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Mr. 165 41. Jahrgang

3. Beilage des Vorwärts

Die neue Kriegserklärung".

Die Wirkung des Münchener Urteils.

P. V. Ropenhagen, den 2. April 1924.

Unter obigem Titel brachte die Kopenhagener National­Tidende" einen langen Artifel, der sich mit dem Münchener Urteil" und den nationalistischen Abenden der Deutschnatio­nalen und des Bismard- Bundes" beschäftigte. Der Titel sagt genug, die Kommentare aller übrigen Blätter, ohne Aus­nahme, das übrige. Das Münchener Urteil plagte wie eine Bombe in den dänischen Wahlkampf hinein. Dem deutschfeindlichen Teil der Presse brachte es die willkommene Ablentung von der Aufdeckung des üblen Treibens der bisherigen Regierung und der Hochfinanz durch die Opposition, felbst die deutschfreundlichsten Blätter refignieren: der alte Kaiser- und Kriegsgeist hat die Oberhand in Deutschland , es gibt keine Macht der Republik , die gegen die Schwarz- Weiß- Roten aufzutreten wagt. War schon die ganze Prozeßführung angetan, jedes Vertrauen zu der deutschen Justiz in Standinavien zu untergraben, so war das Ur. teil die Mine, die alle Deutschlandfreund schaft lahmlegte. Denn das Ludendorff- Deutschland hat weder Freundschaft noch Achtung hier, und die reaktionären Blätter, die bisher vergeblich Frankreichs Politik gegenüber Deutschland dem Bolte als richtig darzustellen versuchten, haben nun Oberwasser.

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Berzweifelnd bemüht sich der Münchener Berichterstatter des Politiken", Prozeß und Urteil als Ausfluß der lokalen Berhältnisse in und um München darzustellen, man weist auf die schwarzweißrote Rede Stresemanns, auf die nationalisti­schen Provokationen in Hamburg hin und unterschreibt, was " Temps" und andere Bariser Boincaré- Blätter sagen: der Revanchegeist siegt in Deutschland ! Und man erinnert sich an die Revanchedrohungen der Rechtsfraktionen im Preußischen Landtag anläßlich der Nordschleswig- Debatte und fragt fich bang: Wo findet das fleine Dänemark Schutz vor der deutschen Revanche? Höhnend und triumphierend hielt eben der konser pative Diskussionsredner in einer Wahlversammlung dem fozialdemokratischen Referenten, der für eine Verständigung mit Deutschland eintrat, vor, wo denn das friedliche Deutsch land fei, von dem er spräche? Die Versammlung schwieg eisig still, und unser Genosse gab als legten Hoffnungsschimmer, daß die deutsche demokratische Republik noch nicht von den Nationalisten überwältigt sei, seiner Hoffnung, daß die Wahl am 4. Mai die Unerschütterlichkeit der deutschen Sozialdemo­fratie beweisen werde, Ausdrud.

Man scheint eins im Juristen- Deutschland ganz vergessen zu haben: daß Deutschland nicht irgendein halbwilder Staat irgendwo in Asien ist, sondern im Zentrum der Welt liegt und die Augen aller Länder scharf und genau die Vorgänge in Deutschland verfolgen. Und die deutsche Recht sprechung wurde ernst genommen, sie hatte einen Ruf zu verlieren und hat ihn verloren. Noch nicht einmal die politischen Gesichtspunkte des Münchener Standals stehen in den ernsteren, objektiven hiesigen Blättern im Vordergrund, sondern die Rechtsfrage, das Rechtsprinzip, und alle namhaften Juristen, Kenner der deutschen Geseze müssen gegenüber den sie über ihr Urteil befragenden Juristen zu geben: die Münchener Prozeßführung ist eine glatte Rechts­berneinung, eine nicht zu verteidigende Rechtsbeugung vor dem allbeutschen Terror. In einem der Blätter( oder war es eine Zeitschrift) regt sich schüchtern die Behauptung, daß der deutsche Richterstand als solcher wohl gegen diesen Standal protestieren würde-die Hoffnung wird wohl vergebens fein....

Bar der Ruhreinbruch Poincarés Jena hierzulande, so ist das Münchener Urteil sein Gedan. Unübersehbarer Schaden ist dem deutschen Ansehen durch diese Rechtsprechung geschehen, feine der deutschen unzuverlässigen und schieberischen Balutaexportfirmen hat Deutschland in so tiefen Berruf ge­bracht wie diese Tat deutscher Richter, Pfleger des Rechts.

