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Borsigender, der eine leise unverständliche Bemer.| ja gefchehen. Hitler fonnte nicht mehr zurüd und in der Zwischen­

fung zu Seißer getan hatte: Ich habe diese Bemerkung bereits zurüdgewic

er banditenmäßige Ueberfall. Seißer: Ich faffe zusammen: Ich hatte das Bersprechen Dr. Webers, das Bersprechen Ludendorffs, das wieder holte Versprechen Hitlers . Im Bertrauen darauf habe ich immer wieder versucht, die Bewegung in vernünftigen Bahnen zu halten. ( Mit erhobener Stimme). Im Vertrauen darauf

find wir ahnungslos in die hinterliftige Falle

gegangen, im Bertrauen darauf sind wir in schmählichster Weise im

Bürgerbräu überfallen worden, im Bertrauen darauf sind die bane­rischen Mirister gefangen und nach der Wohnung des Schwieger­vaters Dr. Webers abgeführt worden, desselben, der in einem Ron flift seine Pflicht gegenüber der bayerischen Regierung voranstellen wollte. Alles das hat man damit begründet, daß es zur Rettung des Baterlandes nötig gewesen sei. Diese Rettung war aber nichts als 3erstörung, a's staatlicher Selbstmord und nug­lofe Opfer. Wir hätten uns zur Verfügung stellen fönnen, aber es wäre pflichtvergessen, feige und schmählich von uns gewesen. Es ist hier feit Prozeßbeginn immer nur von dem Bort bruch der Herren Rahr, Lossow und Seißer gesprochen worden,

Don dem

Bruch einer Zufage, die uns durch einen banditenmäßigen Ueberfall erpreßt worden ist.( Sehr scharf und sehr laut)) Davon aber, daß diefer Wortbruch eine Staatsnotwendigkeit war, während auf der anderen Seite das ohne Zwang gegebene Wort gebrochen wor­den ist, davon hat man hier nicht gesprochen. Wenn diese Männer hier vor Gericht stehen. dann tragen die Schuld daran diejenigen, die jenen finnlosen Ueberfall gemacht haben, die nicht nur ihr eigenes Wort gebrochen, sondern auch das Wort Exzellenz Ludendorffs mißbraucht haben, aber nicht wir, die wir in schwerer Stunde das Vaterland und den Staat gerettet haben. Denn darum ging es. Ganz abgesehen von den wirtschaftlichen Folgen des Hitler- Butsches, war es tlar, daß die Bildung der natio­nalen Armee Ludendorffs die Franzosen , Tschechen und Polen uns auf den Hals heten mußte. Es wäre ein Kampf zwilgen Nord und Süd entstanden, eine Spaltung zwischen Reichswehr und Landespolizei, ein Rampf gegen drei Fronten, ohne Flugzeuge, ohne Waffen, ohne Munition, Berpflegung und Nachschub, ohne Schußmittel gegenüber den feind­lichen Gajen. Wir hatten nichts als opferbereite, begeisterte Männer, die nuplos den feindlichen Maschinen und dem feindlichen Gas entgegengeworfen wären.

Das Ende vom Liede wäre die Zerstörung Deutschlands gemejen, nur derjenige, ber sich vor Augen hält, daß wir biele Ueberlegungen schon lange vor dem 8. November angestellt hatten, nur der kann ermessen, welch ungeheure Verantwortung und welch ungeheurer moralischer Druck damals auf uns lastete. Ich habe mich mit meiner Person auf das heftigste dagegen aufgelehnt, ich

habe den schwersten Kampf meines Lebens gefämpft ( mit erhobener Stimme), ich bin stolz darauf, daß ich mein eigenes Ich befiegt habe, um meinem Bater lande zu dienen. Denn über jeder Berion steht Deutschland. ( Große Bewegung im ganzen Saal.)

Hitler hat alles zerstört.

