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daß der Rücktritt des Kabinetts Strefemann das Ende der großen Koalition bedeute. Es heißt da: ... Gewiß ist der Versuch gescheitert, aus der großen Koalition im Reich eine fest« und dauerlMfte Regierung zu schmieden. Aber damit ist der Gedanke der großen Koalition keineswegs erledigt. Dieser Gedanke beholt sein« volle Berechtigung und er behält hoffent- lich auch sein« volle Lebenstrost da, wo er sich durchgesetzt hat. Es wäre außerordentlich bedauerlich, wenn von der Krisis im Reiche irgendwie«in Rüikschlag auf die Regierungsverhältniss« in Preußen ausgehen sollt«. Wir hoffen bestimmt, daß das nicht der Fall sein wird. Es wäre nicht minder verhängnisvoll, wenn durch die Krisis im Reich nun in der Sozialdemokratie die Kräfte frei werden sollten, die nach einer Vereinigung mit den Komm«nisten streben, und wenn im Verlauf« einer solchen Entwicklung in Sachsen   und in Thüringen  «in fester Zu- sammenschluß der Linken zustande kommen sollte. Dieser Zusammen- schluß ist bisher verhindert worden. Von der Werbekraft des Ge- dankens der großen Koalition wird es abhängen, ob in der Sozialdemokratischen Partei die gemäßigt« Strömung die Oberhand behält und denjsnigen Kräften gewachsen ist, die nun den längst ersehnten Strich zwischen demProletariat" und der bürgerlichen Schicht ziehen wollen. Dieser Argumentation gegenüber muß doch daran erinnert werden, daß innerhalb der VolTspartei der Flügel die Ober- Hand gewonnen hat, der den Kampf gegen den M a r x i s m u s" auf seine Fahne geschrieben hat. Die Volks- partei war es, die diesen Ruf von den Deutschnatio- n a l e n übernommen hat. Wenn die Volkspartei nachträglich Angst vor dieser Nachbarschaft bekommen haben sollte, so kom- men auch hier die Bedenken 24 Stunden zu spät. Jedenfalls kann sich das plötzlich so sehr geschätzteProletariat"' nicht dazu hergeben, sich für Handlangerdien st e der Volkspartei bereitzuhalten, nachdem inan ihm die Stühle vor die Tür ge- setzt hat. Die Herren, die so mutig dieroten Ketten" abge- schüttelt haben, mögen zusehen, wie sie sich mit dem deutsch  - völkischen Joch abfinden. Die Sozialdemokratische Partei   wird ihren Weg auch ohne die guten Ratschläge der Volkspartei finden, und wenn die K r e u z z e i t u n g" eine Spaltung unserer Partei auf dem nächsten Bezirksparteitag voraussagt, so wird sie ihr blaues Wunder erleben. Die Sozialdemokratie wird es an der nötigen Klarheit, nach der dieDeutsche Tageszeitung" so sehr ruft und die die Volkspartei ebenso sehr fürchtet, nicht fehlen lassen. Man höre nur, was das edle Agrarierorgan ver- langt: Rur   wenn die Arbeit durch Mehrleistung dort, wo irgend die Möglichkeiten dafür vorliegen, wieder wirtschaftlich lohnend wird, und fd es zunächst auch nur unter starker Vermehrung der Arbeits- losigkeit. können wir wieder«ine im ganzen gesunde Wirtschaft auf- bauen." Man kann den Bürgerlichen und Herrn Stegerwald, dem christlichen" Arbeiterführer, zu ihren neuen Bundesgenossen gratulieren! Hier enthüllt sich der Sinn desAntimarxismus" in seiner reinsten Blüte._ Links-Koalition in Sachsen  ? Dresden  , 4. Oktober.  (Eigener Drahtbericht.) In den aller- nächsten Tagen ist in Sachsen   eine Entscheidung von weittragendster Bedeutung zu erwarten. Bekanntlich hat sich die KPD. angeboten, unter bestimmten Voraussetzungen in die sächsische Regierung einzu- treten. Der daraufhin eingesetzte sozialdemokratisch« Ausschuß, der die Bedingungen unserer Partei gegenüber dem kommunistischen   Verlangen festsetzen und das von der KPD. veröffentlichte Notprogramm prüfen sollte, hat sich am Mittwoch und Donnerstag in längeren Sitzungen mit den schwe- b enden Fragen beschäftigt. Auch die sozialdemokratische Landtags- fraktion hat sich in mehrfachen Besprechungen sehr eingehend mit dieser Frage befaßt. In der Dcnnerstagsitzung wurden die Vor- arbeiten so weit erledigt, daß die entscheidende Besprechung des Landesarbeitsmicschuffcs und der Landtagsfraktion, in der voraus- sichtlich über die Erweiterung der Regierung abge-