Nur eins fönnte eine Spur von Vertrauen zu Deutschland wieder aufrichten, nur eins die verlorene Schlacht für Deutsch­ land zum Stehen bringen: eine Wahlentscheidung des deutschen Voltes gegen die Ludendorf fianer und die Karuffellpolitiker, ein feftes und startes Be­tenntnis des deutschen Bolles für die friedliche, rechtsgefestigte deutsche Republik. Die scharfen Augen des Auslandes, das durch demokratische Brillen und von seinen festen Rechtstradi tionen aus sieht, haben aber schon längst entdeckt, daß feft und ehrlich und vorbehaltlos zur Bölferverständigung, zum fried lichen Wiederaufbau Deutschlands nur die deutsche Sozial demokratie und der pazifistische Teil der Demokraten steht.. Der deutschen Sozialdemokratie Abschneiden bei den deutschen Wahlen wird entscheidend für die zukünftige Haltung ganz Standinaviens gegenüber Deutschland sein.

Der Führer der dänischen Radikal- Bürgerlichen nannte in einer Wahlversammlung vor zwei Tagen den Führer der däni schen Sozialdemokratie, den Genoffen Stauning, den dänischen Macdonald, und ließ in feinen Worten mittlingen, daß die dänischen Linksbürgerlichen ebenso wie die englishen Liberalen mit jenem Macdonald, auch mit dem dänischen Mac­donald im Falle eines Wahlfieges der Linken gehen würden. Es kann sich also ein Bogen des Friedens und der Politik der

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Sonntag, 6. April 1924

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Ludendorff: Aeh, Chauffeur, was ist das für Haus?

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BEKING

Chauffeur: Niederschönenfeld , Exzellenz, wo der Hochverräter Mühsam seine Strafe verbüßt. Ludendorff : Wieviel?

Chauffeur: Fünfzehn Jahre Festung, Exzellenz! Ludendorff : Viel zu wenig! Schlappe Justiz!

Vernunft von London über Kopenhagen nach Berlin spannen, menn-

menn sich das deutsche Bolt nicht für eine neue Kriegs­erklärung", sondern für den Frieden, nicht für Ludendorff oder Hergt oder Stresemann, sondern für einen deutschen Macdonald entscheidet! Der 4. Mai ist Großreinemache tag, möge das deutsche Volk an ihm den Schmutz auslehren, der es dem demokratischen Ausland stintend und unsauber er scheinen läßt!

Seht die Wählerlisten ein!

Die Stimmlisten zur Reichstagswahl liegen bei den Berliner Bezirtsämtern vom Sonnlag, den 6. April, bis Sonntag den 13. April, zur Einsicht aus. den 13. Uprit, zur Einsicht aus.

Die Wählerlisten fönnen eingesehen werden: Sonntags von 10 Uhr vormittags bis 5 Uhr nachmittags, Werttags von 12 Uhr mittags bis 7 Uhr abends. Die Orte der Auslegung find durch Säulenanschlag bekanntgemacht

Jeder vergewiffere fich fofort, ob er in der Stimmliffe fteht. Von der Eintragung hängt das Stimmrecht gbt#

Zersplitterung und Einheit.

Die bürgerlichen Parteien werden von inneren Krämpfen gefchüttelt. Sie zerfallen in Gruppen und Richtungen, die in den Parteien gegen die eigene Bartei fämpfen. Parteitradition und wirtschaftliches Intereffe geraten bei allen bürgerlichen Parteien in Widerspruch. Vielfache Intereffengegenfäße zer flüften alle bürgerlichen Parteien: Schwerindustrie gegen Fertigindustrie, Landwirtschaft gegen Schwerindustrie, Indu strie gegen Mittelstand. Die Interessengegensäße zerreißen die bürgerlichen Parteien; denn es fehlt die große Zukunfts­idee, die über alle Gegenfäße hinweg fie einen fönnte.

Darf die Arbeiterschaft sich zerflüften, wie das Bürger tum? Darf sie sich politisch zerreißen in Parteien, in Frat tionen und Richtungen, die miteinander und gegeneinander tämpfen und so die politischen Kräfte der Arbeiterschaft inner­lich binden und verbrauchen? Nicht Intereffengegenfäße, wie sie das Bürgertum politisch teilen, sind zwischen dne Arbeitern, fondern Interessengemeinschaft, der Vorteil des einen ist nicht der Nachteil des anderen bei ihnen, sondern der Vorteil des einen ist der Vorteil des anderen.