General v. Seißer fam dann auf die Borgänge im Bürgerbräu­teller zu sprechen. Er betonte, daß am Nachmittag des 8. November Dr. Weber ihn angerufen habe und ihn gefragt habe, ob er auch wirklich hingehe, und als er dann bejahte, habe Dr. Weber erklärt: Würden Sie mir vielleicht gestalten, nach der Rebe des Herrn v. Kahr einige Fragen an Sie zu richten?" Der Sinn diefer Borte, fo erflärt Geißer, ist mir erst am Abend des 8. November flar ge­worden. Er schildert dann, wie Hitler in den Saal eindrang und betont dabei, daß er mit eigenen Augen gesehen habe, daß einer der Bewaffneten eine Maschinenpistole getragen hat. Bon Anfang, fagt Oberst Geißer, war es mir flar, was für Unheil tommen würde. Alles, was in jahrelanger Arbeit erreicht war, wurde mit einem Schlage zerstört. Bon diesem Augenblid an war hitler mein Gegner, den ich mit meinem ganzen Willen bekämpfen mußte. An Widerstand war nicht zu denken. Die Berteidiger haben hier die Frage erörtert, ob wir nicht unsere Dienstwaffen bei uns hatten. Wie sollten wir denn mit unferen langen Säbeln gegen die Pistolen und Maschinengewehre Amot laufen. Das wäre sinnlos gewesen. Hätten wir aber eine Beteiligung abgelehnt, so mären wir ohne weiteres festgesetzt worden, denn die Tat war

Ein Charaktermilieuſtück.

( Rammerspiele.)

Balme " oder" Der Geträntie" von Bauf Korn. felb ist feine Komödie im landläufigen Sinne. Keine dramatische Handlung mit Steigerung, Höhepunkt und Entspannung, fondern cine Schilderung, ein Milieustüd absonderlicher Charaktere, noch besser eines absonderlichen Charakters. Dowohl die Steinchen zu dem Charaktermofait durch fünf Atte zufanumengetragen werden, erlahmt das Interesse des Zuschauers nicht. Das spricht für das dramatische Talent des Verfassers und ist auffallend bei einer durch und durch undramatischen Komödie. Der Palme, der Cmpfindsame, fehrt von einer Reise zurück und bringt es infoige seiner frankhaften Gereiztheit schnell tahin, das geruhfame Gleichmaß einer fpießigen Familie in Unfrieden und quäiende Unraft zu verwandeln. Nicht spießig ist allein das weibliche Familienoberhaupt Klara. Sie liebt Balme und bestimmt ihre Umgebung, feinen Eigentümlichkeiten Nach­ficht entgegenzubringen. Trog Lammesgeduld gelingt das nicht, Palme jagt die drei Verehrer von Klaras Tochter Helene mit seinen plöglich ausbrechenden Beleidigungen aus dem Hause. Hinterher fagt er zu dem unglücklichen Backfisch Helene, die den schweren Auf­trag und den Willen hat, sich mit ihm zu verföhnen: Wir können in vollster Staltblütigkeit, in aller Ruhe und aller, Freundshaft mil­einander sprechen. Und in diesem Zustand fann ich Ihnen ohne Groll und Zorn fagen, daß Sie sich so gemein zu mir benommen haben, so voller Brutalität, daß ich Sie verachte!" Und dann wirst er ihr die ungludselige Charafterveranlagung vor, die ihn felbit beherrscht. Nachdem der unausgeglichene Baline einen Att lang zu cinem verträglichen, fiebenswürdigen, luftigen, furz normalen Menschen geworden ist, bringt ihn ein harmloses Scherzwort " Dattelbäumchen" sagt man zu ihm zu feiner alten Gereiztheit zurüt. Verzweifelt verläßt er als Unverstandener das Haus. Alle Mühe mit ihm war umsonst

"

Medizinisch würde man bei Balme von Beziehungswahn sprechen. Er fühlt alles, was in seiner Umgebung vorgeht, auf sich und gegen fich gerichtet. Literarisch erhebt sich die Frage, ob sich ein patho­logischer Zustand zur Dramatisierung eignet. Run, das Stüd hatte deshalb einen so freundlichen Heiterfeitserfolg, weil ihre gesundheit lich normalste Figur, Klara, unterließ, was ihre Pflicht gewesen wäre. Sie hätte Balme zunächst in ein Sanatorium schaffen müssen. Da fie es nicht tat, mußten die Gegenfäße aufeinander plagen. So ent­steht eine lustige Groteske.

Der Stil Baul Kornfelds ist von eigentümlicher, zuweilen un beholfener Umständlichkeit. Die Personen tragen, auch in Mono logen, ihren Charakter auf dem Präsentierteller vor sich her. Dennoch ist die Zeichnung häufig von bestridendem Reiz. Balme betommt von Helene einen Brief. Was werden es für Bosheiten sein?" Mein lieber guter fagt er, den Brief öffnend, nein, bech nicht! Mein lieber guter Freund? Das tlingt anders als ichs erwartet habe. Mein lieber uter Freund! Es flingt und mein Herz flingt mit. Das erste liebe gute Wock. Allerdings es flingt ein wenig wie von oben herab ge.

