MmsterZam an öen Völkerbunö. Die Denkschrift der Gewerkschastsinternationale. Gens. 18. September. (WTB.) Die Denkschrift des Iniernatio, nolen Gemerkschaftsbundes über die Reparationefrag« an den Völkerbund führt im einzelnen aus: Der Internationale Geroerkschaftsbund, der 2l> Millionen Ar- beiter vertritt, hält es für feine Pflicht, der Völkerbundsvsrfammlunq den Friedenswillen der Arbeiterklasse und ihre Ansicht über die Bedingungen eines.Friedens in Erinnerung zu bringen. Zwischenfälle wie der von K o r f u sind immer möglich, salonze die allgemeinen Grundlagen des Friedens fehlen. d. h. die Reparationsfraqe ungelöst bleibt. Solange auf der drei- fachen Grundlage der Rechte der Gläubigerstaaten, der Kollektiv- interessen der Welt und der Zahlungsfähiakeil der Schuldner, die den rerantw örtlichen(soll wohl beißen„Schuldnermächten". Red.) Mächten auferlegten Lasten nicht endgültig zahlenmäßig festgesetzt, solange ein gerechtes und ausführbares Programm nicht auf Grund gemeinsamer Verständigung angenommen ist, wird die Drohung bewaffneter Konflikte weiter die Völker drücken.— Die Denkschrift erinnert daran, daß die Rechtmäßigkeit von Reparations- forderungen allgemein anerkannt wird; aber daß sie nicht als Strafe, Repressalie und Kriegsentschädigung gedacht waren, sondern nur den Zweck verfolgen sollen, zur Befesti- gvng des Friedens die zerstörten Gebiete wieder aufzubauen. Das geht ausdrücklich aus den 14 Punkten Wilsons hervor, die die Grundlagen des Waftenstillstandez waren und auf denen weiter alle auszusübrcnden Regelungen beruhen. Tatsächlich können selbst die höchsten von Deutschland zu zahlenden Summen den materiellen Schoden nicht gutmachen: und so ist es jetzt auch unbestritten, daß die Beträge des Londoner Zahlungsplanes nicht geleistet werden können. Di« letzte belgische Rote stellt fest, daß man sie erheblich herabsetzen kann. Die Denkschrift zählt alle Vorbehalte auf, die der Internatio- nale Gewerkschastsbund in der Reparationsfrag« bereits gemacht hat in der Erkenntnis, daß die gegenwärtige Unordnung vor allem die Arbcitermassen belastet. Er erinnert ferner an sein« Anregungen zur Regelung der Verwendung deutsch er Arbeiter in den besetzten Gebieten, wie der Naturalleistungen und an die von ihm aufgestellten Grundsäße: Gerechte Festsetzung der deutschen Schuld, gegenseitige Annullie- rung der Kriegsschulden, internationale Anleihe, international« Zusammenarbeit zur Behebung der Dolutaunordnung zum Zwecke des Wiederaufbaues, lauter Grundsätze, die heute auch in den Regierungsprojekten auftauchen. Nach dieser Einleitung gibt die Denkschrift einen«ingehenden lieberblick über den gegenwärtigen Stand der Forderungen der einzelnen alliierten Regierungen. Der Londoner Zahlungsplan setzte die deutsche Schuld auf 132 Milliarden Goldmark fest und zwei in drei Tranches. Die Bonds A und B sind heute 50 Milliarden wert, die Bonds C, die auf dem Papier 80 Milliarden wert sind, gegen- wärtig etwa 13, Frankreich verlangt 26, Belgien 8, die anderen Alliierten 5, England 14,2 Milliarden. Di« Gesamtsumme dieser Forderungen entspricht dem Werte der Bonds A und B. Wenn man auch über die Zahlungsfähigkeit Deutschlands alle Vorbehalte machen müsse, so sei diese erste Festsetzung schon ein wichtiges Ergeb- nis, wobei allerdings in Betracht zu ziehen sei, daß für die cherab- setzung ihrer Forderungen die Alliierten die Streichung der interalöiicrten Schulden und vor allem der Schulden bei Amerika fordern, so daß die Regelung der Reparalionsfrage der Regelung der interalliierten Schulden untergeordnet bleibt. Angesichts