Herr Dr. Seyfert sich dazu entschließen konnte, einzugestehen, daß die Demokraten seinerzeit einen verhängnisvollen Fehler begingen, als sie wenige Wochen nach dem Ruhrein- marsch Poincarss ohne jede sachliche Veranlas- s u n g die Regierung Buck-Lipinsti stürzten, weil die Kommu- nisten es wünschten, trotzdem in dem damals vorliegenden Fai! die Regierung vctfassrntgsmäßig absolut korrekt aehar delt hatte und sachlich ihre Haltung auch von den Dem.! kraten anerkannt worden war. Vieles von dem, was Dr. Se sert und seine Freunde in der Folgezeit als bedauerlich tv zeichnen, hätte vermieden werden können, wenn diese re, xarteiegoistische Einstellung die Sozialdemokratie in Sachse nicht zur Verbindung mit den Kommunisten gezwungen häü Wichtig an den jetzigen Feststellungen Seyferis ist, daß r genau wie Genosse Dittmann es bereits im„Vorwärts" fcs gestellt hat, auch bestätigen muß, daß die Reichsexekutive gegn Sachsen vollständig überflüssig gewesen ist. Da- durch wird unser Urtell über die Art des Vorgehens der Reichs- wehr gegen Sachsen nur noch schärfer unterstrichen. Denn auch Seyfert muß zugeben: Di« sozialistisch-kommunistische Regierung hat in Sachsen nur dr«! Wochen gedauert. Cs ist irrig, anzunehmen, daß das Einschreiten des Reichs, die Aufhebung der sächsischen Regierung durch das Reich unbedingt nötig gewesen wäre, diese Regie- rung zum Scheitern zu bringen. Der Zerfall war aus inneren Gründen unvermeidlich. Freilich hat dag Eingreifen des Reichs doch eine Wirkung in dem Sinne gehabt, daß die inneren Gegensätze schärfer wurden: insofern nämlich, als die verantwortungsdewuß- tercn Teile der Regierung doch erkannten, daß mit dem Eingreifen der Reichswehr eine wesentliche Entspannung im Volke cingetreten ist, während die Radikalen, vor allem die Kommunisten, in Wut entbrannten. Selbst Dr. Zeigner war nicht geneigt, die wutaus- bräche der Kommunisten und deren Aufruf zur offenen Empörung gegen das Reich gutzuheißen. Dazu kamen Willkürakte des Finanz- Ministers, die an Strafbartcit grenzen, die zu decken Zeigner nicht mehr bereit gewesen ist. Auch den bürgerlichen Demokraten sind offenbar Bedenken gekommen, ob das Lorgeheu des Reichskommissars verfassungsrechtlich einwandfrei gewesen ist. Wenigstens spricht er davon, daß die Frage praktisch dadurch ausgeschieden sei, daß Zeigner selbst zurückgetreten sei. Theoretisch sei die Frage allerdings noch nicht entschieden und müsse auch vom demokratischen Standpunkt aus geklärt werden. Roch deut- licher wird er gegen das militärische W a ch t p a r ä d e s p i e l vorm Dresdener Landtag, wenn er schreibt: „Ganz unzulässig aber erscheint vom demokratischen Stand- punkte aus der Versuch, auch in die Rechle des Landtages einzu- greifen. Der Wehrkrsiskommandant hatte für Montag, den 29., eine Sitzung im Landtags verboten und den Landtag besetzen Lasten. Bereits am Dienstag früh ist auf persönliche Vorstellung von demo- kratischer Seite dieses Verbot und die Besetzung aufgehoben worden. Solche Eingriffe muffen ans jeden Fall unterbleiben." Die Reichswehr zu beschimpfen ist jetzt ja verboten. Wir meinen aber, daß die Feststellungen Seyferts die schärfste Kritik sind, die an dem Vorgehen der Reichswehr geübt werden kann. Ob sie auf den demokratischen Reichswehr - minister Eindruck machen wird, wissen wir nicht.
