meint, sie wüßten nicht, daß sie durch ihren brutalen Vorstoß das Problem der Arbeitszeit fast unlösbar machten, oder man muß annehmen, sie wüßten es und wollten es. Wir halten diese zweite Annahme für richtig. Was diese Herren wollen, ist nicht die wirtschaftliche Ord- nung, sondern der politische Kladderadatsch. Sie benützen das Arbeitszeitproblem als Swrmbock gegen die Koalitionspolitik und gegen den Einfluß der Arbeiter auf den Staat. Ihr Ziel ist nicht die gesetzgeberische Reform, sondern die Gesetz- l o s i g k e i t, die sie mit ihrem selbstherrlichen Anschlag im Ruhroebiet zu proklamieren versucht haben. Es ist doch nicht so, daß dem Achtstundentag die schlimmste Gefahr droht aus einer Gesetzgebung, an der die Sozialdemokralen und Arbeitnehmervcrtreter aus anderen Parteien beteiligt sind. Die s ch l i in tn st e G e f a h r d r o h t i h m aus der Gesetzlosigkeit. Wenn die Neichsge- walt bis auf den letzten Rest zerrüttet ist, wenn Gesetze und Verordnungen nicht mehr gelten, dann diktiert das Unter- »ehmerlum den Arbeitern seine Bedingungen auch in der Frage der Arbeitszeit. Und wenn ihm das in bestimmten Reichsgebieten gelingt, so wird sich in anderen Gebieten, wo die Arbeiter heute noch stark an der Macht zu sitzen glauben, der Achtstundentag eben auch nidst mehr halten lassen! Mögen sich die bürgerlichen Parteien davor hüten, sich in der Frage des Arbeitszeitgesetzes zu einer politischen Machtprobe gegen die Arbeiter mißbrauchen zu lassen! Das Reich verträgt solche Kraftproben nicht! Mögen sich aber auch die Arbeiter nicht einreden lassen, daß es einen sozialdemo- kratischen Abgeordneten gäbe, der bereit wäre, leichten Herzens auch nur ein Tüpfelchen an Arbeiterrechten preiszugeben. In ihrer elenden Lage von heute bedürfen die Arbeiter mehr denn je einer kräftigen und nmsifljtigen Vertretung, und nie kann es sich für uns darum handeln, o b man Arbeiter- interesien vertreten will, sondern nur darum, w i e man sie am besten verlritt. Sie werden immer nur zu vertreten sein im Kampf gegen das großkapitalistische Scharsmachertum, und so kann es sich nur darum handeln, w i e man diesen Kampf gm richtigsten führt. Es geht nicht n u r um den Achtstundentag, es geht auch um die letzten Reste der Reichsgewalt, auch um die Republik . Einst sagte man:„Kaiser und Reich sind an einem Tage geboren." 5)eute kann es heißen:„Achtstundentag und Republik sind an einem Tage geboren." Mit den Arbeiter- rechten verteidigen wir auch die Grundlagen, auf denen sie beruhen und ohne die sie in sich selbst zusammenfallen.