der Wichtigkeit einer amerikanischen Entscheidung fordert die Denkschrist die amerikanischen Arbeiter auf, aus eigenem Interesse an dem Wiederaufbau Europas die Regie- rung zur Mitarbeit zu veranlassen. "In der Denkschrift heißt es weiter, die Entscheidung Amerikas kimne nicht abgewartet werden. Die Schwierigkeiten, die sich der Reparation ssrage entgegenstellten, müßten s o s o r t ge- löst werden. Da ergäben sich drei wichtige Fragen: Erstens die Frag« der deutschen Zahlungsfähigkeit. Eine weiter« Hin- ausschiebung der Schätzung der deutschen Zahlungsfähigkeit wäre verhängnisvoll, würde all« beftehenden Schwierigkeiten offen lassen, die deutsche Wiederaufrichtung und damit die Erfüllung der deutschen Verpflichtungen verhindern. Die Notwendigkeit der deutschen Wiederaufrichtung sei unbestreitbar. Ein Bild der deutschen Finanzlage könne nicht entworfen werden, weil sie sich mit furcht- barer Geschwindigkeit verschärfe. Aber niemand könne übersehen, daß Deutschland am Abgrund des Unterganges stehe und daß die Verlängerung dieses Zustandes sein« Auf- l ö s u n g und seinen Zusammenbruch herbeiführen würde. Für Deutschland sowohl wie auch für seine Gläubiger würde der Untergang die surchtbarsten Folgen haben und im Herzen Euro- pos einen Herd der Unordnung schaffen, der die gesamte Welt- Wirtschaft erschüttern müßte. Der Einwand, welchen selbst d i e Mächt« erlieben, die n i ch t an«ine Eintreibung der ge- samten Reparationsfordevungen glauben, nämlich, daß eine Fest- setzung der deutschen Schuld Deutschland verhindern würde, bis an die Grenze seiner Leistungsfähigkeit zu gehen, könne daher nicht berücksichtigt werden: denn auch diese Mächte hätten die Notwendig- keit von Moratorien anerkannt. Außerdem sei die Festsetzung der deutschen Zahlungsfähigkeit die Vorbedingung für ein« inter - nationale Anleihe. Damit erhebe sich die zweite wichtig« Frag«: Die letzten Jahre haben gelehrt, wie Illusorlsch das alliierte Programm der Reparattons- Zahlungen ist. dos immer nur finanziell« Lösungen in Form von übertragenen deutschen Goldzahlungen an die Reparationskommission vorsieht. Heute, da das deutsch « Geld wertlos ist, muß dieses System als völlig absurd erscheinen, und der Gedanke der deutsckjen Arbeitevbeteiü.. gung in den verwüsteten Gebieten, großzügiger Naturallieferungen, Mobilisierung der deutschen Schuld durch eine in ternari anale An- leihe findet ollgemein Anerkennung. Deutschland müßte daher mög- iichst von den langfristigen Zahlungen befreit werden: anderer- feits kann die Wiederaufrichtung seiner Finanzen nicht durch seine eigenen Mittel verwirklicht werden. Hierzu ist die internatio- nale Anleihe nötig. Aber die Organisation dieser Anleihe wirft eine dritte Frage auf: die R u h r be s e tz u n g, über die sich der Internationale Ge- werkschostsbund schon früher geäußert hat, als er von Deutschland die Anerkennung der Reparationen und von der französischen und der belgischen Regierung die Beendigung der militärischen Besetzung forderte. Hierüber führt die Denkschrift aus: Die internationale Arbeiterbewegung spricht von neuem ihre tiefe Ueberzeugung aus, daß die gegenwärtige Vefeßungspolitik verhängnisvoll ist, die Deutschland ohne Nutzen für seine Gläubiger zerstört, die Unruhe in Europa verschärft, die Weltwirtschaft desorganisiert und mit einer positiven Lösung der Reparalionsfrage nicht vereinbart werden kann. Diese Besetzung muß jetzt auch ein Ende nehmen. Di« französische Regierung erklärt in der Tat, daß sie a u s s ch l ie ß- l i ch Reparationszahlungen und Garantien dafür anstrebt, daß Deutschland seine Verpflichtungen ausführen will. Die deutsche R?