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Nr. 89 41. Jahrgang

Beilage des Vorwärts

Der Aerztestreik.

Eine Auseinandersehung in der Stadtverordnetenversammlung.

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der Kampf der Aerztefchaft gegen die Krankenkaffen im Endziel gegen die gesamte Sozialversicherung gerichtet fet. Ueberall, fogar versicherung immer mehr zu belasten, um fie tatsächlich unmöglich in der Gesundheitsdeputation, fei man darauf aus, die Kranten fierenden bürgerlichen Rechtsparteien feien jegt als zu machen. Den Aerzten und den mit ihnen sympathie Bundesgenossen auch der Obermagistratsrat Meyer und tie kom. muniften erwachten. Nach der Berordnung vom 30. Oftober wird den Krankenkassenärzten sparsamste Wirtschaft zur Pflicht ge­macht, ihnen im Falle des Verstoßes angedroht, daß sie zur Ver­antwortung gezogen werden, und den Kaffen die Zulaffung neuer erzte untersagt. Daraufhin haben die Aerzte zum 1. Dezember den vertraglosen Zustand eingeführt. Durch diesen Behandlungs. streik ist

Freitag, 22. Februar 1924

möglich, daß die Raffen bis zum 25. Februar 1100 Aerzte stellen fönnten, und er schloß mit der Beteuerung, daß die 3000 bis 4000 Aerzte nicht unter das von Wen und Genossen aufgerichtete faudi­nische Joch gehen würden.

An dieser Stelle schob die Versammlung die Abstimmung über die am Dienstag verbondelten Anträge ein. Fast ein­ftimmige Annahme fand der Antrag der Demokraten betreffend fchreiten gegen die an den Berluften der Berliner   Brennstoffgefell. die dritte Steuernetverordnung; auch der Antrag, der das Ein­fchaft Schuldigen fordert, wurde der seit 1. August 1914 zugewanderten Asländer. angenommen. Abgelehnt wurde dagegen der Antrag der Deutschnationalen wegen Ausweifung

In der fortgefesten Ansprache über die ärztliche Versorgung tra­ten dann nacheinander noch Gen. Dr. Moses und Gen. Dr. Weyl Ursachen bes jahrzehntelangen Rampfes zwischen Kassen und Aerzten in die Schranken. Dr. Mofes wies barauf hin, daß zu den tieferen auch das faftum gehöre,

Bei der gestrigen Fortsetzung der Stadtverordnetendebatte über ben Aerztestreit beleuchteten die Rebner der sozialbemo fratischen Graftion das Berhalten der Aerzte. Den Reigen eröffnete Genoffe Thurm mit einer großen Rede, in der er aus dem bergehoch bei den Krankenkassen aufgehäuften Anklage: material manche sehr böse Probe mitteilte. Wie Keulenschläge mirften feine Ausführungen über diejenigen Aerzte, die von Raffen­mitgliedern die hohen Honorare der Privatpragis forderten und bei Unfähigkeit zu fofortiger Bezahlung sich durch Pfändung von Uhren und Ueberziehern sicherten. Aerztehaß gegen die Strankentassen ist sogar nicht zurückgeschreckt vor dem Bersuch, Kaffenmitglieder zu betrügerischer Schädigung der Stranfenfaffen zu verleiten. Genoffe Dr. Moses zeigte den wirt schaft'ichen Untergrund des Kampfes der Kaffenärzte, die in ihrer Mehrheit feit langem unter ihrem Leberangebot leiden. Er geißelte den Terror, den Aerzte nicht nur gegen andersdenkende Kollegen, sondern auch gegen bilfesuchende krante für zulässig ge­halten haben. Ein Aerzteführer habe z. B. einer ihre Kassenpragis fortschenden Aerztin erklärt, fie dürfe das nicht, auch wenn die Kranten berreden". Genosse Dr. 23en I tennzeichnete das Bündnis zwischen den kommunisten und jenen Aerzten, die ihren Kampf auf dem Rüden ber Raffenmitglieder Das Gemeinwohl stellen. Nun wollen die Aerzte unter der Be Die Herren wollten nicht wieder tie Arbeit aufnehmen, bevor die

