känzler und die dem akratische Reichsiagsfräktion gerichtet hat. In diesem Telegramm heißt es: Die unverantwortliche Pressehetz« gegen das Verhalten weiter Kreise der sächsischen werktätigen Bevölkerung erfordert �dringend ein« abwehrende Stellungnahm« der Partei. Während die an vielen Orten des Reiches vorgekomme- t nen blutigen Krawall« in der Presse nur kurz registriert werden, sind die sächsischen Vorkommnisse, die weil weniger schwerer Art sind, osfeubar absichtlich aufgc bauscht und entstellt berichtet worden. zum großen Schaden der sächsischen Wirtschaft und Lebensmittel- Versorgung. Der Vorstand der Demokratischen Partei Zwickau Stadtrat Hassinger, Vorsitzender. Man hat nicht gehört, was die demokratische Fraktion, noch weniger der Reichskanzler zu diesem Telegramm gesagt hat und was -beide unternommen hätten, um dem Schwindel di« Spitze abzu- ; biegen. Die Reichswehr und ihre„Ausfüllung", di« nach Sachsen geschickt sind, glauben verpflichtet zu sein, dort auf ihre Weise eine i„Ordnung" herzustellen, nachdem man ihnen eingeredet hat, dag Sachsen„bolschewisiert" sei. Dementsprechend ist ihr Auftreten. 'Diejenigen bürgerlichen Kreise, die vor dem systematischen Schwindel gewarnt haben, sehen sich jetzt gerade so wie die Arbeiterschaft aller - Richtungen einer Behandlung ausgesetzt, die nahezu an das Aus- treten von kriegführenden Truppen im Feindesland erinnert. Die Opfer, die jetzt erst wieder in Freiberg gefallen sind, kommen auch 'aus das Konto der bürgerlichen Schwindelbureaus, die seit Monaten die Hetze gegen das sozialistische Sachsen m Szene gesetzt haben, und �derjenigen, die willig diesem Schwindel ihr Ohr liehen. Demokraten gegen öapern. i Nach einem Bericht des„Demokratischen Zeitungsdienst" hat sich die deutschdemokratische Reichstagsfraktion mit der innerpolitischen Lage beschäftigt. Von besonderer Wichtigkeit � ist dabei die Stellung der Demokraten zum Konflikt mit i Bayern . Nach dem offiziösen Bereicht heißt es darüber: „Einen breiten Raum in den Erörterungen nahm der Konflikt l zwischen dem Reich und Bayern und das Vorgehen der Reichswehr f in Sachsen «in. Hier ergab sich von Anfang an völlig überein- '■ stimmende Beurteilung der bisherigen Vorkommnisse und der r dringende Wunsch, die Einheii und die Aulorilät des Reiches besser ; als bisher zur Geltung zu bringen. Der Fall Lossow wurde s lediglich als scharf zu ahndende militärisch« Widersetzlichkeit be- si urteilt und von der Reichsregierung verlangt, daß sie mit allen ihr Etzu Gebote stehenden politischen und wirtschastspoii tischen Mitteln Remedur schaffe. Allgemein wurde die Ansicht vertreten, daß die | Reichsrcgicruag nur einmal entschlossen aufzutreten brauche, um ihre ■ Aulorilät auch in Bayern durchzusehen. Daß auch in Sachsen für �verfassungsmäßige Zustände gesorgt werden müsse, wurde nicht vcr- ■, kannt. Aber der bedauerliche Eindruck ungleich- ' mäßiger Behandlung der Länder müsse schleunigst i dadurch beseitigt werden, daß man gegen Bayern politisch * etenso energisch vorgehe, wie gegen Sachsen militärisch." ! Wenn schon die Demokraten ihr Mißbehagen für die . Ungleichmäßigkeit der Behandlung Sachsens und Bayerns I zum Ausdruck bringen und ein energischeres Vorgehen mit ttden der Regierung zur Verfügung stehenden Mitteln auch gegen Bayern verlangen, dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn in anderen Kreisen der Bevölkerung die M i§- st i m m u n g ganz andere Formen annimmt. In der Tat hat doch heute das Reich gegen Bayern noch nicht ein einziges der ihm zur Verfügung stehenden Druck- mittel angewandt, durch die es auch Herrn v. Kohr bald zurRaifon bringen könnte. Saperifche Differenzen. r Kn Illing und die Volkspartei gegen v. Kahr . München , 27. Oktober. (Eigener Drahibericht.) lieber di« Bei- legung des Konflikts zwischen Bayern und dem Reich herrschen in dem offiziösen Bayern von heute zwei voneinander grund- sätzlich verschiedene Ansichten. Aus der Verlautbarung der bayerischen Regierung vom Freitag geht klar hervor, daß i wertbeftanöz'ße Ge!