llr. 599« 49. �ahrgaag
2. Seilage öes Vorwärts
Sonntag, 2Z. Dezember 192Z
Der Rechtsausfthuß gegen die Militärwillkür. Zwei sozialdemokraiische MckrKge einstimmig angenommen.
Die Sicherung öer tvahiftekheit. Vor Rcchtsous schuh des Reichstages beschäftigte sich mit dem in der Mittwochsitzung zurückgestellten Antrag Ditt» mann-Rosenfeld-Radbruch, der von den Antragstellern in folgender Weise oerändert worden ist: „Vom Tag der Ausschreibung der Wahlen bis zn ihrer Veeudi- gcng ist auch für o erboten? Par ieiorganisakionea die Gründung von Vereinen zur Delreidung von Wahlen zulässig, versammluugs- vnd Pressesreiheit unterliegen auch für sie nur den allgeWeinen polizeilichen und strafrcchliichcn Vekchcänkungea." Bor Eintritt in die Tagesordnung erklärt« der Vertreter des Reichswehrministeriums, dcsz er noch keine Erklärung über die Slellnng der Regiervng zu diesem Antrage abgeben könne. Genosse Roseuseld pro» testierte gegen diese Behandlung des Ausschusses. Die Regie- rang habe mehrere Tage Zelt gehabt, die Sachs zu prüfen; das Reichzwehrminisierium hebe es ader ofp:nbar nur dann eilig, wenn es gegen die Bolksinteressen handeln wolle. Genosse Diklmaun schloß sich diesem Protest an und erklärte es iür notwendig, daß der Reästsausschuß sich weitgehend mit der Art beschäftige, wie«r vom Wehrministerium behandelt werde. Die Erklärung in der vorigen Sitzung zur Frage der Behandlung kom» ' munistischer Wohlvorschläge in Sachsen sei nach der inzwischen gegebenen Erklärung der sächsischen Regierung offenbar unrichtig. In der Sache selbst hatten die Bestimmungen, die jetzt beantragt seien, sogar im ölten Reichswahlgesetz gegolten; selbst unter dem Sozialistengesetz hätte die Sozialdemokratische Partei Wahlocrcine gründen können. Mindestens dasselbe müsse heute gelten. Wenn Organisationen- verboten seien, weil sie die V«r- fafsung mit Gewalt stürzen wollten, so sei jedenfalls die Beteiligung an den Wahlen ein völlig legaler Zweck, zu dossen Erreichung gestattet werden müsse, Organisationen zu gründen, Der- sammlungen abzuhalten und Zeitungen herauszugeben. Der Drss- dener Webrkreiskommandeur habe im Gegensatz zu der am Mitt- wach im Rechtsausschutz abgegebenen Erklärung des Reichswebr- minifteriums vi der sächsischen Presse erklart, seine Verfügung be- züglich des Verbots der Wablvorschläge beruhe direkt auf einer Ber- fiigung des Retchswehrminifteriilms vom 7. Dezember. Das Reich-?» wehrministerium sei also der Veranlasser de» Verbot» und sollt« deshalb auch zu ihm stehen, anstatt mit offenbar u n- wahren Behauptungen sich hinter das Dresdener Wehr- kreiskommando zu v-rftecken. Abg. Vrcdouf(Dem.) kritisierte ebenfalls dt« Widerspruchs- vollen Erklärungen des Reichswehrministerium». Sie hätten keinen guten Eindruck gemacht. Es wäre bester gewesen, man hatte glatt zugegeben, daß man bei der Zurückweisung der tommu- msiischen Wahlvorschläg« sich in einem Rechtsirrtum befunden habe. Abgg. Btuhn(Dnot.) und Kahl(Dt. Vp.) erklärten sich mit dem sozialdemokratischen Antrage einverstanden. Abg. Kahl te- antragt lediglich zum Ausdruck zu bringen, daß die zulässigen Or- ganisationcn„ausschließlich� zur Betreibung von Wahlen er- laubt sein sollen. Der Bcrtreler des Wehr Ministeriums versicherte, daß es seinem Ministerium ferngelegen habe, die Angelegenheit ver- zögern zu wollen. Hauptsächlich infolge der Abwesenheit de« Neichswehrministers fei es nicht möglich gewesen, heute schon von einer bestimmten Stellungnahme der Regierung