Einzelbild herunterladen
 

Dse Sranüenburger Fe Am geslriz«ii Sonntag fand im Saal der Sozialdemokratischen Fraktion des Preußischen Abgeordnetenhauses eine außer- ordentliche Z e n tr al» o rjta nd ss i tzung des Vexirks- verbandes Brandenburg der VSPD. statt, zu der etwa IM Dele- gierte aus der gesamten Provinz Brandenburg und zahlreiche Reichstags- und Landtagsabgeorimete der in Frage kommenden Wahlkreise erschienen waren� Das politische Referat hielt der Vorsitzende der Sozialdemo- kratischen Fraktion im Preußischen Landtage, Genosse Ernst Heilmann , dessen zweistündige Ausführungen von allen Teilnehmern mit ge- fpanntester Aufmerksamkeit angehört wurden. Von der Kriegszeit und der Niederlage Deutschlands ausgehend, schilderte der Referent die Entwicklung unserer politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse seit der Revolution, die uns zwangsläufig zur Koalitionspolitik mit den bürgerlichen Parteien geführt hätten. Nach einem aus- führlichen Rückblick auf die Aera Cuno und die Taktik der Sozial- demokratis in dieser Zeit besprach der Redner die Entstehung und das Wirken der ersten Regierung Stresemanns, die jüngste K a b i- nettskrise, die Neubildung der großen Koalition und den erst am Tag« zuvor beendeten schweren Kampf um die Annahme des Ermächtigungsgesetzes. Bei der Besprechung dieser letzten Fragen schilderte der Genosse Hellmann die ungeheuren Gefahren, die der Republik und der Arbeiterschaft gerade in den entscheidenden Tagen der vorletzten Woche gedroht hätte�, sowie den zähen Kampf des Genossen Severing gegen die ith Konnex mit der Reichswehr stehenden illegalen rechtsradikalen Organisationen. Ohne Severing als preußischen und Soll» mann als Reichsinnenminister wäre die Gefahr einer Rechts. diktatur, wenn überhaupt, nur unter ungeheuren Blutopfern der Arbeiterschaft abgewehrt worden. Der Referent wies die Auf- fassiing scharf zurück, als hätten wir vor der Deutschen Volkspartei kapituliert. Umgekehrt sei es die Volkspartei gewesen, die in allen entscheidenden Punkten von ihren ursprünglichen Forderungen vor dem Widerstand unserer Fraktion zurückgewichen sei. Das komme deutlich in der Haltung des Stinnes -Flügels der Deutschen Volkspartei bei der Abstimmung über das Erniächtigungs- gesetz zum Ausdruck. Der Ansturm der Schwerindustrie gegen den Achtstundentag sei im Reichstag dank der Haltung unserer Fraktion abgeschlagen worden, und deshalb sei Stinnes zu Degoutte gelaufen Allerdings müßten sich die Parteigenossen darüber im klaren sein, daß wir für die große Masse der Industriearbeiterschaft den Acbtstundentag auf die Dauer nur dann erfolgreich würden retten können, wenn wir ihn e l a st i s ch und nicht schematisch ver- teidigten. Zum Schluß wandte ssch der Redner energisch gegen die zum Teil skandalöse Art, wie z. B. in gewissen sächsischen Parteiblättern Parteivorstand und Reichstagsftaktion ver- unglimpft werden. Dos veranlasse doch zu Rückblicken in die Ver­gangenheit. als die Berliner unter Berufung auf den revolutionären Paul Lensch von derLeipziger Volkszeitung " den Hinauswurf der nicht genug radikalenVorwärts "-Redaktion unter Kurt E i s n e r durchgesetzt hätten. Man bedenke nur: der Märtyrer der Revolution Kurt Eisner hinausgedrängt durch den heutigen Chef- redakteur von Hugo Stinnes ! Der Redner schloß unter lebhaftem Beifall seine Ausführungen mit einem Appell zu? Einigkeit, die mehr denn je nötig fei, um den schweren Stand unserer partei- genossischen Minister im Reiche und in Preußen zu festigen, um die furchtbare Krise und Not der gegenwärtigen Zeit zu über- winden und um die Republik , die Demokratie und die letzten Errungenschaften der Revolution zu retten. An das Referat schloß sich eine mehr als dreistündige Diskussion an, an der etwa 1Z Redner teilnahmen. Es sprachen u. a. Genosse Dr. Löwenstem, der sich zum Stand- punkt der Fraktionsminderheit bekannt« und