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Menöausgabe Nr. 4i$ 40. Jahrgang Ausgabe B Nr. 235
S-MgLiedlngunsm mid Hnjetgtnpreife sind in der Morgenanegabe angegeben Redaktion! STD. 6$, Cindenftcofae 3 Seenspreehe«: vdahoss 292 293 XcL-Kdcesfe Sozlotdeniotrol verlin
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Zcntralorgan der Vereinigten Sozialdemokrat! feben parte» Deutfcblands
Wiederherstellung der Koalition.
Aus dem Reichstag erfahren wir: Im Verlauf der vielftündigen Verhandlungen, die in der tetzten Zeit von den Sozialpolitkern der bisherigen Koalitions» Parteien und den Parteiführern geführt wurden, ist eine Verständigung zustanoe gekommen, die den Forderun- gen der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion durchaus ent- spricht. Man einigte sich zunächst dahin, die Arbeitszeit- trage au? dem Ermächtigungsgesetz aus,u- schließen und im übrigen auch eine Reihe sozialpolitischer Fragen nicht in dieses Gesetz einzuschalten. Sie sollen auf dem gesetzlichen Wege und nicht auf dem Wege der Der- orbnung allgemein geregelt werden. Die Formulierung über die Arbeitszettfrage hat folgenden Wortlaut: »Vis schwere Ttof unseres Landes legt eine Steigerung der(vütererzeuguug dringend geboten erscheinen. Das wird nur unter reslloför Ausnutzung der technischen Errungen- schaffen sowie organisatorischer Verbesserungen unserer Wirtschaft und emsiger Arbeit jede« einzelnen zu erreichen sein. Heben der Steiger» ng der prodnkkivu durch diese Mktei wird auch die 71«»- regeluig der Arbeitszettgesetze unter grondsLtz- licher Jesthaltung des Achtstundentages als Tkor- «alorbeitstag nicht zu umgehen sein. Dabei ist auch die Möglichkeit der tariflichen oder gesetzlichen lleberschreitung der jetzigen Arbeitszeit im Interesse einer volkswirtschaftlich notwendigen Stei­gerung der Produktion vorzunehmen. Für die öffentlichen Der- waltvngen finden ähnliche Grundsätze Anwendung." Diese Vereinbarung, der auch die Vertreter der Volks» Partei, Hugo und Albrecht, zustimmten, stützt sich auf die Rote vom November vorigen Jahres, die bekanntlich die Zu- stimmung der Sozialdemokratie fand. Sie ist vielleicht info- fern noch besser, als in der Novembernote die behördliche Re-' gelang zugelassen wird, während in der jetzt getroffenen Der» einbanmg die gesetzliche Regelung vorgesehen ist. Der Reichskanzler wird wahrscheinlich schon heut« nach- mittag um 2 Uhr seine Programmerklärung vor dem Reichstag abgeben, nachdem er die Zustimmung aller Fraktionen zu den Vereinbarungen erhalten hat. Die sozialdemokratische Reichstagsfrccktion hat in ihrer heutigen Vormittagssitzung der Vereinbarung mit großer Mehrheit zu. gestimmt. Was die Zusammensetzung des Kabinetts betrifft, so ist für die Finanzen der Direktor der Darmstödter Bank, Dr. S ch a ch t, für die Wirtschaft der bekannte Wirtschaftspolitiker Rabethge vorgesehen, der auch Mitglied der Sozialisie- rungskommissisn war. Leids gelten als entschieden links ge- lUhicSe Persönlichkeiten. Im übrigen soll das Kabinett unverändert bleiben. Der Anspruch der Sozialdemokratie, neben Schmidt, Soll» mann und R a db r u ch noch einen vierten Mann in der Re- gierung zu haben, wird anerkennt, doch ist die Frag« de« Amts und der Person noch nicht entschieden. Es wird im Fraktions- kreise erwogen, ob nicht die Seanspruchung des«inen oder des anderen Staatssekretärpostens vorzuziehen sei. Die R e i ch s t a g s s i tz u n g soll heute um 2 Uhr be> ginnen. Räch Abgab« der Regierungserklärung durch den Reichskanzler soll eine Pause eingelegt werden, um den Fraktionen Gelegenheit zur Verawng zu geben. Dann soll die Debatte heut« noch ausgenommen und womöglich noch am Sonntag mit der Verabschiedung des so hart umkämpften Er-, mächligungsgesetzes abgeschlossen werden. » Die Entscheidung, die von