Deutschlands Retter.

Im Spiegel der eigenen Presse.

16 Der Personentult ist bei der Rechten start entwickelt. Ihre Presse hat stets ein wohlafsortiertes Lager von her vorragenden Persönlichkeiten bereit, denen das deutsche Volk nur willig zu folgen braucht, um neuen, herrlichen Tagen entgegenge ührt zu werden. Aber der Verschleiß dieser großen Männer ist außerordentlich start, und die Urteile über ihre Fähigkeiten sind auch im Lager der Rechten selbst außer­ordentlich verschieden. Geraten dann die Helden durch einen ärgerlichen Prozeß in den Brennpunkt einer öffentlichen Ge­richtsverhandlung, dann schmilzt ihr Ruhm wie Butter in der Sonne.

zeit hätte man Reichswehr und Bandespolizei in den Glauben ge.affen, daß wir mimachten. Schon ein paar Tage Hiller- R.g.erung..en genügt um Unheil zu bringen, das nicht so leicht wieder gutzumachen war. Einige Proben hatten wir ja davon in der Nacht zum 9. No­pember. Dazu bekannte Hiter noch, die Raernen sind bejezt, die Truppen sind unter der Hafentreuzfahne im Anmarsch. Deshalb wollte ich zunächst wissen, wie es mit meinen Leuten stand. Aber man hätte sie getäuscht, genau so wie jene braven Oberländer von Seefeld geläuft worden sind, die man mit der gefä schten Unter fchrift Kahrs nach München gerufen het und die durch die Fälschung ihrer Führer in den Tod gegangen find. Ich hatte das Gefühl: Kampfen fannst du nur, wenn du frei bist. Frei sein kannst du nur, wenn du mitmachst, so verächtlich die Komödie auch ist. Noch während Hitler auf dem Bodium sprach, habe ich mich mit Loffem sofort durch das leise Wort Komödie spielen und durch einen furzen Blick verständigt. Auch Kahr wurde auf dieselbe Weise fofort verständigt und zeinte fein Einverständnis mit einem furzen Blid. Das gleiche geschah zwischen uns und unseren Be­aleitern. Der Entschluß, irch unferer schlechten Lage gegen die Sache zu kämpfen, war nicht leicht. Unsere Lage war fast verdorff zweifelt. Kann benn ein vernünftiger Mensch glauben, daß drei weifelt. Kann benn ein vernünftiger Mensch glauben, daß brei Männer gegen eire Eache anfämpfen, wenn sie innerlich dabei find. Kann es möglich sein, daß ein Mann wie Hiller so wenig Berantwortungsgefühl hat, tak er eine Panit von Taufenden von Menschen riskiert, um drei Männer, die mit ihm übereinstimmen, zum Absprung zu bringen? Ich sah Bewaffnete vom Sacleingang bis zum Podium und Bewaffnete vor der Tür des Nebenzimmers, in das wir dann gingen. Geißer schildert barn die Unterhaltung im Bürgerbräufeller, und seine Darstellung deckt sich im allge meinen mit der des General Loffow und Herrn v. Kahr . Oberit meinen mit der des General Lofsom und Herrn v. Kahr . Oberst v. Seißer erklärt: Hitler trat im Nebenzimmer auf mich zu und streckte mir die Hand entgegen. Ich sagte: Herr Hitler , zwischen uns steht Ihr gebrochenes Versprechen". Er bat mich um Berzeihung und begründete fein Verhalten mit seiner Liebe 8um Vaterland. Ein Zwischenfall.

In diesem Augenblid ereignet sich ein Zwischenfall. Hitler , der Oberst v. Seißer ertiärt erregt dem Borsigenden: Herr Hitler hat mit feinem Berteidiger spricht, mentet den Kopf zur Seite und eben laut gesagt: ll n verschämtheit!" Ich bitte, das zu rügen."

Borf: Herr Hitler , das ist eine ganz grobe Ungehörigkeit. R.-A. Rober: Hitler hat sich mit mir unterhalten. Bors: Da das Wort gefallen ist, bleibt es trotzdem eine grobe Ungehörigteit.

