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Nr. 25+ 41. Jahrgang

Beilage des Vorwärts

Schicksalsfragen der Erwerbslosen.

Kurz vor Weihnachten gingen Vertrauenspersonen der Erwerbs­fofen in den Wohnhäusern mit amtlich gestempelten Listen herum, um Spenden für eine bescheidene Weihnachtsbescherung der Kinder der Notleidendsten unter ihnen zu sammeln. An vielen Türen wurde vergebens geflopft. Oftmals mußten die Bittenden hören: Nein, wir geben nichts.. Die Erwerbslosen erhalten ja ebensovie! Unterstützung als die Arbeitenden an Lohn." Welche gähnende Un­fenntnis einfacher Tatsachen! Welche verkehrte Anschauung über einen Sozialschaden, der bei der Größe der Not und der aus ihr erwachsenden Gefahren eigentlich jedem, der noch eine Spur von Verständnis für Allgemeininteressen aufbringen fann, geläufig sein müßte! Einige erfinden den Unsinn, vielleicht nicht ganz ohne dunkle Absichten, hunderttausend andere schwaben ihn gedankenlos nach. Keiner der Nachbeter gibt sich die kleine Mühe, den Dingen auf den Grund zu gehen. So entstehen Gerüchte, die merkwürdig zähe in jenen Bevölkerungskreisen, die noch keine Not leiden und fie wohl noch nie am eigenen Leibe gespürt haben, fleben bleiben. Sie sind aber beider auch eingedrungen in Berufsstände, denen man etwas mehr Objektivität zutrauen fönnte. Betrachtet alles in allem, und ihr habt ein Bild von Not, die erst richtig in den falten Woh nungen, vor den halbleeren Töpfen ihre scharfen Krallen zeigt.

Kontrolle und Nebenverdienst.

Eine lästige Sache, diese Erwerbslosenfontrolle. In dem ge­libten Umfange vielleicht zum erheblichen Teile überflüssig. Schon ist man von drei Kontrolltagen auf zwei in der Woche herabgegangen. Auch das hat noch einen farten Schuß bureaukratischen Einschlages aus älterer Zeit. Mindestens einmal wöchentlich muß beim zustän­digen Arbeitsnachweises, der meist in der Innenstadt gelegen ist, das zweite Mal tann bei der Fürsorgestelle des Verwaltungsbezirtes gestempelt werden. Wer die Arbeitslosenkarte nicht stempeln läßt, erhält kein Geld. Vielfach wird nur gestempelt; bei dem großen Ar­beitsnachweisen erst nach mindestens einstündigem Kleiderabwehen auf den stets überfüllten Bänken vor den Schaltern, daneben aber feine Kontrolliste geführt. Wozu also eigentlich die Bemühung? Der Arbeitslose muß einen weiten Weg zu Fuß machen und die defekten Stiefelfohlen noch mehr zerreißen oder dreihundert Milliarden Fahr geld opfern. Mit allem Drum und Dran ist dann der Vormittag futsch. Die Zeit tönnte beffer zu Berdienstmöglichkeiten ausgenugt werden. Oder glaubt man etwa, daß der Arbeitslose nur auf der Bärenhaut liegt und als Nichtstuer feine Unterstützung einstreicht? Er hat nur feine ständige, teine geregelte Arbeit ist aber gezwungen, immer auf der Jagd nach Gelegenheitsverdienst zu sein, wenn er nicht halb verhungern will. Selbst der Jugendliche, der nur das Geld von der Fürsorge heimbringt, wird nicht lange bei Muttern hinterm warmen Ofen geduldet. Da heißt es:" Du mußt unter allen Umständen auf ehrliche Art wenigstens noch etwas nebenbei verdienen, denn von den paar Linsen Unterstüßung fann ich dich auf die Dauer nicht ernähren. Wie unfagbar schwer ist es aber, Diese Gelegenheitsarbeit zu finden, wenn allein in Groß Berlin vierhunderttausend Arbeitslose täglich nach ihr suchen und sie sich nicht so bietet wie etwa durch Handel und dergleichen in der Weihnachtszeit oder durch Schneefegen! Wie schwer ist das für die vielen ftellungslofen Personen aus taufmänni­schen Betrieben, die in Berlin mindestens den vierten Teil aller Ar­beitslofen ausmachen. besonders für die weiblichen Jugendlichen, die täglich ganz unnütz die Arbeitsnachweise( lies: Institute, die feine Arbeit nachweisen fönnen) bevölkern, wider Willen frazieren gehen und zu Hause als foftspielige Miteffer den oft felbst sozial schlecht gestellten Eltern auf dem Halfe liegen! Da gibt es tägliche Kämpfe, fägliche erregte Szenen, die immer wieder ausklingen in die Seelen­quel: Gebt mir doch Arbeit, und ich will gern arbeiten mit allen meinen Kräften! Es ist feine Schwarzmalerei, wenn in weibliden den Köpfen die bedrohliche Frage, ob nicht durch allzulange Arbeits­losigkeit für die weibliche Jugend auch fiffliche Gefahren heraufbe­schworen werden müssen, der höchsten Beachtung bedarf. Unfere auch fonft trübe Zeit mit allen ihren unerquidlichen Erscheinungen ist ja für solche Folgen der Arbeitslosigkeit ein nur zu gutes Sprungbrett in die Tiefe. Tausende von arbeitslosen Familienvätern deren Kin­der immer elender werden, betteln bereits. Wer lehrt sie das