der sozialdemokratischen Reichs- tagsfraktion heute vormittag gefällt wurde, wird in Partei- kreisen hart umkämpft werden. Ein Teil der Parteigenossen wird«, billigen, daß die Fraktion durch eine energische und kluge Taktik den Grundsatz des Achtstundentags ver- teidigi und zugleich die der Republik   lebensgefährlichen Manö- ver von rechts durchkreuzt hat. Ein anderer Teil, der die große Koalition von vornherein bekämpfte und ihren Zerfall be- grüßte, wird sich begreiflicherweise nicht leichten Herzens mit! ihrer Wiederherstellung abfinden. Unter den besonnenen, auf das Wohl der Partei bedachten Senosien wird aber, unbeschadet ihrer Stellung zu der takti  - sehen Streitfrage des Augenblicks, Einigkeit darüber herrschen. daß e» sich um ein« außerordentsich schwere Entschei- d u n g handelte, deren Vedeutung im Augenblick noch nicht »»llständiß zu übersehen ist. Der an dieser Entscheidung als Beteiligter schwer mitgerungen hat, der wird es nicht ver- stehen, wenn da oder dort über den Beschluß der Fraktion leichtfertig abgeurteilt«erden sollte. Schon die grenzenlos« Wut der Rechten über das Mißlingen ihres schmutzigen Manövers sollte den Gegnern des Fraktions- beschlusies zeigen, daß die Fraktion für ihr« Entscheidung sehr gute Gründe hatte. Der Achtstundentag kann nicht dadurch verteidigt«eichen. daß man die bürgerlichen Mittelparteien durch ein« intransi- genbe Haltung in das Lager der Scharfmacher hineinsagt. Eine Diktatur der Rechten wäre von der Arbeiterschaft mit dem Generalstreik beantwortet worden: aber selbst wenn dieser Generalstreik Erfolg hatte, was sollte dann an die Stelle der ZUchtsdittntur gesetzt werden? Räch Wiederherstellung
der verfassungsmäßigen Zustände hätte man vor den allen Schwierigkeiten gestanden, und man wäre durch den General- streik bestenfalls wieder zurKoalition zurückgekom­men. Lei ruhiger Ueberlegung wird mancher einsehen, warum die Fraktwn es vorzog, diesen Umweg lieber nicht zu machen. Trotzdem wird nach den neuesten Erfahrungen niemand sagen, daß die große Koalition nunmehr wie ein Felsen von Erz dastehe. Die inneren Gegensätze sind für den Augenblick überbrückt, nicht vollständig überwunden. Die Sozialdemo- kratische Partei muß die Kraft haben, innerhalb der Koalition geschlossen ihre Forderungen zu vertreten und aus der Koalition geschlossen herauszugehen, falls die Umstände dies in absehbarer Zeit erfordern sollten. Den unabsehbaren Möglichkeiten, die sich so oder so eröffnen, muß die Partei g e- schlössen gegenüberstehen. Die Fraktwn hat als die dazu berufene Körperschaft ihre Entscheidung gefällt. Auch wer mit ihr nicht einverstanden ist, wird als Parteigenossz ihr zugestehen müssen, daß sie nach bestem Wissen und Gewissen die ihr anvertrauten Interessen verteidigt und wahrgenommen hat. In einer großen Partei
geht es gewiß nicht ohne Kritik, aber es geht erst recht nicht §umal in so schwerer Zeit wie der gegenwärtigenohne Einigkeit und Disziplin. Die Gefabren für die Republik   und die Arbeiterschaft sind noch nicht beschworen. Gerade jetzt müssen wir fester zu- sammenhalten denn j«! Noch immer nicht vollstänüig. Nach einer Mittagnieldung der TU. weist das neue Kabinett gegenüber dem ersten Kabinett Dr. Stresemann nur geringfügige Aenderungen auf. Dr. Hjalmar Schacht   wird da, Finanz- Ministerium, Dr.-Ing. H. T. K o e t h das Wirtschaftsministerium übernehmen. Schacht war Geschäftsführer der Darmstädter   und Nattonalbank. Koeth war nach dem Krieg« Demobilmachungs- kommissar: während des Krieges hat er zusammen mit Nathenau die 5kriegsrohstosfwirtschast des Deutschen Reiches verwaltet. San amtlicher Stelle wird indessen um lii Uhr mittags ver- stchsrl, daß die genannte« Namen nicht richtig seien. Di« Vefetzung der srngewerdm«, Ministerien ist n ch nicht erfolgt,
EurZons Reöe.