die Anficht vertrat, daß die Arbeiterschaft von ihrem Klasfeninteresse aus nur Nachteile von der gegenwärtigen Koalition zu erwarten hätte. Er betonte, daß die Fraktionsminderheit stets volle Freiheit bei der Darlegung ihres Standpunktes gehabt hätte und daß ihr die.Gewissens- k l a u s e l" bis zum letzten Tage zugesichert, dann aber Vied« auf. gehoben worden wäre. Genosse Okto Wels begründete den schließlich angeordneten Fraktionszwang mit der bis zur letzten Sekunde absokut undurch- sichtigen Haltung der Bayerischen Volkspartei . Wäre, wie er es selbst zunächst beantragt hatte, dieGewissensklausel" aufrecht- erhalten worden, dann wäre der Wille der überwiegenden Mehr- heit der Fraktion durch die Bedenken der Minderheit einfach aufge- hoben worden. Das fei schon aus theoretischen Gründen der Partei-

Eine alte Gesthichte. Von Hans Wesemann . Es mögen wohl schon einig« Jahrhunderte darüber vergangen setrt, da brach in einem großen Lande des Orients eine Hungers- not aus. Zwar war die Ernte recht gut gewesen, und Vor- ritte waren genügend vorhanden, um alle zu sättigen. Aber wie das wohl manchmal geht, die Armen mußten hungern und die Reichen gaben nichts oder vertrösteten die Hungernden aus die Hilfe der Götter. Da diese aber nicht zur richtigen Zeit eintraf, wurde die Not unerträglich, und schließlich jammerten die Armen so laut, daß auch der Herrscher des Landes sie oernahm und vor fein Antlitz kommen ließ. Er hörte sich alles an, dachte einen Augenblick nach und befahl dann die reichsten Männer seines Landes zu sich. Sie erschienen auch alle. Der Herrscher aber sagte nur:Ihr wißt, wie es in unserem Lande aussieht. Nun hört gut zu: Für jeden Armen, der Hungers stirbt, lasse ich zehn von Euch aufhängen." Damit entließ er sie. Es ist kein Armer Hungers gestorben, sagt die alte Legende.

ExprePoniftilcher Tanz. Zwei Meisterschülerinnen von Mary Wigman , Yvonne Georg! und Äret Palucca, gaben vorige Woche einen Tanz- abend im Blüthner -Saal. Vierzehn Tage vorher hatte die Meisterin selber sich produziert. Das äußerlich Charakteristische des Wigman- Tanzes, die gliederschleudernde, aufstampfende Kraftentfaltung, findet sich such bei den Schülerinnen. Ebenso das weitausgveifend Hin- wirbelnde, das mit Schritt und Geste den Raum beherrscht und rhythmisch gliedert. Nur gibt sich hier alles in gesteigerter Potenz. Die 5kraftentsaltung grenzt zuweilen an Kraftmeierei. Es herrscht ein fast ununterbrochenes Fortissimo. Der Uebergcmg zur pointieren- den Attitüde, bei der Wigman stets ein wuchtig schwungvoller Aus» klang, wird oft zum jähen Abbrechen. Aber das sind Fehler, die man temperamentvoller Jugend am ehesten verzeiht, und man würde sie vielleicht übersehen, wenn nicht der Vergleich mit der vollendeten Kunst der Meisterin uns unwillkürlich den höchsten Maßstab auf- drängte. Dieser Maßstab ist durchaus am Platz, wenn man Geist und Stil dar Leistung in Betracht zieht. Was die Wigman-Schule uns in so begabten Schülerinnen, wie diese beiden es find, überzeugend zur Erscheinung bringt, ist Kunst als Gestaltung des rein Seetischen. Selbst in den an moderne Gesellschaftstänze anklingenden Rhythmen, in der Mazurka der Georgi und dem Tango der Palucca, oerschwindet alles ornamental Arabeskenhafte und nur innerlich Empfundenes und Eefchautes wird gestaltet. Das ist um ein modernes Schlagwort zu brauchen Expressionismus in der Tanzkunst. Und zwar im wesentlichen gegenständlicher Expressionismns, der es nicht ver-

