Str. 489 40.Jahrgang Ausgabe A nr. 244
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Freitag, den 19. Oftober 1923
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Nach der Unterredung Poincaré- Hoesch Geraus aus den Betrieben"!
Vernichtungswille im Frieden!
Kapitel zur Arbeitslosigkeit.
Bon Dr.- Ing. Martin Wagner.
Die Parole Heraus aus den Betrieben" geht heute von einer Seite aus, die über diese Parole stets entsetzt war. Heraus aus den Betrieben", so fagt das Unternehmertum, das für seine Arbeitskräfte feine Beschäftigung mehr zu haben glaubt. Es wirft aber nicht nur die Arbeitskräfte auf die Straße, nein, es macht auch das Betriebskapital arbeitslos und läßt es die Stätten sicherer und müheloser Arbeit auf den in- und ausländischen Börsen beziehen. Gin grotester wirtschaftlicher Zustand! Die Arbeitskraft muß in Not und Elend feiern, das Kapital feiert auch, aber Orgien an der Börse. Das Kapital darf unsere Wirtschaft völlig ertraglos machen, und das nennt sich„ Wiederaufbau eder deutschen Wirtschaft".
So unerfreulich und bedenklich die innerpolitischen aufzunehmen, foll Poincaré als einen Eingriffin die Re dyte Konflikte auch sein mögen, die in den letzten zwei Tagen im der Reparationstommiffion bezeichnet haben. Die Bordergrund der öffentlichen Diskussion standen, so sind sie bei Reparationstommiffion habe seinerzeit gerade deswegen eine Nichtweitem nicht das ergste, was das deutsche Bolt jetzt erfüllung Deutschlands festgestellt, weil die Sachleistungen unzu über sich ergehen laffen muß. Die Nachrichten, die im Anschluß reichend gewesen seien. Deutschland , fo heißt es in dem Kommuan den neuen deutschen Schrittin Baris eingelaufen| niqué weiter, muß zunächst den Zustand vom 11. Januar in jeder find, übertreffen bei weitem die schlimmsten Erwartungen. Beziehung wiederherstellen und auch die Sachlieferungen in entDer ausführliche WTB.- Bericht über die Demarche des Bot- sprechendem Umfange wieder aufnehmen. Soweit dies gefchehen schaftsrats v. Hoesch bei Poincaré , den wir in unserer gestrigen sei und die Nichterfüllung, die die Reparationsfommission seinerzeit Abendausgabe veröffentlicht haben, ist geradezu nieder- festgestellt habe, beseitigt sei, könne/ Deutschland bei der Reparations drückend. Es ist darin nicht die Spur eines Verständigungs- tommiffion wegen der Schwierigkeiten, die ihm die Sachleistungen willens auf französischer Seite zu erblicken, sondern man muß in diesem Augenblick bereiteten, vorstellig werben. umgekehrt in der Ueberzeugung bestärkt werden, daß Die aufmerksame Brüfung dieser„ Erwiderung" zeigt Poincaré mit, einer geradezu grauenhaften Kaltherzigkeit die jedoch, daß die deutsche Darstellung durchaus zutrifft. Zerstörung des Deutschen Reiches und die Ber Der Sozialdemokratische Parlamentsdienst" will mun er nichtung von Millionen proletarischer Eristenzen in fahren haben, daß die Reichsregierung schon in den allernächsten Deutschland erstrebt. Selbst Clemenceau hätte an Halsstarrig- Tagen der Reparationsfommiffion eine ausführliche Dent feit und Rücksichtslosigkeit gegenüber dem wehrlos besiegten schrift überreichen wird, die nicht nur eine offizielle Wieder deutschen Volke, den jezigen Lenker der französischen Politik holung der Vorschläge Stresemanns, sondern auch eine aus nicht überbieten fönnen. führliche Schilderung der finanziellen und wirtschaftlichen Lage Deutschlands enthalten soll. Aehnliches wird dem Pariser Temps" aus Brüffel berichtet, und es wird ferner von WTB. aus Paris bestätigt, daß sich die Denkschrift insbesondere mit den belgischen technischen Studien be faffen wird. Ob allerdings angesichts der neuesten Erflärung Boincarés diefer auch von uns wiederholt empfohlene Schritt pon unmittelbarem prattischen Nutzen sein wird, muß leider jest bezweifelt merden.