Mstteiumg zu machen Genosse Diklmaun verlangte«ine Aufklärung des Widerspruchs zwischen den Erklärungen des sächsischen Mli- tärbefehlshabers und des R-ichswehrministeriums zum Derbot der kommunistischen Wohloorschkäge. Der Vertreter des Reichswehrmini st«rtu ms erklärte darauf: Das Wehnnimstcrium Ixibe Bedenken gehabt gegen das vom sächsischen Militärbesehlshober beabsichtigte Berbot oer kommumstischei! Wablvorlchläge. Darauf habe der sächsische Militär- desehlshaber mitgeteilt, die sächsische Regierung solle oder wolle
die Auslegung der Wahllisten der Nationalsozialisten ver- bieten. Da die rechtlich« Laxe zweifelhoft gewesen sei, hob« der sächsische Militärbefchlsbaber freie Hand bekommen, die kom- munistischen Wahlvorschläge zu verbieten, wenn die sächsische Re- gierung talsächlich die nationalsozialistischen Wahlvorschläge zu ver- bieten beabsichtige. Bei der zweifelhaften Rechtslag« sei der Stand- punkt des sächsischen Milltärbefehlshabers zu verstehen; denn wer �wirklich aufrichtig die Verfassung schützen wolle, werde vielleicht : etwas eifriger sein als ein anderer. Der Militärbefehlshaber sei do-ch gerade zum Schutz der Borsasiung berufen. Nur um des rechtlichen Prinzips willen habe er das Verbot ausge- sprochen.(I) Genoss: Dillmann kritisiert nochmals die Haltung des sächsischen Mililärbefehlshabers und des Rcichswehrministenums. Es sei wenig glaubhast, daß der sächsische Militärbefehlshaber gerade um die Dersasilmg zu schützen, die angefochten« Verfügung Habs ergehen lassen. Der Antrag Radbruch und Rosenfeld auf Sicherung der Wcchl- frelheit wird darauf einstimmig onMiommeu, nachdem m i t allen bürgerlichen gegen dix sozialdemokratischen und kom- munistischen Stimmen das Wort'.ausschließlich' eingefügt worden war. SchlZtzhOfifrage». Der Rechtsausschuh des Reichstages erörterte im zweiten Teil seiner Sitzung die Frage der Schuhhaft. Vom Genossen Rosenseld lag umfangreiche» Material vor zum Beweise dafür, daß die militärischen Befehlshaber mit der Verhängung der Schutzhaft es immer noch sehr leicht nähmen. Noch heute entbehrten die Schutzgefangenen eines Rechtsschutzes. Noch immer sei die Regierung dem einstimmigen Beschluß des Rechtsausschusses auf Anwendung der Schutzhaftgesetze von lS16 nicht nachgekommen Das Fehlen dieser"Schutzhaftbestim- münzen erleichtere der Reichswehr , ungerechtfertigte Verhaftungen vorzunehmen. Bor allem habe man es auf fozialdemokrakisck« und kommunistische Führer und(Bc- meindevertreter abgesehen. Von ersteren seien allein in Thüringen nicht weniger als 29 in hufl genommen worden. Die geistigen Führer der Arbeiterschaft würden nur zu leickä als Führer von Hunderkfchafken bezeichnet und daraufhin in Haft genommen. Die Verhafteten werden vielfach immer noch s ch l e 6) t behandelt; Mißhandlungen und Quäle- reien der Schutzlosen kömen immer wieder vor. Dabei täten sich besonders die Zeitfreiwilligen hervor, zu denen der Landbund das Material stellt. In dem Briefe eines Zeit- freiwilligen h:ißt es: .Du solltest nur mal die herrlich« nakionale Stimmung der Reichvwehrlcukc kennen. Unsere ganze 10. Kompagnie hat sich bisher 150 silberne Hakenkreuze anferiiseu lassen, die wir seht alle unlerm Kragen tragen.' Bei solchem Geist der Reichswehr kann man ssch vorstellen, wie Sozialdemokraten und Kommunisten von ihnen behandelt werden. Für die Gefangenen gilt teilweise strengstes Schweigegebot. Ein Dater, der mit seinem Sohn zusammen in demselben Gefängnis laß, habe nicht einmal mit