,3n üeutschem Geiste". Die Verhandlungen der Industriellen mit den Franzosen. Durch die Telegraphen-Union wird folgende Erklärung ver- breitet: Die Reichstagisrattion der Deutschen volkspartei beschästigte sich in ihrer Froktionssitzung mit den gegen die Abgeordneten S t i n- n es und Dr. Vögler gerichteten Angriffe. Es wurde folgender Beschluß gefaßt: Die Fraktion erklärt, gegenüber den wegen der Verhandlungen mit General Degoutte gegen die Herren Stimus und Bög'.er in der Presse erhobenen Angriffe, daß sie nach Kennt- msnahme der schriftlich niedergelegten Verhandlungen e i n st i m- m i g zu der Ueberzeugung gelangt ist, dag die Verhandlungen von Anfang an in loyalem Zusammenwirken mit der R« ich s re g i.e r.u n g geführt worden sind und daß/die Reichs- regierung über all« Phasen unterrichtet worden ist. Die VerHand- lungen waren im Interesse des besetzten Gebietes zwecks sofortiger Ausnahme der Arbeit im besetzten Gebiet dringend erforderlich. Sie sind durchaus in deutschem Ge i st e geführt worden und oer- dienen den Dank des gesamten Volkes. Di« Fraktion legt deshalb schärfste Verwahrung gegen die schwere Verletzung der vaterlän- dischen Interessen ein, die durch die entstellte Veröffentlichung des durch einen groben Derlrauensbruch erlangten Brieses des Herrn Stinnes vom 7. Oktober in einem Teil der Presse erfolgt ist, sowie gegen die daran geknüpften gehässigen Angriffe in dem Artikel der „Voss. Z t g." vom 10. Oktober. Diese Erklärung der Fraktion der Deutschen Volkspartei schweigt sich über den Inhalt der Verhandlungen der In- dustriellen aus und betont nur, daß sie im Einverständnis mit
Mustk-Hauste. ..onzertuinschau von Kurl Singer. Es gibt immer noch Musik in Berlin , gut« sogar. Mit großen Opfern, denen fast nie«in Lohn an Ruhm und Karrier« entspricht, dirigieren, spielen unsere mutigen Musiker. Ein Milliardenvertust ist ihnen als einzige Sicherheit geboten, sofern sie nicht schon Matadoren-Honorare für sich wie den Agenturen in Anspruch nehirocn können. Aber auch die seufzen, und ietzt sogar einmal mit Drei- »iertelrecht. Wir können nunmehr nicht verlangen, daß uns nach vielen Proben neu einstudierte Werke vorgesetzt werden. Die Qualität d«r Ausmahl richtet sich nach Geldbeuteln, die selbst bei renommierten Musikanten in solcher Füllung selten geworden sind. Man riskiert nicht genr« mehr als einmal Kopf und Kragen. Wer es dennoch wagt, ist«in Idealist. So Klans Pringsheim , der sich mit Kraft und Inbrunst dem Lebenswerk Mahlers verschrieben hat. Die Aufführung der ü. Sinfonie wer«ine hervorragende Talentprob«: das Werk klang durchdacht und dennoch mustkgeladen, temperamentvoll und doch gehalten, klangvoll bei oller rhythmischer Scharfe. Dankenswert war auch das Konzert von Helnz U n g« r, der die kleine Cecilien-Od« Händeis mit großer Hingabe studiert hatte, an Chor und Orchester aber weniger Elastizität als Gegengabe kand. Das Wesentlich« an diesem schönen, selten gehörten Werk sind die Solo-Arien und Rezi» tatloe� die zum Lobe der Musik und ihrer Ausdrucksorgane, der In- stnimeni«, gesungen werden. Roch über den göttlichen Klang der Orgel singt Cacilia selber. Frau Lotte Leonard war wirklich Siegerin mit der zarten, stinen, glockenreinen Koloraturstimm«, die sich in den italienischen Piimadonna-Verzierungen ebenso zwanglos dem Spiel wie im bei canto dem beseelten Ausdruck hingab. George Walter überzeugt« stilistisch, nicht durch Stimmreiz. linger, der das Zeug dazu hat, sich in verschiedenste Aufgaben ein- juleben und dem«ine Position nottut, schloß mit der von ihm schon dirigierten 4. Mahle rschen Sinfonie. Bruno Walter ist nun als Liebling des alte» Rikisch-Putli- kums die größte Dirigier-Zugkraft geworden. Es rennt das Volt. Merkwürdig, daß«s sich an die männlichere Kraft Furtwängl«rs langsamer gewöhnt. Mit dem letzten Programm Walters konnten allerdings Häuser gefülli roerder-, und mit der Wiedergabe der Werk« erst recht. Statt der Jupitersinfoni« kam«ine, unbekannrek« E-Dur- Sinfonie Mozarts zu Gehör(Köchels Nr. 28) mit der bei Walter „nd den Philharmonikern schon fast üblichen Delikatesse und Fein- arbeit. Besonders Allegro und Menuett schwebten nur so dahin, während das Presto mehr zu einem Virtuosenstück wurde, Arthur Schnabel spielt« darauf das dem Mozartschen Musikgeist nahe- stehende E-Motl-Konzert Beethovens mit einer Anmut und emer festlich aelockerien Musizierfreud«, die es bedauerlich erscheinen lassen, daß dieser reifste aller Pianisten von Kultur schon wieder nach Amerika auswandert. Das gl-ickx Schicksal bei Carl Flesch , der siingft so spielt«, daß mit der Schönheit seines Tons nicht einmal pie Erinnerung an Bescey konkurrieren konnte. In der Phantasie
