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steffte, als sie die Niederwerfung des Ludendorff- Hitler- Bor-| Aktion. Auch das Berliner Tageblatt" unterstreicht die stoßes erfordert hätte. Wir sind allerdings überzeugt, daß die politischen Absichten der Herren Busch, Lewald und Welser: Reichswehr   die Hoffnungen der Münchener   Verschwörer zu- Es kann im Ernst gar feinem Zweifel unterliegen, daß dieser schanden gemacht hätte, falls man nur in Brlin den ganze Eingriff in das Reichsinnenministerium von einer politi Mut aufgebracht haben würde, ihr den notwendigen schen Tendenz diftiert, daß die sachgemäße Bearbeitung", die Befehl zu geben. So gut wie in Küstrin   die Buchrucker-" Sparinteressen" ais Kulissen aufgebaut sind, hinter denen die wahre Helden zusammengeschossen wurden, so gut wie die bayerische   Absicht der Akteure verborgen ist." Landespolizei im Berein mit den Lossow- Truppen schließlich selbst auf Ludendorff   feuerte, so gut hätten auch die übrigen Reichswehrteile ihre Schuldigkeit getan, wenn man sie nur zur Berteidigung der republikanischen Verfassung aufgerufen hätte. Ein Zweifel daran wäre eine Beleidigung der Reichs wehrtruppen.

Nun hat aber das Boltsgericht in die Eintönigkeit der Anklagen der Angeklagten gegen die Kahr- Gruppe eine über­raschende Abwechslung gebracht. Es hat beschlossen, die Er­örterung der Fragen, die den steckbrieflich verfolgten Kapitän Ehrhardt betreffen, ebenso wie den Kompler der nord­deutschen" Fragen in die Dunfeltammer der Ge heimsizung zu verweisen. Dieser Beschluß wird im In und Auslande Ueberraschung hervorrufen und Anlaß zu Be­trachtungen geben, die dem Ansehen des Deutschen Reiches in feiner Weise förderlich sein werden. Es wird naturgemäß die Frage aufgeworfen, wie es überhaupt möglich war, daß in einem Teile der deutschen   Republit der gewerbs mäßige Butsch ist, der nicht nur wegen vollendeten Hoch­perrats, sondern wegen Antiftung zum Meineide fted brieflich gesucht wird, der eine Dame, die ihm nertraute, jenes Brinzeßchen Hohenlohe, zur Abgabe einer falschen eidlichen Aussage veranlaßte und sie dann ihrem

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Das Berliner Tageblatt" fordert deswegen, daß dieser Beschluß von weittragender Bedeutung nachgeprüft werden muß:

Es ist jetzt Sache des Reichskabinetts, des Reichstags und auch des Reichspräsidenten  , die Ausführung eines Beschlusses zu der. hindern, der die Republik   schädigen soll und die Absicht hinter durchsichtigen Borwänden verstedt. Es muß verhütet werden, daß die Abbaukommission die ihr von der Republik   anver traube Macht zur Entfernung gerade der entschiedenen republifani­schen Beamten mißbraucht."

minister find nun freilich foum Instanzen, von denen man eine Die Reichsregierung schließlich und der Herr Reichsinnen­Revidierung dieser republiffeindlichen Aktion erwarten fann. Sie wissen offensichtlich ganz genau, was dieser Beschluß be­deutet und aus welchem Grunde er gefaßt wurde. Die fom mentarlose Mitteilung an die Deffentlichkeit ist in ihrem Schweigen beredt genug. Helfen fönnte höchstens der Reichstag  . Ob er eingreifen wird? Db Demokraten und Bentrum es wagen werden, gegen den Stachel zu löcken? Man muß nach allem, was man erlebt hat, allerdings mehr als ein Fragezeichen dahinterseßen.

Es tommt aber noch schlimmer. Am 13. Februar erftes Dr. Brauns eine Verordnung, die die Arbeitszeit in den Krantenpflegeanstalten, ausschließlich der Pau­fen, auf 60 Stunden die Woche fest fett. Wir erwähnen dabei gar nicht die Verlängerung der Arbeitszeit der Beamten, Arbeiter und Angestellten des Reichs bei gleichzeitiger Kürzung der Bezüge, die ebenfalls mit Zustimmung des Reichs­arbeitsministers zustande fam. Wenn Dr. Brauns also etwas be­richtigen will, dann mag er zunächst seine reaktionäre Politit ce­ridjtigen.