Einerseits verlangt man von Deutschland , daß es seine Finanzen in Ordnung bringe, aber andererseits befiehlt man ihm, Trillionen und aber Trillionen neuen Papiergeldes zu drucken, um die fofort wieder aufzunehmenden Sachleistungen zu finanzieren!
Einerseits verlangt man von Deutschland , daß es die wirtschaftlichen Verhältnisse im Ruhrgebiet genau so wiederherstelle, wie fie am 11. Januar d. J. maren, andererseits aber lehnt man ohne jeden ersichtlichen Grund alle Verhandlungen ab, die es ermöglichen würden, dieses Ziel schnell und reibungslos zu erreichen!
Einerseits verlangt man von Deutschland , daß es be friedigende Reparationsvorschläge mache, andererseits aber wird ihm bedeutet, daß man eine Erörterung solcher Borschläge in der Reparationsfommission so lange nicht zulassen werde, bis nicht der status quo vom 11. Januar vollkommen wiederhergestellt sein wird! Und dabei werden alle deutschen Anregungen schroff zurückgewiefen, die zur raschen Verwirklichung dieser Forderung führen könnten!
Den Hinweis auf die drohende Arbeitslosigkeit und Hungersnot, die mehr als einer halben Million deutscher Bergarbeiter bevorstehen, beantwortet Poincaré mit der trodenen Bemerkung, daß es ihm gleichgültig" fei, wie Deutschland diese Finanzierung vornehmen wolle! Jedes Kind müßte eigentlich begreifen, daß Deutschland nicht seine total zerrütteten Finanzen in Ordnung bringen fann und gleichzeitig viele Millionen Goldmart für die Bezahlung der Bergarbeiter aufbringen fönne. Aber Poincaré bezeichnet folche Darlegungen als ein neues Element des Widerstandes" und ertlärt schon jest, daß er sich die Entscheidung darüber vorbehalte, wann er den deutschen Widerstand als restlos aufgegeben betrachten werde!
Daß diese ganze Haltung Poincarés einen flaren. Wort= bruch gegenüber den Versprechungen bedeutet, die er seiner zeit in Ermiderung auf die Curzon- Note über seine Bereitwilligkeit zu fofortigen Verhandlungen nach der Einstellung des passiven Widerstandes abgegeben hat, sei nur nebenbei erwähnt. Kein Zweifel daran, daß, felbst wenn für normale Gehirne der Zustand vom 11. Januar durch ein Wunder in ab= fehbarer Zeit wiederhergestellt werden würde, Poincaré einen neuen Vorwand finden würde, um Verhandlungen weiter ab zulehnen.
In einen längeren Beitartikel der Bondaner Times" mird die Bage Deutschlands in sehr düsteren Farben geschildert und im 3u jammenhang damit ausgeführt:
durchgeführt hat.
Fragt man ein Reichsministerium, was es zur Behebung der Arbeitslosigkeit zu tun gedenkt, so wird die Antwort:„ Das Reich ist bankrott, die Länder sind bankrott, die Gemeinden find bankrott, die Notenpresse ist mörderisch und muß stillgelegt werden.". Ganz einverstanden! Aber das Privatkapital hat seit drei Jahren keine Bleite mehr gesehen. Will das Reich nicht endlich den kapitalkräftigen Schuldner fassen, der die Reichsbant, und die Steuerfassen des Reiches, der Länder und Gemeinden seit drei Jahren ausgeplündert hat? Jetzt hat das Reich nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, den Teufel mit Beelzebub zu jagen. Die Arbeitslosigteit fann nur mit Hilfe des arbeitslofen und zurzeit unproduttiven Privatta pitals behoben werden.