öer. i Ein Zukunftsbild von Fritz Müller. Chemnitz . st Es war am 1l. Oktober 1SS6. Erich Ouäntlin, Unierinfpektor ■ in der Abteilmig Eb XIX, 134 des Bezirksamts für Geschäfts- , reklame, an den Bäumen der Staatsstraßen, kam 3!H Stunden I später als sonst nach Hause. Der Grund der Verspätung lag nicht ' in Ueberlastung mit Berufsarbeit, sondern darin, daß die auf Grund ' des 32 781. Nachtrags zum Gehaltsgesetz Nr. 42 763 681, B 14 IIc vom 13. Juli 1925 fällig« erste Rate auf den fünften Vorschuß zum dritten Ausgleichszufchlag auf die am 1. November 1925 zu er- . wartende Nachzahlung zum halben Septembergehalt mid zu ' 62 728,37 Proz. vom Grundgehalt für 1. Oktober bis 15. November . ausgezahlt worden war. Die meiste Zeit nahm nicht die Errech- t nung der Höhe dieser Zlchlung in Anspruch, sondern das Umrechnen ' in die wertbeständigen Gelder. Es war nämlich Deutschland gelungen, endlich einmal wert- beständiges Geld zu schaffen. Außer kleinen Stücken der i verschiedenen Dollarschatz-, Gold-, Roggen-, Kohlen-, Holz-, Zucker- f und anderen Anleihen gab es: Festmark, Goldmark, Rentenmark , j Ncumark, Silbermark und Alimark, ferner österreichische, tschechisch» , und nordische Kronen, Kevenski-, Zaren- und Sowjetrubel und pol- ' Nische Mark. Schweizer , amerikanifche und englische Noten waren l zwar in Umlauf,.aber sie zählten nicht als offizielles Geld. Dasselbe galt auch von den Talern, Gulden, Groschen, Kreuzern, Batzen usw., I welche die einzelnen Länder und Städte lzer emsgegeben hatten, und ; die ebenfalls wertbeständig waren. Großer Beliebtheit erfreuten > sich auch die Lohnstunden- und Arbeiistaggutscheinc der verschiedenen l Branchen und die Roten für geleistete Mehrarbeit. ' Ouäntlin brachte noch Hause: 0,06 Dollarschatzanweisung, f 10 Rentengroschen, 5 Silberpfennige, 2 Hallesche Altgulden, drei f Meißener Goldbatzen, 5 Münchcner Kreuzer, 10 Fliehenleger- 1 itberstundemioten, 5 Müllkutscherstundenlohnscheine nach Tarif � C III 427 und 27,742 Trillionen Papiermark. Die letztere Summe . mußte er annehmen, weil nach einem Gesetze Beträge, die geringer � als ein Tausendstel Neupfennig sind, in alter Papiermork entrichtet � werden Müssen. Da bis auf den letzten Poston alles Geld wertbeständig war brauchte Ouäntlin nicht sofort«inzukaufen, was er nur erlangen konnte. Er tat vielmehr die Gelder in seinen Geldschrank. Jeder Bürger bekam vom Staat einen Schrank geliehen, der mit 760(WC Fächern, Schubkästen usw. versehen war, und mit dessen Hilfe man auf Grund eines genialen Systems dm Stand feiner Finanzen sefort überschauen konnte. Es wurden an diesem Tage nur die notwendigsten Einkäufe besorgt. Quänilins jüngster Sohn forderte drei Rontmpfennige (oder 12 Scklillionen Papiermark) für zwei Stahlfedern! die zweite Tochter brauchte für den Nadelarbeitsunterricht«in Knäuel Garn im Preise von 0,24 Festmark: und die Frau wollte beim Fleischer Kni Iking und seine Minister den Konflikt aus der Welt schaffen, wenn ihnen das Reich Zugeständnisse für«ine Revision der Wei- marer Verfassung im föderalistischen Sinne macht. Die erste Be- dingung ist eine Umgestaltung des Artikels 48 der Berfasiung, und zwar in dem Sinne, daß künftighin nicht mehr Maßnahmen, die