Thüringer   Kurs.

richteten Kreisen verlautet, daß die Thüringer   Industriellen bei der Weimar  , 27. Februar.( Eigener Drahtbericht.) In unter Reichsregierung vorstellig geworden sind, um eine weitere Be­etung Thüringens   mit Reichswehr   zu erreichen. An gründet wird diese Forderung u. a. auch mit einer Aeußerung des geblich sollen sie sich sogar bereiterklärt haben, die Kosten für die weitere Beschung Thüringens   aus eigener Tasche zu bezahlen. Be­ehemaligen kommunistischen Ministers und jeßigen Abgeordneten gründet wird diese Forderung u. a. auch mit einer Aeußerung des ehemaligen kommunistischen   Ministers und jezigen Abgeordneten werden noch etwas erleben, wenn die Reichswehr   abgezogen ist, wir Dr. Korsch im Landtag. Korsch fagte u. a. zur Rechten: Sie werden den Spieß umdrehen, werden über Sie fommen, und ich fordere das Proletariat auf, mit allen Mitteln dafür zu kämpfen, daß die Regierung ersetzt wird durch die Diktatur des revolutionären Proletariats." Diese und auch andere Aeußerungen fommunistischer Abgeordneter will man als Grund für eine weitere Besetzung Thüringens   gelten laffen.

Die Säuberungsaktion der thüringischen Regierung des Drd­

Schicksal überließ wie diefer Mann überhaupt in Bayern   Dr. Brauns und die Arbeitszeitverordnung. nungsbundes hat bereits begonnen. Die Worte der Regierungs bei allen Behörden ein- und ausgehen und seine zersetzende Tätigkeit fortführen konnte. Man wird weiter fragen, welchen geheimnisvollen Einfluß dieser Anstifter zum Meineid und zum Hochverrat auf amtliche bayerische   Stellen ausüben fonnte, daß man ihn nicht nur ungeschoren ließ, sondern ihn sogar zum Organisatorder berühmten, Motpolizei" an der thüringischen Grenze bestimmte.

Das Wolff- Bureau verbreitet folgende Meldung, die aus dem erklärung, daß die neuen Männer nicht parteimäßig re­Reichsarbeitsministerium stammt:

Und weiter taucht die Frage auf, welche Beziehun gen zu Norddeutschland bestanden haben, die das Licht der Deffentlichkeit zu scheuen hätten. Alles, was bisher im Hitler- Prozeß verhandelt wurde, ist bereits so herabsehend für das Ansehen der deutschen   Republit, daß auch die Auf­deckung der Ehrhardt- Geheimnisse taum noch etwas schädigen tönnte. Die Berweisung in die Geheimverhandlung wird da gegen den Eindruck vertiefen, daß außer den be tannten sich in Bayern   noch Dinge abspielten, die das Licht der Deffentlichkeit zu scheuen haben.

Der Reichsjuftizminister stammt ja aus Kahr  - Bayern  , er hat sicherlich die nötige Möglichkeit zur Afteneinsicht gehabt und fönnte, wenn er wollte, vielleicht im Reichstag darüber Auskunft geben, welche Dinge und welche Beziehungen es sind, die sogar dem Münchener   Boltsgericht für so bedent­lich erscheinen, daß sie nicht in öffentlicher Gerichtssigung er örtert werden können. Aber Emminger lebt ja des naiven Glaubens, daß Ehrhardt nicht in Bayern  , sondern bei Inns brud feinen Wohnsiz habe. Da wird er auch wohl überzeugt lein, daß im Münchener   Brozeß alles in Ordnung sei. Und die breiten Massen des Volkes, die von der Mitbestimmung glücklich ausgeschaltet sind, haben lediglich das Recht, aber au die Pflicht, sich über das Dunkelfammerverfahren ihre eigenen Gedanken zu machen.

Abbau der Republik  .