Aber mie und auf welchem Wege? Der deutsche Industrie und Handelstag hat in einer Entschließung fürzlich darauf hingewiesen, daß der Baumarkt die größte Arbeitsreserve enthält, die schleunigst mobil gemacht werden muß, um die allgemeine Arbeitslosigkeit der deutschen Wirtschaft zu bekämpfen. Der Baumarkt ist der einzige Wirtschaftszweig, der fich zentral beeinflussen läßt, und für den ein zasches und produktives Handeln möglich ist.. Baumarkt war schon in Friedenszeiten der Regulator des Arbeitsmarktes. Jezt, wo die gesamte Wirtschaft darniederliegt, wachsen ihm außerordentliche Aufgaben zu, die auch mit außerordentlichen Mitteln gelöst werden müssen,
Der
Es sei vollkommen ungerechtfertigt anzunehmen, daß die Schritte, die von der deutschen Regierung getan murden, cine neue Obstruktion und einen neuen Bormand, die Bezahlung von Reparationen zu verweigern, darstellten. Die augen blickliche deutsche Regierung und die Mehrheit des deutschen Bottes fehen jeht sicherlich ein, daß sie den Krieg verloren haben und verpflichtet sind, Reparationen zu bezahlen. Es sei jedoch vollkommen flar, daß Deutschland nicht in der Lage ist, Reparationen zu zahlen, bis es eine drastische Finanzreform meinden nicht mehr bauen. Industrie und Landwirtschaft Aus eigenem Vermögen können Reich, Länder und GeDas Blatt schließt: Eine sehr schwere Berantworhaben ihren Baubedarf in der dreijährigen Inflationstung lastet auf der französischen Regierung, die es bisher periode gedeckt und werden hinfort als Bauherren zurüdforgfältig vermieden hat, einen Blan anzugeben, ober irgendeine treten, menn fie gezwungen werden, ihre Steuern in wertBerantwortlichkeit für das Gebiet zuzugeben, das sie besetzt hat. beständiger Mart zu zahlen und darüber hinaus auch noch die Es ist leicht gewesen, das Ruhrgebiet zu befeßen, während das Reparationslasten zu tragen. Es bleibt also nur noch übrig. Bersonal einer gelähmten Industrie von der deutschen Regierung den gemeinnüßigen Wohnungsbau in stärfam Leben erhalten wurde. Die Aufgabe wird unendlich schmieriger ft em Maße zu beleben, der einen grenzenlosen Notfein, wenn die Industrie unbeschäftigt ist und Millionen von Arstand zu befriedigen hat und überdies auch noch bleibende beitern nebst ihren Familien unbezahlt bleiben. Trobem geben materielle und ideelle Werte schafft.
die Vertreter der französischen Regierung beharrlich der Absicht Ausdrud, foste es, was es wolle, die Pfänder zu behalten, die sie im Ruhrgebiet und Rheinland mit Beschlag belegt haben, bis Deutschland bezahlt hat. Die politischen Folgen dieser neuen Bhase fönnen derartig sein, daß sie den gesamten Lauf der Geschichte in Europa verändern fönnen. Dieser Artikel ist vor dem deutschen Schritt, in Paris erschienen.
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Das Reichskabinett hat fürzlich Richtlinien für die 11 mstellung der Wohnungswirtschaft beschlossen. Diese Beschlüsse das gab der Herr Reichsarbeitsminister in einer Besprechung mit den Gewerkschaften des Baugewerbes am 16. Ottober zu werden aber erst im Frühjahr nächsten Jahres zur Auswirkung tommen. Nachdem das Reichsarbeitsministerium selbst durch Erlasse den WohDie Bedingungen der Regie. nungsbau in ratloser Kurzsichtigteit still gelegt hat, lastet Effen, 18. Oktober. ( WTB.) Vom französischen Bahn marktes und der Wirtschaft. Wir haben das ReichsarbeitsEffen, 18. Oktober. ( WTB.) Bom französischen Bahn auf ihm die ganze Berantwortung für die Belebung des Bauhofstommandanten in Wanne sind folgende Richtlinien für ministerium seit mehr als zwei Jahren auf die Dringlichkeit die Wiedereinstellung der Eisenbahner ausgegeben worden, die aller der Umstellung der Wohnungsabgabe hingewiesen. Das Gleichzeitig mit der deutschen offiziösen Darstellung wurde Wahrscheinlichkeit nach auch Geltung für das ganze besetzte Gebiet Reichsarbeitsministerium hat die Reparatur nicht durchvon Havas eine franzöfifche halbamtliche Schilderung des haben. Bei lebernahme von Bediensteten in den