Seißer fortfahrend: Dann tam General Ludendorff , der ers flärte: Ich bin ebenso überrascht wie Sie." Alles was an der rührenden Szene zwischen Lossow und Ludendorff hier behauptet orden ist, ist nichts als Unsinn. General Ludendorff mutete auch mir zu, auf Herrn v. Kahr einzureden. Ich habe das nicht getan, denn ich hatte den bestimmten Eindruck, daß

Ludendorff in den ganzen Plan eingeweiht war und betrachtete ihn von diesem Augenblid an als meinen Gegner, gegen den ich fämpfen mußte, wie gegen Hitler . Nach Rahrs Zustimmung sind wir dann in den Gaal zurückgegangen. Daß Loffow auch eine Ansprache halten wollte, war feineswegs festgelegt worden. Hitler fam im Gaal plöß ich zu mir und sagte sehr bes stimmt: Jetzt reden Sie." Ich antwortete ihm: Ich habe nichts zu reden." Da schob mich Hitler mit fanftem Drud nach vorn und ich mußte ein paar Worte fagen. Ich bin sonst beim Sprechen durchaus nicht befangen, aber bei dieser furzen Rebe

würgte mich der Etel

fo an der Kehle, daß ich taum ein Wort hervorbringen konnte, der Etel über das Verhalten von Männern, die ich bisher als Freunde behandelt hatte. Dann ging ich in das Nebenzimmer zurüd. Kahr ftrebte banach, bald fortzukommen und fuhr in das Generalstaats­tommiffariat. Exzellenz Ludendorff war für die Berständigung der Reichswehr , Verstärkung des Grenzschutzes gegen Seedt und die Bildung der Nationalarmce.

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( Fortsegung im Morgenblatt.)

Die deutschvöllischen Kandidaten für Berlin find Karl Fabren borit, Gewerfichaftsführer, Chwatole, Handlungsgehilfe. Wilhelm tube, 1. Hochmeister des Bismardordens, Knebel: Syndifus. Spizenkandidaten für Wahlkreis Potsdam 2 find: Reinhold Bulle, Dr. phil . Wilhelm von Brehmer , Labora toriumsvorsteher der biologischen Reichsanstalt für Land- und Forst­tirischaft, Walther, Eisenhändler. In Hamburg ist Graf Reventlow als völlischer Spizenkandidat aufgestellt.

Jagt." Balme wird schon wieder zweifelhaft: Mein lieber guter Freund? Es flingt ein, wenig gönnerhaft. Mein lieber guter Freund! Das flingt wie Berachtung!" Literarisches Menschentum. Die Darstellung unter der flotten Regie Bittor Schwanni. tes hole aus der Komödie mehr Wirkung heraus als sie enthält. Balme fand in Mar Gülstorff einen prachtvoll nervösen, ewig­gereizten, zwischen den Gegenfäßen umbergepeitschten, armseligen, gequälten Menschen. Klaras Bruder Lauberjahn, der felt sigefällige Patentspießer, war Karl Ettlinger . Gleich als der Vorhang hoch ging, hatte er die Herzen der Zuschauer gewonnen. Mit lächerlichem Bathos, lächerlich gespreizten Bewegungen und geschwollener Aus­brudsweise verkörperte er das Ginnbild dünfelhafter Hohlheit. Anni Mewes war der quedfilbrige, fugendfrische Backfisch Helene und Lina Bossen eine mütterlich verstehende Klara. Wenn auch fein erlebnisreicher, so war es doch ein interessanter Abend. Ernst Degner.

Die Abenteuerin".

Man benft an eine politische Hochstaplerin; aber nein: bie Gräfin Worenzoff ift eine gute, brave, bürgerliche Frau. Man denkt an eine Bielliebhaberei; aber nein: sie liebt nur den eigenen( aller dings verstorbenen) Gatten. Man fürchtet Unanständigkeiten: aber dieje Operette des Apollo- Theaters ist anständig geblieben. Es geht wirklich auch so. Nur müßte ein Autor Neidhart für Abwechslung forgen, die weniger an den Haaren herbeigezogen ist, er müßte weniger Maschinen als Bedrohungen auffahren lassen, Konfliktsstoffe entstehen laffen, nicht vorzeichnen. Da ist ein Oberst mit dem Ents larvungsfimmel. Er tut nichts anderes als dastehen, mit einem Blid intrigiert, mit dem antern entlarni er. Dabei fommt es ihm auf ein fleines Attentat mittels Liebe nicht an. Die Gräfin läßt sich, um vor der Welt nicht tompromittiert zu fein, von der gerissenen Madame Lenormand einen Erfazehemann aufreden, beffen Rechte allerdings an der Schlafzimmertür enden. Auch diese Puppe, die allen Intrigen des ihn durchschauenden Obersten trogt, wird zuletzt der Liebhaber der Gräfin selber. Da sein Herz und seine Hand fo ehrlich über ihr wachten, so hat er ihr Herz und ihre Hand sicher am ehesten verdient.