Die fommentarlofe Beröffentlichung des Protofolls über den famosen Beschluß der sogenannten Verwaltungs­abbautommission ist eine Bestätigung der Angaben, die die republikanische Presse in den letzten Tagen gemacht hat, mie man sie unverfrorener wirklich nicht hätte erwarten sollen. Die volksparteiliche 3eit" hat die Stirn, zu dem Protest zahlreicher Berliner   Blätter zu bemerken: Diese Maßnahme stößt in gewissen politischen Kreisen auf starten Widerspruch, scheint uns aber gerade deshalb ein Schritt in der rechten Richtung zu sein." Damit enthüllt das volks parteiliche Organ nur noch deutlicher den mirtlichen 3wed diefer in ein fachliches Gewand gekleideten politischen

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Das Lied vom Sterben. Ronzertumschau von Kurt Ginger. Der in Berlin   lebende Romponist Waldemar v. Baußern verdient hohe Beachtung als ein Mann edlen Wollens und tiefer tünstlerischer Veranlagung. Er lebt in der Welt der Romantit mit feinem Herzen und erstrebt einen neuen Stil für das Oratorium, das durch Einzelgefang tontemplativer Art, Chor und finfonische Ausmalung befonderer Stimmung jede äußere Handlung erfeßen foil. Er stellt sich also im hohen Lied vom Leben und Sterben" den Tert felber zusammen, Lyrit nachdenklicher, geifti ger, philosophischer Art mit Atzenten der Wehmut, des Leids, der Lodesahnung. Neben Goethe, Möride, C. F. Meyer  , Eichendorff  steht Nietzsche   und Hebbel  , deren Tegten die Musit nicht ohne Ge malt beikommt, steht dichterisch Flaches( Ritter, Petri, Stern). Bor allem: man spürt innerhalb dieser Gedichtreihe feine organische Entwicklung eines einheitlichen Gedankens, wie ihn etwa Brahms  im Requiem, Zilcher   in der Liebesmesse, felbft Bfigner in feiner Rantate von deutscher Seele durchführte. Leben und Sterben gewiß ist das ein Kontrast. Aber in ihm steden tausend Möglich teiten der Stufung von Kommen und Jauchzen, von Klagen und Abschied. Sie hat Baußnern in einer seltsam wehen Einstellung zum Leben nicht annähernd vermittelt. Auch durch die Musik nicht. Er schreibt einen herben, an Brahms   geschulten Chorsay, er schreibt, mit Wagners Hauptthema der Fauft- Ouvertüre be ginnend, einen sehr jatten, sehr lärmenden oder sehr düsteren infonischen Sat. Auch hier weiß er die mittleren Schattierungen und gar die der Liebe nicht zu beschwören, doch ist die Monotonie durch rhythmischen Schwung, durch rasendes Tempo vermieden. Wenig eingängig ist seine Melodie, fie scheint gar nicht aus der Sehnsucht nach dem Singen geboren, sondern aus der besten Ver­bindungsfreude mit dem Orchester. Der ganze erste Teil des Werkes leidet unter diefer Stofflosigkeit; der zweite dagegen rafft fich zu großen und heiligen Bekenntnissen auf, vom tänzerisch be megten Eingangschor bis zum düster verhallenden Memento mori  . Dieser Teil für sich hat die erstrebenswerte Einheit, die dem Ganzen abgeht. Hier ist auch die Wirkung tief, nicht nur alarmierend und äußerlich erzwungen. Hier wäre von dem Komponisten selbst zu lernen, wie etwa das aussterbende Dratorium wieder Lebenskraft erhalten könne Theorie hin, Theorie her: die Tat entscheidet. Baußnern hat sie nicht geleistet, aber angedeutet. Bielleicht vollen bet er fie in einem anderen Lied, das Jugend, Freude, Leben birgt. Der Chor der Singafademie wurde ben Schwierigkeiten ( bis auf einen A- cappella- Chor) gerecht. Doch hörte man die pp- Teile gar nicht mehr. Anscheinend ist der Uebergang von Sing atademie zu Bhilharmonie akustisch noch nicht vollendet. Georg Schumann   ist den sinfonischen Gebilden gegenüber hilfslos; fogar der exzellente Schlagzeugverwalter der Philharmonie verliert bie Geduld und den rhythmischen Sinn bei so unpräzisen Dirigier.

