Verlängerung üer Narkenbrotversorgung. Bei einer Parteivertreterbesprechung im Ernährungs Ministerium wurde von der Regierung die Mitteilung gemacht, daß man beabsichtige, die am 15. Oktober in Aussicht ge- nommene Verbilligung des Brotes für Sozialrent- ner, Kriegsbeschädigte, Armengeldempsänger, Kleinrentner und Erwerbslose erheblich einzuschränken. Unter anderem sollten nur die kinderreichen Familien unter gewissen Voraus setzungen verbilligtes Brot erhalten: für die übrigen Bedürf tigen und Rentner war dagegen ein Ausgleich bei den Renten bezögen geplant. Staatssekretär H e n r i c i erklärte, und wurde darin auch von dem Vertreter des Arbeitsministeriums unterstützt, daß ein Teil der für diese Browerbilligung einge gangsnen Mittel zur Kinderspeisung und zur Ver b i l l i g u n g von Milch verwandt werden solle, da etats- mäßige Mittel für diese Zwecke nicht mehr verfügbar seien. Außerdem komme in Betracht, daß von der ersten Hälfte der Brotabgabe, die im August eingezogen wurde, nur ein nicht wertbeständig angelegter Betrag von 2,7 Bil lionen vorhanden sei. Genosse Krätzig wandte sich ent schieden gegen diesen Plan. Da eine Einigung nicht erzielt wurde, fanden auf Äeronlassung der sozialdemokratischen Fraktion am Donnerstag erneut Besprechungen mit den Koali tionsparteien statt, in denen die Bedenken der Sozialdemo kraten anerkannt wurden. Nach langen schwierigen Verhand lungen wurde folgender Antrag vereinbart: .Da vom 15. Oktober 1923 ab die Brotversorgung mit Brot- karten aufhört und angesichts des in den letzten Tagen eingetretenen Währungsverfalls die Gefahr besteht, daß die Brotversorgung eines großen Teiles des Volkes auf außerordentliche, die innere Ruhe und Ordnung gefährdende Schwierigkeiten stößt, fordert der Reichstag die Reichsregierung auf, bis zur Festigung der Wäh rung die Brotversorgung zu erschwinglichen Preisen zu sichern und zwar zunächst durch Fortführung der gegenwärtigen Markenbrotversorgung bis Ende des Monats." Durch diesen Antrag ist zunächst die unmittelbare Gefahr, die mit dem Ende der Markenbrotversorgung am 16. Oktober verknüpft ist, gemildert.__ Kommunistische Einheitsapostel. 5m Abendblatt gaben wir Kenntnis von den Versuchen, die auf Anregung des Ha m b u r g e r Ortsausschusses des ADGB . und des dortigen Vollzugsrates der Betriebsräte unternommen worden sind, um ein« Annäherung der Sozialdemokratischen und Kommu- nistischen Partei zu erzielen. Der gewerkschaftliche Ortsausschuß hat auch«ine Reihe von Punkten als Entwurf eines Cinigungspro» gramms für Hamburg ausgestellt, über die am Freitag endgültig ver» handelt werden soll. Der letzte dieser Punkte sieht vor, daß die Par- teien.unter Wahrung der parteipolitischen Grundsätze den Aus» «inandersetzungen in Presse und Versammlungen freund- nachbarliche Form zu geben" hätten. Wir haben schon bemerkt, daß ein Zusammenschluß der ein» zelnen Parteien möglicherweise erfolgen könne,.wenn alle Teil» nehmer sich auf den Boden der proletarischen Solidarität und der kameradschaftlichen Unterordnung unter gemein» sam gefaßt« Beschlüsse stellen*. Wie wenig das aber bei den Kom- munisten vorauszusetzen Ist, haben bisher all« Verhandlungen be» wiesen, di« zentral oder örtlich mit ihnen geführt wurden. Auch w Homburg trifft das zu. 5n der gleichen Nummer de, Hamburger Kommunistenblattes, in der der gemeinsame Aufruf der Gewerk- schaften und der drei Parteien zu lesen stand, wurde gewissermaßen a's Begleitmusik der Bereinigten Sozialdemokratie der Marsch geblasen. „Auch in Hamburg hat sich die Politik der Instanzen geradezu zu einer Tragödie ausgewachsen, trotz der starken Arbeitermehr. heit, die wir haben,... Darum ist es endlich an der Zeit, daß auch die Hamburger Arbeiterschaft von ihrem Recht und von ihrer Macht Gebrauch macht, und an Stelle dieses Senats, der für die Arbeiterschaft n i cht s, aber für die Bürgerlichen alle» war, einen Arbeitersenat setzt, der bewußt Arbeiterpolitik gegen di« Bürgerlichen und di« Unternehmer treibt....