Jort mit Strefemann! Vor einigen Tagen stellte das ,. Berliner Tageblait" fest, daß die Angriffe der Rechten nur zum Schein gegen die So- zialdemokraieli und. den Marxismus gerichtet seien, daß.man in Wirklichkeit mit all diesen Angriffen nur die verfassungs- treue Mitte treffen wolle. Dieser Angriff wird methodisch und konzentrisch fortgesetzt. In den ersten Tagen nach dem Austritt der Sozialdemokratie wurde Herr Strefemann um- worden, die Möglichkeit einer Verbindung mit den Deutsch- nationalen.zwischen den Zeilen in Aussicht gestellt. Eine ge- wisse taktische Reserve war unverkennbar. Nachdem Zen- trum und Demokraten aber offen erklärt haben, daß eine solche Verbindung nicht in Betracht kommen könne und die Dinge überhaupt vorläufig noch nicht so gehen, wie die Drahtzieher
der Rechten möchten, wird man deutlicher. Heute erklärt die „Deutsche Tageszeitung":„Nicht nur der Gedanke der großen Koalition, sondern auch das ganze System einer Politik der Mitte, wie es Herr Dr. Strefemann -ertritt, hat zu offensichtlich abgewirtschaftet." Immer deutlicher werden die Drohungen. Die Agitatoren nd Organisatoren des Bürgertums empfehlen der Mitte a b- u d a n k e n und ihnen Platz zu machen.„Letztes Elend und ffener Bürgerkrieg sind als wetterschwangere hwere Wolken am Horizont aufgetaucht. Jeder Tag, um en die Entscheidung verzögert wird, über die doch nicht hin- gzukommen ist, kann vernichtende Katastrophen bringen!" In der Tai, es ist klar, was die Rechte will. Sie will e n Kampf! Sie' will ihre Diktatur und ihre Herrschaft, ie will die Beseitigung der Weimarer Verfassung , die Ve- feitigung der Republik . Ihr ist es gleich, was aus Deutsch - land wird, sie wird mit einem kleinen und zerstückelten Deutschland vorlieb nehmen, wenn dies Deutschland nur wieder zum Land der Junker und Großkapitalisten wird. Heute geht es nicht mehr an, Entscheidungen au s zu w ei- che», heute muß die R e g i e r u n g die Kraft gewinnen, die Entscheidung in der Auseinandersetzung mit den Reichs- verderbern herbeizuführen.
vergebliche Hoffnung. Bei der Besprechung der Plünderungsausschreitungen und Judenpogromen, die sich zur Schande Deutschlands gestern in den Berliner Straßen ereigneten, spricht die„Bossische Zeitung" die Hoffnung aus,„daß die anständigen politisch rechts- steheiüien Kreise mit aller Deutlichkeit die Vorgänge, die sich gestern in Berlin abgespielt haben, verurteilen, damit� ihnen der Vorwurf erspart bleibt, für die Verfolgung ihrer politischen Ziele die niedrigsten Instinkte des Straßenpöbels angerufen zu haben". Wir sind überzeugt, daß alle anständigen Elements der Rechten so denken, in der Rechts presse kommt das aber n i ch t zum Ausdruck. Im Gegenteil, bis in die kleinsten druck- technischen Einzelheiten der Berichterstattung hinein spiegelt die Rechtspresse nur die unverhohlene Befriedi- gung überdies? antisemitischen Pöbeleien wider. Die eigent- liche rechtsradikale Presse, von den deutschvölkischen Hetz- blättern gar nicht zu reden, tut sogar alles, um durch ge- eignete Ueberschnsten, richtige Auswahl und Verarbeitung der Meldungen noch Osl ins Feuer zu gießen. Sie de- stätigt unsere Auffassung, daß die Reaktionäre für ihren ge- planten Vorstoß Judenpogrome mit allen ihnen zur Ver- sügung stehenden Mitteln b e g ü n st i g e n, die sie zur En t» lastungsoffensive zur Unterstützung des bayerischen Vor st oß es gebrauchen.
Amerikanische Hilfsaktion für Deutlchlanü. Washington , K. November.(TU.) Das Staatsdepartement teilte gestern mit, es rechne damit, daß es in einigen Tagen um. feine Erlaubnis zur Vewerkstellioung einer großzügigen Hilfsaktion Amerikas zugunsten der notleidenden Ve- völkerimg Deutschlands gebeten werde. Es verlautet, daß Staats- fekretür Hoooer mit der Organisation des Hilfswerkes betraut werde und er es nach denselben Gesichtspunkten wie seinerzeit für die Hilfsaktion für Rußland , ins Werk setzen werde. Amerika werde zum Ankauf von Getreide Kredite vorschießen und auch beträchtliche Mengen an anderen Lebensmitteln, Medikamenten und Aleidungsstofsen aufbringen, die von den Angestellten der amerika- nischen„Rclief-Orgonisation" im Einvernehmen mit der deutschen Regierung zur Verteilung gelangen. Die offizielle Ankündigung der amerikanischen Hilfe wird, dem„New Vork Herall»" zufolge, in den nächsten Tagen erwartet.