- gierung erkennt ihrerseits die Rechtmäßigkeit der Reparationen an und schlägt Pfänder vor. Sollte da ein Einvernehmen unmöglich sein? Zweifellos besteht zwischen den Forderungen derer, die das Ruhrgebiet besetzt halten, und den deutschen Vorschlägen noch ein großer Gegensatz. Die wirtschaftlichen Pfänder, von denen die crsteren sprechen, beziehen sich fast ausschließlich auf die rheinisch- westfälischen Gebiet«: die vom Reich« vorgeschlagenen Pfänder umfassen die Wirtschaft des ganzen Reiches. Erkennt man hier nicht die Notwendigkeit einer internottonalen Aktion? Es ist klar, daß die Besitzergreifung durch die Alliierten und vor allem durch Frankreich und Belgien an den wirtschaftlichen Organis- mus eines deutschen Grenzgebietes ständig Proteste, Miß- trauen und Unruhen hervorrufen wird: aber ebenso werden zahlreiche Einwände entstehen, wenn die Alliierten wirtschaftlich« Organismen im ganzen Reich« als Pfand ergreifen. Man könnte geltend machen, daß es sich um einen Eingriff in die deuffch« Souveränität handelt und daß dieses Verfahren ständige Reibungen und Konflikt« verursacht. Außerdem entspricht es kaum den notwendigen Bedingungen für eine international« Anleihe: denn diese müßte, wenn auch nicht für die ganze Summe, so doch immer- hin für den größten Teil in neutralen Ländern ausgegeben werden. Gewiß kann man aber nicht hoffen, daß die Anleihezeichner einer Schuld, für die der deutsche Reichtum und das deutsche wirt- schaftliche Rüstzeug oerpfändet sind, es hinnehmen, daß diese Pfänder sich in der Hand einiger Regierungen befinden. Ein solches System würde ein Hindernis für die geplant« Anleihe sein. Die Kontrolle der Pfänder muß daher international sein und nicht nur einigen Staaten anvertraut lverden. Sie muß auf ein Minimum beschränkt werden und Deutschland die freie V e r- f ü g u n g über seine Arbeitsmittel lassen. Eine Regelung der Reparationsfrage muß und kann nur interuattonal sein. Die Festsetzung der Zahlungsfähigkeit und der Höh« der deut- fchen Schuld kann nicht nur durch die Gläubiger staaten erfolgen. Wenn man keine Annäherung unter den Forderungen der Gläubiger- staaten verzeichnen kann, so zeigt der gegenwärtige Stand der Frage wie seine frühere Entwicklung, daß in einer so ernsten Angelegen- heit nicht auf eine direkt« Verständigung zwischen den inter - essierten Ländern gezählt werden darf, deren Ansprüche unterein- ander im Gegensatz stehen. Die Festsetzung der deutschen Lasten kann nur ein internationales Organ besorgen, das nicht nur in der Lage ist, einen Schiedsspruch zu fällen, sondern auch die legitimen Forderungen oller interessierten Staaten in einer, das allgemeine Interesse befriedigenden Lösung untereinander o» s- zugleichen, Rur ein internationaler Organismus, der unparteiisch und gerecht ist und allen Vertrauen einflößt, kann die Anleihe verwirklichen und die Pfänderpolitik durchführen. Enffprechend seinen früheren Forderungen erneuert daher der Internationale Gewerkschastsbund am Schluß den Vorschlag, daß der zur Aufrechterhaltung des Friedens geschaffene Völkerbund die Initiative zu einer Lösung der Reparationsfrage ergreife, da diese die gesamt« internationale Politik beherrscht. Allerdings müssen die in der Versammlung oertetenen Staaten eine solche For- derung unterstützen. Dann wäre es wesentlich, daß die direkt interessierten Staaten, Frankreich , Belgien und England, dies« For- derung vor den Völkerbund bringen. Der Internationale Gewerk- schaslsbund habe an den Völkerbund appelliert in der Gewißheit, im Interesse der