kabinettsrat mit der Neubesetzung der Reichsbankleitung. Insbesondere spielte die Nachfolgerschaft eine groß« Rolle. Wie verlautet, ist als Nachfolger Havensteins eine Persönlichkeit aus«rs«hen, die auf Grund der bisher von ihr geführten Reparationsverhand- l u n g e n einen guten Ruf hat und schließlich auch Gewähr für eine befriedigende Zusammenarbeit mit dem Reichsiabinett bietet.
fahrungen eingehend untersucht worden. Danach sind die Dicken, wie in der„Umschau" mitgeteilt wird, in Gesahr, sehr viel früher zu sterben, als es ihnen eigentlich von der Natur bestimmt ist. Je größer das Uebergewicht über das Normalgewicht ist, um so schlimmer sind die Aussichten für das versicherte Leben. Nur im jugendlichen Alter gewährt ein gewisses größeres Körpergewicht eine günstige Prognose. Leute, die in der Jugend dicker sind, liefern einen geringeren Prozenftatz zu der Zahl der Schwindsüchtigen. Nach 35 Iahren wird ein auch nur geringe« Mehrgewicht des Körpers gefährlich. Bei kleinen Leuten im Alter von 40 bis 44 Iahren bedeutet ein Uebergewicht von 20 Proz. eine Ver- mehn-ng der Sterblichkeit um 30 Proz. über das Normale. Unter- gewicht dagegen ist meist ein Vorteil, mit alleiniger Ausnahme des jugendlichen Alters, wo zu große Schlankheit die Tuberkulose be- günstig: Da bedeuten 30 Proz. Untergewicht bei 177 Zentimeter Größe ein vermehrtes Risiko von 50 Proz. Bei Menschen über 40 Jahren ist ein Untergewicht von 10 bis 20 Proz. der beste Zu- stand für«in langes Leben. Es ist also nicht einmal«in normales Körpergewicht die beste Anwartschaft auf Langlebigkeit, sondern je leichter ältere Leute sind, desto länger leben sie. Waldbrandschrecken an der Riviera. Ein furchtbarer Wald. trand hat die Küste der Riviera verwüstet über die ganze Strecke hin. die sich von der Umgegend von Toulon b.- nach den Vororten von Cannes ausdehnt. Dieser wundervolle Erdensleck ist dodurch zu einem Schauplatz der äußersten Verwüstung geworden. Die Gärten zu beiden Selten des Weges und d:e Waldungen, w- sich auf den Gipfeln der Hügel lang hinstrecken, sind nur noch schwarz« rauchende Einöden mit verkohlten �uniftuinpsem die sich unhe.m- lich vom blauen Himmel abheben. Der Weg selbst ist durch herab. gestürzte Baumstämme und o e r b r an n te Te l egr aph m st a ngen voll- kommen blockiert. Das Feuer, das zunächst das Esterelgemst heim- suchte, breitete sich dann weiter aus, und zwar war der stark« Wind daran schuld, der die Flammen durch Buschwerk und Unter- holz aus dem Boden immer weiter trieb, wo sie von dem trockenen Gras genährt wurden. So flammten weite Strecken mit blitz- artiger Geschwindigkeit auf. Tausende von Soldaten, Ingenieuren. Forstbeamten und anderen Helfern waren in der Bekampsung des >t-uars tätig, aber es gelang ihnen nur an einzelnen kleineren Stellen, dem gefräßigen Element Einholt zu tun, das dann sofort an allen Seiten wieder ausbrach Auch Flugzeuge wurden ver- wehret, um zu löschen. Aber alles hatte wenig Erfolg. Der Schaden wird gegenwärtig auf etwa 15 Millionen Frank geschätzt, uiii) man glaubt, daß 20 000 Hektar Baumbestand vernichtet worden sind. Nur das Meer tonnt« dem Vordringen der Flamme nach Osten Einhalt tun und selbst das Seeschilf brannte lichterloh cm der Küste von Saint-Aygulf. Nach Norden hin brach sich das Feuer schließlich an der Mauer eines Fried- lwfs. Viele Hundert« von obdachlos gewordenen Flüchtlingen strömten nach Cannes und nach Toulon . Tie Hollaender-Bühuen cröfftien die nen« Sbielzeit am Sonnabend. 1 September, im K r o n e n S ch auspielhanle mit einer Neu- clnlindierunq von ShakeweareS. S o m m« r n a ch l S t r a u m In den Kamm erspielen �m:t SirindbergS. F r ü u l- i n J u I i e' und " a n, c I- t und Sander- in' und imDcutjchenTheater mit einer Wiederaufnahme des �lrcckerjchen Schwanke»«Das Krokodil ".