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Copyright Georg Müller, München .

Die Cofoffischer.

Roman von Johan Bojer . ( Schluß.)

Manches Mal lag sie nun da und horchte und horchte auf Wellen, und schließlich meinte sie sie deutlich zu hören. Ja, sie gewöhnte sich daran, sie sich jeden Abend vorzustellen, wenn fie die Hände faltete. Es war wie ein Gesang, ein Choral, in bem sie sich mit Kristaver zusammenfand und den sie mit ihm fang:

" Bergib mir, Kristaver!"

Eines Tages mußte sie wieder an die See hinunter, es war wie eine kleine Wallfahrt zu ihm. Aber die fleinsten Kinder wagte fie nicht mitzunehmen.

Im nächsten Winter ging Toften in die Stadt, um einen Schilling zu verdienen, aber hatte er sich vorher nicht wohl gefühlt, so tat er es in der Stadt erst recht nicht. Es endete bamit, daß er als Lofotfischer nach dem Lofot fuhr. Und Maria befam es erst zu wissen, als er schon dort oben war. Ja so.

Er, der auf der Robbe" Bootsführer hätte sein können, mußte jetzt hier als Halbpartmann umhergehen. Seine Ge­danken an die Mutter waren nicht gut.

Im Frühling schrieb er ihr, der Fang fei fehlgeschlagen, und wenn er Geld für den Hof zusammenbringen wolle, fo müsse er jegt etwas Ordentliches anfangen. Und nun gehe er nach Amerika .

Er tam nicht einmal inzwischen nach Hause. Er fand wohl, er habe fein heim mehr.

Nein, nein, dachte Marja, und es war, als breche fie zusammen.

Es war nicht leicht für die, die auf dem kleinen Hof zu­rückgeblieben waren. Und mehr als eine Nacht lag Marja wach, horchte auf die Wellen, faltete die Hände und stöhnte: " Du mußt mir vergeben, um Christi willen."

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Kunststüd, von den etwa dreißg Goldmark im Monat Er werbslofenunterstügung eine ganze Familie zu erhalten, wenn eben soviel bei dem, der noch ständige Arbeit hat, tnapp für eine Woche ausreicht?! Das mögen sich auch besonders die Befürworter der in drohender Nähe stehenden Goldmieten gesagt sein lassen. Sie mögen sich daran erinnern, daß der Empfänger von Erwerbslosenunter­stüzung nichts von den Wohlfahrtsämtern zu erwarten hat. Er wird mit Anträgen auf Bewilligung von Zuschüssen für Miete, Feuerung, Beleuchtung, Kleidung usw. nach den geltenden Bestimmungen rests los abgewiesen. Suche dir Nebenverdienst oder verkomme langsam!

