Die Pfingstnummer deS Leipziger Tageblatt" appel-lirt wieder einmal— in einer redaktionellen Notiz über«ine sozialdemokratische Volkversammlung, an die„derbenFäuste der Bauern", vor denen die Agitatoren der Sozial-demokratie sich hüten sollten. Nationalliberaler Pfingst-geisl! In der gleichen Nummer erklärt das gleiche Blatt,acht Stunden Arbeit sei zu wenig— wenn man 8 StundenSchlaf haben wolle— die Arbeiter verdankten ihren vor-trefflichen Schlaf dem Umstand, daß sie länger als achtStunden arbeiteten, die arnien Bourgeois wären nicht soglücklich, acht Stunden schlafen zu können.Von Herrn Dr. Heinrich Fränkel erhalten wirfolgende Berichtigung:An die Redaktion des„Vorwärts*, Berlin.Auf Grund des Preßgesetzes,§ 11, verlang« ich Aufnähme folgender Berichtigung gegenüber Ihrem gestrigenverleumderischen Angriff gegen mich:1. Die s ä mm t l iche n mich angreifenden Behauptungenin dem mit den Worten„Streng vertraulich* beginnendenArtikel sind vollkommen unwahr.2. Insbesondere handelt es sich bei dem Rundschreiben,von dem Sie behaupten, daß darin für mich der„Bettel-sack* geschwungen werde, nicht im Geringsten um irgendeinen für mich bestimmten Betrag, sondern lediglich, wiedieS mit aller Deutlichkeit in dem Rundschreiben gesagt ist,um die Deckung der Kosten der Vortragsreisen. Voneinem Honorar oder einer Vergütung irgend welcher Art istüberhaupt in dem Rundschreiben nicht die Rede, und daßüber die Höhe der Kosten Abrechnung vorgelegt wird,ist darin ausdrücklich erklärt. Alle Ihre Redensarten von„Geschäft* u. s. w. sind gegenüber dem Text des Rundschreibens, welches sich bei Äbfaffung des Artikels in IhrenHänden befand, völlig haltlos.Weimar, IS. Mai 1891.Dr. Heinrich Fränkel.Dies die„Berichtigung* des Herrn Fränkel. durchwelche dieser Herr sich vortrefflich kennzeichnet.„ S ä m m t l i ch e"den Herrn„angreifende* Behauptungen, die wir„strengvertraulich* aufgestellt haben, sind strikteste Wahr-h e i t. Insbesondere ist es wahr, daß der„ B e t t e l s a ck*für die Vorträge deS Herrn Heinrich Fränkel geschwungenwird. Das„streng vertrauliche* Zirkular liegt vor unsund auch die Lebensgeschichte und der Entwickelungsgangdes besagten Clown Voyageur der Ordnungsparteien, derdie Verleumdung der Sozialdemokratie geschäftsmäßig be-treibt und durch seine bodenlose Unwiffenheit und feinskurriles Geschimpfe sich des Rechts verlustig gemacht hat,als anständiger Gegner betrachtet und behandelt zuwerden.—Ueber die Krise im Eisenbahn- Ministerium liegeneine Reihe Meldungen vor; die glaubhafteste ist die fol-gende:„Der Rücktritt des Ministers Maybach erfolgt nachSchluß der LandtagSsession. Das Staatsministerium brachteden Eisenbahndirektions-Prästdenten Thielen als Nachfolgerin Vorschlag.—Ueber den„Krieg der Zukunft" veröffentlicht derbekannt« englische Kriegskorrespondent und Militär A rchi»bald Fordes, der alle größeren Kriege der Neuzeit alsBerichterstatter im Hauptquartier der einen der kämpfendenArmeen mitgemacht hat, eine Abhandlung im„XiustsentdCentury", einer der bekanntesten englischen Zeitschriften.Er kommt zu dem Ergebniß, daß die Chancen des Kriegesjetzt von keinem Feldherrn mit einiger Sicherheit berechnetwerden können, daß aber in j e d« m F a l l die Chancendes Angegriffenen dem Angreifer gegenüber sichwesentlich gebessert hätten, so daß also der Ange-griffene entschieden im Vortheil sei. Wenn das richtig ist—,und Alles spricht dafür— so könnten wir uns über dieseEntwickelung der Dinge nur freuen: denn sind einmal dieAngriffskriege so gefährlich, daß der Angreifer von ihnen nurNiederlagen zu erwarten hat, dann werden die Kriege baldunterbleiben. Sehr traurig ist eZ freilich, daß die so-genannten Kulturvölker erst alle Orgien des Militarismusdurchmachen müssen, ehe sie zu dieser Weisheit gelangen,die sie wahrhaftig billiger hätten haben können.