daß es in den großen Städten zuviel Aerzte gibt, daß auch die Aerzte im fapitalistischen Staate der wirtschaftlichen Jest erflären die Herren Aerzte, fie feien eine Gewerkschaft und führ Konjunktur, bem Gesetz von Angebot und Nachfrage, unterliegen. ten ihren Kampf mit gemerfidhaftlichen Mitteln. Die Aerzte fön­nen aber gar feine Gemerfidaft bilben, fie sind ein Zusammenschluß von fleinen Gewerbetreibenden. Bom medizinischen Standpunti ge ben nicht die Ambulatorien, sondern im Gegenteil gerade die Spredj stunden der Kaffenlöwen" Anlaß zu schweren Bedenken. Herr Kirdy handlungsstelle in der Klosterstraße in Augen chein nehmen. Unsere ner follte einmal, wie es der Oberbürgermeister getan hat, die Bes hat Dr. Falkenberg dem ganzen Aerztestand sehr geschadet; auf solche die- ngienifer erblicken darin einen großen Fertschritt Mit seiner Rede Weise wird im Publikum das Vertrauen zu den Aerzten vernichtet.

den Kaffen und den Versicherten ungeheurer Schaden zugefügt worden. Was die Rechtslage betrifft, so sbellt sich das Gutachten des Geh. Justizrats Hahn- Wilmersdorf ebenso wie ber Reichsarbeitsminister durchaus auf die Seite der Krankenkassen. Der Minister stellt in seinem Schreiben vom 26. Januar an den Kranken faffenverband feft, daß die alten Berträge durch den Ber tragsbruch der Aerzte erlojden find. Recht und Gesetz stehen auf feiten der Kaffen und der Bersicherten, und ebenso alle die jenigen, die nicht die Interessen einer bestimmten Berufsgruppe über bingung der freien Arztwahl weiterarbeiten.

Am Personal und am Gehalt ist bei den Krantentasjen bis 40 Proz. abgebaut; bei den Aerzten aber soll tein Abban erfolgen!

und mit solchen Mitteln ausfechten. Er erwähnte einen geradezu ungeheuerlichen Fall von Lerror gegen ein Kassenmitglied, dessen Behar dlung der Arzt mit der Begründung verweigert habe, daß hier nicht Lebensgefahr vorliege, fondern höchstens Verlust des Augen- Die Herren find sogar beim General v. Seedi vorstellig geworden, lidhtes eintreten fönnte. Gegenüber den Raffen halten die Aerzte daß er auf Grund des Belagerungszustandes gegen die Kaffen ein an ihrem Herrenstandpunt fest, mie menn nicht fie unterschreite!( Lebhaftes hört, hört!)- Nachdem man mit dem Bertrags legen wären. Zur Abstimmung über die Anträge der Deutschnatio- bruch nichts erreicht hat, versucht man auf anderem Wege die Zer nalen und der Kommunisten tam es auch in dieser Sigung noch nicht. trümmerung der Sozialversicherung. Man verordnet die teuersten Arzneien und nimmt den Kranten ungeheure hono rare ab Redner führte dafür eine Reihe höchst drastischer Bei an­fpiele, zum Teil unter Namensnennung, an und man geht anbe rerseits denen, die sich der guten Sache zur Verfügung gestellt haben, Kreisarzt von Lichtenberg   drohte, bie Aerzte einer Behandlungsstelle, mit Drohungen und Verleumdungen zu Leibe Der stellvertretende wenn sie nicht sofort die Arbeit einstellten, durch die Polizei hinaus bringen zu lassen! Das Netz der Behandlungsstellen muß bestehen bleiben, es muß muftergültig ausgebaut und endlich

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In der geftrigen Sitzung war zunächst der Ausschuß für die Borbereitung ber Biederbesehung der Stelle des zweiten Bürger­meisters zu wählen. Die D. Bp. wollte diesen Ausschuß oder Abbaues der Magistratsmitglieder betraut wiffen und evtl. einen besonderen Ausschuß mit der Prüfung der Frage des verlangte dafür die Dringlichkeit, fiel damit indessen ab.