* An anderer Stelle der gleichen Ausgabe heißt es: .Und deshalb sagen wir Kommunisten: Zum Teufel mit dieser Demokratie, es gibt nur einen Weg zur Rettung. jenen Weg, den Rußland ging. Dieser Weg aus Rot und Verfall geht nur über den Vürgerkrieg. gehl nur über die vik- tatur, geht nur über den Terror.* Für solche Theorien wollen die kommunistischen.Instanzen* die sozialdemokratischen Arbeiter einfangen, nachdem sie vorher über die.Instanzenpolitik* gehöhnt haben! Daß kein Sozial» demotrat sich für dies« bolschewistischen Einigungsparolen b«» geistern kann, braucht nicht besonders betont zu werden. Aber das kommunistisch« Organ legt e» geradezu daraus an, schon am Dienstag die am Montag getroffenen Abmachungen über den Haufen zu werfen. Hatte die gemeinsame Kund- gebung der Parteien und Gewerkschaften aufgefordert,„für die Ausbreitung der Arbeiterpresse Sorge zu trogen*, so führt das Hamburger Kommunistenblatt diesen Auftrag in fol» gende�r Form au»: Einst und fehl Warum wurde e i n st da?.Ham» Warum wird heut« di«.Ham» b.irger Echo* von den Behörden burger Volkszeitung* unter» gebaßt, verleumdet und verfolgt? drückt? Weil sie da» prolc» Weil e§ die Interessen der tariiche Banner aufnahm, da» Werktätigen vertrat! da»„Echo* fallen ließ! Lies die„Hamburger volkszeiluug". Burschen, di« sich heute an den Derhandlungstisch setzen und eine„Verständigung* mit anderen Parteien anzustreben vortäuschen, morgen aber diese selben Parteien in so bösartiger Weise ver» l e u m d e n, sind wirklich nicht wert, daß man ihretwegen auch nur einen Berhandlungstag opfert. Auch der Hamburger Ortsausschuß des ADGB . hat die Treu» losigkeit der Kommunisten alsbald feststellen müssen. Er veröffentlicht in der Mittwochausgabe des.Hamburger ddjo' folgende Erklärung: Nachdem soeben mit Genugtuung festgestellt werden konnte, daß die BSPD., KPD . und USPD . mit einem einstimmig ge» faßten Beschlüsse, der den Weg zur Gemeinschaftsarbeit eröffnen soll, an die Arbeitnehmer herantreten, seht in deu Betrieben von Anhängern der KPD. eine neue Treiberei ein. Man versucht Deputationen einzusetzen, die den Ortsausschuß im Sinne der KPD. beeinflussen sollen, man versucht velrlebsaklionen ln die Wege zu leiten, um dle Lelriebs-Belegschasleu zum.Losschlagen* zu veranlassen. Wir ersuchen hiermit öffentlich diejenigen Ge» werkschaftegenossen, die mit dem Ortsausschuß wirkliche Ver- stöndigung wollen, diesen indirekten Feinden einer Einhaitssronk mit Rachdruck entgegenzutreten. Ehrliches Spiel auf allen Seiten, auch bei den Mitgliedern der KPD., wenn die aufrichtigen Bemühungen des Ortsausschusses nicht absichtlich— zum Schaden der Arbeiterklasse — ergebnislos sein sollen. Der Ortsausschuß des ADGB . wird bei den Kommunisten noch manche Treulosigkeit erleben, wenn er sich ernsthaft vorgestellt hat, mit ihnen gemeinsam eine Arbeiterpolitik treiben zu können. So sehr wir es begrüßen würden, wenn di« ehrlichen kommunistischen Arbeiter, die aus der olle» Sozialdemokratie stamme» und