Wie echt ist das alles, wie russisch, wie natürlich! Jeber Boll eine vom Autor diftierte Schreibmaschinenseite. Der Komponist mit bem unaussprechlichen Namen Grzyb versucht wie alle neueren die Operette auf Stelzen mar dhieren zu laffen, statt fie fliegen zu lehren, ihr eine gehobene Lebensstellung zu geben, statt vorhandene Möglichkeiten erfinderisch auszugestalten. So tomponiert er manche ernsthafte große Arie, die jeder Primadonna gefallen müßte, funst. volle Duette fogar Gefänge mit unterlegten Choreinfällen. Das Orchester gebärdet fich dabei sehr gelebrig und sehr willig. Zweifel. los ein begabter Opernmann; doch für den guten Reißer und das Bündende eines Schlagers fehlt ihm vorerst die Berufshand. Als Dirigent schlägt er mit dem Tattito das Temperament der Spieler Dirigent fägt er mit dem Taftitod das Temperament der Spieler tot. Im zweiten Aft aber steht ein erfinderischer Tanz, ganz Sprung und Leidenschaft. Ccht empfunden, schwungvoll tomponiert. Hier weiß Grzyb, wie eine Stimmung zu gestalten und festzuhalten

Wer war im Spiegel der Rechtspresse größer als Erich Ludendorff , wer berufener, die Rolle von Deutschlands Retter zu spielen? Als er aber vernommen war, da mar die arme Kreuzzeitung" ganz platt, sie schrieb von Luden­einherstolpere" und von seiner rührenden Hilflosigkeit". dorff als einen Mann, der in den Schlingen der Politik der richtige Mann? Monatelang haben ihn die Deutch Also ist doch wohl nicht Ludendorff, sondern Herr v. Kahr nationale Partei, der Alldeutsche Verband , die Baterländi­schen Verbände, Claß, Geisler, Hergt als solchen auspofaunt. Gegenüber diesem bayerischen Geistesriesen und neuen Bismard waren alle, die im Norden herumfrauchen, armselige Prgmäen, und die Stunde fonnte gar nicht mehr erwartet werden, wo der große Kahr in Berlin einrückte, um Ordnung zu schaffen.

Um so interessanter ist zu lesen, was die Berliner Rechts­preffe über diesen Mann fegt zu sagen hat. Die Deutsche der am Ende seiner politischen Laufbahn teht", aber ganz anders, deutlicher, läßt sich im Lag" Job 3immermann wie er sich vor dem Zeugentisch darstellt, folgendermaßen: vernehmen. Der schildert den kläglichen Rest eines Diftators.

Leise, rauh, manchmal brüchig erflingt eine zitternde Stimme. Was Kahr erwidert, zeigt so erschreckend geringe politische Einsicht, daß man starr ist vor Schred. Das wäre, denkt man, ein Staats­mann der neuen Zeit?

Aufhören, möchte man rufen. Aufhören! Es ist genag! Und ein anderer Stabstrompeter der nationalen Ditta. tur", Friedrich Hussong , zeichnet folgendes Bildchen:

Die gebrüdieste Figur, die in dieser ganzen Zeit vor diesem Gericht in der Blutenburgstraße erschien, ist Herr von Kahr im Kreuzfeuer der feindlichen Fragen seiner Widersacher.

Drei Stunden lang läßt Herr von Kahr, mit eingezogenem Kopf

auf seinem Stuhle figend, einem modernen heiligen Sebastian ähnlich, fich von den Bfeilen eines halben Duhend von Rechtsanwälten durchbohren. Bersucht er's einmal mit einer wirklichen Erklärung, so scheitert der Versuch an hundert fach ichen Klippen und an Herrn von Rahrs rednerischer hilflosigkeit. Soll er fich aus tem Stegreif zu etwas äußern, so gleicht er einem Karpfen auf dem Sante.

Der Gesamteindrud niederschmeffernd und erbarmungswürdig.

So also sieht der Held, Retter und Befreier jetzt aus! Man weiß nicht, worüber man mehr staunen soll: über die Frivolität einer Journalistik, die täglich neue Gößenalläre baut, um sie morgen wieder in die Latrine zu werfen, oder über die Geduld eines Lesepublikums, die sich so etwas ge­fallen läßt.

