Nr.477 40.Jahrgang Ausgabe A nr. 238
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Noch keine Reichstagsauflösung!
Die Schlußabstimmung auf Sonnabend vertagt.
Annahme wahrscheinlich.
Gegenkoalition der Deutschnationalen und Kommunisten.
Zwischen Annahme und Auflösung.
Ein gemeinsam verabredeter und gemeinsam ausgeführter| Schuldigkeit getan hat. Zugegeben, daß Koalitionen immer Darum wird und muß auch am Sonnabend der Anschlag Borstoß der Deutschnationalen, der Völkischen etwas zweifelhafte Geschäfte sind, auf die man sich ohne der nationalistisch- fommunistischen Koalition, den tein Sound der Kommunisten hat gestern im Reichstag das Er- äußerste Not nicht einlassen soll, aber die neue Roali- zialdemokrat billigt, feiner unterstützen will, mißlingen! mächtigungsgesetz in Gefahr gebracht.. Ihr Versuch, das Gesez tion der Völkischen und Deutschnationalen mit den Komzum Scheitern zu bringen, wurde zunächst durch einen Ver- munisten ist ganz unzweifelhaft für die Arbeiter das aller tagungsbeschluß durchkreuzt. Die entscheidende Kraftprobe schlechteste Geschäft, das sich überhaupt denken läßt! zwischen der Mehrheit und der in engster Gemeinschaft vor- Gegen die Anschläge dieser neuen Koalition wird die gehenden Gegentoalition wird am Sonnabend, 1 Uhr, in einer Mehrheit morgen besser gerüstet sein als sie es gestern war. neuen Sigung erfolgen. Es sei vormeg bemerkt, daß nach der Dazu hat auch die Aussprache, die gestern abend in der So Entwicklung der Dinge im Lauf des gestrigen Tages die Anzialdemokratischen Reichstagsfrattion stattnahme des Ermächtigungsgefeßes am Sonnabend sehr gefunden hat und über die wir an anderer Stelle berichten, wahrscheinlich, wenn nicht geradezu gewiß ist. beigetragen. Daß eine Minderheit der Fraktionsgenossen gegen die Taktik der Mehrheit schwere Bedenken hat, ist befannt. Aber die ehrliche Absicht, den Arbeiterinteressen nach bestem Wissen und Gewissen zu dienen, wird von beiden Seiten fich gegenseitig zugebilligt. Ueber die Notwendigkeit, die Einheit und Geschlossenheit der Partein zu wahren, gemeinsam gefaßte Beschlüsse gemeinsam durchzuführen, fann fein Zweifel bestehen.
Ueber die Vorgänge der gestrigen Reichstagssigung unter richtet im einzelnen eine weiter unten gegebene Darstellung. Sie wird in Berbindung mit dem Reichstagsbericht dem Leser ein flares Bild von dem geben, was sich abgespielt hat.
Genosse Dr. Breitscheid hat in seiner furzen Rede, die schon im gestrigen Abendblatt wiedergegeben wurde, noch einmal knapp und flar die Gründe dargelegt, die die Reichs tagsfrattion veranlassen, für das Ermächtigungsgesetz einzutreten. Die tot des Volfes fordert rasche Maßnahmen, Maßnahmen, die leicht zu spät fommen fönnten, wenn sie auf dem umständlichen Weg der normalen Gesetzgebung beschlossen werden sollten. Darum hat sich die Reichstagsmehrheit entschlossen, der Regierung, die eine parlamentarische Regierung ist, die also gewissermaßen einen Bollzugs= ausschuß der Parlamentsmehrheit darstellt, gewisse außerordentliche Vollmachten zu übertragen, von denen die Regelung der Arbeitszeit auf sozialdemokratisches Verlangen ausdrücklich ausgenommen wurde.
Die Bertagung der letzten Entscheidung über das Ermächtigungsgefeß ist durch Beschluß der Mehrheitsparteien herbeigeführt worden, weil Deutschnationale, Völkische und Kommunisten den Saalverlaffen hatten und es infolgedessen sehr ungewiß geworden war, ob fich noch zwei Drittel aller Abgeordneten im Saale befanden. Ein verfassungänderndes Gesetz wie das Ermächtigungsgeseh kann nur dann zustande kommen, wenn sich zwei Drittel aller Abgeordneten im Saale befinden und davon wieder zwei Drittel dafür stimmen. Waren nicht zwei Drittel der Abgeordneten anwesend, mußte das Gesetz fallen, und die Auflösung des Reichstags war die unmittelbare Folge.
Am Sonnabend wird also darüber entschieden, ob das Ermächtigungsgesetz zustande tommt oder ob der Reichstag aufgelöst wird.
Durchgreifende Steuermaßnahmen.