diesem sprechen dürfen. In Rudolstadt hob« ein Posten auf einen Gefangenen geschossen, der sich am Zellen- fenster habe blicken lassen. In der Kaserne in Sondershausen saßen politische Gefangcne ohne Tisch und ohne Stuhl, so daß sie auf dem Fußboden liegend ihr Essen eivrnehmen mußten. Rechtsanwälten wurden vielfach Schwierigkeiten gemacht, wenn sie Aus- spräche mit den Gefangenen forderten. Die Schutzhaft- befehle würden in vielen Fällen formulormäßig erlassen, ohne bestimmte Totsachen zu bezeichnen. Es fei keine ausreichende Haftbegründuna, wenn jemand als„Agitator", als„Haupth-tzer", als„geistiger Führer', äls„besonders radikal" bezeichnet werde oder wenn es von chm heiß«, er habe„auf die Bevölkerung, insbe- fondera auf die Erwerbslosen einen hetzerischen, ordmmgsstörenden
Einfluß ausgeübt". Gerade jetzt zu Weihnachten sollte endlich diesen Gefangenen Hilfe gebracht werden. Die Genossen R a d b r u ch und R o s e n f e l d beantragten: .Die Reichsregierung zu ersuchen, die Prüfung der Schuhhast. säße aus das schleunigste vorzunehmen und dafür Sorge zu trogen. daß eine möglichst große Zahl Schuhhaskgesangener noch vc»r den Festlagen zu ihren Familien zurückkehren könne.' Genosse R o s e n f e l d brachte auch noch auf Grund der Denkschi ist der thüringischen Regierung all« die zahllosen Eingriffe in die verfassungsmäßigen Befugnisse der thüringischen Regierung zur Sprach:, welche sich die Reichswehr erlaubt. Die bereits in der Presse miigeleillen Eingriffe der thüringischen Milllär- befehlshaber in die allgemeine Staatsverwaltung, die Schul-, Justiz- und Gemeindeverwaltung erregten allgemeines Kopf- schütteln. Der Bertreter des Reichswehrminksteriums erklärte, daß von der Regierung allgemeine Richtlinien heraus- gegeben seien, um schnell Entlassungen Schutzhastgesan- gener herbeizuführen. Die Schutzlzast sollte nur aufrechterhalten werden, wenn es im Interesse der öffentlichen Sicherheit notwendig sei. Auf die sozialen BerhAtnisfe, besonders auf die Größe der Familien soll« Rücksicht genommen werden. Abg. Brodaus(Dem.) bedauerte, daß die Regierung zu den: Beschluß des Rechtsausschusses, die Bestimmungen des Schutz- haftgesetzes von ISIS zur Anwendung zu bringen, noch nicht Stellung genommen habe. Di« Klage über die Schutzhaft und über Mißhandlungen seien begründet. In einer Richtigstellung habe die Reichswehr selbst erklärt, daß die Festgenommenen den Fußmarsch am Pferd« angebunden zurücklegen mußten(Genosse Dittman n: Wie Vlehi). weil das für berittene Truppen der einzig mögliche Transport sei. Das sei eine unwürdige Behandlung, die an S k l a v e n j ä g e r e i er» innere. In Sachsen seien sogar Regierungskommissar« festgenommen worden. In Thüringen scheine noch dem vor- getragenen Material die Reichswehr eine Arf Rebenregierung zu führen. In Sachsen habe der Militärbefehlshaber sogar die Be- seitigung der politischen Dezernate bei den S taa t so. n wo. lts cka it-n- ge- fordert, diese Verfügung allerdings dann fallen lassen. Sie stell« einen direkten Eingriff in die Justiz vor und l)abe rrichre mit der Aufgabe zu tun, die ssch für die Reichswehr bei dem Ausnahmeznstand ergebe. Abg. Höllein(Komm.) bringt Beschwerden über die Schutzhaft vor. In Eisen ach seien noch gestern 38 Personen verhaftet worden und der Vorsitzende der dortigen Orgesch habe dann begut- achten müssen, ob vie Reichswehr auch die.Rlchligsu' verHaftel habe. Staatssekretär Zweigert erklärt, daß die Regienmg bereit sei. das Schutzhaftgesetz