Die Ausgedienten.

Das ist das troftloseste Kapitel der Arbeitslosenfrage. Neben den Jugendlichen, die ja im allgemeinen mit dem goldenen Lebens mut der Jugend ihre Lage leichter ertragen, fällt in den Kontroll. und Zahlstellen die große Zahl der schwer niedergedrückten älteren Leute auf. Darunter befinden sich zahlreiche Beteranen der Arbeit, die ein Bierteljahrhundert oder länger an der gleichen Stelle arbeite. ten, sich für den Lebensabend geborgen glaubten und dennoch auf die Straße flogen. So manchem Chef war es nicht weiter unange nehm, sich auf gute Art der alten lebenden Inventarien, die den besten Teil ihrer Kräfte bei des Dienstes ewig gleichgestellter Uhr verbraucht haben, entledigen zu fönnen. Anderen war es unmög, lich, die alten treuen Kräfte zu halten. Mit Vertröftung auf bessere Zeiten gingen fie topfhängend vor die Tür. Ein Urteilsspruch. eine Berurteilung! Wer nimmt sie noch? Wer traut ihnen viel Könren zu? Der Amerikaner fagt: Wie alt du bist, ist mir ganz gleich gültig... seh dich hin und zeige, mas du tannst!" In Deutschland , wo vieles noch so blöde auf dem Kreidestrich tänzelt, heißt es schon vor dem 50 Lebensjahr: Du bist mir zu alt... auf dein Sterben fann ich nicht warten!" Das nennt man dann freie Bahn dem Tüchtigen. So werden jetzt viele ältere Leute, die noch sehr brauch­bar, sehr füchtig sind, zugrundegehen am Arbeitsmangel, am Trauer­spiel unserer Zeit. Noch ein paar Monate Aushalt von der Erwerbs losenfürsorge, dann hat sie die Wohlfahrtspflege als billigste Alters­versorgungsanstalt beim Schopf. Eigentlich ist es einerlei. Die siebzig Goldpfennige für den Tag, die der Erwerbs. lose erhält, sind ja im Verhältnis zur teuren Lebenshaltung noch weniger, als man im Frieden jedem Almofenempfänger gab.

Veredelung".

Mittwoch, 16. Januar 1924

Die ,, neue" Justiz.

Eine Aufgabe der Anwälte des Rechtes.

Die Sparjuftiz hat zu wirken begonnen. Wie wir gestern mit­teilten, wurde die neue Rechts" periode mit dem Versuch eines Ver. teidigers, die Zuständigkeit der Straffammer zu bestreiten, eröffnet. Rechtsanwalt Dr. Bahn hat mit diesem Bersuch den notwendigen Kleinfrieg gegen Emmingers Justizverschandelung eröffnet. Wenn auch ohne Erfolg, so doch um so mehr mit Recht.