Auf Grund des Artikels 48 der Verfassung.
phalen Marksturz dieser Tage total veränderten Wertverhält schreitende Geldentwertung und die damit verbundene Veränderlich- schaft nur rückhaltlos gut geheißen werden, da es gerade Amilich wird gemeldet: Die immer wieder stoßweise fort- niffe verfügt wird. Diese Maßnahme fann vom Standpunkt der Arbeiterteit aller wirtschaftlichen Verhältnisse haben das deutsche Steuerwesen die Sozialdemokratische Partei und die Gewerkschaften waren, Es ist nichts als ein agitatorischer Kunstgriff, wenn man fyftemlos und unübersichtlich gestattet. Die Aufgabe, hier Ordnung zu die seit Jahren den Kampf für die Beseitigung jenes Steuereine solche Bevollmächtigung der Regierung durch das Barla schaffen, kann nicht von heute auf morgen gelöst werden. Das Reichs- unrechtes führten, das die fortschreitende Entwertung der ment als einen„ Banterott des Parlamentarisminifterium hält es aber für seine Pflicht, ohne jeden Zeitaufschub in Mart zugunsten der Befizenden mit sich bringt. ⚫ mus" darzustellen versucht. Die Regierung erhält alle Macht, steuerlicher Hinsicht das zu fun, was möglich und dringend geboten die sie ausüben soll, vom Parlament, und das Parlament tann ist, nämlich die auf Papiermart lautenden Steuern in der Zahlung von Vorschriften, die ebenfalls von erheblichem praktischen Des weiteren aber enthält die Verordnung eine Reihe feine Bollmachten widerrufen, indem es die Regierung stürzt wertbeständig zu machen. Auf Antrag des Reichsministeriums Werte sind. So wird z B. die bisherige Vermögensoder auch die von ihr getroffenen Verfügungen durch Beschluß hat daher der Reichspräsident auf Grund des Artikels 48. Werte sind. So wird z. B. die bisherige Bermögens. wieder rückgängig macht. der Reichsverfassung eine Berordnung über Steueraufwand von Zeit, Arbeit und Geld erforderte, der jetzt in feinem steuerveranlagung, die nur einen ungeheuren AufDie Ermächtigung ist auf die gegenwärtige Regie wertung und Vereinfachungen im Besteuerungsverfahren Verhältnis zu den sich daraus ergebenden Einnahmen steht, glatt rung beschränkt, in der die Sozialdemokratie vertreten ist. erlassen. Damit folgt die deutsche Finanzwirtschaft dem Vorgehen eingestellt. Das gleiche gilt für den Hauptteil der ArMan spricht von einer legalen Diftatur". Der Aus der Privatwirtschaft, die sich in den letzten Monaten und Wochen eingestellt. Das gleiche gilt für den Hauptteil der Ardruck mag falsch oder richtig sein, jedenfalls ist eine„ legale immer mehr auf wertbeständige Zahlung eingestellt hat. Die Um- Nur wegen der Brotabgabe, die bekanntlich auf einer valobeiten, die mit der Zwangsanleihe zusammenhängen. Diktatur", an der die Sozialdemokratie beteiligt ist, für die stellung der Steuerleistung auf Goldmart sichert den Staat gegen die rifierten Neuauflage der Zwangsanleihe beruht, werden geMassen des arbeitenden Voltes besser als eine illegale Difta- Entwertung geschuldeter Steuerleistungen. Damit soll die Arbeit wisse technische Vorarbeiten der Zwangsanleihe von den tur, der von vornherein der Stempel der Reaktion und der des Finanzbehördenapparates wieder fruchtbringend gemacht werden. Finanzämtern weitergeführt. Ueberhaupt sollen alle Steuern, Arbeiterfeindlichkeit aufgedrückt ist. Auf der anderen Seite wird der Staat auch bereit fein, zuviel gezahlte die feinen nennenswerten Ertrag einbringen, mit einem Für den umwahrscheinlichen Fall, daß das Ermächtigungs- Steuern wertbeständig zurückzuzahlen. Ferner wird vorgesehen, daß Federstrich einstweilen aufgehoben werden. Ferner sieht gesez am Sonnabend fällt, bleibt als ultima ratio nur die die Finanzämter von der unproduktiven Weiterarbeit an den durch die Verordnung vor, daß alle Prozesse, die der ReichsReichstagsauflösung. Diese würde aber erst recht die Geldentwertung völlig überholten Steuern möglichst fistus mit Steuerzahlern wegen fleiner Beträge führt, einden Einfluß des Parlaments lahmlegen. Selbst angenommen, freigestellt werden. Ueber die Einzelheiten der Verordnung fach eingestellt werden. Auch dies bedeutet eine wesentliche daß es unter den gegenwärtigen Verhältnissen gelingt, die wird eine weitere öffentliche Mitteilung erfolgen. Gleichzeitig werden Entlastung unserer Finanzverwaltung. Auch diesen MaßWahlen glatt durchzuführen, würde für Wochen und Monate Durchführungsbestimmungen für eine Ueberleitung vom bisherigen fein Reichstag vorhanden sein. Kann das deutsche Volt wäh- Rechte in das neue sorgen. rend dieser Zeit ein Ruhenlassen aller Wirtschaftsreformen, vor allem der so brennend notwendigen Währungsreform, vertragen?
nahmen fann vom Standpunkt der Sozialdemokratie aus nur zugestimmt werden, da es sich bei dieser Aufgabe kostspieliger. und längst überholter Steuern um eine schon wiederholt im Borwärts" aufgestellte Forderung handelt.