I«inmak wieder den Weg zu ihr zurücksinken werden, recht bald zur Einsicht kommen, so sehr müssen wir warnen vor Versuchen, mit der gegenwärtigen Leitung der KPD. irgendwelche Bindungen ein- zugehen. Jeder solcher Versuch führt zu neuen Enttäuschungen und schädigt das Vertrauen, das unsere Partei in der Arbeiterwelt ge- nießt. Auch in Berlin wurde wieder der Versuch gemacht, unsere Parteigenossen irrezuführen. In verschiedenen un- serer Abteilungsversammlungen wurde am Mittwoch mit- geteilt, daß die örtlichen Organisationen der KPD. an die Abteilungsleiter herangetreten seien mit dem Wunsche, Verhandlungm über ein gemeinsames Vorgehen«inzu- leiten. Dabei wurde von kommunistischer Seite behauptet, es feien auch zentrale Verhandlungen zwischen den Parteien im Gang«. Diese Behauptung ist falsch und Verhandlungen der lokalen Organisationen über die Zentral« hinaus sind unstatthaft. -» Hamburg , 11. Oktober. (MTB.) Unter Bezugnahme auf die Berständigungsbeftrebungen der BSPD., USPD . und KPD. in Hamburg erklärt Vorstand und Fraktion der Deutsch -Demokratischen Partei in einem Schreiben an den Vorstand der BSPD., daß die Demokraten ein Zusammengehen mit den Kommu- nisten ablehnen müßten und gleichzeitig um ein« Mitteilung ersuchten, ob die Sozialdemokraten die gegenwärtige Re- gierungskoalition in Hamburg aufrechterhalten wollen. Das Programm üer vaterlänüischen. Wehrhaftmachung gegen den innere» Feind. München , 11. Oktober. (Eigener Drahtbericht.) An amtlicher bayerischer Stelle wird versichert, daß Herr v. Kohr seine Macht als Generalstoatskommissar in nächster Zeit hauptsächlich auf Wirtschaft. lichem Gebiet zur Geltung bringen will. Er ist sich dabsi offenbar bewußt geworden, daß Erfolg« in dieser Richtung unendlich viel schwerer zu erreichen sein werden als feine bisherigen Errungen- schaften auf politischem Gebiet, auch wenn man ihm zugestehen muß, daß sein Erfolg gegen Hitler , herbeigeführt durch di« Spaltung des .Kampfbundes", gewiß keine leichte Sache war. In einer offiziösen Verlautbarung des Generalstaatskommissariats steht zwischen den Zeilen geschrieben, daß Herr v. Kahr seine Regentschaft auf lange Sicht eingerichtet hat, da er sich bewußt ist, seine Aufgabe nicht in wenigen Monaten erfüllen zu können. Das geht auch aus einer soeben erlassenen Kundgebung der Vaterländischen Verbände hervor, die Herrn v. Kahr im eigentlichen Sinne des Wortes auf den Schild erhoben haben und die als die Nebenregierung in Bayern sehr wohl über die Absichten und Ziele des Kahr -Kurses unterrichtet sind. In dieser Kundgebung sieht man daher mit Interesse, daß die Vaterländischen sich deswegen hinter Kahr gestellt haben, weil er programmäßig ein Rechtsregiment und eine gegen links gerichtete nationale Diktatur ausgerichtet habe. Offen ausgesprochen wird dann, daß das letzte Ziel dieser Diktatur sein muß: die Abhängig> teit des General st aatstommissars vom Minister rat, d. h. von der verfassungsmäßigen Regierung zu beseitigen. Erst wenn dieses Ziel erreicht ist, und zwar durch die.positive Mit arbeit der Vaterländischen Verbände", ist die Diktatur«ine voll» ständige. Wie dieses Programm gelöst werden soll, ist heut« noch nicht klar zu erkennen. Da aber die Vaterländischen heute wieder erneut und in aller Form den Rücktritt der Minister Schweyer und Wutzlhofer und.knillingtreue Kandidaten* fordern, so ist kaum zweifelhaft, wodurch dann das Kunststück voll- bracht werden soll. Vorauszusehen