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Nachdem der Nachtrag zur Bergnügungssteuerordnung ohne Aussprache abgelehnt war, befaßte sich die Bersammlung mit der Abänderung des Ortsstatuts für die Gewerbegerichte, wonach die die Familienversicherung Entschädigung der Beisiger für jede Sigung hin eingeführt werden. Der Antrag der Deutschnationalen mole ber der fort 2 Goldmart betragen soll. Bon unseren Genossen Kommunisten verstoßen gegen die Interessen der Bersicherten und murde beantragt, daß darüber hinaus der Betrag erstattet werden gegen die Intereffen der Arbeiterklasse. Wir wünschen auch eine foll, falls der Lohn- oder Gehaltsausfall 2 M. überfteigt, und der möglichst schnelle Regelung im Interesse der Versicherten, barum Wirtschaftsparteiler Gronewaldt wollte dem Gericht das Recht ein- lehnen wir beide Anträre ob; mögen fie mandern, wohin fie ge räumen, von den Rechtsuchenden einen Kostenvorschuß zu verhören: in den Papierkorb!( Lebhafter Beifall bei den Sozialbemo langen. Nach turzer Aussprache wurde für diese Fragen Ausschuß- traten.) beratung beschlossen. Die Sagung für das Ernährungswesen fam mit der Aenderung zur Annahme. daß in der Deputation die Bersammlung burch 17 fiatt durch 11 Mitglieder vertreten fein foll. Hierauf fegte man die vor 8 Tagen begonnene Beratung der Anträge der Deutschnationalen und der Kommunisten betr. die

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ärztliche Bersorgung der Berliner   Bevölkerung

fort: Mit der Aussprache verbunden wurde eine Anfrage der Deutschnationalen, was der Magistrat gegen die Errichtung von Beratungsstellen im Lichtenberger Rathause zu tun gedenfe.

Qbermagiftratsrat Meyer teilte einleitend mit, daß inzwischen tatsächlich das Oberversicherungsamt die bekannte Verfügung bes Bersicherungsamts aufgehoben und die Ausführung ausgefeht habe, indem es die Rechtsgründe des beteiligten Minifteriums reprobierte. Am 15. Februar fei vom Oberversicherungsamt wegen der Sicher stellung der ärztlichen Versorgung Berlins   eine anderweite Ber fügung ergangen, wonach die Kranfenfaffen bis zum 25. Februar den Nachweis zu führen haben, daß fie auf je 1350 Berficherie einen Arzt vertraglich bestellt haben.

Gen. Thurm gab in ausführlichem Bortrage eine umfassende Darstellung ber tatsächlichen und der Rechtslage der ganzen Streit frage. Er stellte an die Spize seiner Darlegung ble These, daß

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( Nachdruck durch Mall- Berlag, Berlin  .)

Der Bürger.

Von Leonhard Frank  .

Als ob der Entschluß, der seinem ganzen weiteren Leben eine andere Richtung geben mußte, fefündlich in Jürgens Empfinden übergegangen wäre, hatte sich mit dem Entschluffe unversehens sein ganzes Rörpergefühl verwandelt. Gang und Glieder waren schwer geworden. Alles Gewesene und die Umwelt hatten an Gewicht verloren. Jürgen, entschloffen, fich auf sich zu nehmen, verließ, ein schweres Ganzes, die Billa  , um nicht mehr zurückzukehren. Sein Gefühl wußte, was er auf sich nahm. Dieses Ge­fühlsbewußtsein lastete von dem ersten Schritte an, ben er außerhalb des Gartens tat, so schwer in thm, als hätte es seit Jahren sein Besen bestimmt. Das Bisherige war verfunten. Dahin gab es fein Zurüd mehr.