Betrieb der Regie geführt. Jezt ist der Kessel, der den Baumarkt mit Dampf deutschen Schrittes in Paris ausgegeben, die selbstverständlich verpflichtet sich diese, die Eisenbahner nach Franken zu bezahlen; versorgt, ganz außer Betrieb gezogen, ohne daß für bemüht ist, den Tatbestand zu beschönigen. Ferner hat am Auszahlung erfolgt jedoch in Papiermart. Die Bezahlung foll Ersatz und Reserven gesorgt worden ist. Wie würde man in gestrigen Abend das französische Auswärtige Amt, offenbar in nicht höher sein, als diejenige im unbefepten Gebiet. Der privatkapitalistischen Wirtschaft einen Ingenieur behander Erkenntnis des ungeheuren Eindrucks, den die deutsche Den in die Regie eingestellten Eisenbahnern soll das Reich die Bezüge deln, der eine lebenswichtige Maschine, von deren Rundlauf Darstellung im Auslande, namentlich in England und Belgien , bis 27. Oktober weiter zahlen. Ausgewiefene, gegen deren ganze Wirtschaftszweige abhängig sind, so bedient, wie das machen würde, versucht, dieser entgegenzutreten. Darüber Wiedereinstellung keine grundsätzlichen Bedenken bestehen, können Reichsarbeitsministerium die Kapitalzuführung zum Wohunterrichtet nachstehendes Telegramm: nach Prüfung jedes einzelnen Falles wieder eingestellt nungsbau bedient hat? Die Frage schließt die Antwort in sich. Paris , 18. Oktober. ( Eca.) Heute abend gegen 8 Uhr übergab werden. Die Wiedereinstellung von Inhaftierten wird abhängig ge- Das Reichsarbeitsministerium weiß sehr gut, daß der Bau das Ministerium des Auswärtigen der französischen Breffe ein macht von der Stellungnahme der französischen Militärbehörde markt unter der Zwangswirtschaft steht, und daß die Hebel für Kommuniqué, das gegen die amtliche Schilderung polemi. Es wird jedenfalls von Fall zu Fall entschieden, ob inhaftiert Ge die Bedienung der Zwangswirtschaft bei der Reichsfiert, die die Berliner Regierung über die gestrige Busamman mesene eingestellt werden oder nicht. Dem Bersonal sollen die regierung liegen. Eine Entschuldigung für die Inkunft zwischen Boincaré und dem deutschen Geschäftsträger ver- deutschen Belange in sozialpolitischer und arbeitsrechtlicher Beziehung genieure, die an der Maschine standen, gibt es nicht. breitet hatte und die in der Berliner Abendpresse verbreitet war. gesichert werden. Für die Durchführung der Beamten und Was soll nun geschehen? Der Baumarit ist zu= In diesem Kommuniqué heißt es, daß die deutsche Darstellung einige Arbeiterpenfionen soll das Reich einen noch festzulegen fammengebrochen. Von ihm leben die Industrien der Angaben enthalte, die den Tatsachen nicht entsprächen und sogar den Grundstock an die Regie abführen. Höhere Beamte werden nicht teine und Erden, die Holzindustrie, große tendenziös entstellt seien. Nach diesem Kommuniqué will wieder eingestellt. Sämtliche leitenden Stellen sollen durch Franzosen Teile des Transportgewerbes, der Metall. Poincaré dem deutschen Geschäftsträger erklärt haben, nach franzö- besetzt werden. Dienstleiter werden nach vorheriger Prüfung wieder industrie und indirekt auch die Schneider und Schuh-ficher Auffassung fönne der passive Widerstand noch nicht als eingestellt. Die Regie verlangt volle Wiederherstellung des Eisen macher usw. Auch diese Industrien sind durch den Zusammeneingestellt gelten. So feien z. B. die deutschen Eisenbahn- bahnneges und Aufstellung des Wagen- und Lokomotivbestandes nach bruch des Baumarktes in Mitleidenschaft gezogen. Eine arbeiter, noch nicht alle wieder zur Arbeit zurückgekehrt. Sollte dem Stande vom 10. Januar 1923. Die Roften soll das Reich be. 50prozentige, stellenweise sogar 75 prozentige Arbeitsbies jedoch geschehen, so würde man vielleicht davon sprechen fönnen, zahlen. Tofigfeit ist in einzelnen Teilen Deutschlands schon erreicht. Diese Arbeitslosigkeit läßt sich nur durch ein großzügiges Wohnungsbauprogramm bekämpfen.
daß in der. Richtung auf die Einstellung des paffiven Widerstandes hin ein wesentlicher Fortschritt zu verzeichnen sei. Die Erklärung,