Arbeiter der Welt und des Weltfriedens zu handeln. * Genf , 18, September. (CE.) In der II, Kommission beantragte Strakosch-Südafrika . der Dollversammlung vorzuschlagen, sie möge erklären, daß die R e p a r a t i o n s fr ag e für die gesamte inter - nationale Politik wie auch für die Tätigkeit des Völkerbundes eine drückende Last sei, und daß sie hoffe, die Frag« b a l d i g st g e- regelt zu sehen. Ad a ts h i- Japan hatte bereits vorher erklärt. er glaub«, Grund zur Annahm« zu haben, daß die Grundlag« einer Lösung der Reparationsfrag« bald gefunden sein werde, M u m ch- Dänemark unterstützte den Antrag Strakosch, wogegen W e st- Frankreich sagte, die Eröffnungswort« Ishiis hätten vollkommen genügt, und es fei keine Anspielung in einer Resolution der Versammlung nötig. Strakosch bestand jedoch aus der Zlufnahme seines Wunsches m die Resolution. Di« Debatte wurde dann auf Mittwoch vertagt. Spitzelfreunüe. Ausgerechnet die allkonservative„Kreuzzeitung " fühll sich ver- anlaßt, sich zum Anwalt der kommunistischen Spitzel innerhalb der Sozialdemokratie zu machen. Sie tut es in der Form, daß sie den Brief des Genossen Luckow , den wir hier abdruckten, zum Gegenstand überaus alberner Glossen macht. Hier einige der feudalen Geistesblitze: Zu den hochwohlgeborer.en Genossen Braun und Leinert ist jetzt der Herr Bezirksporteitagsdelegierte Luckow mit einer„Partei- genössischen Ehre" getreten____ Und er tu's unter dem stolzen Titel:„Bezirksparteitagsdelegierter" und beruft sich auf die eigen« „parteigenössische Ehre" und die„proletarische E h r e" der Partei. Dieser Herr Bezirksparteitagsdelegierte mit seiner proletarischen und parteigeuösstschen Ehr«— ist er nicht eine köstliche Kotzebue-Gestalt? Man sieht förmlich, wie er mit seinen hochwohlgeborenen Herren Genossen Braun und Leinert auf der Schwelle steht und dienert, weil keiner der Betitellen und Hoch- wohlgeborenen den Vortritt zu nehmen wagt. Zlls„Hauptschriftleiier" der„Kreuzzeitung " zeichnet ein Major o. D. und für gewöhnlich pflegen noch einige ihrer Re- dakteure ihr« militärischen Titel von ehedem anzufügen. Man kann begreisen, daß diese Herrschaften, die sich ja wohl gelegentlich auf ihre„Ofsiziersehre" berufen, keine Ahnung davon haben, daß auch Sozialdemokraten ein feinausgeprägtes Ehrgefühl für ihre Pflichten gegen ihre Parteigenossen haben, daß in der Sozialdemo- lraiie von jeher jeder Verräter als Verräter galt, auch nenn lein Verrat nach dem überkommenen Strafkodex vor dem bürger- l.chc» Gericht nicht als„ehrenrührig" festgestellt werden konnte. Beim alten Kommiß, von dem die„Kreuzzeitungs"-Leute ihre politischen Kenntnisse herleiten mögen, galt es ja, wie die Fama sagt. als selbstverständlich, daß sich jeder so gut herausschwindelte, wie es eben ging. Mit dieser Art von Wahrheitsliebe kann man in einer kämpfenden Partei, die auf freiwillige Mitarbeit und auf das Vertrauen aller ihrer Mitglieder angewiesen ist, nichts anfangen, Deshalb beruft sich Genosse Luckow mit Recht auf seine parte:- genössische Ehre, die es ihm und jedem anderen Parteigenossen verbietet, Spitzeldienste für die Moskauer zu leisten. Um so schlimmer für den Biedermann, der totsächlich den Verrat an die„Rote Fahn" beging und noch den dreifachen von uns sofort festger.agellcn Schwindel hinzufügte, der mehrfach erwähnte Antrag der Funktio- uäre aus der Reichsdruckerei sei angenommen worden. Die Sache wird dadurch nicht besser, daß die„Kreuzzeitung " diesen Schwindel heute ihren Lesern als lautere Wahrheit aufs Neue vor- setzt. Die dummen Bemerkungen des Junkerblattes über Luckow , Braun