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ITt.lTS 41. Jahrgang

2. Seilage öes Vorwärts

Sonnabend, 8. März 1424

Zeugen im Kreuzverhör. Für und wider Kahr -Losfow.

Mönchen. 7. März.(BS.) In der weiteren Vernehmung des sogenanntenPressechefs" Kohrs. S ch i e M, äußerte sich dieser Zeuge auf Befragen des Justiz- rots Schramm über die Anstellungsoerhältnisie im Generalstaats- kommisiariat. Es fei den dort hingerufenen Kollegen klar gewesen, daß die Voraussetzung für ihre Anstellung die Dauer des General- staatskommissariats gewesen sei. Iustizrat v. Zez s ch w i tz: chaben Ei« die Androhung der Todesstrafe auch in Ihrer Beamteneigenschaft getan? Zeuge: Ich habe das Gespräch mit meinem eigenen Verlags- direktor geführt, der es übernommen hat, die übrigen Blätter von dem Verbot zu benachrichtigen. Es wird mir doch erlaubt sein, dabei Worte zu gebrauchen, wie ich sie für richtig halte. Staatsanwalt Ehardt: Die Staatsanwaltschaft hat hinsichtlich derBeamtenstellungdes Zeugen«ine Entscheidung des Ministeriums und ein« eventuelle Entbindung vom Amtsgeheim- nis beantragt. R.-A. R o d e r: Der Wortlaut Ihrer Anweisung über das Nichterscheinen der Presse, die Sie Ihrem Verlagsdirektor gegeben haben, ist in der Anlage 7 des Geheimberichts des Generals v. Lossow enthalten. Dort heißt es wörtlich:Buchner erhielt folgen­den Auftrag: Das Erscheinen der Morqenblätter in ganz München ist verboten. Rufen Sie, bitte, alle Zeitungen an und erklären Sie Ihnen im Austrage des Generalstaatskommisiars und unter Be- rufung auf mich(Schiebt), daß keine Zeitung heute früh heraus­kommen darf. Ich mache Sie auf den Ernst des Verbotes und auf die furchtbaren Folaen einer falschen Orientierung der Oefsentlich- keit aufmerksam. Die Ausgabe von Zeitungen ist bei Todesstrafe verboten." Zeuge: Ich Hobe natürlich genau gewußt, was ich gesagt und geschrieben habe. Ich habe den Ernst der Dinge sehr wohl hervorgehoben. Eine andere chandlmtgsweise wäre bei meiner Stellung leichtfertig gewesen. Auf Befragen des Rechtsanwalts chemmeter bekundet der Zeuge noch, daß er cherrn v. Kohr feit mehreren Jahren kenne und in den voli tischen Anschaunnaen mit ihm übereinstimme. Die baye- rische Staatsangehörigkeit besitze er, der Zeuge, nicht. Vors.: Sie sind aber Deutscher? Zeuge: Jawohl. Damit war die Vernehmung diese« Zeugen vorläufig beendet. Militärifthe Zeugen für Kahr . Als nächster Zeuge wurde der aus dem Weltkrieg bekannte l)eer. führer Generaloberst Gras v. Bothmer vernomm-m. Cr schilfert, wie<r zur Versammluna im Bürqerbräu gegangen sei. Es sei sein erster Ausgang nach längerer Krankheit gewesen, und über die vorhergehenden Dinge war er nicht unterrichtet. Schon auf dem Wege zum Büraerbräu fie'en ihm die zahlreichen Be- waffn eten mit Stahlhelmen auf. die dem gleichen Ziel zustrebten, und er hatte den Eindruck, daß es sich um eine Nachtübung handele. Im überfüllten Saal selbst sei er dann von Kommerzien- rat Zentz aus einen Platz unmittelbar am Podium geführt worden. wo er neben Herrn Pöhner qesesien habe. Dem Zeugen fiel damals auf, daß sich unter den Anwesenden auch zahlreiche Offi, ziere in Uniform befanden. Dann gibt Graf Bothmer eine Dar» stellung, wie Hitler in Begleitung Bewaffneter in den Saal