Der Augenblick ist auch ganz besonders dazu angetan, daß die Rechtsanwälte gegenüber dem Gericht zu wahren Anwälten des ge Vereinfachung des Gerichtsverfahrens läuft auf eine Berschärfung nechteten Rechts des Volkes auf volkstümliche Justiz werden. Die Vereinfachung des Gerichtsverfahrens läuft auf eine Berschärfung der Bedingungen hinaus, unter denen der Angeklagte gegenüber dem Gerichte steht. Der alte Grundfah lautet von jeher: Gegenüber dem Angeklagten dürfen nicht härtere Gesezesnormen in Anwendung gebracht werden, als die, welche bei Begehung des Berbrechens be­standen haben. Die Ausschaltung der Laienrichter be­deutet aber schon an und für sich eine Berschlimmerung der Stellung des Angeklagten. Der Kampf, den der Anwaltstand um das Wohl und Wehe, um das Schuldig oder Unschuldig der Angeklagten führt, wird sich um so dramatischer gestalten, als die hauptsächlichste Waffe der Verteidigung, die Borbringung eines eingehenden Beweis materials, ihr aus der Hand geschlagen ist. Neben allen anderen Einschränkungen der Rechtsgarantien der Ange­klagten ist vielleicht die hauptsächlichste das souveräne Ermessen des Gerichts hinsichtlich des Umfanges der Beweisaufnahme. Glaubt das Gericht nun, daß ihm alle Umstände der Sache bereits flar find, so macht es einfach furzerhand Schluß mit der Beweisaufnahme, ohne Rücksicht darauf, ob die Verteidigung ihr noch so wichtig er. scheinendes Material zur Entlastung des Angeklagten vorzulegen be absichtigt. Dem erfahrenen, dem vielleicht persönlich besonders, dank dieser jahrelangen Erfahrung, vom Gericht geachteten Anwalt, wird es unter Umständen noch gelingen, auf eine weitherzige Anwendung diefes freien Ermessens" hinzuwirken. Wehe aber dem kleinen Manne, der sich einen gut honorierten Berteidiger nicht leisten tann, und sich mit einem bestellten jungen Rechtsanwalt oder Referendar be gnügen muß. Die werden natürlich gegen das hohe Gericht nicht aufkommen können. So erwächst den Rechtsanwälten, auch den ge­suchtesten und erfahrensten, die Pflicht, sich den Angeklagten zur Verfügung zu stellen. Es war erfreulich zu sehen, wie auch die be­fonders beschäftigten Anwälte das in bezug auf die Sondergerichte taten. Jezt, wo die ganze Justiz in eine Sonderjustiz ausgeartet ist, wird dieses um so mehr zur Pflicht. Man darf mit Recht erwarten, daß es den Rechtsanwälten zur besonderen Freude und Genugtuung gereichen wird, dieser Pflicht nachzukommen.

Kommunistische Demonstrationen.

Unfundige Thebaner ziehen hilflos das alte Problem der Ver. edelung von Arbeitslosen, ihre Anlernung zu anderen als den er­Trotz der Warnung des Polizeipräsidiums vor etwaigen De­lernten Berufen und die Ausbildung ungelernter Arbeiter zu gelern monstrationen anläßlich des gestrigen Todestages Karl Liebknechts ten, aus der Versenkung. Schön in der Theorie, schwer erfüllbar und Rofa Luremburgs hatten die Kommunisten am gestrigen Diens in der Praris und für die gegenwärtige Situation gänzlich unbrauch­bar. Umbildungsverfuche, die nach dem Kriege in größerem Man- tag in den Betrieben und vor allen Dingen unter den Erwerbslosen ftabe einfehlen, haben im wesentlichen feinen nennenswerten Erfolg eine rege Propaganda für Straßenkundgebungen entfaltet. In den gehabt. Heute müssen sie ohne weiteres scheitern an der riesigen frühen Nachmittagsstunden machten sich in Neukölln die ersten An­Rahl der Arbeitslosen, zu denen in Massen auch gute Fachkräfte ge- Stellen bildeten sich Ansammlungen von Erwerbslosen, die dann zeichen fommunistischer Demonstrationen bemerkbar. An zahlreichen hören, die man, wenn wirklich in naher Zeit die Arbeitslosigkeit stärker abflauen sollte, vor den frisch Ausgebild: ten sicher vorziehen in größeren und kleineren Gruppen dem Hermnanplatz zustrebten, dürfte. Umgekehrt ist ja schon ein großer Teil hochgebildeter Geistes- wo sich nach und nach 2000 Personen versammelten, die einen De­arbeiter, um nur das Leben zu friften, zu rein mechanischen Arbeiten monftrationszug mit der Richtung nach dem Stadtinnern bilden übergegangen, hat also die Arbeitsmöglichkeiten der gelernten und wollten. Die am Hermannplay poſtienten Streifen waren der ungelernten Handarbeiter beschränkt. Was für den Augenblic am Menge gegenüber mach los, so daß das Eingreifen der Bereitschaften nötigsten erscheint und den maßgebenden Instanzen immer wieder notwendig wurde. Die auf Laftautos cintreffende Bolizeiverstär. vorgehalten werden muß. ist neben Motstandsarbeiten, die aber auch fung wurde mit lautem Johlen und Geschrei begrüßt und dem nicht den vielen förperlich verbrauchten älteren Erwerbslosen zugute Versuch der Beamten, die Menge zu zerstreuen, teilweise starter Widerstand entgegengesetzt Ein Beamter wurde dabei tät kommen würden, die Veredelung des Geldbeutels. Itch angegriffen und durch Messerstiche verlegt. Mit Hilfe eines starten Polizeiaufgebots gelang es schließlich, die Die Tragödie der Erwerbslosen darf in ihren Auswirkungen Demonstranten vom Hermannplak abzubrängen und zu zerstreuen. nicht tragödiös werden für weite Kreise über die Erwerbslosen hin. Die Anfammíungen in Neukölln hielten aber den ganzen Nachmittag aus durch Schwächung der Volksgesundheit, sittliche Gefahren und über an und es fam auch verschiedentlich zu Zusammenstößen. In ähnliche das ganze Bolt angehende Begleiterscheinungen. Können größeren Menge so hart bedrängt, daß er zum Revolver greifen der Weichselstraße wurde ein einzelner Schutzpolizist von einer Staat und Gemeinden nicht mehr aus Eigenem die erforderlichen mußte. Er gab zunächst einige Schreckschüsse in die Luft ab und, mittel aufbringen, so muß es, ehe der Wurm noch weiter frißt, als das nicht fruchtete, schoß er in die ihn angreifende Menge, wobei schnellstens gelingen, andere gangbare Wege zu finden. Spart er unglücklicherweise einen Mann und ein 20jähriges Mäbchen in den Oberschenkel traf. Darauf ließen die Angreifer von ihm ab viele Worte, zeigt uns traftvolle Taten!