Er möge ein bißchen warten, rief Ratharina durch die verschlossene Tür, trat schnell vom Arbeitstisch weg in die Mitte des dunklen Ballenkreuzes, das den Fußboden vierteilte. Beide Hände in den Taschen bes Sweaters, blickte fie prüfend rundum in ihrem großen Barterrezimmer, ohne fdh vom Plage zu bewegen. Die geblümte Tapete, älter als Katharina, war mit vielen freisrunden Rostflecten übersät, an vielen Stellen gesprungen und mit Markenpapier zufam mengeklebt. Nur eine Gasflamme brannte an dem Doppelarm. Nachdenklich strich sie sich mit dem dünnen Mittelfinger über die braune, gebogene Braue, berührte dabei die Lippe mit der Zungenfpike, wie vor Jahren an dem Abend, da sie, stehend in ihrem Mädchenzimmer, den Entschluß, für immer das Elternhaus zu verlassen, gefaßt und fofort qusgeführt hatte.

Auch feht machte Re diese Doppelgebärde, als habe sie einen Entschluß gefaßt, entzündete den zweiten Glühstrumpf, schloß das Fenster, von dem aus die fernblinkenden roten und blauen Lichter des Rangierbahnhofes und der Eisenbahnwert stätte zu sehen waren, und zog den Vorhang zu. Mehr Ber­schönerungsmöglichkeiten gab es nicht.

Im Zimmer, nun abgefchloffen von der Außenwelt, war es ganz still. Nur das Herz flopfte. Schon mittenweges zur

Stadtmedizinalrat Rabnow erflärte, baß der Magiftrat schwerlich ein Recht habe, in die Befugnisse des Bezirksamts Lichten berg einzugreifen und beftritt, daß in der Gesundheitsbeputation das Bestreben dahin gehe, die Kaffen immer mehr zu belasten; die Finanzlage der Stadt fei noch schlechter als bie der Staffen. Ober­magistratsrat Meyer legte gegen die Anzweiflung feiner Unpar teilichkeit Verwahrung ein.

Die Sache der Aerzteorganisation zu führen hieß sich nunmehr Dr. Faltenberg( D. Rp.) angelegen fein.

Eine Rede Dr. Faltenbergs mit einem Wutausbruch zu vergleichen

würde feine Uebertreibung bedeuten. Er began sofort damit, den Genossen Thurm als Sachwalter der Kranfenfaffen abzulehnen, da bag er eines objettinen Urteils unfähig sei; dann stellte er feft, bag aus ihm ein so erbitterier Haß gegen die Aerzte gesprochen habe, baß die Aerzte zur fristlosen Ründigung berechtigt waren, ein Bertrags: bruch daher gar nicht vorliege. Den größten Raum in seiner Rede

nahmen dann feine

Denunziationen der Nothelfer in den Ambulatorien, und Angriffe auf Dr. Weŋl und Dr. Moses als Vertreter des Krankenkassenärztevereins ein. Er erklärte es für absolut un

Tür, fehrte sie noch einmal um, setzte sich, Hand auf dem Her. zen und staunte.

Hinter der verfchlossenen Tür stand Jürgen in schwerer Ruhe.

Sie schob, nachdem fie die Tür geöffnet hatte, beide Hände fofort wieder in die Sweatertaschen, erkannte an Jürgens Blick fofort, daß der Grund seines Besuches ein anderer war, und nahm die Hände wieder heraus.

Er hatte ihr nicht die Hand gereicht. Er saß schwer am Tisch und erzählte, ohne Einleitung, fachlich und ohne Scham, als schildere er das Erlebnis eines anderen, was sich gestern mit ihm ereignet hatte. Dabei machte seine Hand, die schwer auflag, kleine verstärkende Bewegungen. Auch als er, bemüht, fich und ihr das gestern Geschehene verständlich zu machen. in großen Zügen sein bisheriges Leben erzählte, schilderte er die Leiden, die Demütigungen und die nicht durchgefämpften Kämpfe des Kindes und Jünglings fo, als spräche er von einem beliebigen anderen.