ein- gedrungen sei und die Herren Kaln:, Lossow und Seißer hinausbat. Seine Schilderung von dem Wiedererscheinen der drei Herren ist folgende: Der Velfall der Versammlung erhielt seinen Höhepunkt, als Kahr die Erklärung abgab, daß er als Statthalter der ZRou- archie das ihm überlrogeue Amt annehme. Jeder der drei Herren hielt dann die bereits bekannten Ansprachen, woraus Hitler ihnen die Hand reichte und zum Schluß das .Deutschlandlied" gesungen wurde. Ich hatte den Eindruck, daß es sich um einen wohl vorbereiteten und durch keinerlei Abwehr- maßnahm?n gehemmten brutalen U ebersall handele, der mich leb- Haft an die Vorgänge beim Umsturz und während der Räterepublik erinnerte. Auf Befragen des Borsitzenden betont Graf Bothmer nochmals, daß er den Eindruck hatte, daß die Erklärungen unter Zwang ob- gegeben worden seien. Besonders Oberst o. Seißer sei dabei auffallend blaß gewesen. R.-A. H e m m e t« r: Hoben Ew. Exzellenz es für möglich ge­halten, daß ein deutscher Offizier«in in einem solchen Augenblick gegebenes Wort nachträglich bricht? Zeuge: Ich weiß nicht, ob die Herren ihr Wort wirklich ge- geben haben. Die Frage, ob ein Offizier sein Ehrenwort hält, bedars keiner Erörterung. Ein deutscher Offizier bricht sein Ehrenwort nicht. Weiter erklärte der Zeuge auf Befragen des R.-A. Holl, daß er im ersten Augenblick geglaubt habe, es handle sich um ein Ätten- tat auf Kahr . Erst als Hitler die Pistole sinken ließ, erkannte er, daß das Unternehmen sich nicht gegen Kahr richtete. Iustizrat v. Zezschwitz: Herr Generaloberst, halten Sie auch dos Verhalten des Chefs der 7. Division, de» Generals v. Lossow, in der Zeit vom 21. Oktober an für treue Vflichtersüllung? Zeuge: Ich habe mit den ganzen vorhergehenden Vorgängen nichts zu tun und weiß auch nicht, ob General v. Lossow hätte ander« handeln können Ich stehe auf dem Standpunkt, daß über die ganze Angelegenheit ein Urteil vorbehalten werden muß, solange nicht ein.: gerichtliche Klärung herbeigeführt worden ist. Iustizrat v. Zezschwitz-Die Inpflichtnahme der Reichswehr kann Ihnen doch aber nicht entgangen sein. Z e u g e: Das nicht, wohl ober dl« M o t i v e. Zezschwitz: Ich habe la auch nicht nach den Motiven ge- fragt, sondern danach, ob Sie das als treue Pflichterfül» l u n g betrachten.... Vors.: Ich kann diese Frage nicht zulassen, well sie ein Werturteil darstellt. Auf wiederholtes Fragen der Verteidigung bleibt der Zeuge da- bn. daß er bei den ganzen Vorgängen den Eindruck de» Zwanges gehabt habe, der auf die drei Wanner ausgeübt worden sei. Kahr sei tiefernst gewesen, hätte aber voll« Selbstbeherrschung gezeigt. Lossow, der eine kalt« Sol- datennatur sei. habe' sich wenig anmerken lassen, dagegen habe man Oberst v. Seißer ganz deuttich eine tiefe Depression ange- merkt. Nach Ansicht des Zeuam handelte es sich um einen psychi- schen und moralikchen Zwang, um so mehr, als der Uebersall geradezu mit Raffinement ausgeübt worden sei. Aus Vrfragen des R.-A. Roder bestitigt Graf Bothmer noch, daß er ein« direkte Gewaltanwendung Hitlers gegenüber den drei Herrn nicht bemerkt habe. Dagegen habe Hitler ihnen das Zeichen gegeben, daß sie das Wort ergreifen sollten._ Hitler: Es war doch ganz klar, daß sich auf den Gesichtern der drei Herren der bedeutungsvoll« Borgang widerspiegelte. Wenn die Herren tatsächlich sich beteiligen wollten, dann hätten sie doch auch tiefernste und erariffene Gesichter gemacht._ Der folgende Zeug«, Universitätsprosessor Dr. Alexander v. M ü l l e r. schilderte ebenfalls feine Wahrnehmungen im Bürger- bräu. Cr erklärte, es sei ihm ausgefallen, daß er schon auf dem