London  , 6. Oktober.  (MTB.) Noch einer ausführlichen Met- dung sagte Lord Turzon in seiner Rede vor der Reichskanferenz u. a., es könne nicht geleugnet werden, daß die optimistischen Erwartungen bezüglich der Ruhrbesetzung in weitem Maße durch die Ergebnisse enttäuscht worden seien. Sobald «, sich gezeigt habe, daß eine lange militärische Besetzung unver- meidlich war, hätten sich die Italien  « von der Szene zurückgezogen. Donar Law» Angebot, die ttallenische und die französische   Schuld an Großbrfcannie» zu onnullteven, vorausgesetzt, daß der britische  Reparationsplan angenommen würde, sei erstaunlich gewesen. Leine Großmut sei aber nicht anerkannt worden. England Hab« nicht den mindesten Wunsch, die Partei Deutschlands   zu ergreifen und Frankreich   dessen, was ihm gebühre, zu berauben, vi« fran. zöflsche und die belgische Antwort auf die brittsche Note Hütten aber gezeigt, daß Großbritannien  » Fähigkeit zu zweckmäßiger Internen- tion offenbar erschöpft gewesen sei. Nachdem Lord Eurzon bemerkt hatte, daß seiner Ansicht nach der deutsche Verzicht auf de» passiven Widerstand drei Monate früher hätte erklärt werden sollen, sagte er: Wir mißgönnen unseren Verbündeten nicht den Sieg gesetzt, daß es ein Sieg ist. Im Gegenteil: Wir begrüßen ihn, gerade well wir setbst seit lange» die Aufgabe des passiven Widerstande» angeraten haben. Sind wir aber einer Regelung näher gerückt? Werden die Reparattonszahlungen einzulaufen be­ginnen? Welches ist die neu« Form der Ziviloerwalhmg oder Or- ganssätion, die im Ruhrgebiet   zur Anwendung kommen soll? Diese Fragen zu stellen, ist von großer Bedeutung. Ihre Beantwortung ist ebenso wichtig. Jedenfalls ist eins der Ereignisse, welche wir vorausgesehen haben, bereit» eingetreten: denn wir sehen den Anfang der Innere« Auflösung, dl« wir all« lange Zeit gefürchtet haben, die man uns aber ständig al» ein leeres Schreckgespenst hat hinstellen lassen. Denken Die daran, daß diese Auflösung nicht lediglich ein unheilvolles politisches Symptom ist. Sie hat ein« furchtbare wirtschaftstch« Bedeutung, denn sie bedeutet das schlleßliche Hinschwinden des Schuldners selbst. Was sollte deshalb der nächst« Schritt sein? Ich habe in meinen Besprechungen mit dem französischen   Botschafter unser« Auf-
dollarsprünge. Unser Börsenberichtcrstatter meldet: Bereits in den gestrigen Abendstunden hatte sich ei»« neue rapide Aufwärtsbewegung de» Dollar» bemerkbar gemacht. Wäh. rend er um 6 Uhr nur noch mtt b<0 Millionen genannt wurde, sprang er gegen 7 Uhr plötzlich auf 750 Millionen. Die Gründe diese, plötzlichen Hinaufschnellen» liegen noch nicht ganz klar. An der Börse wollten einige wissen, daß diese neu« rapide Markent- Wertung auf Spekulation, manöver zurückzuführen sei, andererseits aber betont mon auch in diesen Kreisen, daß sich die finanziell« Lage immer tro st loser gestatte und bie neue Hausse auch in Anbetracht der enormen Zunahm« der schwebend«« Schulden und de» Notenumlaufs einigermaßen begründet wäre. Im heutigen Frühverkehr setzten die Devisen noch weiter erhöht ein und gegen Iv Uhr hörte man den Dollar mit 800 Millionen und da» Pfund mtt über 8 Milliarden. Im Lauf« des Barmittags trat bei unbedeutendem Geschäft ein kleiner Rückschlag ein, so daß sich um 1 Uhr der Dollar auf zirka 750 Millionen stellte. Bemerkenswert für die Beurteilung d« Vorgänge am Devisen- markt ist das äußerst stark« Anwachsen der Devisenouf- träge aus Köln   und überhaupt aus dem besetzten Gebiet. Inwieweit all« diese Aufträge berechtigt sind, läßt sich vorderhand noch nicht übersehen: doch ist zu bedenken, daß seit«inigen Tagen die Devisenzuteilung äußerst gering gewesen ist, so doß naturgemäß sich der Bedarf stört gehäuft hat.