Herr Kommerzienrat§alk. Eine wundersame Geschichte aus dem Weste«. Der Fall des Düsseldorfer Großindustriellen, Kom- merzienrats Max Falk wächst sich immer mehr zu einem beispiellosen Skandal aus, der große Erregung unter allen Schichten der Bevölkerung des Rheinlandes und des Ruhrgebietes hervorruft: Di« Geschichte des Falles Falk ist kurz folgende: Am vergangenen Sonntag veranlaßt« der Regierungspräsident Dr. Grützner auf Grund von Material der Berliner Handels- kammer die Verhaftung Falks. Es steht posstiv fest, daß Falk durch Mittelsmänner Waren aufgekauft hatte, die von Franzosen beschlagnahmt waren. Di« Waren wur- den dann, nachdem der von den Franzosen geforderte Zoll gezahlt war, nach dem In- und Auslande weiterverkauft. Die Verdienste müssen ungeheuer gewesen sein, da die Franzosen zu Spott- preisen wertvolle Materialien aus dem besetzten Gebiet verschleuderten. Die Erregung der kämpfenden Ruhrarbeiter über, das Gebaren von gewissen Großinirnstriellsn— inan sagt das Tkriben des Herrn Falk noch anderen Industriellen nach— ist deshalb begreiflich. Der Kriminalpolizei im Wsstm kann man nachsagen, daß sie im Falle Falk ihr« voll« Pflicht und Schuldigkeit getan hat. Es gelang ihr, den Beweis zu erbringen, daß die von der Berliner Handelskammer erhobenen Vorwürfe berechtigt waren, ja, man konnte noch mehr fesistcllen. So u. a., daß Kommerzienrat Falk Gold- und Silbermünzen mittels Personenauto nach dem Saar- gebiet und von dort nach Frankreich verschoben hatte. Die Waren- Verkäufe erfolgten durch einen Serben La n o witsch. Dieser Lanowitsch tauchte Ende vorigen Jghres in Mettmann auf, cm ziemlich mittelloser Mann, der sich aber bald im Düsserntal ein- lebte. Wahrscheinlich hat er damals in den unbesetzten Teilen des Bezirks Düsseldorf für die kommende Besatzung Spionagedienste ge- leistet: denn als die Franzosen erschienen, war Lanowitsch auf ein- mal Hauptmann, Ritter der französischen Ehrenlegion, Inhaber eines Ausweises der Interalliierten Rheinlandkommission, der ihm Tür und Tor öffnet« usw. In den meisten Fällen schmuggelte er ohne Gegenleistung Menschen und Waren aus dem abgesperrten und unter Belagerungszustand stehenden Mettmann heraus. Er kauft« ferner ganz« Wagenladungen von beschlagnahmten Waren der Franzosen und bezahlte mit Schecks des Rhein-Handels- Konzerns, dessen Leiter Kommerzienrat Falk ist. Schon im Februar, als die Mark noch immer so etwas wie Mark war, ver- fügte dieser Serbe dank seiner Verbindung mit Falk über Hunderte von Millionen. Falk ist bekanntlich in Gemeinschaft mit Kommerzienrat Dr. Hahnau, Leiter des Rhein-Handels-Konzerns. einer der größten Trusts Deutschland und mit einem ausgebauten System von Banken, in dessen Mittelpunkt die bekannte„Barm er Kreditbank" steht. Hahnau war vor dem Krieg«in kleiner Bankier in Mülheim , Falk ein bankrotter Geteideimporteur. Wie Falk selbst erklärt hat. stellte er schon Anfang 1014 seine Geschäfte auf die Zerrüttung der deutschen Mark ein. Nach dem Krieg kauf- ten sie sich den Doktortitel und ließen sich einige Wochen nach dem November 1018 durch einen lippischen Hosmarscholl zu Kommerzien- röten befördern. Als die Verhaftung des Kommerzienrats Falk erfolgte, forderte Regierungspräsident Dr. Grützner von dem Obcrpräsidenten Gro- nowski in Münster sofort die Verhängung der Schutzhaft. Diesem Wunsch kam Oberpräsident Gronowski nicht nach. Gegen ein« Kaution von 8 Milliarden Mark blieb es bei einer Aufenthalts- befchränkima des Kommerzienrats Falk in Münster . Was 8 Milli- arden Mark für Falk und Genossen sind, beweist der Umstand, daß er im Handumdrehen 14 Milliarden aufbrachte. Die Fahrlässigkeit der Regierungsstellen im reaktionären Münster ging sogar so weit, daß Kommerzienrat Falk plötzlich am Mittwoch vergangener Woche in Barmen in einer Generalversammlung der„Bar. mer Kreditbank" erscheinen tonnte und heftig gegen den Regierungspräsidenten polemisierte. Am kommenden Donnerstag hatte nun die Kriminalpolizei ihre nicht ungefährlichen Unter- suchungen im besetzten Gebiet abgeschlossen und das Material der Oberftaatsanwaltschast übergeben. Der Untersuchungsrichter ordnet«, sofort Haft gegen Falk an, der inzwischen von Barmen nach Münster zurückgekehrt war. Der Oberpräsident in Münster wurde sofort telephonisch davon benachrichtigt. Trotzdem bekam Falk am verslossenen Freitag noch die Erlaubnis, eines der Wecke des Rhein-Handel-Konzerns im besetzten Lünen zu besuchen. Hier wurde er von d e � französischen Besatzung ver. haftet, weil er keine Einreisecrlaubnis besaß. Er wurde aber nicht etwa in ein französisches Gefängnis oder vor ein Kriegs-
gericht gebracht, sondern nach Düsseldorf , wo er sich unter dem Schutz der Franzosen in voller Freiheit bewegt. Die deutsche Justiz hat das Nachsehen. Er steht unter dem Schutz derselben Soldateska, welche er jeden Sonnabend empfängt. Das Geschäft mit Lanowitsch geht weiter. Bei der Aussperrung der Belegschaft auf der Zeche„König Ludwig" in Recklinghausen -Süd kam es zu Zusammen st äßen zwischen der Polizei und der Arbeiterschaft. Div kommunale blaue Polizei hatte den Befehl, die Zechen- anlagen bei etwaigen'Vorkommnissen zu schützen. Sie ging jedoch über diesen Befehl hinaus, sprengte die Ansammlungen d«r Ar- betterschaft und sauber!« sogar Oi« Straßen der umliegenden Ko- lonien. Die Zahl der Verletzten beziffert sich auf 30 bis 40. Es sind alles Leichtverletzte.