ntralvorstanö Zur Lage. organisation und Parteidisziplin undenkbar, ganz abgesehen von den katastrophalen Folgen, die die Ablehnung des Ermächtigungsgesetzes für das Reich, die Republik und besonders die Arbeiterschaft gehabt hätte. Es fei unglaublich, wie in einzelnen Parteiblättern die Be­hauptung kolportiert werde, daß 54 Mitglieder unserer Fraktion den Achtstundentag hätten einfach preisgeben wollen. Genosse ßurowski-Mahlow beschwerte sich über die Nicht- Veröffentlichung eigener programmatischer Gedanken über den Sozialismus durch denVorwärts". Genosse Dr. Breitscheid begründete die Haltung der F r a k- tionsmehrheit und wies auf die unausgesetzten Bemühungen der Deutschnationalen, uns aus der Koalition hinauszudrängen, auf ihren Jubel nach dem Ausbruch der Krise und auf ihre Enttäuschung nach der Wiederherstellung der Koalition, hin. Genosse Scilomon-Luckenwalde machte Mitteilungen über die Umtriebe der schwarzen Reichswehr in Jüterbog , ebenso ein Genosse aus K o t t b u s und ein Genosse aus S o r a u, die zwar die Bemühungen Seoerings, Abhilfe zu schaffen, anerkannten, jedoch die Durckkmtzung seines Willens durch untergeordnete Organe und durch die Reichswehr feststellten. Genosse Zubeil verurteilte in temperamentvollen Aus- führungen die Haltung der Fraktionsmehrheit und die Koalitions- Politik'überhaupt. Genosse Dr. Caspary-Meseritz erklärt«, daß auf dem m der Ost- mark, namentlich auf dem flachen Lande, die Parteigenossen in höchster Sorge auf die Annahme des Ermächtigungsgesetzes warteten, weil die Einführung des neuen Geldes unverzüglich erfolgen müsse. Genosse Brugler-Teltow entwarf an der Hand einzelner Beispiele ein erschütterndes Bild der gegenwärtigen Rot der Ar- beiterschast. Genosse Rofenbaum-Kottbus behauptete, daß die Zahl der Parteimitglieder infolge der Neubildung der Koalition stark zu- rückgehe und empfahl die Einheitsfront des Proletariats. Genosse Klein-WUdau erkannte die dringende Notwendigkeit einschneidender gesetzgeberischer Maßnahmen an, verlangte jedoch erhöhte Aus- mer'ksamkeit der Parteileitung gegenüber den kommenden Der- Ordnungen der Regierung und beschwerte sich über ungenügende In- formation der Parteigenossen in der Provinz durch den Bezirks- vorstand. Vezirkssekretär Genosse Wilhelm Krüger antwortet« auf verschiedene Fragen und Vorwürfe der Diskussionsredner und machte Angaben über die Maßnahmen der Partei zur Abwehr der Reaktion. In seinem Schlußwort ging Genosse Heilmann auf zahl- reiche Kritiken und Anregungen der Diskussionsredner ein und stellte fest, daß kein einziger Genosse eine Resolution des Inhalts eingebracht hätte, daß unsere Minister aus den Regierungen im Reiche und in Preußen zurückzuziehen wären, und die Partei ge- willt fei, die unvermeidlichen Folgen eines solchen Schrittes auf sich zu nehmen. Das allein wäre aber konsequent gewesen. Gegen­über den Genossen, die es als eine Niederlage der Sozialdemokratie bezeichneten, daß Genosse H i l f e r d i n g als Finanzminister preis- gegeben wdrden wäre, müsse festgestellt werden, daß die Schuld daran u. a. diejenigen Genossen in führenden Stellungen träfe, die sich öffentlich hingestellt, die Arbeiten Hilferdings lächerlich ge- macht und damit den bürgerlichen Parteien das Stichwort zur Entfernung Hilferdings gegeben hätten.(Sehr richtig!) Aber Hilferding selbst hätte sich in bewunderungswürdiger Weise darüber hinweggesetzt und vor dem Parteiausschuß und vor dem Berliner Bezirkstag' die Neubildung der Großen Koalition ohne seine Person leidenschaftlich verteidigt.(Lebhafter Beifall.) Daraufhin wurde mit allen gegen zwei Stimmen folgende Re° solution angenommen: Der erweiterte Zentralvorstond des Bezirksverbandes Berlin- Brandenburg würdigt die Gründe, die die Reichstagssraktlon b«. stimmte, der Aufrechterhaliung der Großen Koalition zuzustimmen. Er verlangt von der Fraktion und den Regierungsmitgliedern geschlossenes Eintreten für die sofortige Einführung einer wertbeständigen Währung, für die Sicherung der Brot-, Kartoffel- und Kohlenversorgung der Bevölkerung und für eiii vom Stinnes» Geist« freies Produktionsprogramm, das die deutsche Wirtschaft zur Gesundung bringt. Die Konferenz verlangt weitcr die Aufhebung des milikärifchen Ausnahmezustandes, der bisher besonders gegen die organisierte Arbeiterschaft zur Anwendung gekommen ist. Die Versammlung erklärt, daß angesichts der gewaltigen Reaktion m Bayern und angesichts der dunklen landesverräterischen Unter- nehmungen der arbeiterfeindlichen Schwerindustrie es unver­antwortlich ist, wenn jetzt Meinungsgegensätze aus-

