Nr. 61 41.Jahrgang Ausgabe A nr. 30
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Mittwoch, den 6. Februar 1924
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Poincaré im Kreuzfeuer.
In her Ranmmer ergriff heute zunächst der Führer der Radikalen Herriot das Wort. Er wies darauf hin, daß Artikel 1 des Ermächfigungsgesetzes verfassungswidrig sei und gegen die Rechte der Kammer verstoße. Man müsse sich fragen, wie ein Jurist wie Poincaré der Kammer etwas Derartiges habe vorlegen können. Vielleicht sei er durch die Ruhrbesetzung beunruhigt worden und habe infolgedeffen seinen Ministern freie Hand gelaffen. Ueber zeugte Republitaner, fo gemäßigt fie auch in ihren Anfchauungen fein mögen, haben nicht das Recht, den Artikel I anzunehmen.( Beifall finks.) Der Borstoß gegen die Verfassung wird. von der Regierung nicht einmal in der richtigen Weise unternommen. Denn wenn man die gefeßgebende Gewalt schon aus der Hand geben will, so fönnte man sie dem Präsidenten der Republit, aber nicht der Regierung übertragen. Herriot weift alsdann die Unanwendbarkeit der von Poincaré zitierten Präzedenzfälle nach. Die nachträgliche Ratifizierung durch das Parlament nähme dem Er. mächtigungsgesetz nicht seinen antitonftitutionellen Charakter. Die Garantie des Staatsrats fönne feinem Republikaner genügen. Im ganzen 19. Jahrhundert habe man sich bemüht, die Rechte des Staatsrats einzuschränken. Die Bürger werden finden, daß es ein Jchlecht gewählter Augenblid wäre, wenn man dem Parlament getade dann feine Rechte nehme, wo sich am Bortage herausgestellt habe, daß eine Intervention notwendig war, um die Regierung zu zwingen, die notwendigen Maßnahmen in dem
Standal der befreiten Gebiete
zu treffen.( 3uruf links.) Der Ministerpräsident wird entweder eine Anzahl bescheidener Ersparnisse vorschlagen, wozu ein Ermäch figungsgefeh nicht notwendig ist und die auch in einem schnell durch beratenen Haushaltsplan von der Kammer hätten erledigt werden fönnen( Beifall links) oder aber er beabsichtigt umfangreiche Reformen auf rechtlichem und verwaltungsmäßigem Gebiet vorzunehmen, und dann wird er auf unüberwindbare Hinderniffe Stoßen.
Der Redner tritt für die Zuständigkeit der örtlichen Körpers schaften bei der Erledigung von Verwaltungsfragen ein und fragt nochmals, vom stürmischen Beifall der gesamten Linfen unterbrochen, ob es nötig sei, daß das Land monatelang unter ein Regime gestellt merde, das diefen Zustand ausschalte. Herriot erklärt, daß Ermächti gungsgefeße, die nach der Verfassung nicht berechtigt feien, eine ernste
Verletzung der wesentlichsten Rechtsgarantien barstellen und dem Land nur Enttäuschungen bringen würden. Im übrigen schließt sich der Redner den geftrigen Ausführungen des Sozialisten Paul Boncourt an. Es sei gefährlich, gerade jetzt einen solchen Ausnahmezustand herbeizuführen. Er habe zwar Bertrauen zu der republikanischen Gesinnung Poincarés. As Mitglied der Akademie gehörte Poincaré zwar zu den Unsterblichen“, als Minister aber nicht. Die größten Schwierigkeiten werde man erst dann zu überwinden haben, wenn es gilt, das Ermächtigungsgesetz wieder abzuschaffen.
Mann gewesen, der den Rubikon habe überschreiten wollen.( Zuruf:
Caillaur!)
Herriot verlangt das Wort, aber Poincaré fährt fort und erMärt, er wundere fich, daß man darüber erstaunt fei, daß er einen Politiker in die Debatte ziehe, der an der Schwelle gewiffer Rongreffe zu erfáeinen pflege.( Herriot ruft:„ Eine Partei, wie die meinige, muß nach ihren öffentlichen politischen Aften be urteilt werden!")
Ein Abgeordneter erklärt, Herriot habe sich jüngst mit Caillaug besprochen, der feine politischen Umtriebe fortsetze. Herriot er. widert: Mit aller Macht widersetze ich mich einem derartigen Spionieren, das sich mit meinen persönlichen Schritten beschäftigt( die Linte applaudiert, aus den Reihen des nationalen Blods ertönen ironische Zwischenrufe.) Es erfolgt ein
heftiger Zusammenstoß zwischen Kriegsminister Maginot und den kommunisten Lafont und Vaillant- Couturier. Lafont fragt, welche Tätigkeit der Kriegsminister abends ausübe. Der Kriegsminister fragt: Was wollen Sie, damit fagen?" Lafont antwortet: In gewiffen politischen Kreisen schreibt man Ihnen die Absicht zu, noch viel weiter zu gehen." Der Kriegsminister antwortet: Das sind dumme Redensarten". Baillant Couturier unterstüßt Lafont, worauf der Kriegsminister ruft: Sie sind ein Glender, ich werde das beweisen und erklären, welches schmutzige Handwert Sie poll. bringen.