von einer Landesregierung im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ruhe getroffen find, vom Reichspräsidenten aufgehoben werden können. Hinter dieser Bedingung stehen dann die bekannten Kays- rtfchen Forderungen nach Wiederherstellung seiner Finanz-, Berkehrs- und Militähoheit, Forderungen, deren Erfüllung aber nicht unmittelbar an die Beilegung des jetzigen Konflikis geknüpft sind. Der General st aatskommissar will die genannten Forderungen ebmfalls erreichen. Aber nicht im Wege von Verhandlungen und gegenseitiger Berständigung mit der Reichsregierung, sondern nur über deren Leiche. D. h. Kahr will primär den Sturz der gegenwärtigen R« i ch s r e g i e- rung, Eiirsetzung einer nationalen Diktatur im Sinne des bayerischen Gcneralstaatskommissars, womit nach seiner politischen Logik ein vollständiger Sieg des bayerischen Föderalismus sich von selbst ergeben würde. Um diese beiden Auffassungm geht heute der Kampf hinter den bayerischen Kulissen. Es ist damit zu rechnen, daß die bayerisch« Regierung des Herrn Knilling fest entschlossen ist, ihre Pläne und Absichten zu verwirklichen, sowohl gegen das Reich als gegen Herrn v. Kahr , und es ist nicht zuviel gesagt, wenn man be- hauptet, daß Knilling auch in diesem letzteren Fall die Boye- r i s ch e Volkspartei ziemlich geschlossen hinter sich hat. Das wird schließlich den Ausschlag bilden, wie aus analogen Vorgängen der letzten Jahre zu schließen ist. Freilich wird es dies- mal einen ziemlich harten Kampf geben, da die extremen Nationalisten auf feiten des Herrn v. Kahr noch niemals soviel Macht und innerpolitische Stoßkraft hatten als gerade im jetzigen Augenblick. Der Parteitag der Bayerischen Bolkspartei nahm bereits am Sonnabend Veranlassung, nach einem mehrstündigen Referat des Fraktionsvorsitzenden, des Geheimrats Held, in Gegen- wart des Ministerpräsidenten sich mit diesen Dingen zu beschäftigen. Heids Rede bewegte sich in dem Rahmen: Treue zum Reich, durch weißblau zu schwarzwsißrot, gegen jede Art von Sozialismus, so- wohl gegen den nationalen wie gegen den internationalen, über die 10 Gebote der katholischen Kirche zu einem christlich-nationalen Staat. Di« Auseinandersetzung mit Kahr ist vielleicht das schwerste Kapitel in der bisherigen Geschichte der Bayerischen Volkspartei ! denn die dabei notwendig werdende Schwächung Kohrs als politi- scher Machtfaktor führt notwendigerweise zu einer Stärkung der Nationalsoziali st en unter Hitler und Ludendorsf, die heute die gefährlich st en Feinde der Bayerischen Volks- parte! sind. Diese wird deshalb alle taktischen Register ziehen müssen, wenn sie mehr als einen Pyrrhussieg erreichen will. Die radikalen Rationalisten haben das Geplänkel bereits eröffnet. Am Freitag vsrbresteten sie das Gerücht, Knilling trete zurück und überlasse seinen Platz dem Herrn v. Kahr , Lossow werde Innen- minister. Man darf dem Presseamt des Herrn v. Knilling glauben, wenn es diese Behauptungen als willkürliche Erfindungen erklärt. Rechtskurs in Württemberg ? Seit dem Austritt der Sozialdemokratie aus der württem- bergischen Negierung schwankt die aus Zentrum und Demokraten bestehende Regierung zwischen rechts und links, zwischen dem Anschluß an die D e u t s ch n a t i o n a l e n, die dort als Bürgerpartei organisiert sind, und den Sozial- d e m o k r a t e n hin und her. Bon Bayern aus sind immer wieder Versuche gemacht worden, Württemberg auf dem Umwsg über gemeinsame föderalistische Bestrebungen i n den Bannkreis der bayerischen reaktionären Restaurationspläne einzubeziehen. Die„Germania " widmet diesen Bestrebungen eine eingehende Darstellung und