Dle demokratische.Nürnberger Morgenpresse" ist vom Gene» ralstaatskommissar erneut auf drei Wochen verboten worden. Als Grund wird eine Notiz über die Vorbereitungen rechtsradikaler Organisationen an der boyerisch-thüringischen Grenz« angeführt, die einer Berliner Korrespondenz entnommen war.
sich bitter rächen: wir können heut� nur in einfachen und großen Formen verwalten und müssen auf alle Verfeinerung verzichten. Die öffentliche Kritik hat ihre Aufmerksamkeit besonders auf die Gemeindeverwaltungen gerichtet. Es ist richtig, daß hier sehr viel im argen liegt. Aber nach meiner Beob- achtung sieht es im Staat und Reich an manchen Stellen noch viel schlimmer aus. Die Gemeindeverwaltung arbeitet wenigstens im Lichte der öffentlichen Kritik. Die Staats- und Reichsbehördcn sind— auch eine Folge des Verwal- lungszentralismus— der allgemeinen Aufncerksamkeit in viel höherem Grade entrückt, da sie nicht wie bei der Gemeinde einem örtlichen Kontrollorgan unterstellt sind und das Par- lamcnt zum Eindringe» in den vielgestaltigen und vieloer- zweigten Verwaltungsapparat überhaupt nicht in der Lage ist. Die Veamtengewerkschaften werden hoffentlich an die Lösung der schwierigen Aufgabe, die ihnen jetzt angesichts des Bcamtenabbaues erwächst, nicht aus dem Gesichts- punkt des einseitigen Gruppeninteresses herangehen. Soweit ein Personalabbau bisher überhaupt vollzogen wurde, rtiußten die Angestellten und Arbeiter die Kosten tragen, da ihr Dienstverhältnis jederzeit löslich war. Aus diesen Schichten sind Leute entlassen worden, die in jähre- und jahrzehnte- langer Tätigkeit ihrer öffentlichen Körperschaft treu gedient haben. Diese Verhältnisse sind auf die Dauer nicht tragbar. Der geschwächte Wirtschaftskörper des deutschen Volkes kann die schwere und veraltete Verwaltungsrüstung nicht mehr tragen. Der Grundsatz: wenige, aber gut bezahlte Beamte muß zur Durchführung gelangen. Für den öffentlichen Dienst sind die Besten gerade gut genug. Die außerordentlichen An- forderungen, die heute an die Verwaltung herantreten, er- sondern in allen Stufen ein qualifiziertes Personal. Daß hier schwere Mißgriffe vorgekommen sind, ganz besonders auch bei der Wahl in leitende Verwaltungsstellen, kann nicht bestritten werden. Die großen Fragenkomplexe der. Beamtenauswahl, der Beamtenbildung, des Beamtenrechts und der Beamten- befoldung werden auch in der Parteidiskussion gründlicher als bisher zu behandeln sein. Mag sich nun der Beamtenabbau auf der organischen Grundlage einer großzügigen Verwaltungsreform oder, wie leider wahrscheinlich, auf der schmaleren Basis einer Geschäfts- Vereinfachung vollziehen: die Umstellung des schwerfälligen Apparates erfordert in jedem Falle ein ungewöhnliches Maß von Energie und wird ln sehr viele Interessensphären und lieb- gewordene Gewohnheiten eingreifen. Erfolg wird die ganze Aktion nur haben, wenn man sich klar ist, was man will und dann das gewollte Ziel konsequent verwirklicht. Viel Zeit ist nicht mehr zu verlieren. Die Sozialdemokratie aber sollte dieser für die Festigung der Republik lebenswichtigen Frage mehr Interesse wie bisher entgegenbringen. Mit müder Re- signation, die einer Entscheidung in grundsätzlichen Fragen� aus dem Wege geht, läßt sich die prcußisch-deutsche Verwal- iungsreaktion nicht beseitigen, der öffentliche Dienst nicht modernisieren und die Demokratie nicht stabilisieren.