einft, aber jetzt sind sie fast alle angestrichen, rot oder weiß,| einer anderen verzichten. So ist es, und daran läßt sich nichts hier wohnt eine neue Generation, und es sind ganz andere Zeiten.

ändern..

Aber vor einem Bootsschuppen bleibt er plötzlich stehen. Der Fjord ist leer von Segeln. Man sieht Dampfer und Was ist das? Ein langes, gewölbtes Boot, von der Sonne hört das Rattern von Motorbooten. Die grauen Schuppen versengt, von Sturm und Regen verwittert, das ist ein Lofot liegen noch da, aber fein Lofotboot streckt den Hintersteven boot. Er geht rings herum. Born am Steven ist ein fleines heraus, und fein Segler liegt am Lande vor Anker. Die Zeit Schild. Ein paar Buchstaben sind noch einigermaßen leserlich. der Segelboote ist vorbei. Die Lofotfahrt, die Hunderte von Da steht Meerblume". Lars Myran blieb stehen und kniff den Mund zusammen. Meilen nordwärts führte, ist vorbei. Die alten Fischer sind gestorben oder gehen als Greise umher, die Boote sind zer- Er dachte an Jakob, an Jakob Schwerenot mit dem Kurzfuß, schlagen. Der Motorfischer der neuen Zeit ist ein Industrie- er hatte guten Grund, sich an ihn zu erinnern. Und hier liegt arbeiter auf dem Meere, der Zigaretten raucht und Mitglied sein Boot. einer Gewerkschaft ist.

" Ja ja," sagt der Schulleiter. Und doch es ist der gleiche Fjord, das gleiche Land. Die Westberge liegen wie einft mit rotglühenden Schneefämmen da. Nur die Menschen ach ja."

Es ist wunderlich, fo zu seiner eigenen Kindheit zu wall­fahrten. Es ist nicht leicht, sie wiederzufinden. Er hatte da­mals sein Heim hier in einer Hütte. Jeht wohnen fremde Leute dort. Und die Mutter, die ins Tal hinaufgezogen war, faß schließlich eines Tages ganz allein da die Kinder gingen fort, eins nach dem anderen. Sie faßten nie recht Fuß dort oben, obwohl die Mutter einen hübschen fleinen Hof hatte. Und jetzt ist auch sie gestorben und seine Geschwister sind in der weiten Welt zerstreut. Die Zeit vergeht.