ist auch, daß es nach dem Zu sammentritt des bayerischen Landtage» Ende diese» Monats zu erheblichen Zusammenstößen zwischen Parlament, Staat» regierung und Generalstaatskommissar kommen wird. Das wäre dann die von der bayerischen Reaktion schon längst«rsehnte Gelegen� heit zu einem Generalangriff auf die verfassungsmäßig garantierten Rechte der Volksvertretung..Vaterländisch* nennt man heute schon „Umgestaltung des Parlamentarismus in seiner jetzigen Form*. Wenn auf diese Weise dann die Regentschaft Kohrs und der Vater ländischen Verbände einigermaßen verankert ist, werden die weiter gehenden nationalen Ziele von Bayern aus in Angriff genommen: Gesundung des übrigen deutschen Volke». Dazu ist in erster Linie notwendig.die Wehrhaftmachung des deutschen Doltes, und zwar m einem Tempo, da» uns gewappnet sieht nicht nur gegen dm äußeren Bedrücker, sondern auch gegen dm im Norden unseres inneren Vaterlandes drückenden inneren Feind*. Es ist wohl am Platze, daß man in ganz Deutschland dieses bayerisch« Programm mit Aufmerksamkeit verfolgt, nachdem die Abwicklung des ersten Teils diese» Programms in Bayern zurzeit in sogenannten gesetzmäßigen Bahnen durchgesetzt wird. » München . 11. Oktober. (Eigener Drahtbericht.) An der Ab» berufung bzw. Versetzung de» Kommandeurs des bayerischen Reichswehrkontingents, des Generals Lossow, ist nach einer Mitteilung von zuständiger Seite nicht mehr zu zweifeln. Ueber diesen Entschluß des Reichswehrministers ist die bayerische Regierung außerordentlich ungehalten, nicht zuletzt auch wegen der Form, in der sie von der Abberufung Lossows Kenntm» erholten hat. Sie wird deshalb durch ihren Gesandten In Berlin Borst ellun» gen erheben und förmlich Protest einlegen.
Ehrharüt in Sapern? Da»„Berliner Tageblatt* zitterte gestern au» dem.Bamverger Tageblatt* vom 9. Oktober folgende Zeilen, die im Anschluß an einen.Denissen Tag* geschrieben wurden: .Da» Gerücht, daß auch Ehrbardt am.Deutschen Tag* in Bomberg anwesend war, bestätigt sich nicht, da dieser wohl sein Erscheinen zugesagt, in letzter Stimde aber verbindert worden war. ver vielgeschmähte tapfere Ballikumer hat nun endlich in Bayern eine Freistatt bekommen.* Die beiden letzten Zellen der Notiz sind vom.Bamberger Tageblatt* durch Fettdruck hervorgehoben. Man darf annehmen, daß der Staat«gericht»bof sofort die nötigen Maß- nahmen treffen wird, um Ehrhardt» habhaft zu werden, trotzdem MTB. au» München zu melden weiß, daß an dortigen amtlichen Stellen nichts vom Aufenthalt Ehrhardts in Bayern bekannt fei. Diele amtlichen Stellen wußten ja auch vordem nicht», bis der ReichSgerichtSrat Metz den Eichmann-Eschweg« verhaftete. Nationalsozialiften belagern Thüringen . DaS Heerlager an der Taalebrücke. Don einem keineswegs mehr eigenartigen Vorstoß der bayerischen Nationalsozialisten gegen Thüringen berichtet ein« Meldung, di« dem B. T.* aus Weimar zugegangen ist. Danach haben in Hirschberg an der Saal« Haussuchungen bei«inigen Thüringischen National. sozialisten deren Verhaftung zur Folge gehabt, weil sie erklärten, sie seien bereit, auf Befehl ihrer Führer mit den Massen in der Hand gegen die thüringische Regierung zu kämpfen. Am Mittwoch nachmittag lief in Thüringen di« Mitteilung ein, daß eine Anzahl Nationalsozialisten von Hof aus nach Hirlchberg unterwegs sei, um sür ihre in Herschberg ver» Mitglieder Räch« zu»ehmen, Gey« 5 lU» nach».