Die sächsische Krise. Der Standpunkt der Demokratesc. Als die sozialdemokratische Reichstagsfrccktion für die Weiterführung der Reichspolirik bestimmte Z u s i ch e r u n- gen verlangte und vor allen Dingen gegen die Wiederholung solch s k a n d a l ö s e r Vorgänge," wie sie sich bei der Militärs- scheu Exekutive gegen Sachsen abgespielt hatten, geschützt sein wollte, wandten sich neben dm anderen bürgerlichen Ministem auch die demokratischen Reichsminister gegen diese Forderung. In der Sache mußte freilich die demokratische Reichstagsfra'k- tion und auch die demokratische Presse zugeben, daß die Sozial- demokratie nur S-e l b st v erst ä nd l i ch e s verlangt habe. Jetzt wird auch von den sächsischen Demokraten in eingehender Darstellung die Richtigkeit uisserer Forderungen erneut be- stätigt. Der Borsitzende der demokratischen sächsischen Land- tagsfraktion Dr. S e y f e r t gibt in der„Vossischen Zeitung" eine Schilderung der sächsischen Verhältnisse, die in vieler Hin- ficht interessant ist. Sie würde noch interessanter sein, wenn
„Clg«" und �Haanele". Der zweite Erprobungsabend des Schauspielertheaters ging mehr aus die Wirkung als auf das Werk Gerhart Haupt- m a uns aus. Ma« hatte die„E l g a"� die Tragödie des ungari- schen Othello, ganz zu einer Ballode zusammengodrängr, und man hielt es für gut, auch den Worten der„H a n n e l c" einen Ueber- f l u ß von Zauberei und Jenseijigkeit zu nehmen. Für die unga - rische Eheiragödie ließ sich eine solche.Kürzung rechtfertigen,„Han- nele" verlor sicher an Schmelz . Beide Male spielen Alice Bcrgner und Heinrich George gegen- «inander. Sie sind verschiedene Naturen: Fräulein Berg n er scharfer Intellekt, trotzdem so sehr Herrin ihrer Mittel, daß sie leicht Mittelchen anwenden könnte. Ihr fehlt eigentlich alles Süße und Weibliche, d. h. ihr fehlt jeder Reiz, der unmittelbar zu den Sinnen redst. Gewiß, sie ist angenehm zu betrachten, auch ihre Bewegungen entbehren nicht einer gefälligen Zierlichkeit. Aber alles, was von ihrem Körper spricht, oerfliegt ein wenig, sie verbreitet selten um sich die Atmosphäre, in die sich der Zuschauer wie ein Betörter hineinstürzt. Vor allem, es mangelt ihr die letzte, die unbedingt einlullende Melodie. So muß sie Auswege suchen, kleine Schreie, verlegenes Gestammel,«in Anheben des Satzes, der plötzlich und traurig oder brüsk und spitzig wieder fallen gelassen wird. Sie muß ihren Rollen immer eine gewisse Schärfe geben. So kommt es, daß sie äußerst beflissen über sie wacht. Sie spielt immer mit einer gewissen Nebersichtigkeit, selten wird sie zur zügellosen Naivität hingerissen. Die Träumerei des„Hannele", das unselig- selige Gottesgeschwätz, die Himmelfahrt, die lmterbrochen wird durch «in Zucken der Angst und fiebernd in düsterer Phantasie, das sind olles Regungen, die aus dem Munde, aus den Augen, aus den Kopfbewegungen und tänzelndee Hand des Fräulein Bergner nur als erzwungene Wirkungen ausstrahlen. Herr George, in dem ungarischen Eiserstichtsspiel zur Grausamkeit, zur rachsüchtigen Gerechtigkeit und letzten Notwehr gegen sein betrogenes Herz genötigt, ist im Gegensatz zu Frau Bergner ganz ein Schauspieler des Instinkts. Er darf es nicht wagen, feine Mittel als Mittelchen zu gebrauchen. Wenn er sich nicht komädian- tisch verwandelt, so wird immer ein überschüssig gedrungener und gewulstetor Mensch und ein ewig dröhnender, soft trompetender Ge- waltredner auf der Bühne stehen. Es könnte leicht geschehen, daß George einer von jenen Schauspielern wird, die gleich den gewöhn- lichen Menschen darum unrecht haben, weil sie schreien. Nun dars zw seinen» Lobe gesagt werden, daß ex sich eben mit seinen tomö- diantischcn Talenten bändigt. Wenn er als Säufer Mattern vor dem glänzenden Sarge des Hannele hinsinkt, dann wird wirklich eine ungeheure Willcnsnatur und Bestialität zerschmettert. WaxHochdorf.