charakterisiert sie mit Recht folgendermaßen: In Württemberg soll nämlich ein ähnliches Bollwerk der Ordnung und der staatlichen Kraft geschaffen werden,„wie es Bayern ist". Dem württembergischen Beispiel sollten dann Baden und Hessen , folgen. Alle dies« Länder müßten sich zu einem süddeutschen Block zusammenschließen, an dessen Felsen sich die revolutionären Wellen zu zerschlagen hätten. Dom Süden aus ist weiter die Re- formierung der norddeutschen Staaten im bayerischen Sinn gedacht. Dieser Lockruf der Dcutschnationalen ist gerade während der Re- einkaufen. Ihr gab er den ö-Müllkutscherstunbenlohnschein nach Tarif C III 427 mit. Begleiten wir Frau Quäntlin auf dem Gange zum Fleischer! Der Schlächterladen war ein stebzehnstöckiges Verwaltungs- gebaute. Im ersten Stock befanden sich die Warte- und Melde- räume. Frau Quäntlin erhielt ihre Nummer und wurde nach einer halben Stunde„behufs Eintragung ihrer Personalien und Nubri- zierung ihrer Wünsche" aufgerufen. Was sie kaufen wollte, mußte sie auf einem etwa 25 Quadratmeter großen Vogen, der sämtliche Flcischcrwaren enthielt, ansireichen. Der Bogen wanderte in die Vervielfältigungsstelle, wo 23 gleichlautende Stücke hergestellt wurden. Ter weitere Betrieb vollzog sich so, daß das Publikum nichts davon sah. Nach vier Stunden wurde Frau Ouänllin abermals aufgerufen und gebeten, sich mit dem Paternosterfahrstuhl Wp 2 nach Zimmer 1527 isti Stock XIV zu begeben. Vorher nahm man ihr das Geld ab und erteilt« ihr darüber eine Quittung. Dann mußte sich Frau Quäntlin ins Hintergebäude begeben, das ebenso groß wie das Vordergebäude war und lediglich die U m- rechnungsräum« enthielt. Wenn die oielen Geldsorten sich auch wertbeständig nannten, so waren sie doch gewissen Schwan- kungen unterworfen. Das kam daher, daß die Preise von Kohlen, Roggen l Eisen usw. ihr Verhältnis zueinander beständig änderten; daß die verschiedenen Sorten von Mark verschieden gedeckt wären; und daß die Bewertung der Arbett in den einzelnen Erwerbszweigen einem gewissen Wechsel unterlagen. Zwei Fünftel der Einwohner von Deutschland waren mit der Berechnung des augenblicklichen Wertes der einzelnen„wert- beständigen" Getdsorten beschäftigt. Durch Funkspruch wurden all« Geschäfte usw. alle 10 Minuten von sämtlichen eingetretenen Ver- änderungen benachrichtigt. Frau Ouäntlin wurde vor einen Projektionsschirm geführt, wo die Preise der von ihr gekauften Maren in allen möglichen Geld- sorten zu sehen waren. Dann fragte man sie, auf welcherlei Weise ihr auf den S-Müllkutscherstundenlohnschein herausgegeben werden soll«. Da sie sagte, das sei ihr gleich, begannen 24 Beamte und 113 Angestellte, ihr die verschiedenen Möglichkeiten auseinander- zusetzen. Bald schrie sie, man solle innehalten. Nach der Art, die man ihr im selben Augenblick erläutert hatte, erfolgte die Rückzahlung. Sie erlaubte sich zu bemerken, das ganze Verfahren fei etwas umständlich. Da sagte cin höherer Beamter:„Das sind noch Kinder- krankheiten. Die 5)nuxtsache aber ist: wir haben di« deutsche Währung stabilisiert und sinsd auf dem besten Wege zu gesunden Gsldverbaltnissen!" Die Schaubühne, die im Reue» Theater am Zoo an Nachmittaaen klassische und moderne Schauspiele gibt, will jetzt an grözere lunstlerische Ausgaben herangehen. Heinz Goldberg hat die künstlerische Leitung über- nommen und beginnt mit der Inszenierung eines Gerhart-Hauptmann-Zhllus. gierungskrife im Reiche und nach der Berufung Kohrs zum Staats� kommissar besonders laut erschallt und auch cm das Zentrum er, gangen. Die„Germania " weist unter Zitierung des württem- bergischen Zentrumsministers D e y e r l e