/�lkoholkapltal unö Tagespreise. Von Dr. med. Norbert. Diese Ausführungen sind einem im Verlag von Julius Springer 1923 erschienenen Buch«Wirkungen der Alkoholknapp- heit während des Weltkrieges", herausgegeben von Prof. K r a e p e l i n. München  , entnommen und bringen von bürgerlicher Leite zahlreiche Belege, wi« das Großkapital die Presse in seine Dienste stellt. Kraepeiin berichtet hier über seine per- sönlichen Erfahrungen bei der Bekämpfung des Alkoholismus  . Er schreibt gleich zu Anfang:Ein wesentliches Hindernis für die Be< freiung vom Alkoholelend ist die ungeheure Wirtschaft- kiche Macht des Alkoholgewerbes, die natürlich in der angenehmen Wirkung des Gifte« einen Bundesgenossen findet." Aber auch die maßgebend sein sollenden Stellen sind sich der eminenten Gefahr des Altoholismus für das Volt nicht bewußt. So erklärte doch der frühere Präsident des Kriegsernährungsamtes, Herr v. Batocki, im Reichstag, daß feit Iahren an Schnaps ge- wöhnt« Arbeiter durch ein« plötzliche Entziehung arbeitsunfähig würden. In Würzburg   wurde ein Antrag, den Brautleuten eine Warnung vor dem Alkoholgenuß zu geben, im Stadtrat fast ein- stimmig abgelehnt, wobei der Bürgermeister betont«, der bayerische  Volkscharakter sei nicht dazu angetan, so enthaltsam zu leben, wie das Merkblatt«s wolle. Wie stellt sich aber die Tagespresse zur Alkohotsr««? Krae- pelin berichtet darüber, daß es ihm trotz vielfacher Bemühungen im Laufe von 20 Iahren kaum jemals gelungen fei, einen Beitrag in«iner Tageszeitung zu bringen, der dem Kampf gegen den Alkohol dien«. Zu Beginn des Krieges wurde Kraepelin von der Schristleitung der Münck>en«rNeuesten Nachrichten" ausgefordert,einen guten kräftigen Gedanken oder einige herzhaft« Wort« für die Truppen im Felde zur Verfügung zu stellen." Kraepelin   hatte erschütternde Nach- richten über alkoholisch« Ausschreitungen Im Felde und zu gleicher Zeit«ine Aufforderung zur reichlichen Entsendung von'Wein und Schnaps an die Front dekomnrcn. Er schrieb deshalb ein« kurze Mahnung über die Gefahren des Alkohols. Sie ist nie gedruckt worden, er Hot nicht einmal ein« Antwort auf die von der Schrift- leitimg erbetene Emsendung erhalten. Als die Einfühsimg des Starkbieres bevorstand, wurde von ver- schieden«« Körperschaften, darunter dem Gewerkschaftsverein und den Ehristlichen Gerverkschaften, eine Petition an den Landtag ge- richtet, die sich dagegen aussprach. Ein 69 Zeilen langer Auszug wurde an sämtliche Münchener   Tageszeitungen gesandt. Nur zwei Zeitungen antworteten. Die Münchener.Neuesten Nachrichten  " be- richteten in 49 Zeilen darüber und veröffentlichten im gleichen Blatt ein« Einsendung des bayerischen Brauvereins. Die ander« Zeitung wird von Kraepelin   nicht genannt. Di« bayerischeStaatezeitung' stellte den Artikel zurück, da die Fragenoch nicht spruchreif" sei. In der gleichen Zeit zählt« 5�aep«lin neun Artikel mit zirka 600 Zeilen im Interesse des Alkoholkopitals. Wie skrupellos und mit welchen Verdächtigunzen da? Brau- kapital gegen politische Parteien vorgeht, zeigen folgende Aus- führungea jn einer nicht genannten bürgerlichen Zeitung:»Wenn
stimmt werden wird, am Freitagmtttag stattfinden kann. Daß die Gesamtdemission der Neichsregierung auf die bevorstehende Entscheidung nicht ohne Einwirkunz bleiben wird, kann wohl als selbstverständlich betrachtet werden. Bei einer Uebereinftimmung zwischen Sozialdemokratie und Kommunisten wird der Landtag, der sonst erst am 9. d. M. zusammentreten soll, wahrscheinlich früher einberufen.