Poincaré versucht den Kriegsminister zu beruhigen.
Präsident Béret fordert den Abg. Lafont auf, stilizuschweigen, und den Kriegsminister, diesen persönlichen Zwischenfall nicht zu verlängern, der Ministerpräsident wolle in seiner Rede fort fahren.
Poincaré erklärt, das Gefeß, das die Rammer heute beschäftige, habe auch Briand bereits eingebracht. Poincaré beruft sich auf einen Bräzedenzfall, von 1897, bei dem das Parlament die Regierung zur Durchführung der Metallzölle ermächtigt habe. 1916 feien ähnliche Maßnahmen getroffen worden. Der Einwand, daß damals Krieg gewesen sei, lasse sich damit beantworten, daß diese Maß nahmen bis 1922 beibehalten worden seien, und heute noch habe die Regierung das Recht, gewisse Fälle durch eine Berordnung zu regeln. Die Regierung beabsichtige mit den geplanten Ersparnissen mir das von der Finanzfommission bereits begonnene Bert fortzufegen. Sie wolle auch in feiner Weise die wirtschaftliche Erholung des Landes beeinträchtigen, nicht den Beamten ihre wohlerworbenen Rechte entziehen, sondern vielmehr den nationalen Aufschwung nicht durch eine rüdständige Verwaltung, die mit zu vielen Beamten arbeite, hemmen. Poincaré ertlärt, als er die Regierung übernommen habe, seien in den Ministerien bereits mehrere Unter. ftaatsfefretariate aufgehoben gewesen. Er werde prüfen, was sich in dieser Hinsicht weiter tun laffe. Es wundere ihn, daß Herriot and Boncourt die Republik für gefährdet hielten, und erklärten, fein Republikaner fönne der Regierung Gefolgschaft leisten. Herriot und Boncourt feien beibe ausgezeichnete Republifaner, aber es fäme Poincaré ergreift das Wort: Nach der kräftigen Eglommuni- ihnen nicht das Monopol des Republitanismus zu. Boincaré fchließt, indem er an eine Aeußerung Walbed. zierung durch Herriot.....( Beifall im Zentrum. Herriot : Es Rousseaus erinnert, ber 1896 eine Verbesserung des parlamentari. handelt sich hier nicht um persönliche Dinge. Proteft im Zentrum). schen Regimes verlangt habe, um rasch notwendige Reformen durch Poincaré : Wie soll man die Behauptungen eines Mannes nicht als führen zu können. Im Interesse der Republif und der Frei persönlich nehmen, der erklärt, außer ihm und feinen Freundenheit verlange die jetzige Regierung, ihr die Mittel zum Handen gäbe es teine Republitaner.( Beifall im Zentrum. Pro tefte lints.) Poincaré fährt fort, nach der Aftion über Berfassungsrechte durch Lafont, nach der glänzenden rednerischen Gedankenfiut von Baul Boncourt, nach den dröhnenden Worten Lefèvres wolle er die Kammer wieder zu den greifbaren Wirklichkeiten zurückführen. Die Regierungsvorlagen verlegten weder die nationale Souveränität, noch die Verfassung.( Lärm links.) Er habe die Kammer nicht gebeten, ihr Distuffionsrecht aufzugeben. Für eingreifende Reformen fei feine Diftatur notwendig. In dem unsterblichen Monolog des Faust" heiße es: Im Anfang war das Wort," Fauft fährt dann aber fort: 3m Anfang war die Tat". Wenn fo, fährt Poincaré fort, das Wort am Anfang steht, so ist dies, um die Lat zu erleichtern und nicht, um sie zu paralysieren. Er fei der legte, der die Entmündigung der Kammer verlange. Allerdings läge es im Interesse des Landes und der Kammer selbst, daß die Aussprache nicht allzu lange dauere. Es hänge von der Kammer ab, ob sie der Regierung ihr Vertrauen schenken werde. Aber die Regierung wünsche, daß das Vertrauen nur in voller Kenntnis der Sache gegeben werde.