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gieren werden, find also bereits wenige Stunden nach ihrem Aus. spruch als Lüge gekennzeichnet worden. Bisher wurden die Ministerialdirektoren Brill und Rittweger, außerdem der Bolizeimajor Etscheid ihrer Stellungen enthoben. Andere Sezial demokraten sollen in den nächsten Tagen zur Ruhe gesetzt wer den. Sie find in ihrer Mehrzahl als Beamte pensionsberech-

Der ,, Borwärts" bringt in seiner Nummer 97 vom 27. Februar im Anschluß an die Rede des Reichsarbeitsministers in der Sigung des Reichstages vom 26. Februar folgende Ausführung: Herr Brauns follte auch nicht vergessen, wie gerade er im Reichsfabinett auf die Borkriegsarbeitszeit in den wichtigsten Zweigen der Ur­produktion immer wieder hingedrängt hat und es nur dem Ein­fluß der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion und ihrer mitigt, so daß also die Parteien des Ordnungsbundes, die das nister zu danken ist, daß Herr Dr. Brauns nicht damals schon die Ziele erreichte, die er in der rein bürgerlichen Regierung mit größerem Erfolg angestrebt hat." Die Behauptungen, wie uns Don zuständiger Stelle mitgeteilt wird, sind unwahr. Der Arbeits­minister hat sich nicht für die Vorkriegsarbeitszeit in der Ur produktion eingesetzt. Er hat im Gegenteil für die Schwerarbeiter eine fürzere als die Borkriegsarbeitszeit( 3. B. für den Bergbau 8 Stunden, einschließlich Ein- und Ausfahrt) vertreten. Im 2. Rabinett Strefemann, dem auch die sozialdemokratischen Minister noch angehörten, hat der erste Entwurf der Arbeitszeitverordnung, der den Beratungen des interfraktionellen Ausschusses der vier Parteien der Großen Koalition vorgelegt worden ist, auf der Tagesordnung des 12. und 13. Oftober gestanden und ist ein stimmig angenommen worden. Das sind die Tatsachen.

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Sparen" zu einem ihrer Programmpunkte erheben haben, außer den Gehältern für die Nachfolger, die Pensionen für die entlassenen Sozialdemokraten zahlen müssen. Es handelt sich also um eine Reinigung der Luft" wie die Beit" des Herrn Stresemann fo schön sagt, die sämtliche Parteien des Ordnungsbundes schon jetzt der Lüge überführt; denn ihr Sparen" drückt sich aus durch un nötige Ausgaben für neue Beamte, und die verkündete unparteiische" Regentschaft ist gleichbedeutend mit der Maßregelung aller Personen, die sich dem Schwindel des Ordnungsbundes nicht angeschlossen haben.

Soweit die Erklärung des Reichsarbeitsministers. Dr. Brauns bestätigt also, daß die Beschlüsse des Reichskabinetts, an denen fozialdemokratische Minister mitgewirkt haben, übereinstimmhat ten mit den Abmachungen der vier Koalitionsparteien. Er per schweigt jedoch, daß die von ihm nach dem Austritt der sozial demokratischen Minister erlassene Berordnung über die Arbeitszeit mit den Abmachungen nicht mehr übereinstimmte. Was besonders die Arbeitszeit im Bergbau betrifft, erklärt Dr Brauns selbst, daß fie ursprünglich 8 Stunden, einschließlich Ein und Ausfahrt betragen sollte. In der von ihm nach dem Aus scheiden der sozialdemokratischen Minister erlassenen Arbeitsze: tner ordnung heißt es jedoch darüber:

Im Steinfohlenbergbau gilt als regelmäßige tägliche Arbeits­zeit die Schichtzeit; sie wird gerechnet pom Beginne der Seilfahrt bei der Einfahrt bis zum Wiederbeginne bei der Aus­fahrt....

Die Ausfahrt wird also nicht mehr zur Arbeitszeit gerechnet. Aehnliche Verschlechterungen find auch in den anderen Bestimmun gen der Arbeitszeitverordnung hineinredigiert worden. Was die Politik des Reichsarbeitsministers aber besonders tennzeichnet, ft die Brazis der Schiedssprüche", die seit Wochen geübt wird. Da wird ohne weiteres der Achtstundentag befettigt und eine 54stündige Wochenarbeitszeit und darüber festgelegt. Und folche Schiedssprüche werden dann noch und das ist der Gipfel des Standals- für allgemeinverbindlich erklärt.