schmäht, sich gelegentlich pantomimischer Wirkungen zu bedienen, der aber, ebenso wie den äußerlich dekorativen, so auch den wohl- feilen naturalistischen Effekt ausschließt und sein letztes Ziel in der rein rhythmischen Bewegung als Ausdruck seelischen- Erlebens sucht und findet. Es ist nicht der einzige Weg, aber es ist einer der Wege, die zum Tanz der Zukunft führen. Es gehört einige Ueberwindung dazu, von der ernsten Höhe dieses Abends zu dem herabzusteigen, was die letzte Woche im Blüthner -Saal uns sonst beschert hat. Da gab es am Freitag einen Tanzabend der modernen Mustk", an dem ein Herr Henri aus New York mit Stirnlöckchem, Korallenlippen und rosig geschminkten Brustwarzen Künste vorführte, die sich ein anspruchsvolles Publikum kaum als Nummer eines Tingeltangel-Programms gefallen lassen würde. Und am Tage darauf produzierte die Tanzlehrerin Maria B e h m sich und einige unfertige Schülerinnen in einer Aufführung, deren technische Dürftigkeit und phantasielos kitschige Trioalität nicht diskutabel sind. John Schikowski .

«Die Jahreszeiten" in der Reuen Well. Die Kunst- gemeinde Neukölln eröffnete ihr zweites Spieljahr mit HaydnsJahreszeiten". Dieses Werk, eingelagert in die bukolische Abgeschlossenheit des Landlebens, entsprossen den Temperamenten einer wesentlich naiven Epoche, die am Ansang der Orchestermusik stand, und doch schon in seiner Charakteristik den Schlüssel zur Moderne liefernd, wie sie Mahler in einzelnen seiner Sinfonien abschloß, war geeignet, Mischen Herbst und Winter eine Gemeinde gesangen zu nehmen, die das Elend einer zusammen- gebrochenen Welt, das so veränderte Milieu der modernen Arbeits- stadt zusammengeführt hatte. Der sehr gute Besuch und ein herz­licher Beifall bewiesen, wie stark der Wille zur künstlerischen Sammlung auch heute noch ist, trotz der ungünstigen Zeiwerhält- nisfe, und wie sehr das Werk unverändert über das Jahrhundert hinweg in den Herzen nachlebt. In der Tat konnte die angenehme Aufführung unter Johannes Stehmanns Leitung, unter der dankenswerten Assistenz der Sänger Huttmann und Fischer und der Sängerin Lotte Leonard , sowie unter der Mit- Wirkung des Oratorienvereins Neukölln und des Der» li n er Sinfonie-Orchesters dem guten Geschmack genügen, wenngleich sich der Chor bemühen sollte, dynamische Steigerungen in weniger starkem Anprall zu nehmen und gewisse dlffiziler« Schattierungen zu suchen und sich das Orchester letzten Feinheiten nicht immer mit sonst gewohnter Sorgfalt hingab. le. Der Weg nach Osten", den Colin Roß kürzlich beendet hat, wird in Einzelbildern und Films in derUrania " gezeigt. Nur unter großen Schwierigkeiten ist es gelungen, dies« Films nach Deutschland zu schaffen. Ein großer Teil war von der georgischen Sowjetrepublik aus volirifchen Rücksichten befchlag- nahmt worden und es bedurfte längerer Verhandlungen, um sie frei zu kriegen. Di« Aufnahmen führen uns hinein in dos füd- liche Rußland . In einem.blitzsauberen Baucrndorf werden Volkstänze ausgeführt, Arbeiter und Arbeiterinnen kommen mit chrem zum größten Teil in Naturalien ausgezahlten Lohn aus großen Fabriken. Wir sehen den gespenstigen Wald von Dohr-

getragen werden, wie es in verschiedenen Teller, des Reiches ge» schieht. Di« Konferenz ruft die Parteimitgliedschaft auf, all? Kräfte einzusehen für die Einheit und Geschlossenheit der Pariei." Im zweiten Teil der Tagesordnung wurden O r g a n i<- sationsfragen und die Beitrogspolitik behandelt. Der Zentraloorftand wird ersucht, eine großzügige Finanzpolitik zu be- treiben und unter ollen Umständen Woihenbeiträg« von einem viertel Stundenlohn durchzusetzen.