—Ter lustige Jerg fuhr mit einem kühlen geschäftS-mäßigen Tone fort, nachdem er einige Sekunden lang aufeine Antwort gewartet hatte:„Wenn es sich besser passensollte, daß sich der Dater zur Ruh setzt, nachher brauch' ichmit dem, was ich an den Altentheil zu leisten haben werde,nicht zu rnausern, wenn die Lisei meine Frau wird. DerVater und auch die Müllerin werden daher einsehen, daß cSauch ihr Vortheil ist, wenn ich die Lisei hcirathe. Sie werdenum so bessere Tage haben. Ich werde also dem Kloster-bauer einen Wink geben lassen, daß er Dich am nächstenSonntag erwarten darf.*Er stand auf. Der Vatee wandte sich ihm voll zuund sagte dumpf:„Ich werd' nie deshalb auf den Kloster-hos gehen.*.Üfb wieso denn nicht? WaS hast Du denn noch fürErstaunen"� iU nia�en?*' fragte Jerg mit ungeheucheltem.&U L«meint hast,' athmete der Vater tief aus,„daß ich die Hand dazu bieten würd', um die Lisei Unglück-lich zu machen, dann kennst Du mich schlecht. Ich werde nichthelfen, sie und den Wolf Lechner auseinander zu bringen.Was der Klosterbauer thut, ist seine Sach'. Und wenn dieLisei auch nicht mit dem Schmied versprochen wäre, so bistDu doch der Letzte, dem ich bei ihr das Wort reden thäte.O Du, mein blutiger Heiland, daß eö der Vater seinemeigenen Sohn ins Gesicht sagen muß, daß er ihn für zuschlecht«stimirt� um ihn einem braven Madl zum Mann zuwünschen! Lieber müßt' ich ja die Lisei in ihrem Grabwünschen, als in Deinem Bctt.'Die kleinen Augen JergS funkelten. We, mich beiDir fo schwarz angemalt hat, das weiß ich und werd' denDank nicht schuldig bleiben,* zischte er, nach seiner Stief-mutter schielend...., r*..,„Das ist nicht wahr,* flammte dies« aus.„O, ,ch kenn'mich schon aus in Dir.*—, �„Und war' ich wirklich so ein schlecht" Kerl und"ochschlechter, so ist das doch kein Grund Nicht, weshalb ichmcht dem Klosterbauer sein Eidam werden soll, versetzte?>erg.»ES ist ein gutes Geschäft und alles Uebrige iudoch bloßes Geflunker, womit Einer keinen Hund hlnterSo wie alljährig, wird auch in diesem Jahre dieFabrikmspektion in Oesterreich ausgebaut. In demeben im Ausschusse berathenen Budget für das laufendeJahr wird die Bewilligung der Gehälter von 8 Fabrik-inspektions- Assistenten gefordert. In Preußen ist manendlich auch an eine Vermehrung der Fabrik-Aufsichts-beamten gegangen, nachdem man viele Jahre hindurch dieseForderung vergeblich erhoben und ihre Nothwendigkeitsachlich begründet hatte; aus den anderen deutschen Staatenhört man aber bis nun noch gar nichts von einem Ausbaudieses wichtigsten sozialen Instituts.—Nicht in Deutschland, wohl aber in der Schweiz dürfteBebel's Buch über die Bäcker den Anstoß zueiner Enquete geben. Es wird hierüber aus Basel gemeldet:Der dorttge Bäckcrgehilfen-Verein hatte sich an die Regie-rung mit der Bitte gewandt, die gesundheitlichen undsozialen Verhältnisse in ihrem Gewerbe zu regeln unddies damit begründet, daß in der Stadt Basel das Bäcker-gewerbe dieselben Schäden aufweise, wie m Deutschland,welche Bebel geschildert habe. Die Bäckermeister bestrittenin einer Eingabe an die Regierung die Behauptungen derGehilfen und fordetten die Aufnahme einer amtlichen Unter-suchung; diese wird wahrscheinlich stattfinden unddürfte interessante Details zu Tage fördern, wenn sieebenso ernst gemacht wird, wie die letzten sozialstatistischenErhebungen in diesem Kanton, von denen wir vorallem eine ganz vottreffliche Wohnungs- Enquete nennenwollen.