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Poincaré fagt weiter, Frankreich verlange Ersparnisse. Das Ministerium habe in der letzten Woche bewiesen, daß es die parlamentarische Mitarbeit nicht fürchte, sie im Gegenteil fuche. Abg. Boncourt habe gestern der Regierung vorgeworfen, daß sie das Gelb nicht bei den Kriegsgewinnlern fuche, aber gerade, um bei diefen neuen Reichen das Gelb einzufaffieren, verlange bie Regierung das Ermächtigungsgefeß. In den befretten Gebieten fönne niemand die Höhe der misbräuchlich gezahlten Summen beziffern, bevor nicht ein fompetenter Ausschuß gesprochen habe. Jedesmal, wenn die erlassenen Dekrete den bestehenden Gesezen widersprächen, werde man ihre Ratifizierung verlangen. Die Regierung fei der Vollstrecker des Willens des Parlaments und des Bandes. Sie konzentriere den Willen, um ihn nicht zerfließen zu Taljen. Während des Krieges und nach ihm habe weder das Barla ment noch irgendein Republikaner irgendeine Gefahr in diesem Borgehen erblidt. Die öffentliche Meinung werbe sehr enttäuscht fein, wenn das Parlament jezt nicht rajch zu einer Löfung gelange. Er erkläre, daß diejenigen ihn beleidigten, die ihm der Berfaffung widersprechende Hintergedanken unterschöben oder die darauf thre Hoffnungen fetzten. Nicht habe er baran gedacht, ein Regime ber Defrete einzusehen, nicht habe er niedergeschrieben, daß der Bräfident der Republit das Recht habe, solange im Ministerrat De trete zu erlaffen, die gefeßliche Straft erlangen sollten. Das fei der
zu geben.
Abg. If a ac unterstützt die Forderung der Regierung. Abg. Ro3 beantragt Schluß der Debatte und erklärt, er fehe eine große Gefahr darin, das von der Regierung vorgeschlagene Berfahren anzunehmen.
Danach wird der Antrag auf Schluß der Debatte über Artikel I mit 335 gegen 18 Stimmen angenommen und schließlich auf Verlangen Boincarés mit 325 gegen 218 Sfimmen beschlossen, morgen vormittag fortzufahren.
Das Echo der deutschen Pfalznote. Baris 5. Februar.( Eigener Drahtbericht.) Die deutsche Brotestnote wegen der Pfalz ist am Dienstagmorgen am Quai d'Orfan überreicht worden. Sie hat in der französischen Presse einen Wutausbruch hervorgerufen. Der„ Temps" schreibt besonders scharf; die Note sei zwar nur die Fortsetzung einer langen Serie deutscher Proteste, die Forderungen, die die deutsche Regierung darin stelle, feben aber diesmal ungewöhnlich scharf. Die Note fei um so weniger gerechtfertigt, als die franzöfifche Regierung in diefer Angelegenheit durchaus forrett fei und eine Berständigung mit England über die Pfalz auf einerlei prinzipielle Schwierigteiten stoße.(?!) Man müsse sich deshalb fragen, ob in Berlin die Veröffentlichung der Note erfolgt fei, um von einer franzöfifche englischen Verständigung zu profitieren oder um sie zu erfchweren. Es sei wohl möglich, daß die deutsche Regierung in der bevor stehenden Einigung zwischen Baris und London fich den Anfchein geben wolle, als habe fie Frankreich im letzten Augenblid noch wichtige Konzeffionen abgerungen. Es sei aber auch ebenso gut möglich, daß die bisher von ihr geftellten Bedingungen einen neuen Stonffitiftoff zwischen England und Frankreich haben schaffen wollen.
Der neuernannte deutsche Botschafter v. Hoesch wird in den nächsten Tagen Gelegenheit haben, Boincaré zu sehen und er wird diesen Anlaß benutzen, den seit einigen Wochen unterbrochenen Meinungsaustausch über die Regelung der in den besetzten Gebieten atut gewordenen Fragen wieder aufzunehmen.
Italienischer Wahlkampf.
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Was sich in den kommenden zwei Monaten in Italien abs spielen wird, fällt nur formell unter den Begriff des Wahlfampies: eine Kammer ist aufgelöst worden, eine neue soll gebildet werden da es sich um ein Land mit parlamentarischem Regime handelt, stellt sich das Wort„ Wahlfampf" ganz von selbst ein. In Wirklichkeit wird aber die neue italienische Kammer nicht durch Wahl gebildet, sondern durch ministerielle Ernennung. Im Ministerium des Innern tönnte man bei einigem guten Willen schon heute die Liste der Abgeordneten vorlegen, die am Balmsonntag gewählt" sein werden. Man vergegenwärtige sich das italienische Wahlsystem einerseits, die Stellung der Exekutivgewalt andererseits, und die Genauigkeit dieser Behauptung leuchtet ohne weiteres ein.