von 191S anzuwenden. Die Beratungen seien aber noch nicht abgeschlossen. Er h o f s t jedoch, daß die entsprechende Derordnung noch vor Weihnachten herauskoizMcn werde. Abg. Tremmel(Z.) fordert«, daß die hl a ch p r ll f u n g der Schutzhaft und die Behandlung der GefaiGsnen besser wurden müsse. Er werde für den sqzicilceniokrÄtischen Antrag stimmen. Dieselbe Erklärung gaben Abg. Düringer(D. Bp.) und War- mukh(Dnat.) ab. Abg. Düringer hob besonders hervor, daß cs ein Mißstand sei, wenn bei Verhängung der Schutzhaft sofort alle Garantien für die persönliche Freiheit i,� die Brüche gingen. Dieser Mißstand müsse in kürzester Frist beseitigt werden. Bor der Abstimmung bat der V o r s i tz e n d e, Abq. Spahn(Z.). um eine möglichst«in st immige Annahme des sozial- demokratischen Antrages, vie Abstimmung ergab dann auch die«instimmige Annahme, wobei Vorsitzender Spahn seiner besonderen Freude über die Einstimmigkeit des Ausschusses Aus- druck gab. Hoffentlich werden nun auch wirklich umfangreiche Eni- lassungen stattfinden. Das Reichswehrministerium wird sich dieser Willenskundgebung aller Parteien nicht entziehen können.
der Rächer. Bon A. P. Tschechow.
(Uehersetzung aus dem Russischen von Rosa Glanz.) Sofort nachdem Fedor Fedorowiisch Ssigajcff feine Frau auf frischer Tat ertappt hott«, begab er sich in das Waffengeschäft von Schmucks u. Co., um sich einen passenden Revolver auszuwählen. Sein Gesicht zeigte Zorn, Gram und unerschütterliche Entschlossenheit. „Ich weiß, was ich zu tun habe.. dachte er.—„Die Hellig- kstt der Ehe ist beschimpft, die Ehre in den Schmutz getreten, das Laster triumphiertl Und darum will ich, ein Bürger und Ehren- mann, als Rächer austreten. Zuerst erschieß« ich sie und ihren Ge- liebten, und dann mich selbst..."» Er hielt den Revolver noch nicht einmal in dcä: Hand, haste noch keinen Mord begangen, und seine Phantasie spiegelt« ihm schon drei blutüberströmte Leichen vor, mit verschmetterten Schädeln, mit hervorquellendem Gehirn, den Wirrwarr, das Durcheinander, die Menge der Gaffer, die Obduktion!.. Mit der Schadenfreude de» be- leidigten Mannes stellte er sich da» Entsetzen der Derwondten, des Publikums vor, die Agonie der Verräterin. Er las schon in Ge- danken die Leitartikel über die Verpestung der Familiensitten. Der Verkäufer, ein bewegliches französiertes Figürchen, mtt Bäuchlein und weißer Weste, legte ihm Revolver vor und sagte hcslich lächelnd und Kratzfüße machend: „Ich würde Ihnen raten, Monsieur, hier diesen schönen Re- voloer zu nehmen. System Smith und Wesson. Die letzte Erfindung in der Wissenschaft der Feuerwaffen. Dreifacher Schuß, mit Aus- werfcr, trifft auf 600 Meter ins Schwarze. Ich mache Sie, Mon- sieur, auf die saubere Ausführung aufmerksam. Das modernste System, Monsieur. Heutzutage verkaufen wir dies zu Dutzenden gegen Räuder, Wölf« und Liebcsabenteurer. Wsolut sichere und starke Wirkung, trifft auf«inen Schlag die Frau und ihren Ge- liebten. Und zum Selbstmord, Monsieur, wüßte ich kein- besseres System..." Der Verkäufer drückte den Hahn auf und nieder, blies in den Lauf, zielte und schien ganz hingerissen und atemlos vor Begeiste- rung. Betrachtete man sein entzückt«? Gesicht, so kam myn zu der Uederzeugung, daß er sich selbst mit Vergnügen eine Kugel In den Kopf jagen würde, wäre nur so«in wunderbarer Revolver, System Smith und Wesson, sein«igen. „Und welches ist der Preis?" fragt« Ssigajeff. „Fünfundvierzig Rubel, Monsieur!" »Hm!.,, Das ist teuer für mich!"