und Leinert sind nicht wert, daß man ein Wort darüber sagt. Ader die Parteigenossen, die wirklich auf ihre parteigenössische Ehe« Wert legen, werden aus der freudigen Zustimmung, die die S p i tz-- l d i e n st« bei den junkertichen Trägern der Ofsiziersehre finden, ersehen, wessen Geschäfte der dunkle Ehrenmann besorgte, als er sich zum Zuträger für die Moskauer hergab. Vorbereitung öes Rheinstaates? Pari», 13, September. (WTB.) Nach einer Havas-Meldung aus Koblenz hat die Rheinlandkommission das in deutschen Schulen verwendete Handbuch„Neue deutsche Staatsbürger. künde" für die besetzten Gebiete verboten mit der Gegrün- dung, es enthalte eine Reih« hochtendenziöser Kommentare zum Dersailler Friedensvertrag. * Noch Meldungen der Pariser Presie hat sich das deuffche Telegraphcnpersonal in Koblenz entschlossen, die Arbeit unter französischer Kontrolle mtszunehinen. Eine Bestätigung der Nach- richt von deutscher Seite fehlt, Dogegen haben nach einer TU.- Meldung in Koblenz Verhandlungen zwischen der Rheinlandkom- Mission auf der einen sowie den Gemeinden und Industriever- tretern auf der anderen Seite über die Wiederaufnahme der nicht für Frankreich in Betrocht kommenden Produktion des b e s e tzten Gebiets stattgefunden. Diese Verhandlungen sind g e s ch e i t e? t an der Haltung der Franzosen in der Kohlen- frage, insbesondere der Zahlung der Kohlensteuer. Vertagung öes Lanütags. Der Landtag nahm am Dienstag nach langen, durch die bekannten kommunistischen Geschästsordnungsdebatten oft unter« brochenen Beryandlungen die dritte Beratung der Gesetzentwürfe betreffend Uebertraguirg städtischer Elektrizitäts- anlagen an eine Aktiengesellschaft und betreffend Uebertragung der Verwaltung und Ausbeutung des staatlichen Bergwerk- b e s i tz< s an eine Gesellschaft mit beschränkter Hastung vor. In der Gcsamtabstimmung wurden die beiden Vorlagen mit großer Mehrheit angenommen. Der Präsident schlägt dann vor, die nächste Sitzung am 16. Otto- ber. 3 Uhr nachmittag, abzuhalten und ihm die Festsetzung der Tages- ordnung zu überlassen. Zur Geschäftsordnung bemerkte Abg. Mnkler(Dnatl.), die Deutschnationalen hätten erwartet, daß der Landtag in diesen kritischen Zeiten zu den großen Fragen de, Augenblicks Stellung nehmen inerde. Wenn.der Landtag sich schon heute vertagen wolle, dann doch nicht auf volle vier Wochen: er müsse längstens am 2, Oktober wieder zusammentreten. Abg. Uleyer(Komm.) spricht sich für Wettertagung aus, Die Abgg, Herold(Z.) und Dr. Salle(DVp .) wenden sich gegen ein Weitertagen. Abg. heilmann(Soz.) erklärte: Die Cntrüstuitg der Kommu- nisten über angeblichen Verrat des Landes könne von dem nicht ernst genommen werden, der sich an die Reden der Kommu- nisten hier im Landtag zu Beginn der Ruhraktion erinnere. Schon im Januar haben die Kommunisten die sofortig« Aufgab« des passiven Widerstandes gefordert. Der Kommunist Dahlem hat z. B. direkt davor gewarnt, daß deutsche Arbeiter auf patriotische Kundgebungen hereinfallen und in der Bezirkskonferenz der Kommunisten für Rheinland und Westfalen wurden groß« De- ballen über die Frag« gefiihrt. ob man nicht mit den Franzosen im Kamps gegen den deutschen Kapitalismus paktieren solle.