Feitungsverbste in Sapern. Völkischer Beobachter" und zum Ausgleich ztvei Links- blätter. München  , 4. Oktober.  (MTB.) Die Sorrejpondenz Hofs­mann teilt mit: DerVölkische Beobachter" ist am Don­nerstag vom Generalstaakstommissariat bis zum 14. Oktober ein- schließlich verboten worden, weil er. und zwar trotz ausdrück- licher Verwarnung vor den: Abdruck solcher schon von ihm gebrach- ten Ausrufe, einen in seiner Wirkung an Landesverrat grenzenden Aufruf mit der lleberschrlstArlilteristeu, macht feucr- bereit! verSsseutlicht hat. Dieser Aufruf bedeutet eine schwere außenpolitische Gefährdung des deutschen   Volkes. Der Aufruf hat folgenden Wortlaut:ArMieristeu! Macht feuerbereit! Bald wird das Kommando zur Aeoereröff- nung erschallen, dann darf keiner von euch fehlen! Durch Kampf­gemeinschaft zur Volksgemeinschaft. Meldet euch zum Arfillerie- rexsiment der Sturmabteilung der Nafionalsozialistifchen Arbeiter- partei!" So ereilt nun das Münchener   Schandblatt doch noch fein Schicksal, freilich gemildert durch die bayerische   Diktatur gegen die Linksparteien und gegen das Reich. Bekanntlich hat Kahr  das gesetzmäßige Verbot des Hitlerblattes durch den Reichs- wehrminister in verfassungswidriger Weife zunächst ver- eitelt und dem Blatt noch mehrere Tage hindurch ermög- licht, feine elende Hetzerei weiterzutreiben. Diese V e r h ö h- nung der Reichsgewalt fällt einzig und allein auf das Konto Kohrs. Wenn er den»Völkischen Beobachter", der übrigens auf Geheiß der Reichsgewalt nicht mehr von der Reichsbahn und Post befördert werden darf, jetzt f ü r e i il i g e Tage hindert, neben seinem Geschimpfe die Hilter  -Luden- dorffsche Armeespielerei zu betreiben, so geschieht das wohl unier dem Einfluß der Bayerischen Volkspartei  , die schon lange die Aktivität der Deutschvölkischen mit einer gewissen Beklemmung verfolgt. Für diese Partei ist jetzt offenbar das Maß voll. Zum Verbieten des geliebten oder gefürchteten Hitler- blattes mußte sich der Herr v. Kahr gewiß einen tüchtigen Stoß geben, der einen Ausgleich erfordert, wenn er das seelische Gleichgewicht wiederfinden soll. Diesen Ausgleich bilden die Verbote der sozialdemokratischen Freien Presse" in Ingolstadt   und der demokratischen Morgenpost in Nürnberg  . Kohrs Justizminister Nationalsozialist. München  . 4. Oktober.  (Eigener Drahtbericht.) Der ehemalig« bayerische Iustizminister Dr. Roth, der sich seit langem vollständig aus Hitler   eingestellt hat, es aber trotzdem damit vereinbar hielt. als deutschnationaler Abgeordneter Nutznießer des von ihm so heffig bekämpften Parlamentarismus zu fein, ist nunmehr aus der Fraktion der Bayerischen   Mittelpartei ausgetreten. Vercm- lassung dazu gab Ihm ein« Vertrauenskundgebung der Partei für Kahr  , gegen die Roth ein« Reih« von Einwendungen erhob, die aber unberücksichtigt blieben. Der Schritt des maßlos ehrgeizigen Ministerialrats Dr. Roth' ist sicherlich auf eine Mahnung desVölki- schen Beobachteers" an all« Parlamentarier zurückzuführen, die dahin ging, die Herren Parlamentarier möchten sich doch im eigensten Interesse möglichst schnell auf den Boden der Tatsachen stellen, um den Anschluß an den Sieg der nationalsozialistischen Bewegung nicht zu versäumen. Dr. Roth hält sich offenbar prädestiniert zum ersten Reichsjustizminister unter dem Hakenkreuzbanner.