„In diesem Falle schlage ich Ihnen ein anderes System vor, ein billigeres. Wollen Sie bitte sehen? Unsere Auswahl ist groß, zu verschiedenen Preisen... z. B. dieser Revolver, System Le- saucher, kostet nur IS Rubel, aber...(der Verkäufer oerzog ver- Schstich das Gesicht)... ober, Monsieur, dieses System ist schon veraltet. Das kaufen jetzt nur noch geistig« Proletarier oder ver- rückte Frauenzimmer. Selbstmord begehen oder seine Frau töten mit Lcfaucher gehört heute zum schlechten Ton. Der gute Ton ver- langt unbedingt Smith und Wesson!" „Ich will niemand erschießen oder töten," log Ssigajeff.„Ich kaufe das nur für die Sommerwohnung... um die Diebe zu»er- scheuchen..."- „Das ist nicht unsere Angelegenheit, wozu Sie taufen," lächelte der Berkäufer, bescheiden die Augen senkend.„Wenn wir jedesmal nach dem Zweck forschen wollten, dann müßten wir, Monsieur, den Laden schließen. Um Diebe zu schrecken, taugt Lefoucher nicht. Mon- sieur, es gibt nur einen gedämpften leichten Knall, da würde ich Ihnen ein gewöhnliches Kapselpistolet Mortimcr, ein sogenanntes Duellpistolet..." „Ja, soll ich ihn nicht zum Duell fordern?" blitzte k Ssigajeff durch den Kopf.„Aber nein, zuviel Ehr«... Solch ein Vieh er- schlägt mon wie einen Hund.. Der Verkäufer, graziös sich oerbeugend und hin und her trippelnd, ewig lächelnd und schwatzend, legt« ihm«in« ganze Reihe von Revolvern vor. Am imponierendsten und einladendsten von allen glänzte aber Smith und Wesson. Sflgajesf nahm einen dieses Systems in die Hand, starrte stumpf darauf und oersank in Nach- denken.— Sein« Phantasie zeichnete ihm vor, wie er die Schädel zerschmetterte, wie das Blut in Strömen über Teppich und Parkest stießt, wie die sterbende Sünderin noch mit den Füßen zuckt... Aber für sein« empörte Seele ist das viel zu wenig. Dieses blutige Bild, der Jammer, das Entsetzen befriedigt nicht seinen Rachedurst... Er muß sich etwas viel Schrecklicheres erdenken. „Also so, ich erschieße ihn und mich," dachte er,„und sie lasse ich leben. Laß sie verkommen unter Gewissensbissen und der Ncr« achtung ihrer Umgebung. Das ist für eine nervöse Natur wie sie viel quälender als der Tod..." Und er stellt« sich feine Beerdigung vor: er, der Betrogene liegt im Sarg«, ein gütiges Lächeln auf den Lippen, und sie, blaß, mit gepeinigtem Gewissen, schreitet hinter dem Sarge wie Niobe und weiß nicht, wie sie den vernichtenden, verachtungsvollen Blicken der empörten Menge entgehen soll... „Ich sehe, Monsieur, daß Ihnen Smith und Wesson gefällt," unterbrach der Verkäufer seine Träumerei.„Wenn es Ihnen zu teuer ist, so bin ich bereit, Ihnen mst 5 Rubeln entgegenzukommen... übrigens habe ich noch andere Systeme, billigere."