der Regierung erfolgt wären, die durch den Ausbruch der Krise an der Kontrolle der Einzelheiten verhindert war. Das Wefent- liche an den Verhandlungen war aber nicht die Tatsache, daß die Industriellen verhandelten, sondern worüber und w i e sie verhandelten. Das Reich ist durch die Krise, die eben den Bestand der einzigen, überhaupt noch möglichen legalen, ver- sassungsmäßigen Regierung erschütterte, aufs äußerste gefährdet. Roch sind nicht alle Einzelheiten der Krise geklärt, aber es steht doch bereits fest, und gerade der in der„D. A. Z." veröffentlichte Artikel von. Hugo Stinnes bestätigt es, daß die g e f ch ä f t l i ch e Einstellung der Industriemagnaten zu allen politischen Fragen eine, wenn nicht die Ursache dieser Krise gewesen ist. Die Krise ist kaum vorüber, da wird die Gelegen- heit von vielleicht wegen Aufnahme. der Arbeit im Ruhrgebiet unvermeidlichen Besprechungen zu Erörterungen von inner- deutschen Problemen benutzt, die eben erst durch Verein- barungen der Parteien geregelt sind. Gleichzeitig wird die Arbeiterschaft in der provozierend st en Weise mit der— wirtschaftlich gerade in diesem Moment ganz un- verständlichen— Forderung nach sofortiger, einseitig fest- gesetzter Rückkehr zur Vorkriegsarbeit überfallen. Das ist der Tatbestand, der auch dann nicht zu erschüttern sein wird, wenn die Verhandlungsprotokolle wie das Schreiben an die Regierung der Oeffentlichkeit unterbreitet werden. Die Schluß- kolgerung-m, die die„Voss. Ztg." aus dem politischen Auftreten des Herrn Stinnes gezogen hat, ziehen auch andere Leute. Zu ihnen muß jeder kommen, der unvoreingenommen beobachtet, wie die Herren Industriellen unter Führung von Stinnes ihre Autorität und nicht die des Staates glauben wie einen roodor de bronce stabilisieren zu können. Die Entlastungsoffensive der Deutschen Volkspartei zu- gunften ihrer angegriffenen Mitglieder, die von der Fraktion menschlich verständlich sein mag, kann an der politischen Beur- teilung der Dinge nichts ändern. Die Induftriemagnacen haben" in Deutschland durch ihre wirtschaftliche wie� politische Haltung alles getan, um die Auflösung des Reiches wie der Staatsgewalt zu fördern. Sie haben dem Bürgertum einzureden versucht, daß dann wenigstens die Erhaltung dessen, was sie„deutsche Wirtschast" nannten, übrig bleibe, obwohl diese„deutsche Wirtschaft" nur in ihrer schrankenlosen, schwer- industriellen Vormachtstellung über die gesamte deutsche Wirt- schast bestand. Die Ereignisse der letzten Tage haben nur er- neut auch Fernerstehenden die ganze Größe der Gefahr gezeigt, die in dieser Vormachtstellung innen- und außenpolitisch liegt. Das Deutsche Reich wie das deutsche Volk wird sich nur dann zu einer besseren Zukunft emporarbeiten können, wenn diese schwerindustrielle Diktatur g e b r o ch e n' wird, wenn Staat und Volk wieder die Herrschaft über seine Gegenwart und Zu- kunft gewinnt. Dazu hat auch der Volksparteiler Kalle einiges Interessante gesagt, das man im Landtagsbericht nachlesen mag._
öeratungen im Reichskabinett. Das Reichskabinett beschäftigte sich gestern mit den zehn Forderungen der Industrie. Außerdem standen die Antworten der französischen und belgischen Re- giecung als Ergebnis der von den Geschäftsträgern in Brüssel und'Paris unternommenen Schritte zur Er- örierung. Die Geschäftsträger sollten an Frankreich und Belgien das Ersuchen um sofortige Ausnahme von Berhand- lungen zur Wiederherstellung geordneter Verhältnisse im Ruhrgebiet richten. Die zu diesem Zweck unternommenen Vorstellungen haben ein p o s i t i v e s E r g e b n i s nicht gehabt. Die belgische Regierung zeigt wohl einen guten Willen, aber sie scheint Frankreich gegenüber machtlos und dürfte sich deshalb auch in bezug auf direkte Verhandlungen den Bestrebungen Poincarss fügen.