llw Solln MSflUCS: MD SM. Bllef 476 ML M.
man jedoch gegen die neudeutschen Schnaps- und Likörstuben, ein« der wenigen Errungenschaften der großen Tat der USP. vom November 1913, zu Felde ziehen wollte, so wäre das nur zu billigen. Aber das Gelichter, das diese Trinkräume besucht, ist doch, zum großen Teil im Lager der USP. und der Kommunisten." Sehr nett, bemerkt dazu Kraepeiin, ist der Versuch, dem Biertrinken den Anstrich einer vaterländischen Tat geben zu wollen. Im Juli 1920 kam aus dem Statistischen Amt ein« Arbeit Alkoholmißbrauch und Irrsinn". Hiergegen erfolgt« eine Eni- rüstungskundgebung der Münchener   Brauereien, die folgende Blüten aufweist:Da die Bayern immer zwei- bis dreimal soviel Bi«r getrunken hätten, wie di« übrigen deutschen   Stämme, müßten st« längst irrsinnig geworden sein. Eines steht jedenfalls fest, daß die bayerische   Bevölkerung nichtnärrisch" wird, wenn sie künftig«in gehaltreicheres Bier trinken darf: eher aber wenn sie auch weiterhin Dünnbier trinken muß." Ganz aus dem Häuschen über diese Statistik kenn aber das Blätt- chen desAbwehrbundes gegen die Ausschreitungen der Abstinenz". Es fei absolut unzulässig, daß«ine staatliche Anstalt, die vom Geld« der Steuerzahler und nicht nur von Abstinenten eingerichtet worden sei, einem derartigen Zweck zur Verfügung gestellt werde. Die interessierten Kreis« der Landwirtschaft und der Gärungsindustri«, beißt es weiter, sollten baldigst Stellung nehmen gegen dieses Treiben. Diese Professoren taugten absolut nicht als Lehrer an riner Hochschul«, da ihnen jede objektive Beobachtungsgabe fehle, welche di« erst« Voraussetzung für einen akademischen Lehrer bilde. Sogar der lieb« Gott   wird zum Kronzeugen aufgerufen. In einer Eingabe an den frommen König Ludwig III.   heißt es:Sollte der allgütige Schöpfer die Herstellung des köstlich erquickenden Gerstensaftes nur deswegen sichtlich gefördert hoben, um das Menschengeschlecht zugrunde zu richten und auszurotten?" Zum Schluß nach«in Auszug aus einem Bericht, den derAbstinente Arbeiter" über ein« Tagung des großen Ausschusses des Deutschen Brauverbandcs vom 14. Oktober 1921 bringt. Ein Redner empfahl dort, gegen die Nüchternheitsbewegung einenafionale Sicherheits- front" zu schaffen.Wir dürfen nicht sagen, gegen die Abstinenz ankämpfen zu wollen, sonder» wir müssen das Publikum glauben machen, daß wir nur gegen die Auswüchse der Abstinenz ankämpfen." Dr. Neumann-Bern schlug vor, im Alkoholkapital stehende Wissen- schaftler für Abfassung von Berichtenin unserem Sinne" zu ge- winnen zu suchen.Diese Artikel müssen eigens für die Zeitungen bearbeitet sein und in ihrem Ton auf den Charakter der Blätte« abgetönt werde». Sie müssen so gefärbt sein, daß nickt rinmal di« interessierten Kreis« werken, daß der Artikel im Interesse der Drau- industrie geschrieben ist." Diese Ausführungen beleuchten blitzartig die Korruption, di« sich in einem großen Teil der bürgerlichen Presse breitgemacht hat, und es ist zu ihrer Beweiskraft nichts hinzuzufügen.
Ein neue? Fremd rnviertel in Jerusalem  . Die Bereinigten Staaten baben der Stadt Icruialem ein größeres Terrain in dem Bikosorich-Bezirk zum Seschent gemacht, und.zwar lall dier ein neue* Biericl enlilcbcn. das ganz moderne Häuser' enthalten wird. Jährend der nächsten drei Iabrc lallen stier Bauten mit einem Kostcuauiwand von einer halben Million Dollar errichtet werden und mau will damit elucn ZüitUIpunlt für die Ansiedluug von Europäern schätzen.