—Ein Arbeiterkongrest für die französischenund italienischen Theile der Schweiz wirdvon der Arbeiterunion Lausanne auf den 14. Juni nachLausanne einberufen. Zur Besprechung gelangen dieFragen der Gründung eines romanischen Arbeiterbundesmit Reservekasse, der Besetzung der Stelle eines eidg.Fabttkinfpektors für die französische Schweiz, der Einührung der obligatorischen Syndikate(Gewerkvereine), derllevision der eidg. Fabrik- und Haftpflicht-Gesetzgebung, derstaatlichen Alters- und Arbettslosen-Versicherung, derGründung einer Kranken- und Hilfskasse:c.Die Genter Sozialisten, welche unter den Ar-beitern Belgiens die weitaus beste Organisation besitzen,haben die Frage, ob die Arbeiter Gents sich zum G e n e>ralstreik erheben sollen, einer Volksabstimmung unterwarfen, und die Mehrheit hat sich gegen den Streik er-klärt. Drum sagen sich die Genter Sozialisten jedoch nichtvon der allgemeinen Bewegung los,— im Gegentheil, sieglauben, ihr nur um so besser dienen zu können. Unddann dürften sie recht haben.— Beiläufig scheint uns dieVolksabstimmung der Genter ein nachahmenswertherVorgang zu sein. Hätten z. B. die Bergleute des Ruhrbeckens eine derartige Volksabstimmung vorgenommen, sowäre der verunglückte Streik sicher unterblieben.—Elttbstone ist, wie telegraphisch gemeldet wird, vonseiner schweren Erkrankung, welche bei seinem hohen Alterrecht bedenklich schien, wieder vollständig hergestellt.—Die Königin Natalie hat endlich, dem Zwange folaend, Belgrad und Serbien verlassen. Bei ihrer gemaltsamen Ausweisung kam es zu Straßenunruhen, welche abervon der bewaffneten Macht unterdrückt wurden. Wie weitrussischer Einfluß hierbei mitgespielt hat, läßt sich vorerstnicht feststellen. Wir glauben, daß der Rubeldabei eine Rolle gespielt hat, denn daß die KöniginNatalie wirkliche Sympathien im Lande besitzt, wollenwir auS Achtung für das serbische Volk nicht annehmen.Man würde sichJibrigenS täuschen, wollte man annehmen,daß die Frau Milan's ihre Rotte in Serbien schon aus-gespielt hat, sie wird bei der ersten passenden Gelegenheitwieder den Boden deS Landes betreten und der Regierung,fowie der friedlichen Entwickelung des Landes neuerlich"indernisse in den Weg mcrfen. Sie und ihr würdigerntte haben jedenfalls das Menschenmögliche geleistet, umdem serbischen Volke die Liebe zur Dynastie und zurmonarchischen Staatsform gründlich auszutreiben.—In Rumänien ist Bratiau« gestorben,«inExemplar jenes zum Glück aussterbenden TyvnS vonAhenteurer-Politikern, die in C a v o u r ihren glänzendstenVertreter gehabt haben und die mit den Bismarck, Crispidem Ofen hervorlockt. Ich nenne das Kind beim rechtenNamen und verlange daher auch nichts weiter, als daß derVater für mich wirbt, weil's doch einmal so Brauch in derWelt ist und damit die Sach' einen ordentlichen Schick hat.Sieht der Vater seinen eigenen Vortheil nicht ein, na, dannwerd' ich auch ohne ihn fettig werden.*Er verließ die Stube.Der Alte saß regungslos am Tische, den Kopf in beideHände gestützt. Afra ging nach kurzem Zögern zu ihm und'igte:„Das war rechtschaffen von Dir, Mann, daß Duem Jerg nicht zu Willen gewesen bist.*Er hob sein Gesicht, dnS tief bekümmert war, zu ihrauf und seufzte:„Die Gier nach Geld bat ihn ganz ver-giftet! Wie eine Schlange sticht er uns Allen in die Fersenund ich kann ihm nicht den Kopf zertreten. HimmlischerHerrgott, warum muß er mein Sohn sein? Aber schlag'Dir seine Heimtücken auS dem Sinn."Afra legte den Arm um seinen Hals und drückte ihrGesicht in sein Haar. O, wie war er so gut!Sech st es Kapitel.Stast war auf den Bodenraum ihres Häuschens ge-stiegen und kramte unter dem Gerümpel aller Art, das dortm Laufe der Zeit sich angesammelt halte. Ambro? standn der Küche am Herdfeuer und goß Kugeln für seinenStutzen, während David im Stalle Kuh und Ziegen ihrMittagsfutter gab. Nach einiger Zeit hörte Ambras voneiner Frau sich rufen. Er möchte herauskommen und ihrHelsen.„WaS giebt'S denn?* fragte er.„Komm nur!* antwortete sie.