fassung nicht verhehlt. Sie besitzt die Billigung de» ersten Ministers, der kürzlich bei feinem Besuch in Paris   so viel getan hat, um eine freundschaftlich« Atmosphäre zu schaffen. Es ist wiederholt durch die französische   Regierung versichert worden, daß, sobald der passive Widerstand endgültig aufgehört habe, die Zeit zu Erörte- rungen zwischen uns gekommen fein werde. Soweit ich sehe» kann, fit die deutsche Regierung aufrichtig in Ihrer Absicht und hat die von wir geforderte» Schritte getan. Welche» die Haltung der örtlichen Bevölkerung im Ruhrgebiet   sein wird, kann ick) ober nicht sagen. Wenn die französische   Behauptung zutrifft, doß der Widerstand nur entsprechend der Weisung von Ber- lin geleistet wurde, dann würden jetzt keine Schwierigkeiten bezüg- lich ihrer Haltung bestehen. Ich möchte nur bemerken, daß es vorausgesetzt, der passive Widerstand sei entsprechend unseren Hofs- nungen und Wünschen durch passiven Beistand ersetzt worden vielleicht zu viel ist zu erwarten, daß aus diesem Widerstand un- verzüglich ein« begeisterte Zusammenarbeit folgen wird. Die französische Regierung weiß also, daß wir von ihr die nächsten Borschläge erwarten und ihnen entgegensehen. Die Lag«, welche bei Einstellung de» passiven Widerstande» zu erwarten war, muß fett langem am Quai d'Orsay voraussesehe» worden sein, infolgedessen existieren zweifellos Pläne wenn mcht im einzelnen, so doch in großen Zügen. Wir«erden durch«,« bereit sein, sie in freunfclichem Geist entgegenzunehmen und zu erörtern. Unsere Stellung in Köln   im besetzten Gebiet gibt»ns da» Recht, unsere Ansicht bei irgendwelchen örllichsn Abmach»« gen zm» Ausdruck zu bringen, die vergeschlagen»erden könnten. Wir beabfichtigen nicht, diese Stellung aufzugeben. Unser Anspruch ans Repwnriienen macht e», wenn wir auch bereit»>ären, fi« im Inteeff« einer Regelung hintanzusetzen, unmöglich, daß«in« derortige Negelun, ohne unser Mitwirken erreicht«erden svkli«. Unser Inteeeste m einer w i r t- schaftlichen Erholung Europa  »,«eiche uns s» nah« berührt und in mancher Beziehung sogar mehr al, die unmittelbaren Nachbarn Deutschland  », läßt un» nach einem Abschluß verlangen. Wir haben bereits durch unerhörte Zugeständnisse unser« Bereitschaft gezeigt, dazu beizutragen. Unser« Empfindungen bleiben stet» auf selten unserer alten und vertrauten Alliierten. Wir haben nicht den geringsten Grund, die Partei Deutschlands  «der der Deutschen   zu ergreifen, und wir haben nicht die mindest« Absicht, Frankreich   dessen, «cd, ihm gebührt, zu berauben. Andererseits müssen wir aber auch da,,»xr, uns gebührt, berücksichtigen und die Ving« nicht nur ge- fühlsmäßig betrachten, sondern auch vom praktischen Standpunkt. Wir haben mit Mißfallen die Fortsetzung einer Pollttk beob- achtet, die un» kein« guten Erfolg« zu versprechen und nur zu Uu- glück und Ruin zu führen schten. Bezüglich der im letzte» Frühsahr»mn welchrtanzler ff u n o gemachten Bvrschläg« sagte Lord ffurzo», diese seien nicht besend« r» zweckmäßig gewesen. Er fuhr fort: Ich hott« nicht den Eindruck, daß dies« Diplomati  « klug war, und in meinen Besprechungen mtt dem deutschen   Botschafter Hab« ich niemal, unierlasse«, ihm dies« Auf- fassung zu unterbreiten und ihm an» Herz zu lege», daß die Pflicht fei«? Regierung in erster SMt fei. ihren rechtmäßigen Per- pflichtongen nochzukmnmen, in zweiter Linie einer Fest- setzung der Bezahlung durch eine angemeGene Autorität przussimmen, in dritter Linie, genügend« und ange- messen« Sicherheiten zu bieten. Eurzv» fügte hinzu, gleich- zeitig hob« die englisch  « Regterung niemal»»tterwsse», Ihre Loya- tttät gegenüber der Entente zu bekunden and habe mehr al, einmal der französischen   Regierung zu erkennen gvgeben, daß, wenn sie hauptsächlich«ms dl« Sicherheit Bedacht nehme oder neben der Reparation-smg« die Sicherheit berücksichtige, England jederzeit be­reit sein würde, sie zu erörtern, Eurzon erinnerte daran, wie die deutsch  « Regierung schließllch auf ein« von der britischen   Regierung erfolgte Anregung h« ihr Angebot»o» 7. Juni gemacht