Ein englischer Mahnruf. Wann wird Frankreich die Wahrheit erkennen V London . 27. August(WTB.)„Daily News" schreibt in einem Leitartikel, Poincare klammere sich an seine angenommene Kon- trolle der Industrie im Ruhrgebiet als angeblich einzig wirksames Pfand für die deutschen Zahlungen. Wenn aber, wie berichtet werde, Poincare und die Leute, von denen er und seine parlamen- tarisch« Mehrheit abhängen, immer besorgter über die Richtung würden, in der sich die Dinge entwickelten, so werde er vielleicht ein Angeboi Slresemanna erwägenswert finden. Angenommen, Deutschland unterbreit« formell sein augenblickliches Angebot dem Völkerbund in Genf ge- meinsam mit den übrigen Vorschlägen, als Beweis seiner auf- richtigen Absicht, daß es seine internationalen Verpflich» tungen erfüllen und wirksame Garantien geben wolle, wie dies durch die Völkerbundsatzung gefordert werde, so würde dies einen Widerstand Frankreichs , sowohl gegen das Angebot selbst, als auch gegen einen deutschrn Antrag auf Ausnahme in den Völkerbund, der sich darauf gründe, außerordentlich schwierig machen. Es wäre sicher der Mühe wert. Slresemann zu bitten, ein Angebot auszuarbeiten, und es sei zu hoffen, daß. wenn Poincare die« nicht we. Premierminister valdwin es tun werde. Was Poincare in diesem Angebot wahrscheinlich übersehen werde, sei die feste Bedingung, daß Deutschland die Kontrolle seiner industriellen Produktion als ein einziges Ganzes wiedergewinnen muß. Diese neue Erklärung über die Ruhrpolitit durch einen neuen Kanzler müsse sicher die französische Politik von der Zwecklosigkeit ihrer Hoffnung auf eine deutsche Uebergab« im Ruhrgebiet überzeugen. Was die deutschen Reparationen betreffe, so sei es nicht die Würgepolitik an der Ruhr, sondern die Befreiung davon allein, die den Weg ebnen könne.„Daily News" ftagt: „Wann werden die französischen Realisten dies erkennen?" Dies fei keineswegs eine Frage der deutschen Hartnäckigkeit allein. Es sei eine nackte Tatsache, daß die deutsche Regierung, selbst wenn sie wollte, ohne das Ruhrgebiet Zahlungen nicht garantieren könne. Wenn dies in Frankreich verstanden werde, so werde Poincare weder in London noch in Berlin ein Zögern finden, ihm zu Helsen , das Gesicht zu wahren, indem die Tatjache der Zurückziehung aus dem Nuhrgebiet in ein Ruhrabkommen eingewickelt werden würde. Wenn Paris die« genau erkenne, so könne man zu einer Vereinbarung gelangen. „Daily Chronicle" schreibt in einem Leitartikel, die Tatsache, daß die Rede des deutschen Kanzlers im ganzen in Paris gut aus- genommen worden sei, sei ein h o s f n u n g s v o l l«» Zeichen. Das Blatt erklärt, es sei die Pflicht des britischen Kabinetts, rasch, energisch und richtig zu handeln. Das Schicksal Europas liege heute genau so in den Händen der britiichen Regierung wie seinerzeit in den Händen der Regierung des Jahres 1014.
Der preußische Staatsrat tritt am 3. September 1023 zu einem neuen Tagungsabschnitt zusammen. Zur Beratung gelangen neben kleineren Vorlagen da» Ge>verbesie>iergesey, da» Gesetz über die Erhebung von Abgaben für die Wegebenutzung und die neue Kreis» ordnung.