Das Ziel üe? Deutschnationalen . In derKreuzzeitung " gibt Graf W e st a r p zu, daß in der deutschnationalen Reichstagsfraktion taktische Meinuugs- Verschiedenheiten vorhanden sind. Er stellt die Sache fol- gendermaßen dar: Es ist unwahr, zu behaupten, daß irgend jemand in der deutsch - nationalen� Fraktion nicht von dem festen Entschlüsse beherrscht sei, mit allen zum Ziele führenden Miiieln die jetzige Rcgierungskoaiilon zu sprengen und alle Verantwortungen zu übernehmen, die sich er- geben, wenn die Sozialdemokraten aus der Regierung verdrängt und die Deulfchnalionalen mit ausreichenden Sicherungen ihres Einflusses an der Regierungsgewalk beteiligt werden. Heber die Möglichkeit und die Pflicht, im gegebenen Fall die in der Opposition vertretenen Grundsätze als Regierung zur Durchführung zu bringen, und über die Notwendigkeit, alles zu tun, um zu diesem Ziele zu gelangen, besteht keine Meinungsverschiedenheit, da gibt es kein Schwanken. Ueber die taktische Zweckmäßigkeit einzelner Schritte be- stehen, damit verrät man kein Geheimnis, stets und in allen Frak- tionen Verschiedenheiten der Ansichten. Bei den Abstimmungen über das Ermächtigungsgesetz lagen die Dinge so, daß die Koalitions- Parteien zusammen über 346 Stimmen verfügen, während zur An- Wesenheit von zwei Dritteln nur 3V3 Abgeordnete notwendig sind. Es konnte daher wohl zweifelhaft erscheinen, ob es zum Ziele führen roerde, durch eine immerhin mißliebig machende Enisernung aus dem Saal an einem Tage, wo dies gerade möglich war, die Anwesen- heitsziffer unter das nach der Verfassung notwendige Maß herab­zudrücken. Tatsächlich ist der Erfolg, das Gesetz zum Scheitern zu bringen, ja auch nicht erzielt worden, weil die Koalitionsparteien, als sie die Gefahr erkannton, die Sitzung vertagten und für den Sonnabend eine ausreichende Anwesenheitsziffer herbeiführten. Damit wird zugegeben, daß sich die Deutschnationalen durch ihr Manöver vom Donnerstag nurmißliebig machten", ohne ihr Ziel zu erreichen. Das Ziel ist, die Sozialdemokraten aus der Regierung hinauszudrängen und einen regierenden Bürgerblock unter deutschnationaler Führung zu schaffen. Wenn die Deutschnationalen durch ihre Politik die Kluft zwischen sich und den bürgerlichen Parteien vergrößern, ent- fernen sie sich von diesem Ziel, statt sich ihm zu nähern. Man begreift also, warum Herr H e l s s e r i ch am Donnerstag wnt- entbrannt über die Dummheit seiner Parteigenossen davoiilief. Auf der anderen Seite preist es Westarp als einen Erfolg des deutschnationalen Manövers, daß die Koalitionsparteisn Farbe bekennen mußten und daß insbesondere die Sozialdemo- kratie gezwungen war, durch strengen Fraktionszwang auch die Minderheit zum Sukkurs heranzuholen. Dieser Erfolg ist tat- sächlich erreicht worden. Wenn aber die Deutschnationalen hoffen sollten, auf diese Weise einen Keil in die Sozialdemo­kratie hineingetrieben zu haben, so werden sie sich täuschen. Sie wollen die Sozialdemokraten durcheinander bringen, um aufs neue ihre Herrschaft zu befestigen, die schon so entsetzliches -Unheil über Deutschland gebracht hat. Die Offenheit, mit der sie das zu erkennen geben, zeigt den Sozialdemokraten deutlich, wie man es n i ch t machen darf, wenn man nicht den schlimm- sten Feinden der Arbeiterklasse zu Gefallen handeln will.