(Großer Lärm bei den Kommunisten.) Wenn ich die„Rote Fahne" zitiere, dann machen die Kommunisten jedesmal einen fürchterlichen Radau. Das fit nur ein Zeichen für ihre Verlegenheit. Herr Meyer von den Kommunisten entrüstet sich über unseren„Landesverrat" und im selben Atemzug über unsere Propaganda für die Faschisten..Dabei ist es doch gerade er, der mit seinem Stichwort„Landesverrat" den Faschisten die erwünscht« Parole liefert. Einen größeren Mangel an Logik kann man sich nur schwer vorstellen. Schwer drückt die Not auf die Massen draußen im Lande, aber an dieser Not wird nichts durch Redeschlachten hier im Haus« geändert. Eines ist notwendig: Di« Not darf nicht zur Katastrophe werden. Soll das nicht oefchcben. dann ist ein« sofortige B«i- legung des Ruhrkonflikts nolwendia Es gilt also, alle? zu oermeiden, was die Lösung dieses Konfliktes aufhält und hindert. Wer den Abschluß des Konfliktes stört, stürzt Millionen in Hunger und Elend. Hunger und Elend treiben zu Wahnsinnstaten. Di« Wahnsinnstaten sind aber gerade das Ziel der Kommunisten. Was wir brauchen, sind nicht Reden, sondern kühne Handlungen der leitenden Männer.(Beifall.) Räch Sckstuß der Debatte und nach einer Reih« von persönlichen Bemerkungen werden die dcutschnationalen und kommunistiichen Anträge auf sofortiges Weitertagen des Landtages usw. abgelehnt. Nächste Sitzung Dienstag, den 1«. Oktober, nachmittags 3 Uhr. Der Präsident ist ermächttgt, den Landtag früher einzitbentieu, wenn die Verhältnisse es irgendwie erfordern. Wirtschaft Einfuhrbeschränkungen durch Iollerhöhung. Der Wirffchaftspolitische Ausschuß des Vorläufigen Reichs- wirtschoftsrats beschäftigte sich in seiner Sitzung am 18. September mit einem ihm vom Reichssinanzministerium zur Begutachtung vorgelegten Entwurf einer Verordnung über Z o l l e r h oh u n- g e n. Der Entwurf sieht, um entweder bei der heutigen Finanzlage des Reichs die Eingangszölle in verstärktem Maße zur Deckung des Finanzbedarfs heranzuziehen oder aber die Einfuhr e n t- behrlicher und Luxusgegenstände einzudämmen und dadurch Devisen zu ersparen, einmal die Einführung von Zöllen bei jetzt zollfreien Waren vor. und zwar in der Haupt- fache bei solchen Waren, die entweder nur dem Luxus dienen oder deren Einfuhr unier den heutigen wirtschaftlichen Verhältnissen als entbehrlich zu bezeichnen ist. Bei den Zollerhöhungen ist berück- sichtigt, ob die allgemeinen Zollsätze der in Betracht kommenden Waren bereits eine Erhöhung erfahren haben oder ob sie noch in unverändertem Zustande bestehen, d. h. den ursprllngllch festgesetzten allgemeinen Zollsätzen unterliegen. Bei den erster«» ist eine Er- höhung im allgemeinen um etwa 33� oder 30 Proz., bei den letzteren eine solche von 100 Proz. vorgesehen. Ueber 100 Proz. hinaus geht die Erhöhung bei zwei Warengattungen, nämlich ein. mal bei den in Salzlake eingelegten oder sonst einfach zubereiteten Champignons, di««in nur von den wohlhabenden Bevölke- rungskreisen verzehrtes Genußmittel darstellen und weiter bei den dichten, ungemusterten taftbindigen Geweben ganz aus Seide des Maulbeerspinners. Einwendungen erhoben sich gegen die zu niedrige n Zoll- sätze für Blusen. Mützen, Blütenblätter. Knospen usw. frisch oder getrocknet zu Binde- oder Zierzwecken sowie gegen die zu hohen Sätze für gewisse Gewürze, wie namentlich Pfeffer und Zimt. Der Regierungsvorlage wurde jedoch sowohl in diesen beiden Fällen als auch insgesamt zugestimmt unter Annahme einer Eni- schließung, di« besagt, die beteiligten Ressorts zu ersuchen, zu prüfen, ob nicht die Position 432 sfein« Wollgewebe) des Zolltarifs und die gleichartigen Positionen aus dem Gebiet« der Baumwolle, des Fuchses usw. ein« Zollerhöhung bis zu 130 Proz. der jetzigen Zollsätze ertragen können und ob ferner nicht in Posi- tion 212 hie Wort«„unter Zusatz von Zucker und eingedickter Milch aus Weizenmehl bereitetes Kinder mehl" von der Zollerhöhung au sgcnommen werden können.
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