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zeichen Das Chorische hatte er sicher studiert. Albert Fischer leistete als Vermittler menschlicher Stimmungen und Leidenswege Großartiges; Frau Günther- Klemann singt nicht sehr innerlich, Fräulein Ellger und Baul Bauer waren beste Quartettstügen. Die Gemeinschaft proletarischer mufit. freunde" gab in der Ginakademie ihr zweites Chorkonzert dieses Winters. Diese singfrohen Menschen sind von einer üppigen Atti­pität. Sie scheint, mir fast zu groß. Der Ehrgeiz des höchst be gabten Dirigenten Jascha Horenstein  , der vom resoluten und feinfühlenden Chorleiter auch zum Sinfoniegestalter hochstrebt( und hier nicht immer mit Erfolg), bedarf gewiß eines breiten Forums ber Entfaltung. Doch geht der gemischte Chor" hier nicht gleichen Schritt Zweifellos war an dem Schützschen Oster- Dialog( den Ochs neu entdeckte), an den englischen Madrigalen und zwet Brunetten" fleißig geübt worden, und Horenstein holte an Stim mung heraus, was zu holen war. Aber sämtliche schweren An­Aber sämtliche schweren An­fänge waren unsicher, schwebend, und im Klanglichen war Ebenheit noch lange nicht erreicht. Das ernste Kunfilied des 17. Jahr hunderts dürfte zudem einem naiven Publikum in gehäufter Dar bietung nicht zuträglich, nicht willkommen sein. Es gibt doch neben den wehmütigen auch heitere, neben den getragenen auch springende, wißige A- cappella- Gefänge, und das bekannte Volkslied wäre fünft lerische, abwechslungsreiche Unterbrechung der schweren Rost. Zwei Fragen zum Schluß: Warum fontrolliert man die eingeladene Bresse? Warum wird nicht geflatscht? Es spornt Dirigenten und Sänger, wenn der Eaal von ehrlichem Beifall widerhallt. Und den verdienen diese fleißigen Menschen zehnfach.

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Frankreichs   Kulturmission.

An verschleppten Deutschen   in französischen   Kerfern. Paris  , 27. Februar.( Eigener Drahtbericht.) Der Petit Parisien am Mittwoch morgen unter Berufung auf eine von ihm von zuständiger Stelle gegebene Informaiton behauptet, daß in dem De­portationszuchthaus auf der Insel   fich feine von franzöfifchen Kriegsgerichten in den befeßten Gebieten verurteilten Deutschen be fänden. Dieses Dementi ist eine Fälschung der Wahrheit. Tatsäch lich find in diesem Zuchthaus etwa 30 Deutsche  , darunter höhere Beamte und Kaufleute, eingeferfert. Ihre Behandlung spricht den elementarsten Gesetzen der Menschlichkeit Hohn. Obwohl es zum weitaus größten Teil wegen politischer Verbrechen Verurteilte find, sind sie durchweg mit gemeinen französischer Verbrechern zu fammengepfercht. Um die seelische Pein der deutschen   Gefangenen zu erhöhen, hat man sie streng voneinander isoliert. Die von deutscher Seite zur Berbesserung des Schicksals der Gefangenen eingeleiteten Verhandlungen haben bisher nur ganz geringfügige Ergebnisse an erzielen vermocht.

Die Besprechungen über den Abschinß eines deutsch  - frischen Freundschaftsvertrages werden nächste Woche in Angora zwischen dem deutschen   Delegierten Freitag und den türkischen Delegierten beginnen.

Mitgiftsteuer in Nordamerika  . Das Repräsentantenhaus hat mit 191 gegen 65 Stimmen beschlossen, eine Mitriftsteuer von 50 000 Dollar an einzuführen, die progressiv bis zu 40 Proz. gehen kann.

Franz Diederichs Grab. Heute vor drei Jahren schied unfer lieber Kollege und Genosse Franz Diederich  , der Feuilleton redakteur des" Borwärts", aus dem Leben. Auf dem Stahnsdorfer  Waldfriedhof fand der lieberfrohe Sänger der Heide und der Arbeit feine Rubestatt. Taufende von schönheitshungrigen Arbeitern haben an seinen Liedern sich erbaut und begeistert. Seine Grabstätte ist umrauscht von alten Bäumen und von den Stürmen, die er wie einer liebte, dem die Natur Herzensfreundin ist. Aber fein äußeres Beichen läßt erkennen, wo feine Ueberrefte ruhen. Nun ist in Freundeskreisen angeregt worden, ihm ein schlichtes Grabmal zu fezen. Wer sich an diesem Att der Freundesliebe beteiligen mill, möge feinen Beitrag an die Redaktion des Borwärts" senden. Sie wird die Spenden sammeln und ihrem Zweck zuführen.