Wege zur Versammlung Stprmtruppler gesehen habe, und daß er am Eingang des Lokals den Angeklagten K riebe! in voller Uniform stehen sah. Ich dacht«: Entweder ist hier eine Einigung erfolgt oder es gibi Sturm. Der Zeuge schildert seinen Eindruck während der tumultuösen Vor- gänge im Saal: Man hatte das Gefühl, in einer Mausefalle zu sitzen. Daß Reichswehr und Landespolizei mitmachten, verursachte keine Be- ruhigung unter den Anwesenden, denn man hörte Rufe, wie M e x i k o",Südamerika " usw. Erst Hitlers geschickte Rede und vor allem leine Drohungen mit dem Maschinengewehr ließ Ruhe eintreten. Aber man war doch der Ansicht, daß olles ab- g e k a r t« t e S a ch e fei. Ich hatte die Ansicht, daß Kahr und lein« Umgebung über die Vorgänge vollkommen bestürzt waren. Ich glaubte weiter, daß uns Hitler im Saale eingesperrt halten würde, wenn«ine Einigung mit Kahr nicht zustande komme. Was passiert wäre, wenn irgendein Bewaffneter«in« Unbesonnen- heit begangen hätte, läßt sich in dem überfüllten Saal gar nicht aus- denken. Dann kamen nach Beendigung der V?sprechung all« Herren wieder und nahmen das Wort. Kahr war sehr ernst, Hiller zeigte ein« ganz kindliche Freude, Ludendorff war totern st, fahl vor Erregung. Er macht« den Eindruck eines Mannes, der weiß, daß es hier um Leben und Tod gehl. Ms ich am nächsten Tag hört«. Ludendorff fei gefallen, sagte ich sofort: Er sah gestern abend schon so aus, als wüßte er, was ihm bevorstehe. Lossow hotte etwas Spöttisches an sich. Er macht« ein listiges Luchsgeficht und Seißer war erregt. Bemerkens- wert war der Handschlag zwischen Kahr und Hitler . Velde Männer standen auf dem Podium Hand in Hand, und diese Gruppe er- innerte mich lebhaft an die Rütliszene. Ich war ehrlich erschüttert. Iustizrat Schramm: Haben Sie gehört, daß zwischen Kahr und Lossow das WortKomödie spielen" ausgetaufcht wurde? Zeuge: Rein. Iustizrat Bauer: Hatten Sie den Eindruck, daß die beiden Herren überhaupt Komödie spielen wollten? Zeuge: Auch das nicht. Ihnen beiden schienen die Vorgänge ganz ernst zu sein. R.-A Mayer: Hatten Sie die Empfindung, daß Hiller ein Amt anstrebte? Zeug«: Ich hat'« Hitler vorher schon gehört und er hatte geäußert, daß er die politische Leitung bis zur Abrechnung mit den Novemberverbrechern", wie er sagte, haben wollt«. Seine Aus» führungen in der Versammlung gingen allerdings über das hinaus, was er früher gesagt hatte. Pernet will devisen fangen. Dorf, zu dem Angeklagten Pernet: Sie haben doch, als die Versammlung aus war, am Eingang die Paßkontrolle gehabt? Weshalb war denn diese«ingerichtet worden? Wollten Sie die Abgeordneten feststellen? Angekl. Pernet: Die Kontrolle war nur für Ausländer und ein paar Inden. Vors.: Das hat doch aber gar keinen Sinn, was Sie da fageA. Deswegen richtet man doch keine Kontrolle«in. Angekl. Pernet: Wir wollten Stichproben ans Devisen machen.