Lust- und Sonnenbehandlung der Säuglinge. (Aus der Zeitschrift>M ntter und Kin d".) Fast durchiveg kann man beobachten, daß bei freiluft- und sonnenbehandcltcn Kindern Appetit und Nahrungsaufnahme sich hebe»». Der Schlaf wird ruhiger. Die Stimmung wird fröhlich. Di« Hautfarbe wird frisch und rosig, die Kinder blühen auf. Der Körper, die Spannung der Haut wird besser. Das Kind wird fester, die Muskulatur lräfriger. Erstaunlich ist die abhärtende Wirkung. Man wundert sich immer wieder aufs neue, wie diese Kinder Abkühlungen und Zugluft ertragen. Di« Hauptbedeutung liegt aber in der Der- hütunq und Behandlung von Erkrankungen.' Furunkulose, Wundsein und andere Hautprozesse werden günstig beeinflußt. Frei- luft und namentlich Sonics bilden nach, neuen Erfahrungen ferner das sicherste Borbeugungs- und Behandlungsmittel der« n g l i s ch e n Krankheit sowie' gewisser Formen von Krämpfen. Die so überaus verbreitete Neigung zu K a t a r r h« n der oberen Luftcvege, Schnupfen, Rachenkatarrh und Luströhrenkatarrh verschwindet oder geht zum mindesten erheblich zurück. Und gerade bei den Trägern dieser Erkrankung, den„anfälligen" Säuglingen wird am meisten gesündigt. Man führt die Katarrhe auf Erkältung zurück, packt das Kind immer wärmer äin und beraubt es, in steter Angst und Sorga vor neuer Erkältung, vollständig der Zufuhr frischer Luft. Die Durchführung der Freilustbehandlung des Säuglings ist im Sommer einfach. Schwieriger gestaltet sie sich im Winter. Aber auch in der rauhen Jahreszeit soll man sie schrittweise durch« führen. Man beginnt damit, den jungen Säugling, wie zum Aus- gehen eingepackt, mit Haube und evtl. Wärmflasche in kühlem Zimmer stehen zu lassen. Ist er daran gewöhnt, so bringe man itjn im Wagen ins Freie, von Tag zu Tag etwas länger. Nach den Er- fahrungsn dir Kinderärzte sind auch niedrige Außentemperaturen (minuS 3 Grad bis minus 19 Grad) nicht bedenklich, allmählich« Ge- »vöhnung und gute Umhüllung vorausgesetzt. Auch empfiehlt es sich, den Säugling im gutgeheizt«» Zimmer des öfteren(am besten vor jeder Nahrungsaufnahme)«in« Viertelstunde nackt strainpeln zu lassen. Wer einmal gesehen hat. mit welchem Behagen der von Kleidung und Windeln befreite Säugling feinem natürlichen Be- wegungsdrang« folgt, wird die Bedeutung diefer Prozedur ohne weiteres gefühlsniäßig als richtig erfassen. Die Lage auf dem kunsimark. Wie überall in unserer Wirtschaft ist auch auf den» Kunstmarkt eine ganze neue Lage entstan- den, die für viele Künstler bereits verzweifelt geworden ist Das „Kunstblatt" hat nun eine Umfrage bei führenden deutschen Kunst- Händlern veranstaltet und veröffentlicht di« Antworten im Oktober- Heft. Die Fortführung der Ausstellungen ist außerordentlich erschwert. Es ist eine„Kohlenfrage" geworden, und die Berliner Kunsthändler Goldschmidi und Wallerstein rechnen aus, daß die monatlich« Heizung der Ausstellungsräume 19 Dollar kostet,, so daß die Borführung billigerer Arbeiten überhaupt nicht mehr lohnt, well man dabei nicht auf die Kosten kommt. „Bei der fortschreitenden Verarmung»verden aber gerade solch« verhältnismäßig billigen Dinge dos Einzige sein, das auch jetzt noch ein weiteres Publikum finden könnte. Die Sache führt cäso dazu,|