Kohrs Streikverorönung. München  . 4. Oktober.  (MTB.) In einer stark besuchten Funk- tionärversammbung der christlichen Gewerkschaften Augs- burgs nahm der dem linken Flügel der Bayerischen Dolkspartei an- gehörende Landtagsabgeordnet« Funke Stellung zur Verordnung Kohrs betr. die Verhütung von Streiks und Aussperrungen. Der Redner erklärte dabei, daß di« Verordnung nicht oder wenigstens nicht in diesem Umfang nötig gewesen wäre. Der Schutz lebens- wichtiger Betrieb« wäre völlig ausreichend gewesen. Die christliche Arbeiterschaft habe sich immer gegen wilde Streiks gewehrt, Iis wolle aber keine Zlushöhlung des Koalitionsrechtes. Die Ausführungen des Redners fanden lebhafte Z u- st i m m u n g.
NieSerschö'nenfelö. Im Rechtsausschuß des Reichstages erfolgte gestern eine Be- ratung verschiedener Pelitionsbeschwerdcn politischer Strafge­fangener in der bayerischen Strafanstalt Niederschönen- selb und in bayerischen Festungen. Hierzu führte di« Zlbg. Frau Pfülf(Soz.) aus, daß«in« Reil)« von Slrosgesangenen, die seiner­zeit am mitteldeutschen Putsch beteiligt gewesen sei«.: und vom bayerischen Volksgericht zu F«stung2l)aft verurteilt worden seien, Anspruch dayouf erheb«», daß sie unter das Gesetz für Straf- f reihe it vom 21. Juli 1922 fielen. Das bayerisch« Oberlandes- gericht l)ab« diesen Standpunkt verworfen. Des weiteren referierte Rednerin über Beschwerden der Strafgefangenen Toller und Mühsam, deren literarisch« Arbeiten von der Gefängnis- Verwaltung beschlagnahmt worden seien. In Rücksicht darauf, daß zurzeit fast alle Fraktionen tagten und ein« ausführlickst! Aussprach« über die Besdiwerden sich wegen der Kürz« der zur Verfügung stehenden Zeit nicht bewerkstelligen ließe, vertagte sich jedoch der Ausschuß, ohne irgendwelche Beschlüsse zu fassen._ Die Unruhen in§eucht. Das Urteil des Volksgerichts. Nürnberg  . 4. Oktober.  (MTB.) Vor dem Volksgericht wurden in diesen Tagen die Ausschreitungen verhandelt, die sich am 2. Juni in Feucht   ereignet haben. Dort war es bei einer von der Sozialdemokratischen Partei einberufenen Volksversamm- lung zu einer heftigen Auseinandersetzung mit Angehörigen der Reichsflogge gekommen. Als die herbeigeholte Landespolizci sich anschickte, das Versammlungslokal zu räumen, kam es zu den er- wähnten Ausschreitungen. Das Volksgericht verurteilt« den an- geklagten Arbeiter Gömmel zu einem Monat Gefäng- n i s, während der Mitangeklagte Löhner freigesprochen wurde. * Feucht   ist fett langem eine deutschvölkische Hochburg. Die Ar- briter von Feucht   hatten zwar vor dem 2. Juni unter dem Terror der Deutjchvöltischen, zu leiden. Bei der sozialdemokratischen Ver- sammlung verursachten die Mitglieder der Reichsslagge di« wider- lichsten Szenen. Landespolizri griff zugunsten der Störenftiede ein. Zwei unserer Genossen waren di« Todesopfer des Rummels. Es nimmt wohl nicht weiter Wunder, daß dies« Vorfälle den bayerischen Justizbehörden Anlaß gaben, gegen unsere Genossen vorzugehen.....
4 Der flusnahmezustanö im Westen. Münster  , 4. Ottober.(WTB.) Der Befehlshaber des Wehr- k reifes VI in Münster   gibt mit Zustimmung des Regicrungs- kommisiars bekannt: Ich verbiete für den Wehrkreis VI jede öffentliche Versammlung, auch in geschlossenen Räumen. Ausnahmen von diesem Verbot bedürfen in jedem Fall« meiner besonderen Genehmigung. Ferner verbiet« ich die Bildung prole- tarischer und anderer Selbstschutzhundertschafteo oder Formationen. Bereits bestehende Hundertschaften, Formationen und dergleichen sind hiennit aufgelöst. Schon früher erlassen« Der- bot« bleiben bestehen. Bei Zuwiderhandlungen gegen dies« Auord- nung nehm« ich Bezug auf di« Strafbcstimmungen nach Z 4 der Ver- ordnung des Reichspräsidenten   vom 26. September 1923. Di« An- ordnung tritt sofort in Kraft.