mittags trafen auch tatsächlich drei A?ast«egen mit bayerischen Rationalsozialislen drei Kilometer südlich von Hirschberg bei La» m i t s ch«in, während der H a u p t t r u p p als„Wachtkommando* zurückblieb und nachts ein Lager bei Lamitsch aufschlug. Durch sechs Mann wurde das Südufer der Saalebrücke bei Hirsch- b e r g b e s e tz t. Die Ralionalsozialislen führten acht schwere Zita- schlnengelvehre und einen Mincnwcrfer bei flch. Ein inzwischen aus Gera eingetroffenes Kommando der thüringischen L a n d e s p ol i z e i in Stärke von 24 Mann hielt sich etwa 50 Meter von der Brücke entfernt auf thüringischem Boden auf, um den Ueber- tritt des Trupps ouf thüringischen Boden zu verhindern. Da ange- sichis der schweren Bewaffnung der Nationalsozialisten ernstere Ver- Wicklungen zu befürchten waren, wurde die Gemeindewehr in Hirschberg alarmiert. Ihr Einsatz war aber nicht erforder- lich. Während der Nacht wurden aus bayerischer Seite Leucht- kugeln abgeschossen. Die thüringische Landespolizei stellte fest, daß die Nation als ozia» listen durch bayerische Schutzpolizei abgelöst>waren, die nunmehr die Grenze besetzt hielt. Durch den Führer des thüringischen Polizeikommandos wurde mit der bayerischen Schutzpolizei verhandelt, die ihrerseits einen Ab» gesandten nach Hof zur Einholung von Instruktionen sandte. In» zwischen waren die Nationalsozialisten hinter Lamitsch zurückgezogen worden. Vereinbarungsgemäß rückten sowohl die bayerische Schutz- polizej als auch die thüringische Polizei ab. Zurzeit herrscht bei den Hirschberger Arbeitern eine große Beunruhigung, und ste ver- langten in einer Protestversammtung di« sofortig« Entfer- nungderthüringischenHitler-Leute aus den Betrieben. Daß die Nationalsozialisten mit schweren Maschinengewehren spazieren fahren, sieht der bayerische Diktator nicht. Er findet nur die Notwehrwaffen in der„Münchener Post". Es ist eben eine verkahrt« Republik , dieses Bayern ! Arbeitsplan ües sächsischen tlanütags. Dresden . 11. Oktober. (Eigener Drahtbericht.) Der Landtag wurde heute kurz nach 1 Uhr eröffnet. Abg. W i n t l e r(Soz.) teilte mit, daß der Landtagsvorstand vorschlage, heute von einer polittschen Aussprache abzusehen und die Sitzung auf Freitag vormittag 10 Uhr mit der Tagesordnung„Entgegennahm« einer Regierungserklärung" zu vertagen. Die Rechte begleitete diese Worte unter starker Unruhe des Hauses mit höhnischem Ge- lächter und Zurufen:„Ist er dann auch bestimmt da?"— Der Präsident tellte weiter mit, daß morgen nur die Entgegennahme der Regierungserklärung auf die Tagesordnung gesetzt und die Aus- spräche über die Regierungserklärung erst am Dienstag erfolgen soll. Die Vertagung sei erforderlich, um den einzelnen Fraktionen Gelegenheit zu geben, zur Regierungserklärung Stellung zu nehmen. Unter erneutem höhnischen Gelächter und höhnischen Bravorufen der Rechten erklärte der Präsident die Sitzung sür oertagt. Erregt röef der kommunistische Abgeordnete Grand der Rechten zu:„Ihr werdet bald nicht mehr Bravo rufen!" Unter allgemeiner Bewegung wurde daraufhin der Saal geleert. Der Grund der Landtagsvertagung liegt darin, daß Ministerpräsident Zeigner nicht, wie erwartet, vrrr.