(Heiterkeit.) Hitler : Wir wollten die Devise» felbstoer» ständlich der Polizei übergeben. weitere Entlastung für Kahr . Zu neuen sehr erheblichen Zusammenstößen kam es bei der Ver- nehmung des Oberregierungsrats Sommer vom Ministerium des Innern. Der Zeuge hatte feine Aussage schriftlich fixiert und begann si: vor Gericht zu verlesen. Als R.-A. Götz dagegen Einspruch erhob, erklärte der Zeug« in sehr heftigem Tone: Ich bi'te, nicht fortwährend unterbrochen zu werden, ich verlange das gleiche Recht wie die Angeklagten, die hier stundenlang obn« Unterbrechung ihre Ausführungen haben machen können. Ich lasse mich jedenfalls von Ihnen nicht irremachen. Der Zeuge schildert« dann die Vorgänge im Saal und erklärte, daß man im Publikum bei der Abführung Kohrs die Empfindung gehabt habe, als ob es sich um eine schwere Vergewalti- qu n a der Regierunosmänner handele. Ebenso sei die Abführung des Ministerpräsidenten v. K n i l l t n g mit Murren aufgenommen worden, einige Leute hätten sogar gerufen:Schießt doch!" Er, der Zeuge, habe dann versucht, die Angehörigen Knillings von der Verbaftung des Ministerpräsidenten zu benachrichtigen, doch sei ihm zunächst jedes Telephongespräch untersagt worden. Schließ'ich habe er sich an OberstleuMont K r i e b« l gewandt, der ihm erklärte:Ich schätz« Herrn von Knilling als nationalen Mann sehr hoch«in und denKampfbund" trennt in der Sache nichtsols das Tempo Diese Auffassung, so äußert sich der Zeus «, ist allerdings, wie ich hier betone, ein fundamentaler Irrtum. Ich wollte mich an Stelle meines hochverehrten Chefs des Herrn v. Knilling als Geisel zur Verfügung stellen, doch wiesen die Führer mich zurück mit der Erklärung.�daß ihnen an meiner Person nichts gelegen sei.(Heiserkeit Im Zuhörer» räum) Spä'er wurde ich doch vorübergehend in S ch u tz- hast genommen, aber nach einer halben Stunde wieder befreit. Ich kam nun in den Saal zurück, und zwar in dem Augenblick, als Exzellenz v. Kahr aus dem Nebenzimmer von der Besprechung kam. Ich war in Sorg« um meinen hochverehrten Chef Knilling, ging zu Herrn v Kohr heran iind rief ihm zu:Sorgen Sie vor allem dafür daß Exzellenz Knilling freigegeben wird." Kahr antwortete mir:' Ach Herr Kolleoe, ich bin tief traurig. Sie haben ja selbst ge- sehen'daß ich gezwungen worden bin. So etwas tut man doch nicht." R.-A. Götz: Herr Zeuge. wann haben Sie diese schrisMchen Aufzeichnungen gemacht? Zeua«' Die Frage gehört wohl hier nicht zur Sache, ober ich will'Ihnen doch mitteilen, daß das erst in den letzten Tagen ge- schehen ist. festige Zusammenstöße. R-A Meyer: Ist dem Zeugen die bekannt« Schmäh. schrift..Ludendorfs in Bauern" bekannt? Z« u a e: Ich bitte den Herrn Vorsitzenden zu entscheiden, ob ich diese Frage beantworten muß. Vors.: Da si« zum Thema gehört, �Zeug«(sehr erregt): Ich lehn« diese Frage doch a b, denn ich betrachte mich nicht als«ine unter hydraulischem �rua stehend« Nachrichtenquelle zur Ausbeutung irgend» welcherpolitischenZweck«. R.-M Meyer(sehr erregt): Ich bitte den Herrn Vorsitzenden. diesen ganz groben Anwurf des Zeugen energisch zu rügen. Vors.: Ich hatte nicht alles verstanden. Wenn der Herr Zeuge die Verteidiger beleidigt hat, so erklär« ich das für ungehörig: Z e u ge: Ich beantrag« darüber«inen Gerichtsbeschluß, ob ich die an mich gerichtet« Frage zu beantworten habe. I<h sage