Arbeitspausen. Der Mensch ist oft mit einer Maschine oergfichen worden. Aber während in der Maschine die abgenützten Teile nach deren Still- stand durch neue ersetzt werden, kann die menschliche Maschine nicht völlig stille stehen und kann nicht abgenützt« Teile abmontieren und durch neue ersetzen. Das organische Leben bedingt«in« ständige Erneuerung allerkleinster, dem Auge unsichtbarer Stoffteilchen im menschlichen Körper.' Dieser Stoffwechsel aber ist auch nur dann ohne Störung möglich, wenn zwischen die Zeiten der Arbeit auch Zeiten der körperlichen und geistigen Ruhe eingeschaltet werden. Die Ruhe des Urlaubs, des Sonntags, der Nacht sind die großen Pausen, wo die Maschine, ohne völlig sfille zu stehen, den Ausgaben des Stoffwechsels dienstbar ist. Aber auch während der Tagesarbeit selbst sind einzelne Pausen nötig. Der Körper muß ausschnaufen, muß dem Blut freien Lauf durch die entspannten Muskeln gönnen, um die Schlacken fort- und neue Lebenskraft zuzuführen. Die Worte, die der bayerische   Landes- gewerbearzt, Ministerialarzt Dr. Kölsch, in seinem Jahresbericht für 1922 schreibt, oerdienen die ernsteste Beachtung jedes Volkswirt- schaftlers: Seit Einführung des Achtstundentages hat sich immer mebr das Bestreben geltend gemacht, die Pausen möglichst zu kürzen. beziehungsweise bis aus«ine etwa halbstündige Mittagspause ganz wegfallen zu lassen. Im Interesse der Erhaltung der Arbeitskraft kann dieser Gepflogenheit nicht scharf genug entgegengetreten werden. Es ist zwar verständlich, wenn der Arbeiter troch!et, mög. lichst bald wieder aus dem Betrieb heraus- bzw. heimzukommen. Aber der arbeitende Organismus braucht nun einmal eine gewiss« Erholungszeit während der Arbeit, insbesondere nach der Nahrungs» aufnahm«: eine mindestens einstündige Mittagspause und je«ine etwa viertelstündige Pause während des Vormittags und Nachmittags(bzw. entsprechend verteilt bei anderer Schichtlag«) ist«ine naturgemäße Forderung, die un- gestraft auf die Dauer nicht mißachtet werden darf. Wenn auch in einigen Monaten oder selbst Jahren ein deutlicher ungünstiger Ein- sluß auf Gesundheit und Arbeitskrast nicht nachgewiesen werden kann, so sind die Folgen eines derartigenRaubbaues" bestimmt im Laufe der Jahre zu erwarten. Di« richtige Regelung der Pausen bedarf daher«iner dringlichen Beachtung der Arbeiter selbst sowohl als auch der Organe des Arbeiterschutzes und der Arbeitgeber.
Sticdry gegen Schillings. Kapellmeister Dr. Fritz Stiedry  hat nunmehr den Rechtsanwalt Dr. Alsberg mir der Wahrung seiner Interessen gegen den Intendanten des Opernhauses betraut. Die Klage, die bei dem Lühnenschiedsgericht«in- gereicht ist, stützt sich darauf, daß die Intendantur durch die Heber- ordnung des neuberufenen Dirigenien Kleiber   unter dessen gleich- zeitiger Ernennung zum Generalmusikdirektor die reritaglichen Rechte Stiedrys oerletzt hat. Die Klag« mündet in den schweren Vorwurf daß Iniendant v. Schillings durch eine Verqmckung seiner persönlichen Interessen mit denen des Opernhauses zu dem Dr. Stiedry menschlich und künstlerisch gleich schwer verletzenden Schritt gelangt sei._ Tie Schlüsselzahl deü Buchhandels beträgt von heute ab sechzig Millionen.