„Wart' norb, ich bin gleich fertig,* rief er zurück undühr fort, die Kugelform noch eunge Male mit dem ge-chmolzcne» Blei zu füllen.„So, jetzt ist ein Dutzend voll,*agte er dann und kletterte die Leiter � nach dem Bodenstnauf.Als er mit dem Oberkörper durch diestLücke in demußboden gekommen war. blieb er stehen und erneuerte seinerage nach Stasi'S Begehren.(Fortsetzung folgt.)und so weiter nahe verwandt sind— Leute, welche diemoderne Nationalitäten-Bewegung zur Befttedigung ihrespersönlichen Ehrgeizes ausnutzten, mit volksthümlichenIdeen Falschmünzerei trieben und sich, während siemit den verworfensten Despoten konspirirten, dema-gogisch in die Toga der Demokratie hüllten. HerrBratianu speziell hat abwechselnd mit den Russen, Fran-zosen. Oesterreichern, Preußen konspittrt, und gelegentlichauch alle verrathen— dabei aber für seine Person guteGeschäfte gemacht. Er ist sehr reich gestorben, und warseit Jahren politisch todt und von allen anständigen Leutengemieden.—Ueber daS Attentat gegen den Zarewitsch liegtfolgende neue Meldung vor:Eine amtliche Mittheilung bestätigt, daß ein Japaner,Namens Thnuda, welcher schon acht Jahre im Polizeidiensiesteht, das Attentat auf den Großfürsten-Thronsolger verübte.Der Angriff auf den Großfürsten erfolgte, als derselbe mitseinem Gefolge in kleinen Handwagen den Ort Otsu passirte.Trotz des heftigen Schlages, den der Prinz Georg von Griechen-land mit seinem Stocke dem Thäter sofort versetzte, stürzte sichder Letztere doch von Neuem auf den Großfürsten; der denWagen führende Japaner stieß den Attentäter aber zurück, einzweiter Japaner entriß demselben sein Echwett und verwundeteihn schwer. Die Wunde des Großfürsten-Thronsolger ist bereitsgeheilt.—Korrespondenzen nndParteinachrichten.SttNgenbielau. Wie wir soeben erfahren, ist uns«! GenosseB a g i n s k i infolge einer gegen die Inhaftnahme eingereichtenBeschwerde vom Landgericht ohne Kautionsstellung wieder auffreien Fuß gestellt worden. Damit ist zunächst die eine Maß-nähme des Schöffengerichts hinfällig geworden, hoffen wir, daßin der Berufungsinstanz auch das geradezu ungeheuerliche Straf-maß seine Korrektur findet. Wie uns übrigens weiter mitgetheiltwird, sieht gegen Baginski und Aug. Kühn, den früheren Ber-treter für Breslau, am 2d. d. M. in Glatz ein neuer Termin anwegen Vergehen, die sich die Genannten gelegentlich einer Versammlung sollen haben zu Schulden kommen lassen.Zeitz, IS. Mai. Der„Volksbote* schreibt: Heute nach12V2 Monat geht unserem Redakteur die Antwort zu auf seineBeschwerde vom Mai 1890 wegen seiner am I. Mai desselbenJahres in Naumburg erfolgten Verhaftung. Die uns denn dochetwas unbegreiflich vorkommende Rechtsanschauung, welche diesesSchreiben aufstellt, veranlaßt uns, dasselbe unverkürzt zum Ab-druck zu bringen. Es lautet:Merseburg, den 8. Mai 1891.Auf Ihre gegen dt« Polizeiverwaltung in Naumburg ge-richtete Beschwerde vom 8. Mai v. I. theile ich Ihnen im An-schluß an meine vorläufigen Bescheide vom 26. Juli v. I.—J.-Nr. 6096 C— und 23. März d. I.— J.-Nr. 2S1S c— hierdurch Folgendes mit:Ii, dem rechtskräftig gewordenen Erkenntniß der 1. Straf-kammer des königlichen Landgerichts zu Naumburg vom 14. Januar18Sl ist allerdings ausgeführt worden, daß die vom 1. Mai v. I.in dem Richler'schen Lokale in Naumburg stattgehabte Vereinigungals eine Versammlung im Sinne des Vereinsgesetzes bezw. desinzwischen aufgehobenen Reichsgesetzes gegen die gemein-gefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie nicht anzusehensei. Ans Grund dieser vom Gericht gewonnenen Anschauungist Ihre und der übrigen Mitangeklagten Freisprechung erfolgt.Diese Freisprechung beweist aber noch nicht, daß die Polizei-Verwaltung in Naumburg bezw. die ausführenden Organe der»selben sich einer Ueberschrcitung ihrer Amtsbefugniss« bezw. eine'svertretbaren