dem Kunsthändler das Experimentieren mit jungen unbekannten Kräften fast unmöglich zu machen. Er wird immer mehr dazu ge- zwungen, sich aus Ausstellungen von Künstlern mit großem Namen zu beschränken." Trotz dieser höchst ungünstigen Verhältnisse sind aber bis Kimsthändler einmütig der Ansicht, daß die Krise schlechte Rückwirkungen auf das Kunst schaffen nicht haben wird.„Ein echter Künstler wird immer schassen," schreibt Karl Nierendorf,„ich kenne solche, die für den Winter zuerst Vorräte an Farben, Leine- wand usw. besorgten, ehe sie an Kohlen und Leberwmittel dachten." Di- Preise, die gezahlt»verden, schmelzen allerdings immer mehr zusammen.„Die Werke lebender Künstler werden heute mit 19 bis 25 Pf. ihrer Friedensmark verkaust," führt Hugo Goltz-München aus.„Ich. glaube mich nicht zu irren, wenn ich behaupte, daß Künsller, welche ihre Preise mit 299 bis 399 Goldmark ansetzen, dies restlos für Material ausgeben müssen, wenn sie ein neues Gemälde derselben Größe schassen wollen." Trotzdem sieht auch Goltz für die Kunst in dieser Krise die MöqUchteit einer Reinigung:„Rückkehr zur Qualität— Abwehr vom Größenwahn.' Die Frage ist nur, wie lange die deutschen Künstler die Hmcger- kur aushalten könne», die zu der vom SunsthanW erhofften„Reinigung" führen soll. Der kapitatistische Händler hat einen längeren Atem als der schaffende Pralotarier. Waldoerwüstungen im beseßlen Gebiet. Schon vor 199 Jahren haben di« Franzosen bei der Besetzung des Rheinlandes traurige Spuren hinterlassen, indem sie die Wälder niederschlugen und die Landschaft verwüsteten. In der Eiset wirken die von ihnen verur- sachten Schäden bis auf den heutigen Tag noch. Alles dies wird aber weit übertrafen durch die Art. wie die Franzosen jetzt im besetzten Gebiet hausen. Wie im„St. Hubertus" mitgeteilt wird, fällen l»« z. B. in» Hundsrück grundsätzlich nur die schönsten Stämme, ohne Rücksicht auf irgendwelche Waldpflege zu nehmen. Dort stehen im Schutzbezirk Deuselbach große Bestände von 159 Jahr« alten Weihtannen, die in jahrzehntelanger Pflege aufgespart wurden, uin den Bedarf an gänz besonderen Starkhölzern decken zu können. Diese Stämme sind durchweg 21 bis 29 Meter lang bei«<nem Mittel. durchmesser bis 99 Zeniimeier und einem Kubikinhalt bis zu 7 Fest- meter das Stück. Zweidrittel der Länge ist astrein, kerzengerade, gesund, so daß hier«in Material vorhanden ist, wie es selten in Criropa vorkoinmt. Diese Zierden des deutslhen Waldes haben di« Franzosen weggeschlagen und auf Lastkraftwagen weg- schleppen lassen.„Wenn dies« französische„Forstpflege" noch «in paar Jahre weitergeht wie bisher", beinerkt die genannt« Zeit- schrift,„dann ist der linksichsinische Wald wiederum auf 199 Jahre vernichtet, das ganze Land klimatisch dazu. Auch sonst hat Frankreich in allen linksrheinischen Forsten schon furchtbar gehaust. Allein i:u Seenwalde sind über 399 Morgen bester Fichtenbe- stände abgetrieben worden." Bolksbütine<£• 8. Ueber. D a S englischeTheater" spricht 'Dri' Fri p H om e her am Montag, den'19.. abend» 7'/, Mr. in der Aula des Grauen. Kloster» und eröffnet damit eine Reihe von S Vorträgen über da» europäische Theater. Eine Slnsstellong tünftlerischer Pftotograpdlen iil in der BibllotSel de» Kunstgewerbe-Musenm», Prinz-Albrecht-Str. 7 a von Wou- lag ab wochentiglich S— 3 Uhr zu sehen. Eintritt fr