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Nach dem neuen Gesetz gilt in Italien das Prinzip der Mehrheitsvertretung. Diejenige Liste, die im ganzen Lande die absolute Stimmenmehrheit erzielt und zwar darf diese absolute Mehrheit nicht weniger als 25 Broz. aller ab gegebenen Stimmen betragen, erzielt zwei Drittel aller Mandate. In das übrige Drittel teilen sich die Minoritätsparteien, die insgesamt das Vielfache der Stimmen der Mehrheitsliste haben fönnten. Die herrschende Pare tei hat nun nicht nur, wie dies die Regierungslisten zur Zeit Giolittis hatten, die Regierungsorgane zu ihrer Berfügung, die Präfekten , die Polizei, die Carabinieri, fondern sie verfügt auch über eine 300000 mann starte Parteimiltz, die bewaffnet ist und die jedmede Gewalttat als Amtshandlung vollziehen kann. Mit diesen Requifiten ausgestattet, hat also die Regierung von vornherein die Mehrheit in Händen; in der Tat ringt jetzt Mussolini , wie seinerzeit Jakob mit Gott, mit seinen Barteigängern um die Aufstellung der Mehrheitsliste, d. h. er stellt die Namen der zu ernennenden Deputierten auf, genau wie er dies bei den Mitgliedern des Senats zu tun hat. Beim Senat werden die vorgeschla genen vom Königernannt; bei der diesmaligen Kam mer erfolgt die Ernennung durch den kostspieligeren und umständlicheren Ritus einer Wahlhandlung.
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Etwas wie ein Wahlkampf wird sich freilich bei der Befehung der der Minderheit vorbehaltenen Mandate abspielen, aber auch hierbei hat der Faschismus dafür gesorgt, daß die Bäume überlebter demokratischer Gebräuche nicht in den Himmel wachsen. Auch ein Teil der Minderheitsper. treter werden diesmal vom Ministerium des Innern er nannt werden, und zwar durch das System der sogenann ten Seitenliften". Die Regierung fagt nämlich, in der unendlichen Großmut, die fie in allen und jedem an den Tag legt: wir beanspruchen durchaus nicht alle Size der Mehrheit für unsere Partei; wir nehmen Männer aller Parteien, sie müssen nur so lauter sein, so tompetent, so gewaltig und erhaben, wie das die Faschisten sind. Für diese Auserwählten, die man von Amis wegen in diese Siegerliste einträgt, will man aber Ersatz haben, und der Ausgleich wird auf die folgende Weise bewerkstelligt. Die Regierung erklärt, auch andere Listen gelten zu lassen, die sich um die Minderheitssize be werben, soweit sie nur nicht aus antinationalen Elementen bestehen. Um aber sicher zu sein, daß diese Seitenlisten" der Duldung und gar der Unterstügung würdig sind, sollen sie mit den Namen von Mitgliedern der faschistischen Partei gespickt werden. Das heißt, man bringt auf diese Weise auch in die Minderheitslisten Faschisten, man sichert, dem Geiste des Gesezes entgegen, Mehrheit und Minderheit derselben Partei!
Hiermit ist aber noch nicht erschöpft, was an tiefer politischer Unreblichkeit hinter dieser Wahlmache steckt, gegen die die Wahlvorbereitungen und der Kuhhandel Giolittis ein reines Kinderspiel war. Denn die bedeutendsten Männer anderer Parteien", mit denen der Faschismus seine Mehrheitsliste garniert, haben die ausdrückliche Aufgabe der moralischen Bestechung und der politischen Verwirrung. Durch diese Namen will man antifaschistische Wahlgebiete für die Mehrheitsliste födern und wird sie födern, mit absoluter Sicherheit, indem man gegen die in Frage stehenden Regionen einmal ihre Unwissenheit, dann ihre persönliche Anhänglichkeit ausschlachtet. Wie Giolitti, mit dem er ungeheuer viele Berührungspunkte hat, versteht es Mussolini ,„ aus allem Boullion zu machen", wie das italienische Sprichwort lautet, von einem jeden sein Bestes und sein Schlechtestes zu nehmen und auszunußen. Die Ausgenutzten und Geprellten find in diesem Falle die füditalienischen Provinzen und die Inseln.
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Bei allen früheren Wahlkreisen waren diese Gegenden das Feld, auf dem jedes Ministerium seine Majorität einheimste. Wegen ihrer rückständigen wirtschaftlichen und fozialen Entwicklung die ihrerseits mehr historisch und geographisch als ethnisch begründet ist fennen der italienische Süden, ebenso wie Sizilien und Sardinien feine eigentliche Parteibildung. Ihr ganzes politisches Leben, das einen mehr lofalen als nationalen Charakter hatte, baute sich auf dem persönlichen Anhang einzelner Männer auf, nicht auf Organi
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