alle. solchen Sirenenklänge der Rechten entschieden zurück. Sie ist si st offenbar darüber im klaren, was mit dem dauernden Liebes- werben der Deutschnationalen in Württemberg beabsichtigt ist: Die Rührigkeit und das scheinbare Entgegen- kommen der Deutschnationalen in Württemberg ist nur im Zusammenhang mit dem Vorstoß der ganzen Par.ci gegen die große Koalitton zu verstehen und richtig zu würdigen. Auf Schleichwegen will man in den Besitz der Nacht kommen und meint, dann alles in seinem Sinne„reformieren" zu können. Die Verwirk- lichung des deutschnationalen'Programms in Württemberg hätte überdies noch das Gefährliche, daß dadurch eine kräftige Führung der Reichspolitik eine neue Erschwerung erfahren würde, indem die baye- rischen Quertreiber so«inen willkommenen Bundesgenossen bekämen. Und das muß unter allen Umständen verhindert werden. Das würktembergische Zentrum verspürt keine Lust, dem Beispiel der bayerischen Volkspartei zu folgen und sich von der Rechtsreaktion umspinnen zu lassen. Wenn dann das Stuttgarter Organ der Jen- trumspartei von sich aus— ob zweckentsprechend oder nicht, bleibe dahingestellt— mit dem Scheinwerfer die Reihen der Gegner ab- leuchtet, dann wird von einer Regierungskrise und von einer Rechts- schwenkung des Zentrums gefaselt und ein Lamento vollführt, als ob es feine Grundsätze von heute auf morgen über Bord zu werfen fähig wäre. In Wirklichkeit oertritt das Zentrum nach wie vor die Politik der Mitte und läßt sich davon weder von rechts noch von links abbringen. Diese erfreuliche Ablehmmg eines Rechtskurses durch die „Germania " erfährt ja von ihr selber eine leise und wohl nicht ganz unbeabsichtigte Einschränkung dadurch, daß die„Ger- mania" die Polemik des Stuttgarter Zentrumsorgans gegen die Linksparteien auf ihre Berechtigung nicht untersuchen will. In der Tat sind in dieser Partei der Mitte in Württemberg wie auch in anderen Ländern Rechtskräfte, die eine Nachahmung des bayerischen Kahr -Kurses gern mitmachen würden, außerordentlich rührig. Es wird sehr wesentlich auf den Ausgang der im Frühjahr stattfindenden Neuwahlen ankommen. Denn eine Konsolidierung im deutschnationalen Sinne, die aus Württemberg ein zweites Bayern machen würde, müßte, wie auch die„Germania " feststellt, für die R e i ch s p o l i t i k außerordentlich gefährliche Rückwirkungen haben. Vorläufig sind jedenfalls auch im Zentrum, und nicht nur bei dem Innenminister Bolz, Bestrebungen zum Anschluß nach rechts außerordentlich stark. Ueberflüssiige Nervosität. Das Wehrkreiskommando ll hat durch«ine Verfügung des Generalleutnants v. T s ch i s ch w i tz unser Lübecker Parteiorgan, den„Lübecker V o l t s b o r e n", auf die Dauer von sieben Tagen — vom 26. Oktober bis 2. November— verboten. Das Verbot wird damit begründet, daß der„Volksbote"„verhetzende Ausführun- Mn über den Ausnahmezustand und die mit feiner Ausführung be- trauten Befehlshaber gebracht" habe. Der von der Militärbehörde als„verhetzend" bezeichnete Artikel enthält in Wirklichkeit nichts weiter als eine Kritik des militärischen Belagerungszustandes, dessen Ungerechtigkeit und ungleichmäßige Anwendung gegen rechts med links doch zu sehr auf der Hand liegt, als daß man die einfache.. Feststellung dieser Tatsachen als verhetzend bezeichnen könnte. Wir hoffen, daß der R ei chs w ehr mi n i st e r einsichtig genug(«in wird, solche Verbote, die sich sachlich nicht rechtfertigen lassen, schleunigst aufzuheben. Das Parchimcr Mordverfahren vor dem Abschluß. Der Unter-, suchungSrichter beim StaatSgerichtShof wird in den nächsten Tagen die letzten Vernehmungen in dieser Sache in Schwerin in Mecklen