Das französische Figürchen drehte ssch graziös herum und reichte noch ein Dutzend Futterale mit Revolvern aus dem Regal. „Bitte, Monsieur, 30 Rubel, das ist nicht teuer. Besonders da der Kurs furchtbar gefallen ist, und die Zölle, Monsieur, steigen stündlich, Monsieur! Ich bin, bei Gott, konservativ, aber auch ich beginne schon zu murren. Ich bitte Sie, der Kurs pnd der Zoll- tarif haben bewirkt, daß jetzt nur noch reiche Leute Waffen kaufen können. Für die Armen sind nur noch Tulacr Waffen und Phosphor» Zündhölzer übriggeblieben. Und Tulaer Waffen— das ist ein« Strafe. Du schießt auf dein« Frau und triffst in dein eigenes Schullerblatt.. Ssigajeff tat es ptößllch leid, daß er tat sein und nicht die Qualen der Sünderin mit ansehen sollt«. Und er fühlt« sich um die Früchte seiner Tat betrogen. Denn welchen Zweck hat es denn. selbst im Sarg« zu liegen, ohne die Möglichkeit zu haben, die Süßig- kett der Rache auszukosten..... „Nein, nicht so habe ich es zu machen," überlegt« er.„Ich er« schieße ihn, und sehe mir sein Begräbnis an, dann töte ich mich... Uebrigens bis zur Beerdigung wird man mich verhaftet und mir den Revolver abgenommen haben... Also: ich töte ihn, sie loss« ich am Leben, ich... ich erschieße mich vorlaufig nicht, sondern gehe ins Gefängnis. Erschießen kann ich mich immer noch. Die Haft ist auch darum gut, weil mir in der Untersuchung die Möglich- keit gegeben ist, den Behörden und der OessenUichkeit die ganze Niedrigkeit ihres Lebenswandels darzutun. Erschieß« ich mich, so gelingt es ihr vielleicht, mit der ihr eigenen Lügenhaftigkeit und Frechheit die ganze Schuld auf mich abzuwälzen, und die Oessent- lichkeit entschuldigt sie und macht sich vielleicht über mich lustig, bleib« ich aber leben, so..." Nach einer Minute dachte er: „Ja, wenn ich mich erschieße, so beschuldigt man mich, und ver- dächtigt mich, ein Kleingelst zu sein. Und überhaupt, wozu Selbst- mord? Das ist«ine». Zweitens: Selbstmord ist Feigheit. Also: ich erschieß« ihn, sie lasse ich am Leben, ich gehe ins Gefängnis. Mich wird man aburteilen, und sie wird als Zeugin erscheinen... Ich stelle mir ihre Verlegenheit, ihre Schande vor, wenn mein Ver- teidlqer st« befragt! Die Sympathie des<$(Tid)is, des Publikums, der Press« wird natürlich auf meiner Seit« sein.. Er überlegt«, und der Derkäuser legte Ihm seine Waren vor und hielt es für sein« Pflicht, den Käufer zu unterhalten. „Bitte, ein neues englisches System, kürzlich erst hereinge- kommen," plauderte er.„Aber ich warne Sie, Monsieur, alle diese Systeme verblassen vor Smich und Wesson. Dieser Tage, Sie haben es sicher gelesen, kauft« ein Osftzier von uns einen Revolver, System Smith und Wesson. Er schoß auf den Geliebten seiner Frau und— was denken Sie?— Die Kugel schlug dun?, zertrümmerte ein«