Der Siegeszug der Motorschiffahrt. Die Erkenntnis von den außerordentlichen praktischen Borzügen des Motorschiffes setzt sich in der Schiffahrtswelt immer entschiedener durch. Besonders in England hat man sich in neuester Zeit immer mehr den Motor­schiffen zugewendet. Ueber die schnelle Zunahme der Motorschiffe in der Welthandelsflotte unterrichten Zahlen, die in Werft, Ree­derei, Hafen" mitgeteilt werden. Danach betrug die Tonnage an Motorschiffen Mitte 1922 1 342 160 t, mitte 1923 1 668 400 t. Noch deutlicher als in dieser Steigerung um 8 Proz. prägt sich das Vor­märtsdrängen diefer modernsten Schiffsgattung in dem Anteil an der im Bau befindlichen Welttonnage aus. Die im Bau befindliche Motorschiffstonnage hat sich im Lauf eines Jahres fast verdoppelt, und heute nimmt das Motorschiff schon den 5. Teil des auf den Werften der Welt in Bau befindlichen Schiffsraumes für sich in Anspruch.

In der Bollsoper muß wegen Unfall und Erkrankung Mitwirtenber die Neueinstudierung der Bertauften Braut um einige Tage verschoben werden. Am Sonntag wird statt dessen, Madame Butterfly gegeben, mit Richard Tauber  .

Borträge. In der Gesellschaft für Geschlechtskunde spricht Donnerstag abds. 8 Uhr im Inftitut für Meeresfunde Dr. Kronfeld über: Das Ge Ihlechtsleben der Geistestranten. Eintritt 60 Pf. Mit glieder 40 Pf.

Hilde Remye ist ein pianistisches Talent in feinen Anfängen. Es wechselt noch Gelungenes mit Berfehltem, technisch Einwand­freies mit Galoppem, Erlebtes mit Blaffem ab. Jm temperament vollen Eah wird das junge Mädchen lebendig, reißt mit und ge fällt; im Gesanglichen steht neben dem melodisch Erfühlten das leere Füllsel. Phrasierung und konstruktiver Bau bedürfen, be­fonders in der Fis- Moll- Sonate Schumanns, noch der Revision. Wesentlich reiner war der Eindruck bei Brahms   Variationen über ein ungarisches Lied. Musikalität und können ist vorhanden: wir erhoffen die baldige Reifung. Jolán Helfferich Raluf an ist eine Sängerin von Kultur und Geschmack. Wäre ihr Sopran in jedem Ton stabiler, sicherer, sie wäre eine erlesene Künstlerin. Sehr eindringlichen, zart und fein gestimmten Liedern nordischer Kom Zum Studium der Kr minalität des Kindes. Die zunehmende Ver ponisten( besonders gut: Toivo Remla) war sie eine hingebend. erfolgreiche Interpretin. In dem jugendlichen Nicolet Orloffabriojung der Jugend ist eine Tatsache, die von der Sowjetpresse mit Sorge berfolgt wird. An der Petersburger Universität iit fett, wächst ein persönlich empfindender, großer Pianist, vielleicht ein wie der Dit- Expreß mitteilt, eine Professur für das Studium der Rünstler von Rang heran. Noch ist sein Chopin  - Spiel nicht frei Ursachen und Erideinungsformen des Berbrechens von Süße, von Oberfläche. Aber die H- Moll- Sonate gestaltet er Jugendlicher errichtet und auf diesen Lehrstuhl der Profeffor Gribojedow  doch schon als ein Berufener, als ein zum Höchsten Strebender. Und berufen worden. D. F. M. Gaz gibt der Brudner- Bewegung( von der noch oft gesprochen werden soll) durch ein Konzert im Reichstag neuen Antrieb.

Käthe Hyan   veranstaltet Sonntag abend 8 Uhr im Berliner   Rathause einen Biedermeierabend.

Das metrische Syftem in Rußland  . le bie Brabba" mittellt, wurde bas metrische System in sämtlichen Fabrifen, Aemtern und öffentlichen Inftitutionen der Sowjetrepublit durchgeführt.