burg vornehmen. Mit der Erhebung der Anklage und der Er- l öffnung des Hauptverfahrens vor dem StaatSgerichtshof wäre ,1 dann in Kürze zu rechnen.! »holofernes� von Reznkcek. Uraufführung im Deulfchen Opernhaus. Hebbel soap.nt die Doppeltragädis der Judith und des Holo- fernes in fünf breite, fortschreitende, kämpferisch« Akte. Ein Drama voller Religion und Goiteskampf. In flammender Rede und kerzcn- gerader Entwicklung vollzieht sich das Gericht über die Schuld des Holofcrnes, dem Vertreter des höchsten Machtegoismus, dcr das Individuum vor seiner Gottähnlichkeit zum anbetenden Sklaven macht. Ueber Judith, die ihre götiliche Opferbereitschaft allzu altruistisch über die Reinheit ihres Geschlechts stellt. R e z n i c e k verdichtet, verkürzt und konzentriert das Stoffliche des Holofernes-( Problems, ohne für die seelische Entwicklung nach der Tiefe den nötigen Platz und Atem freizubekommen. In einem einzigen Akt, mit Vor- und Nachspiel, schöpft er das Ringen um heidnischen Per- sönlichkeitskuilt und biblischen Gottestriumph nicht aus. Di« Spannung wird nicht vorbereitet, sondern ist von Anfang an in größter Intensität vorhanden, die Entspannung tritt zu unmittelbar und«lemeniqr aus der Szene hervor. Ein sprühendes und funkelndes Theaterbuch, aber kein von innen her flammendes Dichtwerk mehr. Immerhin hat es eine große packend« Hauptszene, um die sich alles andere wie Episode, zu leicht gewogen, gruppiert. Das ist der Moment, in dem sich Holofernes selber zum Gott macht und dem Gott der Juden rauschhast toll den Kampf ansagt. Das ist Schauspiel für einen Schauspieler, der das Format der Ueberlebens- größe Hai. Holofernes ist hier Tyrann und Wüterich, nur der Gott - entthroner, der Himmelstürmer ist er nicht. Aus dem Werk ist di« Religion, die das Hebbelwerk so stark durchzieht, ausgelöscht. Und Judith selbst verliert durch Selbstmord, den Hebbel bewußt vermied, ihr« göttliche Wethe. Sie bleibt Mensch und Rächerin der ver- lcrenen Weibschaft. Was das Libretto an dichterischem Wort und Wert gegenüber dem Vorbild, einbüßt, das ersetzt und erhöht die Musik Rezniceks nur halb. Wohl quillt«ine Melodie aus den Herzen der gedrückten Hebräer, die in ihrer synagogalen Weihe ergreift: wohl aus Judith eine aus Liebesheuchelei und Wagemut geborene Sangbarkeit, die stärker als ihr Wort den Zwiespalt ihres Wesens offenbart. In Holofcrnes brüllt das Tier nach dem Takt eines artistisch bochwertigen Orchesters. Das Schrille, Lächerliche, Brutale hat Blaubortton gs- funden. Nichts Arioses, nichts Eigengesunqcncs hemmt die knappe Wuche des theatralischen Spiels, auch der Tanz hat nur gedämpfte, unsinnliche, melodische Kraft. Kaum ein besonderes Leitmotiv. Da nicht Zeit ist zur Entwicklung von Musikcharakteren, zum Reilwerden von Entscheidungen, so ist auch die Musik nicht kontinuierlich,«in- heiilich. Sic wird zur Zunge der Schauspieler und malt den äugen- blicklichen Reflex ihres Denkens immer neu, Sie läßt zwar keinen Augenblick das Jmeress« erlähmen, bringt sich selber aber dadurch um große musikalische'Augenblicke der HLchststeigeruna, die im Mord an Holofernes nur noch ö.ußcrlich programmatische Brillanz an sich ?>«4. Sie bleibt mehr koloristisch als dramatisch, mehr dekorativ als bSdeutend. Sie ist ein Zwitter zwischen Tempstgesang und Salome zwischen Oratorium und sinfonischen Programm, alles gemacht mit dem sicheren Bühncninstinkt von der technischen Wravour des Blaubart-Komponisten. Das'Werk steht auf den Schultern Michael B o h n e n s, für den es geschaffen wurde. Em asiatischer Tyrann, ein napoleonischer
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