Versehens schuldig gemacht haben. Daß die in demRichler'schen Gartenlokale stattgehabte Vereinigung sehr leicht alseine Versammlung im Sinne ver Gesetz« und zwar als eine vonder Polizeiverwallung ausdrücklich verbotene angesehen werdenkonnte, geht schon auS dem Umstände hervor» daß auch der könig-liche Herr Erste Staatsanwalt in Naumburg dieser Ansicht warund infolge dessen gegen Sie und die übrigen Angeklagten dasstrafrechtliche Verfahren eingeleitet hat.Auch in Ihrer Sisttrung kann eine Ueberschreitung der amtlichen Befugnisse der Polizeiverwaltung nicht erblickt werden.Dieselbe>var vielmehr mit Rücksicht auf die Bestimmungen des§ 6 des Gesetzes vom 12. Februar 18ö0(Gesetz-Samml. S. 4S)gerechtfertigt, da sie als eine Maßregel erachtet werden mußte,die zur Ausrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ruhegerade am 1. Mai v. I. dringend erforderlich erschien. Ihrepolizeiliche Verwahrung, welche nickt im Gekängniß, sondern imPolizei-Wachtzimmer stattfand, hat dann auch nur so lange ge»dauert, bis in den Straßen und öffentlichen Lokalen in Raum-bürg allgemeine Ruhe herrscht« und Ihrer Rückkehr nach Ihremdamaligen Wohnorte Halle daher keine Bedenken mehr entgegen-standen.Die Beschlagnahme der in Ihrer Beschwerde erwähntenReklamezettel ist erfolgt, weil dieselben dem Herrn Amtsanwaltbehufs Einleitung des Strafverfahrens auf Grund des Z 360ad 6 des Reichsstrasgeseh-Buchs übersandt werden sollten.Nach dem Vorstehenden sehe ich mich nicht in der Lage, daSVerfahren der Polizeiverwaltung in Naumburg am 1. Mai v. I.als ein mit den gesetzlichen Bestimmungen nicht in Einklangstehendes zu bezeichnen.Der königliche RegierungS-Präsident. v. Die st.Man verzeihe, das geht aber über unseren Begriff hinaus. DasGericht hat auf Freisprechung erkannt, weil ein Vergehen gegendie angeführten Gesetze nicht vorlag. Die Beamten haben also,ohne daß eine ungesetzliche That begangen ist, Maßregeln getroffen,ivelche nur wegen Ungesetzlichkeiten getroffen werden durften undtrotzdem soll«ine Ueberschreitung der Amtsbefugniß nicht daringefunden werden. Wenn Mweis dafür, daß keineder Staatsanwaltschaft in dieserdadurch, unserer Meinung gemäß, genau da? Gegentheil bewiesen.Di« Königliche Staatsanwaltschaft erhob Anklage, weil in derAnzeige einmal behauptet wurde,(wortlich)„Endlich erhob sichder Angeschuldigte Hoffmann, lenkte die Aufmerksamkeit derVerstimmelten durch die Worte:„Hören Sie mal her!* aufsich und begann die angekündigte Rede*. Ferner:„Es wurdensozialdemokratische Lieder gesungen, vor allem die Arbeiter-Marseillaise*. Das waren wohl unzweifelhaft die Hauptgründezur Auklage-Erhebung, wie die angebliche Rede den KommissarMerz zum Einschreiten bewogen haben soll. Nun ist aber„durchden Beamten selbst vor Gericht eidlich ausgesagt", daß erstensoffmmtn sich nicht erhoben hat, daß derselbe die Worte:„Hörenie mal her* nicht gesagt hat. noch«ine Rede gchalten. Ja,der Herr Kommissar selbst sagte:„es habe nicht auf ihn denEindruck gemacht, als wenn eine Rede gehalten werden sollte".Auch konnte„nicht ein Zeuge behaupten, daß politische Lieder,vor allein die Marseillais« gesungen wären", es wurde auch that-sächlich nicht ei» potitisches Lied gesungen. Wir fragen, wie sindnun die unrichtigen Angaben in die Anzeige hineingekommen,ohne welche, wie wir glauben, der Staatsanwalt nicht einge-griffen hätte; und so fragen wir weiter, wie kann man solchenach unserer Ansicht auf Grund„inkorrekter" Angaben in derAnzeige erhobenen Anklage, von welcher glänzende Freisprechungerfolgte, als Beweis anführen wollen, daß die Beamten ihreAmtsbefugniß nicht überschritten hätten; wie gesagt, mir sehengerade das Gegentheil bewiesen.-- Wie der„Volksbote*noch mittheilt, wird die Angelegenheit weiter verfolgt werden,