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Er schlendert an den Hütten vorbei. Er hat eine Reise­tasche in der Hand, weiß aber im Grunde nicht, wo er bleiben foll. Was tut das? Damals war er hier überall zu Hause. ,, Guten Tag!" Er bleibt vor einer Hütte stehen, wo eine Frau steht und wäscht. Das ist Ellen früher einmal hieß fie Ellen Kona. " Guten Tag," sagt die Frau und sieht ihn neugierig an. Rennst du mich, Ellen?"

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Nein," sie starrt ihn an. Sie sollte so einen Stadtherrn

fennen?

Weißt du nicht, daß wir beide Mann und Frau sind? Wir wurden einmal in einer Scheune getraut."

" Nein, nein, aber so etwas!" Sie schlägt sich auf die Schenkel und lacht laut. Nein, bist du es, Lars? Ach, ver­zeih, ich müßte wohl Sie sagen."

Sie plauderten zusammen, sie war noch immer hübsch, obwohl sie schon eine abgearbeitete Frau mit fünf Kindern war. Der Mann war früher Fischer gewesen, iegt arbeitete er in einer Fabrik in der Stadt das taten viele.

Ein Mann verläßt den Dampfer, ein Herr in grauem Anzug und Strohhut, nahe an vierzig, mit hellem, lodigem Haar und furzem, rötlichem Bart um das feste Geficht. Das ift Schulleiter Lars Myran, und er geht einige Schritte an dem Tangstreifen entlang und blickt sich um. Er atmet einen befannten Geruch von Meerwasser, Tang Dann geht er wieder weiter. Die Erinnerungen strömen und Strand ein. Die Fischerhütten liegen an der Bucht wie auf ihn ein. Sich an einer Stelle vorwärtsarbeiten, heißt an

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Er stand lange und sah es an, ehe er weitergehen konnte. Er hatte schon mit verschiedenen Bekannten gesprochen, als er vor einer Hütte einen sehr alten Mann fah, der heu rechte. Bart und Haar waren dicht und grau. Wie? Hinkte er nicht? Der Schulleiter blieb stehen und fah ihn an. Guten Tag, Jakob!"

"

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Der Alte blickte von seiner Beschäftigung auf, fagte guten Tag und wollte dann weiter arbeiten und fleißig sein. Er hatte eine rote 3ipfelmütze auf dem Kopf, und die Augen in dem verwitterten Gesicht waren tief eingefunten, sie erinnerten ein wenig an geronnenes Blut.

" Du bist beim Heuen," sagte der Schulleiter. " Ja, freilich. Und Ihr seid unterwegs?" " Rennst auch du mich nicht mehr, Jakob?" " Nein!" Er sah den Fremden von oben bis unten an. " Wenn du mich eines Nachts von dem treibenden Kiel nicht gerettet hättest, so stände ich jetzt nicht hier."

er

Sofo," der Alte lachte ein wenig und überlegte. Aber hatte so viele gerettet.

Als er dann erfuhr, wen er vor sich hatte, da beschattete er die Augen mit der Hand und sagte:" Ja, Schwerenot, jetzt tenn' ich dich wieder, du bist ja ganz und gar dein Vater. Nein, bist du es wirklich, Lars?"

BP

Wie alt bist du jetzt, Jakob?"

Ach, die Leute behaupten, daß ich über neunzig bin. Aber wenn man gesund ist

tasse."

"

Wirst du jetzt von der Gemeinde erhalten?" Ach ja- Gott bessere es! 3um Schluß fam die Armen­,, Und du hast die Meerblume" nicht verkauft, sehe ich." " Ach nein, ich denke, wir beide wollen miteinander ver­modern."

"

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Damit begann der Alte wieder zu rechen. Er mußte fleißig sein, sollte ihm der Bauer, bei dem er untergebracht war, einen Schilling für Tabat vergönnen.