Unser Parteiorgan in Göltlngev, das.VolkSblati", ist wegen eines ArnkelS„Sozialistcn auf die Schanzen!" im Auftrage dcß MilitärbefehIShaber? v. L o n b e r p für fünf Tage verboten worden. Da da§ Verbot durch das Oberpräsidium Hannover weitergeleitet werden mußte, behauptet die gestern wieder erschienene, unterdessen aber bereits wieder verbotene„Note Fahne", Oberpräsident Noske habe ein sozialdemokratisches Organ verboten. Verleumdungen gehören nun einmal zum Requisit der Volksvcrhetzer.
von Sut kam zudem die ganz« Brillanz seiner Bogentechnik zutage, und es zeigt« sich, daß hier einmal die Seele eines Details durch- denkenden Philologen mit der anderen Seele des Vollblutmusikers «inen festen, strahlenden Bund geschlossen haben. Efrem Kurz de- gleitete mit Sicherheit und Geschmack. Alfred Sittard aus Homburg ist nicht das, was man«inen geborenen Dirigenten nennt. Sein Organistenamt bringt ihn dazu, auch Chöre zu dirigieren. Er wt das mit akademischer Richtigkeit. äußerlich gewandt und aufmerksam aus die Tücken der Vielstimmig- keit. Bei gutem Frauenmaterial bleibt der S t.- M i ch a e l s- K i r ch e n ch or doch an Sinnlichkeit des Klangs, Präzision der Sprache, Stufung der Kontraste weit hinter den guten Berliner Chören zurück. Volkslieder in der Bearbeitung von S. Ochs wurden hübsch vorgetragen, die Ißstimmig« Hymne von R. Strauß , wohl eines der schwersten s-cappella- Stück« der Literatur, wurde knapp im Tonlichen richtig getroffen. Und die Bläsermess« Bruckners(die überhaupt nicht in den Konzertsaal paßt) konnte nur in den Allegro- Partien, kaum aber in der Darlegung des außergewöhnlich reichen Stickimungswertes sowie der reichen Kontrapunktik sSavetu,) befriedigen. Warum also die teure Reise? Sittard ist ein hervor- ragender Organist. Seiner vielseitigen Orgelkunst zu lauschen war der Gewinn der beiden Abende und wohl auch der tiefere Zweck. Wir werden ihm weiter zuhören, wenn er spielt, nicht wenn er singen läßt.__
5reiwlllige und unfreiwillige Hnngerrekorös. Bei der gliitflichen Errettuno der 5 englischen Bergwerksarbcüer aus der überschwemmten Grube bei Falkirt hat am meisten Er- staunen erregt, daß sie 9 Tage lang nur„von Hoffnung und Wasser" lebten. Trotz des langen Fastens empfanden sie keine starken Hun- gerqefühle. Di« Wissenschaft hat aber festgestellt, daß ein neun- tägiges Fasten für einen gesunden Menschen kein« so überaus schwierige Leistung ist. Versuchspersonen, die sich freiwillig dem Hungern unterwarfen, hielten neun Tage recht gut aus. Run ist allerdings zu bedenken, daß bei der unfreiwilligen Hungerkur der Bergarbeite? di« Fastenden nicht bequem in ihren Betten lagen, sondern sich in der Dunkelheit einer überfluteten Kohlengrube be- fanden, daß sie Kälte und Angst ausgesetzt waren. Trotzdem ist ihre Lage sehr viel leichter gewesen als die mancher Schiffbrüchigen, die, wie z. B. die Mannschaften der„Treoessa", viel« Tage auch ohne frisches Wasser und in glühender Sonnenhitze aushielten. Den Rekord des unsveiwillige» Hungerns unter den Bergarbeitern hat zweifellos jener letzt« Ueberlebende bei dem Minenunglück von Courrieres 190« in Frankreich aufgestellt, der 2« Tage in der Ti«fe d«? Erde lebendig begraben war. Aber dieser Bergarbeiter hatte wenigstens für die erste Woche genügend Nahrung. Wie lange der Mensch ohne Nahrung freiwillig existieren kann, darüber sind die Ansichten der Forscher geteilt Verschiedene Hunqerkünstler, wie z. B. Tanner und Succhi, haben 40, sogar 50 Taae ohne jede Nahrungszufuhr verbracht, und in der englischen Fachzeitschrift „Lancet" wird von einem 62jährigen Mann berichtet, der vier Monate hindurch kein«'Speise zu sich nahm und mit dem Leben