üttags, sondern erst nachmittags aus Berlin m Dresden eintrifft. Dresden , 11. Oktober. (Eigener Drahtbericht.) Die Meldung, daß die Ernennung des Abg. Genoffen Schmidt zum Z i v i l t o m- missar für dm Freistaat Sachsen bevorstehe, wird von amtlicher Seite nicht bestätigt._ Zinanzfragen im Lanütag. Der Landtag verabschiedet« in feiner gestrigen Sitzung dm Entwurf, durch den der Finanzminister über den 1. Oktober 1923 hinaus bis auf weiteres ermächtigt wird, den Ausgleichszuschlag, den Verordnungszuschlag sowie die Frauenbelhilse für unmittelbare Staatsbeamte zu erhöhen,, und tritt darauf in die zweit« Beratung des Flnanzausgleichsgesehes. Das Gesetz soll dm Finanzausgleich zwischen Reich, Ländern und Gememden neu regeln und damit vor allem der Rot der Gemeinden ab Helsen . Abg. Dr. v. Alles(Dnat.) bezeichnet die Arbeit des Ausschusses als nicht restlos befriedigend. Abg. Haas(Soz.): Um ein« Gesundung der Finanzm zu er- reichen, muß vor ollem bei den Steuern viel fester zugegriffm wer- den. Auch die Auseinandersetzung mit den Hohen- zollern muß endlich kommen, und zwar unter rücksichtsloser Wahrung der Staatsinteressen. Eine organische Neuregelung der Finanzen von Reich und Ländern muß angebahnt werden. Ein« Neuverteilung der Steuerquellen muß die bisherige Zuschußwirtschast des Reich» beseitigen. Abg. v. Eynern(D. Dp.): Die Entschließung, die von sozial- demokratischer Seite beantragt Ist und neue Gesichtspunkte enthält, wird zweckmäßig der Ausjchußberatung zu überweism fein. Ueber die schließlich von dem Antrag berührte Auseinandersetzung über das Hohenzollemvermögen wird man sich im Ausschuß näher zu unter- halten haben. Di« Auseinandersetzung darüber tst ein« Rechtsfrage, die nur durch ein Reichsgesetz entschieden werden kann. Wir können also dieser Entschließung nicht zustimmen. Nach weiteren Ausführungen der Abgq. Drewitz(Wirtschaftsp.), Loennartz(Z.). Sah(Komm.) und Dr. Höpker-Zlschoss(Dem- werden die deutschnationalen Anträge auf besser« Dotation Ostpreußens abgelehnt. Angenommen wird ein Antrag der Demokraten, des Zentrum» und der Deutschen Volkspartei , wonach bei der Be» rechnung der Des old unszuschüsse vom 1- Januar bis 31- März 1924 von der Gesamtsumme der Zuschüsse«in Fünftel, vom 1. April ab zwei Fünftel abgezogen werden. Im übrigen wird dt« Vorlage auch In dritter Lesung in der Ausschuß ssassung angenommen. Der Entschließungsantrag der S o z: a lde m o kra t«n wird dem Hauptausschuß überwiesen. In der ersten Beratung des Gesetzentwurfs über die Erhebung von Abgaben über die Wegebenutzung(Wogeabgabengesetz) bean- tragt Abg. v. winlerseld(Dnat.) Verweisung an den landwirtschast» lichen Ausschuß. Dafür sprechen auch die Abgg. Schmelzer(Z.) und Meyer-Bülkau(Deutsch-Hann.). Die Vorlage geht an den verstärkten vandwirtschaftsausschuß. Nächste Sitzung Freitag 11 Uhr(Anträge über Arbeits. beschaffung, produktive Erwerbslosenfiirsorge, Lebensmittelver» sorgung der Großstädte usw.). Schluß Uhr._ die Arbeitszeit im Sergbau. Die eigenmächtige Verordnung zurückgenommen. Am Donnerstag beschäftigte sich eine Konferenz der De?» treter der Arbeitgeber und Arbeitnehmer des Ruhrbergbaues mit der eigenmächtigen Schichtverlän» gerung durch die Werkbesitzer. Die Ruhrbergarbeiterschaft war durch sämtliche Gewerkschaften vertreten, während vom Bergbaulichen Verein u. a. die Herren Wieskott, v. Velsen und Knöpper anwesend waren. Die Vertreter des Bergbaulichen Vereins erklärten, daß die Verordnungen über den ver- längerten Arbeitstag überall zurückgenommen wor- den sind. Ueber die einzuschlagenden Wege, die Produktion zu steigern, sollen in der kommenden Woche neue Verhand- lungen beginnen. Am Donnerstagnachmittag begannen die Verhandlungen über die Erhöhung der Bergarbeiterlöhne. Die„Deutsche Zeitung" ist vom Oberbefehlshaber Dr. Gehl« erneut bis auf weiteres verboten worden.
Dollar in New gort: Zünf Milliarüeu.