In ihrem Lager aber ist die große Idee der Zukunft, die Idee des Sozialismus. Im Kampfe der Arbeiter gegenein ander wird sie nie verwirklicht werden! Bertlüftet fich die Arbeiterschaft politisch in Parteien, fo werden diefe Parteien nur mit geschwächter Kraft ringen fönnen um ihre Ziele Welcher Wahnwig treibt jene, die die Arbeiterschaft zerreißen, wie sich die bürgerlichen Barteien zerreißen! Sammlung der politischen Kräfte der Arbeiterschaft, ein Ziel, eine Bar. lei: das ist die Aufgabe der Arbeiter in dieser Stunde.

Mögen die bürgerlichen Parteien fich zersplittern und spalten: der Vereinigten Sozialdemokratie die Einheit und Geschlossenheit!

Die dritte Woche des Wahlkampfes.

Der Bersammlungsfeldzug der Wahlredner ist nun bei allen Parteien im Gange. Da zeigt es fich, wie politische Vernunft und Ueberlegung im Lager der Extremen völlig geschwunden ist. Statt mit Argumenten, fämpfen sie mit Stuhlbeinen und Biergläsern, mit Gummifnüppein und Stinkbomben. Sie schrecken vor den verbreche rischsten Ausschreitungen nicht zurüd. Kommunisten haben in Frank­ furt am Main in eine Versammlung eine Bombe geworfen, die ein Dugend Menschen schwer verlegte. In Bayern üben die Bölkischen die Methoden des italienischen Faschismus. Sie überfallen geg nerische Führer, um sie halbtot zu prügeln und so mundtot zu machen. Die Bayerische Bolkspartei, die diese Methoden in Bayern hat groß werden lassen, erfährt sie jetzt am eigenen Leibe. Die ganz links von den Kommunisten stehenden Gruppen fordern offen zur Sabotage der Wahlen auf. Es ist ein böser Geisteszustand, der sich in diesen Bor tommnissen enthüllt: ein Geist der Brutalität, der Gedankenlosigkeit, der Kulturlosigkeit, bar aller Würde und Verantwortung. Ein geeis waltiges Maß politischer Erziehungsarbeit ist in der Zukunft zu leiften, um biefen Ungeist zu beseitigen, der der schlimmste Feind aller Demokratie ist.

Die Wahlen in Bayern , bie an diesem Sonntage stattfinden, müssen zeigen, wie weit dieser Ungeift bereits um sich gegriffen hat. Aber wir hoffen, daß gerade die provozierende Frechheit, mit der er dung durch die Regierung in Bayern ausübte, alle wahrhaft politisch in Bayern aufgetreten ist, daß der brutale Terror, den er unter Dul Denfenden und vor allem alle Arbeiter in Bayern aufgerüttelt hat, fo daß die Bahlen nicht nur nicht ein Anwachsen der völkischen Geistesverwirrung zeigen werden, sondern zugleich eine gesunde unb träftige Gegenwirkung.

Bayern gezeigt haben, hoffentlich selbst zur innerpolitischen Gesun So wird das Uebermaß von Torheit, das die Bölkischen in dung beitragen. Aber wie viel ist außenpolitisch schon verdorben! Mit Entsetzen sehen die wahren Freunde Deutschlands im Ausland, wie diese Batentnationalen, allen politischen Sinnes bar, gegen die Intereffen Deutschlands wüten.

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Der Beobachter, der den deutschen Wahlkampf von außen her verfolgt, muß einen traurigen Eindrud der Verwirrung, der Ideen­lofigkeit, der Sinnlosigkeit erhalten. Zwei Parteitage von zwei großen Parteien- der Deutschen Bolkspartei und den Deutsch­nationalen fallen in den Anfang dieser Wahlwoche. Aber haben fie Klarheit geschaffen über die wahre Politit, die diese Barteien zu führen gefonnen sind, wenn die Wahlen ihnen die Macht geben? Sle haben ein Höchstmaß von Spekulation auf die Stimmung der Wähler, auf die geistige Verwirrung erkennen laffen, die in Deutsch land herrscht, aber feine flare Linie für eine fünftige deutsche Außen­politit. Der unbefangene Beobachter wird sich sagen, daß diese Bar­beien nach den Wahlen vielleicht anders reden werden als vor den Wahlen. Er wird erkennen, daß der Geist des Sichtreibenlassens, der Worte ohne Handlungen, der Deutschland in den vergangenen Jahren so verderblich geworden ist, heute stärker ist denn je. Der Wahlkampf zeigt seine wahre Ursache: die Scheu der bürgerlichen Barteien vor wirklicher Entscheidung, die verpflichtet, politisch und finanziell verpflichtet.

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