So ergab sich, während sie die Abendsuppe bereitete auf dem Gastocher, der auf einem niedrigen Riftchen stand, so daß fie öfters in tiefer Kniebeuge fizzen mußte, ein Gespräch über Einzel- Ich und Umwelt.

Einst, vor Jahren, als sie noch nicht Sozialistin gewefen fei, habe sie sich vorgestellt, was gefchehen würbe, wenn ein mal eine ganze Generation nicht als machtlose Kinder, fondern, ungebrochen durch faliche Erziehung. Autorität und Umwelt, gleich als 3wanzigjährige geboren werden und so auf dem Rampfplag erscheinen würde. Mit der Kraft ihres unverboge­nen Wesens würde diese Generation ohne Schwierigkeit das Ganze über den Haufen werfen.

Leider aber fommt der Mensch als wehrlofer Säugling auf die Welt," schloß fie und lächelte froh, als sei diese Wehr losigkeit das Erfreulichste, das dem Säugling gefchehen könne. Das Herz flopfte nicht mehr.

Sie gab sich Mühe, besonders gut zu fochen, fragte, ob er die Haferfuppe lieber dick oder dünn, füß oder weniger füß effe. Das ist mir ganz gleich. Ich habe noch niemals Hafer. fuppe gegessen" Er beobachtete, wie sie herumhantierte, fich tief zu Boden beugte, wieder sentrecht stand. Glatt und fest wie ein junges Baumstämmchen, junges Nußbaumstämmchen," fiel ihm ein.

Sie stand, ein rechter Binkel, über den Gastocher gebeugt.

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Berordnung aufgehoben sei- fie ist nicht aufgehoben und wird nicht aufgehoben werden, die Aerzte haben gewerkschaftlich" eine glatte Niederlage erlitten.

Uhr, Heften, Ueberzieher abgenommen, ja felbft Trauringe von den Das Alergste ist, daß den Kranken, die nicht sofort zahlen konnten, Fingern gezogen worden sind!

hat einer Aerztin Dr. Kraus in Adlershof   die Behandlung von Der Borsitzende des Groß- Berliner Aerztebundes, Dr. Scherer, Stoffen tranfen mit tem Ausdrud und wenn sie verreden!" verboten( Bfuirufe), worauf die Aerztin   dieser Organisation den Rüden zu fehren erflärt hat. Hoffentlich sorgt man für gericht. fiche Rlarstellung dieses Falles. Die Aerzteorganisation liche Klarstellung diefes Falles. Die Aerzteorganisation fiänden haben wir ben Wut besessen, Echiuß! zuzurufen. Wir sind operiert mit einem Terror fch.immifter Sorte, auch über die AEG. hat fie den Behandlungsstreif verhängt. Diesen unhaltbaren Zu toiz, den Kaffen Helfer geworden zu fein und werden die höhnende Bezeichnung Notheifer" als Chrentitel betrachten.

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Gen. Dr. Bey! sprach die Ueberzeugung aus, daß die Kom munisten, die sich in der Tendenz ihres Antrags mit den Deutsch nationalen begegnen, sich irrten, wenn sie hofften, auch auf diesem Gebiete durch Zersplitterung politische Geschäfte zu machen. Den Bemühungen des Dr. Faltenberg, die" Rothelfer" lächerlich zu machen, tönnte

gegenübergestellt werden. Nur ein Beispiel: Ein Augenarzt einmal wuchfigeres Gegenmaterial der Krankenkassen lehnte die Behandlung eines Batienten ab,

da Lebensgefahr nicht vorhanden fel, sondern nur das Augen. licht verloren gehen fönnte, aber man fönne auch ohne Augen­licht sehr gut weiter leben!