hier nur über Ding« aus, die zu dem Prozeß gehören. Ich kann aber jedenfalls unter Eid erklären, daß ich den Verfasser nicht kenne. Iustizrat Schramm: Ihr Verhalten ist doch aber außerordent- lich merkwürdig und auffällig. Warum lehnen Si« erst die Beantwortung der Frage ab und versuchen«inen Gerichtsbeschluß herbeizuführen, wenn Sie hinterher erklären, Sie kennen den Ver- fasser nicht. Die Verteidigung hat Zweifel au der Wahrheit dieser Ihrer Aussage. Zeuge(in heftigster Erregung): Das ist gerade- zu unerhört. Sie werfen mir ja hier Cidesverletzung vor. Ich erkläre nochmals, ich kenne den Verfasser nicht. Vors.: Ich muß auch sagen, daß Ihr Verholten außerordent- lich auffällig ist. Sie brauchen doch keinen Gerichtsbeschluß zu ver- langen, wenn Sie rund heraus erklären, Sie kennen den Verfasser und die Broschüre nicht. R.-A. Meyer: Wissen Sie vielleicht, aus welchen Kreisen der Verfasser der Broschüre stammt? Zeuge: Auch das nicht. Iustizrat v. Z e z f ch w i tz: Ich bitte das Manuskript dieses Zeugen zu den Gerichtsakten zu nehmen, da Ich glaube, daß es mit seiner Aussage in der Voruntersuchung wörtlich übereinstimmt. Staatsanwalt Ehardt(aufspringend): Ich bitte Herrn von Zezschwitz zu fragen, ob er damit der Staatsanwaltschaft den Vor» wurf der Pflichtverletzung machen will? Iustizrat v. Zezschwitz: O nein, wenn ich etwas sage, dann sage ich es auch deutlich. R.-A. R o d e r: Ist Ihr« fchriflliche Aussage etwa in mehreren Exemplaren hergestellt.norden? Zeuge: Ausgeschlossen. R.-A. Godemonn: Worum hat denn der Zeuge seinen von ihm hochverehrten Chef v. Knilling dazu veranlaßt, die Versamm- lung im Vürgerbräu zu bewachen? Zeug«: Das sind Vorgänge, über die ich nicht aussage, w«N sie zu meiner Amlsvec'chwicgenheit gehören. Darauf tritt«ine Pause ein In der Nachmittogsfitzung wurde in der Zeugenvernehmung über Sie Vorgänge im öüroerbräu fortgefahren. Nachdem Iustizrat v. Zezschwitz als Verteidiger Ludendorffs gegenüber verschiedenen Aeußerunaen der Bress« der Bayerischen Dolkspartei festqestellt hatte, daß Ludendorsf in seiner Verteidigungsrede sich nicht alsG r o ß- B e u ß«", iondern als Deutscher bezeichnet habe, wurde der Fabrikbesitzer Kueh. ner, der frühere Stadthauptmann der Einwohnerwehr, vernommen. Er führt« aus, daß ibm bei der Erklärung des Herrn v. Kahr auf. gefallen fei, daß dieser als Statthalter der Monarchie gesprochen habe. Ludendorff sei offSnsichtlich schwer erschüttert und anscheinend völlig überrascht gewesen. Auf jeden Fall seien sich die drei Herren Kahr , Lossow und Seisser des Ernstes der Sache be- wüßt gewesen, und nach seiner Auffassung hätten sie ihre Erklärungen auch ernst gemeint. Er sei am anderen Tage sehr überrascht gewesen, daß die Herren wieder umgefallen seien. R.Ll. Roder: Wußten Si« etwas davon, dass Kohr, Lossow und Seißer nach Berlin marschieren wollten? Zeuge: Ein« Auseinandersetzung mit Berlin war sa klar, ob man marschieren wollte, weiß ich nicht. R.