Grundfaz sein, daß diese Anpassung für alle Steuern gilt, Maßgebend bei der Aufwertung der Steuern soll der jüngeren Datums, die vor dem 1. September fällig waren, Grundfaz sein, daß diese Anpassung für alle Steuern gilt, die seit dem 1. September fällig waren. Für die Steuern follen bestimmte Aufwertungsschlüssel gelten, alle Steuern älteren Datums dagegen werden, soweit keine strafbaren Handlungen vorliegen, getilgt.
Im Laufe des gestrigen Nachmittags ist eine gewiffe Klärung für die allernächste Zukunft der deutschen ReichsWährend dieser Zeit wären auch die politischen Macht politit infofern eingetreten, als das Reichskabinett in Die Regierung, die das Reich inzwischen verwaltete, hätte gehaltenen Sigung Beschlüsse von großer Tragweite ge verhältnisse in Deutschland ganz und gar in Frage gestellt. einer unmittelbar nach der Bertagung des Reichstages abfeine Barlamentsmehrheit hinter sich. Es müssen aber, wenn faßt hat. nicht alles zu Bruch gehen soll, sobald wie möglich mit der Es bleibt selbstverständlich dabei, daß bei einer Ablehnung Entente Berhandlungen geführt werden. Soll man des Ermächtigungsgesetzes der Reichstag fofort aufgelöst wird, denen, die diese Berhandlungen hintertreiben, weil sie das wie es der Reichskanzler in völliger Uebereinstimmung mit Berderben Deutschlands wollen, nun auch noch das billige dem Reichspräsidenten in der Plenarsizung mitgeteilt hat. In der gleichen Sigung des Reichskabinetts ist EinArgument an die Hand geben, Deutschland befize teine ver: Aber auch dann, wenn das Ermächtigungsgesetz durch- mütigkeit darüber erzielt worden, daß auch nach der Aushandlungsfähige Regierung mehr, seine Auflösung sei so weit fallen und der Reichstag aufgelöst werden sollte, würde ga benseite nach bestimmten straffen Grundsätzen die fortgeschritten, daß man mit ihm überhaupt nicht mehr ver- teine Regierungstrise dieserhalb ausbrechen. Biel Wiederherstellung des finanziellen Gleichgewichts im Etat zu handeln könne? mehr hat das Reichsfabinett schon jetzt beschlossen, auch in erstreben ist. Es ist beschlossen worden, daß das EinSolche Betrachtungen zeigen, was am Sonnabend auf diesem Falle die Geschäfte weiterzuführen und die haupt- ipruchsrecht des Reichsfinanzministeriums bem Spiel steht. Gestern haben ölfische, Deutsch : fächlichen Maßnahmen, die es auf Grund des Ermächtigungs- gegen alle nennenswerten Neuausgaben des Reiches einheitnationale und Kommunisten gemeinsam daran ge- gesetzes zu treffen beabsichtigte, nunmehr traft des belich zusammengefaßt werden müßte und daß überhaupt nur arbeitet, das Zustandekommen des Ermächtigungsgefehes mit fannten Art. 48 der Reichsverfassung zu er- dann Neuausgaben erfolgen dürften, wenn das Gesamtallen Mitteln zu verhindern. In der Negation haben die Herr greifen. fabinett sie genehmigt. In der Währungsfrage stehen die letzten Entscheieines befferen Ziels würdig gewesen wäre. Im Positiven, bei der zögerung der Annahme des Ermächtigungsgesetzes einen Zeit- dungen bevor, nachdem die Vorarbeiten zu den verschiedenen Beantwortung der Frage, was dann weiter fommen soll, verlust bedeutet, der unter den gegenwärtigen Verhältnissen Gesezen über die Schaffung einer neuen Währung bereits dürften die Meinungen doch recht weit auseinandergehen. Die die verhängnisvollsten Folgen haben fönnte, hat ferner die unter dem Genossen Hilferding geleistet worden sind. Die Bölkischen und Deutschnationalen steuern offenfundig auf die Reichsregierung in der gleichen Sigung befchloffen, schon legten Verhandlungen mit den in Frage kommenden Kreisen Diktatur von rechts hin, auf die äußerste Reaktion, die alle jetzt von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, die ihr der des Wirtschaftslebens stehen vor dem Abschluß, so daß in den Arbeiterrechte vernichtet. Und wenn sie sich dabei die Hilfe Art. 48 der Reichsverfassung bietet: fie hat eine Verord allernächsten Tagen, gleichviel ob der Reichstag das ErmächDer Kommunisten gefallen laffen, so tun sie es sicher in der nung mit Gefeßestraft erlassen, durch die die Anpassung tigungsgesetz annimmt oder ob er aufgelöst werden muß, die Absicht, den Mohren wieder fortzufchiden, fomie er feine der bereits vorhandenen Steuern an die durch den tatastro- Gründung der Währungsbant zu erwarten ist.
schaften eine brüderliche Gemeinschaft betätigt, die wahrlich Bon der Erwägung ausgehend, daß die neuerliche Ber
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