fuirufe und Erregung.) Bon den Berliner   Aerzten feien guit 30 bis 40 Proz. beschäftigt; die anderen 60 bis 70 Pro3. hätten nur menig zu tun und schimpften andauernd auf die Kassen. In die Anarchie der. ärztlichen Bersorgung müsse eine gewiffe Blanmäßigkeit hineinfommen, dann würden die Aerzte auch nicht mehr Träger von Lohnbewegungen fein. Bon ihrem großenwahnsinni. g'en Selbstbewußtsein müßten die Aerzte zurüdtommen; fie tönnten nicht den Rassen einen Diftatfrieden auferlegen. Hinfer ben Krantenfaffen stehe auch die Gesamtheit der Betriebskranken. Raffen, für die Aerzte und für die öffentliche Gesundheitspflege faffen. Das System der unbeschränkten freien Arztwahl sei für die tung fönne helfen; die Aerzte felbst müßten für einen Ausgleich, von dem gleichen Nachteil. Nicht die Behörden, nicht die Berwal für eine Verständigung forgen.

Nachdem noch Frau Deutsch  ( Dem.) abermals für die freie Arztwahl eingetreten, murde nach den Schlußworten von Kirchner Dnati.) und Schwend( Romm.) die Abstimmung verschoben und die Sizung gegen 10 Uhr geschloffen.

Bon jest an wirft du vermutlich sehr oft Haferfuppe essen, bachte fie, während sie die zwei dampfenden, zu vollen Suppen teller vorsichtig durch das Zimmer trug zum Tisch, der am Fenster stand.

Jürgen, tief dabei, die Summe feines bisherigen Erlebens, Erleidens, Erkennens zu ziehen, bereitet und gewillt, von nun an flaren Bewußtseins zu handeln, bedurfte in dieser Stunde, da er im Rückblick auf sein Leben schon und erst den Aufbruch zu sich selbst begann, noch des Verweilens bei den Ursachen, bestrebt, ihr Jneinandergreifen fehlerlos zu erkennen.

Er dachte: Der Sozialismus muß sich auf allen Gebieten des Lebens mit absoluter Notwendigkeit und Ausschließlichkeit ergeben aus dem Wahnsinn des Bestehenden. Die Rechnung muß stimmen. Und fagte:

Es gibt nicht nur eine herrschende Klasse und unterdrückte Klaffen; es gibt auch eine jeweils herrschende Generation, die durch alle Klaffen durchgeht: Alle Erwachsenen nämlich, die, machtstrozend, mit Hilfe der bestehenden Seelenmord- Gesell schaftsordnung, in ber fte felbft tödlich verstrickt und unter gegangen find, die heranwachsenden Generationen abwürgen, entfelbften... In diesem Sinne bilden alle Erwachsenen zu­fammen eine granitene Einheit, einen Wall, gegen den die Heranwachsenden vergebens anrennen, fo lange anrennen, bis fie felbst entfelbftete, lebende Leichen sind und Teile des Walles bilden, gegen die neu heranwachsenden Generationen."

Sie stand rückwärts und rieb, betrachtete den Löffel, rieb weiter, hauchte ihn an. Der verzinnte Blechlöffel betam feinen Glanz

" Denn wenn es auch eine Tatsache ist, daß jeder Mensch als Reines Ich" geboren wird, ist es eine ebenso unum' toß­liche Tatsache, daß das Reine Jch ganz und gar unentwideft, ganz und gar versunken und verschüttet und ertötet ist im Bürger des zwanzigsten Jahrhunderts.. Aber wie steht es mit der Entwicklungsmöglichkeit des Jch im Proletariert nde? Wie verhalten sich Umwelt und proletarische Eltern zu dem Ich im proletarischen Rinde und umgekehrt?"

Darüber habe sie noch nicht nachgedacht. Katharina stand noch einmal auf, framte lange in einet Schublade und legte dann eine Bapierserviette vor Jürgen hin.

Das ist aber eine sehr wichtige Frage. Auch hier müßte die Rechnung stimmen."

( Fortsetzung folgt.)