Die �lrbeitsfrage im Ruhrgebiet . Di« in der Press« veröffentlichten angeblichen Bedingungen der französischen Besatzungsbehörde für die Wieder- aufnähme der Arbeit hoben den Gewerkschaften des besetzten(Sc- biete? Veranlassung gegeben, den General Degoutte um ein« Be- sprechung zu ersuchen. Diese Besprechung fand am Dienstag- nachmittag mit einem Vertreter, dem General Dsmoges, statt. Es wird uns darüber berichtet, daß der französische General alle G«- rächte über di« Einführung der zehnstündigen Arbeitszeit und Akkordarbeit, Abschaffung des Betriebsrätegesstzes, Aufnahme jeder zugewiesenen Arbeit, widrigenfalls die Zlusweisung erfolgt, mit der allergrößten Entschiedenheit als falsch bezeichnete. Keine fron- zäsisch« Behörde und kein fronzösisch-er Beamter, auch kein« sonstig« französische Stelle, beschästig« sich mit derartigen Plänen. Den Ge- Verkschaftsvertretern wurde anheimgegeben, in jeder beliebigen Weise von dieser Erklärung Gebrauch zu machen. Di« Franzosen würden sich nicht darum kümmern, ob die deutschen Arbeiter vier Stunden oder zwanzig Stunden arbeiten. Sie würden in die deutsche Arbeitergesetzgebung keinen Eingriff vornehmen und lehnten es ab, mit deutschen Industriellen über dies« Frage über- Haupt zu verhandeln. Alle diese Erklärungen waren so bestimmt und eindeutig und wurden so oft wiederholt, daß bei den Eewerk- schaftsoertretern kein Zweifel an der Richtigkeit dieser Behauptung aufkommen konnte. Alle gegenteiligen Nachrichten müssen demnach als falsch angesprochen werden., Bochum , 10. Oktober. (Eigener Drahtbcricht.) Di« Verwaltung und der Betriebsrat der Zeche Recklinghausen I und II haben mit zwei Angehörigen der französischen Ingenieurkow>nission über die Wiederaufnahm« der Arbeit verhandelt. Es wurde eine Einigung auf folgender Grundlage erzielt: Die französisch« Bcsatzungsbchörd« mischt sich nicht in den Be- trieb unter Tage ein, dessen Regelung der Betriebsleitung obliegt. Dagegen behalten' sich die Franzosen die Oberleitung in den Tagesbetrieben, besonders in den Kokereien und den Anlagen für chemisch« Produtte vor. Die Kokereien müssen un- mittelbar in Betrieb gesetzt werden. Dafür ordnet die Besatzung?- behörde die Zurückziehung der französischen Posten an. Das Betriebsrätsgesetz bleibt in Kraft. Di« Betriebsräte ver- sehen sowohl unter wie über Tage ihre Funktionen. Weiter wurde der bestehend« Tarif anerkannt, auch soll das Kohlendeputat wie bis- her gehandhabt werden. Die französischen Beauftragten versprachen, sich für beschleunigte Zufuhr von Lebensmitteln und für die Rück- kehr der ausgewiesenen Beamten und Arbeiter einzusetzen. Die Verhandlungen auf der Zech? Ickern bei Rauxel haben zu keinem Ergebnis geführt, weil die Franzosen die Forderung ab- lehnten, den Ausweisungsbefehl gegen die Direktoren der Zeck)« zurückzunehmen und die Regiearbeitsr zu entlassen. Da die Unternehmer des Ruhrbergbaues entgegen einem be- sonderen Abkommen mit den Franzosen ohne Rücksicht auf di« Er- werkschasten in Verhandlungen eingetreten sind, hat der Berg- arbeiteroerband beschlossen, sich für Forderungen nach Aufhebung bestimmter Ausweisungsbefehl« wie sie in Ickern ausgestellt wurden, nicht mehr einzusetzen.
Reichstag unÜ Rrbeitszeitgefetz. Der A e l t e st e n r a t de? NeichstagS hat gestern beschlossen, daß baZ Plenum nach der beute eintretenden Vertagung am Don- nerSlag nächster Woche zur Erledigung des Arbeits- ze.it gel etzeS wieder zusammentreten soll. Uebcr die späteren Dispositionen ist noch nichts bestimmt.