Sportklub Oympia. Zu der Haussuchung imSportklub Olympia" und zur Festnahme einiger leitender Mitglieder dieses Vereins erfähr- eine Berliner Korrespondenz, daß der Vor- sitzende des Klubs wieder auf freien Fuß gesetzt worden ist. Die festgenommenen Gruppenführer wurden im Lause des gestrigen Nachmittags einer eingehenden Vernehmung unterzogen, von deren Ergebnis es abhängen wird, ob sie weiter in Hast behalten werden. Republlkcmischer Reichsbund. In Darmstadt wurde eine Oris - gruppe des Republikanischen Reichsbundes gegründet, dem sofort mehrere Organisationen und zahlreiche Einzelpersonen beitraten.

türmen in den Naphtafeldern, die Baku umgeben. Wir sehen das Leben und Treiben in russischen Städten, und nicht zuletzt wird uns dieRote Armee " vorgeführt. Rußland, so sagt Colin Roh, befindet sich in der Konsolidierung, es geht aufwärts im Osten und Deutschland sollle alles tun, um den Anschluß im Osten nicht zu verlieren. Schon ist England als starker Konkurrent aufgetreten, noch hat Amerika nicht begonnen, sich ernsthaft um das russische Geschäft zu kümmern, noch ist es für Deutschland Zeit, den Weg. nach dem Osten zu finden. Dort ist ein ungeheures Arbeitsfeld für unsere Industrie, für die Intelligenz und Tüchtigkeit der beut- tchen Arbeiter. Ein« weitere Reihe von Films führt uns nach P ersten, das den Deutschen besonders freundliche Empfindungen entgegenbringt. Die Perser sind nach den Erfahrungen Colin Roß ' eines der intelligentesten Völker, und es erscheint nicht ausge- schlössen, daß dieses Volk, wenn es erst erwacht, wie einst vor 2l>l1l1 Iahren wieder der Kern eines neuen und modernen Welt- reiches wird. Zunächst aber siecht es dort, nach den Films zu urteilen, noch sehr trübe aus. Es fehlt an Straßen- und Eisen- bahnen. Es besteht kein geordnetes Bauwesen: der Perser kennt keine Hausreparaturen. Die aus ungebrannten Lehmziegeln her- gestellten Häuser halten etwa 7 bis 8'Jahre. Dann baut man sich ein neues Heim und läßt das alte einfach verfallen. Auch hier gibt es für den Deutschen gute Aussichten, seine Produkte abzu- setzen, und daher wünscht Colin Roß nichts sehnlicher, als daß der Weg nach dem Osten Deutschland auch nach Perfien führen möge. W. M. Zukünftige Goldsorgen. Es wird einmal«ine Zeit konunen, da es mit dem Goldvorrot der Erde zu Ende geht. Man mag so sorgsam mit dem kostbaren Stoffe umgehen, wie man will, die Gold- münzen reiben sich doch ab, und ebenso de? goldenen Schmucksachen. Verloren ist ferner das viele Gold, das in der Photographie ver- wendet wird, das zum Vergolden anderer Metalle, das für Bücher- schnitt« usw. dient, und schließlich wandern auch die Goldplomben unserer Zähne in die Tieft. Das Gold wird also immer weniger. Es würde den Bedarf nur decken können, wenn fortgesetzt neue Goldlager entdeckt würden, dazu ist aber kaum Aussicht. Erschöpft sind die einstmals reichen Lager in den Karpathen, das Rheingold ist eine Sage geworden, überhaupt ist in Europa Nennenswertes kaum noch zu holen. Ausgebeutet sind die einstmals so berühmten Vorkommen in Kalifornien , und das reiche Zipangu, das Marco Polo als Goldiand schildert. Das Land Japan hat nur erschöpfte Stollen. Etwas Gold besitzt noch Korea , der Altai . Australien , Alaska , vielleicht kommt noch dos eine und andere Lager hinzu, aber«imnoi wird doch dos Ende da sein. Dann wird keine Gold» Währung sich mehr aufrechterhalten lassen, man wird die Goldmünzen abschaffen und sich anders helfen müssen. Mit dem Silber wird es ebenso gehen, wenn auch langsamer. Schließlich wird man diese beiden Luxusmetolle zur Not entbehren können. Aus den Schau- Ftücten de? Muftcn werden die Kinder dann lernen, daß es einmal Elemente gab wie Gold und Silber. Es fei denn, daß die Synthejc, die schon die Alchimisten suchten, doch noch glückt. Nach der Ent­deckung des Radiums darf man ja auch kcz uicht ganz von der Hand weisen.