Und während das Hagelwetter des Hitler- Ludendorff­Kahr- Prozesses auf sie niederbraust, sind die deutschnationalen und völkischen Herrschaften quietschvergnügt und rechnen mit großen Erfolgen bei den kommenden Reichstagswahlen. Wie unerschütterlich muß doch ihr Glauben an die menschliche Dummheit sein!

Wegen unerlaubter Ji cherei in dänischen Gewässern( Jsland) wurde der Curhavener Tratoler Richard C. Krogmadd" zu 10000 Stronen Etrafe, Konfistation der Geräte sowie Tragung der Kosten verurteilt.

ift, er weiß es auch in dem einen oder anderen Couplet. Aber gerade weil der Mann fünstlerisch zu befferem berufen scheint, wollen wir nicht verraten, daß das eine oder andere besonders gelang und gefiel und da capo verlangt wurde.

Trude Hesterberg ist spiritus rector des Spiels, auf der Bühne, rassig, durchtrieben, schön und ein ganzer Kerl. Ostar Sabo schauspielert einen Angetrunkenen und tanzt als General, ist Lieb­haber, Kavalier, folettiert, flirtet, reitet sich hinein und heraus, spielt fozusagen das ganze Stüd allein. Und dieses Stück ist töftlich; wenn er ernst wird, so ist er doppelt fomisch. Hertha Stolzen. berg singt in Berlin N nicht anders als in Charlottenburg ; so hübsch wurde das sicher selten bei Apollo gehört. Ihre Grazie ist cllerdings nicht gewachsen. Rist en mgher stand einen robusten Mann und färbte durch Charme diese unsympathische Rolle an­genehmer. Fritz Hirsch brachte durch die übliche Luftspieltrottel­haftigkeit( die er persönlich schmachaft machte) das Publikum zum Lachen, und sehr echt und treu war die Nadja der Daisy Torrens. Das Haus dankte der Borstellung, die den Erfolg verbürgte und brachte. R. S.

Eine neue Bibel für die Amerikaner. Der Wettbewerb amerita­nischer Geistlicher, die durch Schaffung irgendeiner sensationellen Neuerung ihrer Kirche einen neuen Reiz zu sichern bemüht sind, hat dem Pastor Potter, einem modernistischen Heißfporn der unita­ristischen Kirche, einen besonderen Gedanken eingegeben. Er hat öffentlich angekündigt, daß er mit der Zusammenstellung einer neuen, ausschließlich für Amerikaner bestimmten Bibel beschäftigt ist, deren einzelne Abschnitte er auf dem Wege des heute unvermeidlichen Rundfunks über ganz Amerifa zu verbreiten gebentt. Nach Rev. Potter braucht Amerika unbedingt eine neue Bibel, da die a'te für das Land der Freiheit völlig ungeeignet sei. Seiner Ansicht nach steht Abraham Lincoln der amerikanischen Seele nicht weniger nahe als Jesus Chriftus, und Jane Adams fönne hinsichtlich der Be­fämpfung der Uebel der Menschheit gut und gern die Deborah er sehen. Die Briefe und Schriften Washingtons, Adams und Jeffcr= fons sollen deshalb an- die Stelle des alten Pentateuchs treten, denn es sei töricht, anzunehmen, daß eine große demokratische Nation, die die edelsten Geister hervorgebracht und die amerikanische Berfassung geschaffen hat, sich an einem vom Geiste des Orients befruchteten Wert, wie die Bibel es ist, bilden könne. Die Gegner Potters, die auf dem Boden der christlichen Weltanschauung stehen, machen energisch Front gegen diesen nationalistischen Neuerer.

Die Bolfsbühne ift gezwungen, das für den 15. März in der Alten Garnisontirche angefekte Sonzert auf ein späteres Datum zu ver legen.

Kampf gegen die firchlichen Feiertage in Rußland . Die Abteilung für politische Aufklä ung in der Stommunistischen Jugendorganisation( Rom­somol) will, wie der Dit- Egpreß berichtet, einen Feldzug gegen die Feier altgewohnten kirchlichen Feiertagen allmäblich einen anderen und zwar der Kirchenfefte feitens der Doifjug nd einleiten. Es soll versucht weiden, einen weltlich- fommunistischen Charakter zu geben. Der Jobannistag z. B. foll zum Felttage des Kampfes gegen den Aberglauben" werden, am Eliastage ist ein Seft der Naturkunde und der Elettrifizierung vorgesehen.