-A. Hemmeter: Kennen Sie dieveni-vMi"-Broschüre? Zeua«: Nein. Der nächst« Zeuge. Kriminaloberkomnnssar He r r m a n n, äußerte sich sehr ausführlich über die scharfen Absperrunasmaßnobmen, die die Hitler -Leute am Bürgerbräu vorgenommen hätten. Man habe ihn als Polizeibeamten erkannt, ihn aber ausdrücklich nicht durch» gelassen. Vors.: Sie sollen an Hitler über die Vorfälle im Bavaria. Viertel Meldung erstattet hoben? Zeuge: Nein, nicht an Hitler , sondern an Pöhner und Frick. Ich weiß nur, daß die Nationalsozialisten selbst mehrere Lastautos mit ihren Leuten dorthin entsandt haben, um Ruhe zu sthaffcn. Außerdem sollte noch den Schutzmannspatrouillsn je ein National­sozialist beigegeben werden. R.-A. Rod er: Hotten Sie den Eindruck, daß es sich um ein legales Unternehmen handelt«? Zeuge: Ja, gewiß, ich hatte das Gefühl, daß jeder Wider- stand zwecklos sei, weil ja alle Machtmittel des bayerischen S'aate» zusammenstanden und deswegen glaubte ich an eine legale Aktion. Auf weiteres Befragen erklärt der Zeuge, daß er keinen Anhalt dafür habe, daß Oberamtmann Dr. Frick von dem Unternehmen vorher unterrichtet gewesen sei Im Bürgerbräu sei Dr. Frick dann später genannt und gesucht worden. Der Zeug« Generalmajor Ritter von 5)emmer bestätigt die Darstellung, die von mehreren Zeugen in der Dormittagssitzung ge- geben worden war, namentlich daß sich in Begleitung Hitlers Kam Eindringen in den Bürgerbröufaal auch ehr Mann mit einer Ma- schinenpistole befunden habe. Kahr sei über den Uebersall sehr ent» rüstet gewesen. Auf den Zeugen habe die ganze Sache einen widerlichen Eindruck gemacht� weil es sich um ein Überfall- artiges Eindringen auf den höchsten Beamten des Landes handelt«. Di« Entrüstung habe sich auch auf die anderen Herren. Lossow und Seißer. übertragen. Als fle wieder in den Saal-zurückkehrten, feien ihre Mienen nicht so gewesen, daß man annehmen konnte, si« seien mit ganzem Herzen bei der Sache. Den gleichen Eindruck hat der Zeuge von den Erklärungen gewonnen die er als ziemlich nichtssagend bezeichnete. Besonders von Lossow und Seißer Hobe er die Auffassung gehabt, daß sie nur gezwungen das Wort ergriffen hätten. Anscheinend hätten sie gar nicht reden wollen. sie seien ober förmlich dazu veranlaßt worden, irgendwelche Er- klärung«n abzugeben. Genau so sei es mit dem Händeschütteln Kohrs bestellt. Kahr habe nicht freiwillig feine Hand gegeben. sondern hiller habe Lahr » Hand ergriffen und sie sehr kräftig geschüvell. (Heiterkeit.) Bor f.:: Sie sollen dann am Abend des 8. November im Kreise ehemaliger Offiziere des 8 Regiment» geäußert haben, Sie freuten sich, daß dl« Sache zustande gekommen sei. Hitler : Glauben Sie. daß die drei Herren, di« nicht ge- wohnt sind, in Versammlungen zu sprechen, imprsoistert reden können? Zeuge: Von Kahr und Lossow weiß ich es. Seißer habe ich noch nicht sprechen hören. Hitler : Herr General, haben Sie Sahr schon eiamal ohne Sonzepi spreche» hören? Zeuge: Nein... Hitler : Danke sehr.(Hnterkelt. Rechtsanw R o d e r Herr Generai, es wird von anderen Zeu- gen bestritten daß in Hitlers Begleitung ein Mann mit einer Ma- schinenpistole' war. Ist Ihnen dieser Gedanke nicht erst seit dem Studium der Denkschrift Lossows gekommen? Zeug«: Aber kein Gedanke. Die Maschinenpistole ist mir sofort aufgefallen. Mich hat diese Tatsache noch sehr berührt. Iustizrat Kohl: Sie nennen die drei Erklärungen nichtssagend. Wenn Kahr aber sogt: In des Baterlandes schwerster Not über.