Neues verbot öer„Roten Zahne". Der ReichZwehrminister hat verordnet: „Auf Grund des§ 1 der Verordnung des Reichspräsidenten vom 26. 9. 1923 verbiete ich bis ans weiteres Herstellung und Vertrieb der» R o t e n F a h n e da sie in ihren Nummern 217 vom 9. 10. 1923 und 213 vom 10. 10. 1923 zur Vorbereitung deS politischen Generalstreiks aufruft und die Reichs- Wehrsoldaten zur politischen Belätigung und zum Unge- h o r s o m auffordert. DaS Verbot gilt auch für jede andere Zcilung, die als Ersatz für die„Rote Fahne" neu herausgegeben oder ihren Abonnenten zugestellt wird."
davon kam. Im allgemeinen kann man sagen, daß ein gesunder Mensch so lang« ohne Nahrung bleiben kann, bis er ein Drittel seines Körpergewichts verloren hat. Aber der Verlust des Gewichts vollzieht sich m sehr verschiedener Weise. Succhi z. B. verlor 34 Pfund während ein«? Fastenzeit von 40 Tagen. Der Hunger- künstler Jacques verlor nur 26 Pfund während des Hungerrekords, den er mit L0 Tagen aufstellte Man nimmt an. daß ein Mensch, der viel Fett hat, es länger ohne Nahrung aushalten kann als ein magerer, denn der dicke Mensch zehrt von seinem eigenen Fett wie der Bär im Winter. Aber nicht nur das Fett nimmt ab, sondern auch die Muskeln, ja sogar Haut und Haar verlieren an Gewicht. Der einzige Teil des Körpers, der dasselbe Gewicht behält, ist das Herz.___ Die Bolksbühnc Norden brachte„E l a v i g o" als Neueinstudie- rung heraus. Es ist bezeichnend für die seelische Einstellung der heutigen Menschen, daß dieses ganz auf Gefühl und Empfindsamkeit eingestellte Trauerspiel Goethes die Besucher völlig gefangen nahm. Dieses willige Eingehen auf di« Darstellung inneren Cr- leben?, der seelische Konflikte des ewig schwankenden Elavig» mutet an wie eine Reaktion gegen die Härte unseres eigenen Lebens, das gebunden ist an den tadellosen Gang der Technik und der Wirt- schast. Hinzu kommt noch, daß Goethes„Clavigo " aus dem eigenen Erleben des Dichters heraus entstanden, auch heute noch die innere Wahrhaftigkeit der Handlung empfinden läßt. Mir bescheidenen, aber wirksam angewandten Mitteln hat es Otto Kirchner wieder verstanden, eine Ausführung herauszubringen, die vor allem durch die hingebungsvolle Arbeit der Darsteller zu einem Erfolg wurde. Fritz D e l i u s(Clavigo ) wurde erst während des Spiels warm, dann aber meisterte er seine Rolle vortrefflich. Otto Kirchner scheint für die Darstellung des Carlos wie geschaffen. Gustav F r ö h- l i ch als Beaumarchais betonte zuweilen die innere Erregung, die bei ihm zum Ausdruck kommen muß und auch soll, etwas zu stark, während Charlotte Küter Marie Beaumarchais) sich mit gutem Geschick als das liebende, unsichere, sich verlaffen fühlend« Mädchen gab. Rose B e l d t k i r ch(Sophie) war ganz Sorge um Schwester und Bruder. Die Darsteller der kleineren Rollen fügten sich trefflich in das Ganz«. W. M. Oesterreichs Hilfe. In einem Aufruf, der sich an die gesamte Oeffentlichkeit, besonders aber an die Scbriftsteller und Künstler wendet, fordert der österreichisch« Bundesminister Schürf zu Sammlungen auf, um die Rot der Schriftsteller und Künstler des Deutschen Reiches zu lindern.„Wir olle", heißt es in dem Aufruf. „sind den deutschen Schriftstellern und Künstlern verpflichtet, nicht nur durch Gefühl« d«r Dankbark«it, soird«m auch durch Derwandt- schast drs Stammes und gemeinsam« Arbeit. Jeder muß jetzt seinen Beitrag leisten, um den wertvollen geistigen Arbeitern unseres Blutes zu helfen."