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In diefer geistigen Not der bürgerlichen Parteien schrefen fie im Wahlkampfe im Chorus durch ganz Deutschland über die Ideenlosig feit der Sozialdemokratie. Von der großen Idee des Sozialismus wollen sie nichts wissen, sie hat feinen Kurswert bei ihnen. Es ist viel bequemer, über die Ideenlosigkeit des anderen zu fchreien, als die eigenen Ideen zu zeigen die man nicht hat. Die Ideenlosigkeit der bürgerlichen Barteien ist die Ursache ihrer Zerklüftung. In der Bollspartei hat der innere Krieg von neuem begonnen, das Zentrum hat zu schaffen mit Christlich- Sozialen und Bayerischer Bolfspartei, Deutschnationale und Deutschvöltische schlagen sich um das Patent des einzig wahren Nationalismus, und die Deutschvölkischen zerfallen in fich in 26 Richtungen. Einige und geschlossene Sozialdemokratie das muß demgegenüber die Parole der Arbeiterschaft sein!
Der Schutzzollschwindel.
Die„ Kölnische Zeitung " gegen bürgerliche Jrreführung. Die bürgerlichen Parteien bis zum Zentrum hinein haben in ihren Wahlprogrammen die Forderung nach " Schuh der nationalen Arbeit" erhoben, eine For derung, hinter der sich der Wunsch nach Absperrung der deut. schen Wirtschaft gegen die ausländische Konkurrenz und nach tünstlicher Hochhaltung der Preise verbirgt. Dieselben Kreise, die früher nicht laut genug nach der freien Wirtschaft rufen fonnten, fühlen sich jetzt von der Konkurrenz des Weltmarktes bedrückt und weigern fich, ihre Kalkulation fo radikal umzustellen und ihre Profite derart abzubauen, daß die Preise in ein vernünftiges Verhältnis zur Kauffraft des Inlandes gebracht werden. Mag man sonst über Zölle zur Erreichung von produktions- und handelspolitischen Zielen denten wie man will, unzweifelhaft steht fest, daß im gegenwärtigen Zeitpunkt die Privilegierung des Profites und der Inflationsgewohnheiten der Industrie der Verderber für die Rentenmart wäre. Darum wandte sich auch der Aufruf der Sozialdemokratischen Partei mit großer Schärfe gegen die allgemeine Schußzzollpropaganda. Wie sehr sie damit recht hat, wird jetzt von einer Seite bestätigt, von der man es am allerwenigstens erwarten sollte. Die rheinischen Industriekreisen nahestehende Kölnische 3eitung" führt in ihrem Leitartikel vom 5. April, morgens, u. a. aus:
Wenn die Reichsregierung erfolgreich für den Abbau der Breise eintreten will, dann muß sie zunächst einmal die ihr durch die 3ollpolitit gegebenen Möglichkeiten ausnutzen. Es wird der Preisgestaltung in Deutschland sehr zufräglich sein, wenn wieder einmal ein frischer Wind aus dem Ausland in unsere Industrie- und Wirtschaftstreife weht. Der Unterschied zwischen den Preisen des Auslandes und des Inlandes ist in vielen Gewerbezweigen fo be trächtlich, daß man, auch nach genauer Prüfung der hüben und drüben gegebenen Eachlage, für, die Preise des Inlandes fein volfswirt. fchaftliches Verständnis haben tann. Brivatwirtschaft' ich gesehen ist es natürlich durchaus erklärlich, wenn Industrie und Großhandel bei steigender Nachfrage sich zu einer Preissentung nicht verstehen, trotzdem das Ausland billigere Waren liefert. Aber es ist dann eben bie Aufgabe der 3ollpolitit des Reiches, hier einzugreifen; angeblich voltswirtschaftliche oder gar sozialpolitische Interessen stehen da meist weniger auf dem Spiel als die beteiligten Erwerbszweige vorgeben. Im übrigen ist es eine andere
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Frage, ob die Nachfrage, die heute die Preise so hoch hält, auch wirklich gesund und tragbar ist, und ob es sich nicht vielmehr um Aufträge handelt, die nicht eingehalten werden fönnen und nur Konkurse nach sich ziehen. Wer in dieser Hinsicht die Entwick fung der letzten Messegeschäfte verfolgte, tann angesichts der schwachen Konsumtraft unseres Bolles nur mit Mißtrauen den kommenden Monaten entgegensehen.
Bisher hat man von irgendwelcher Aktivität des Reiches zur Senkung der inländischen Industriepreise nur wenig püren tönnen. Der Erfolg ist, daß troz Einfuhrverboten und hohen Zöllen die ausländische Ware nach Deutschland einbringt, daß also der deutschen Industrie der Inlandsmarkt nicht mehr sicher ist. Mit Recht betont die K. 3tg.", daß mur wirtliche Verbilligung, d. h. gesteigerte Er. giebigkeit der Arbeitsleistung und bescheidenerer Ber dienst auf die Dauer helfen kann, und daß es an der Wirt fchaft selbst liege, wie es ihr geht.
Eine bessere Widerlegung der bürgerlich- fapitalistischen Forderungen ist nicht gut denkbar. Nur darf sich niemand der Täuschung hingeben, daß derartig fluge Erwägungen die Interessenten in irgendeiner Weise beeinflussen. Die Kauf fraft des Lohnes tann nur gehoben werden, wenn die nächsten kraft des Lohnes kann nur gehoben werden, wenn die nächsten Wahlen eine Regierung bringen, die sich zielbewußt und entschlossen in den Dienst des Preisabbaues ftellt. Borbedingung dafür ist ein überragender Einfluß der Sozialdemokratie, die als einzige gegen den Raubzug der Industrieritter auf die Taschen des Boltes entschieden an fämpft.
Kandidaturen.
Da die von der Deutschen Volkspartei im Wahlkreis WestfalenSüd aufgestellten Reichstagsabgeordneten Dr. Bögler und Quaab endgültig auf ihre Kandidatur verzichtet haben, stellt der HauptvorItand der Partei des Wahlkreises folgende neue Lifte auf: 1. Berg mann innefeld. Günnigfeld , 2. Fabrikant Hermann Kiingspor Siegen.
Die voltischen Spizenkandidaten für Sachsen find: Leipzig : Theodor Fritsch , in Dresden : Kapitänleutnant v. Md e, in Chemnik: Feder.
Die Deutsch nationalen in Westfalen Nord stellten als Spitzenkandidaten für den Wahlkreis Westfalen- Nord den früheren Direktor der Kruppwerfe Hugenberg auf.
Die Deutfchnationale Volkspartei Sachfens stellt in den drei fächsischen Wahlkreifen folgende Kandidaten auf: 28. Wahlkreis Dresden - Baußen: 1. Synditus Dr. J. Wil helm Reichert Dresden, 2. Gutsbesiker und Gemeindevorstand Alwin Domsch ; 29. Wahlkreis Leipzig : 1. Dr. Philipp. Leipzig , 2. Un verst ätsprofessor Dr Otto Hoeßich Berlin ; 30. Wahlkreis: Chemniß- 3 widau: 1. Obermeister Franz Biener Chemniß, 2. Amtsgerichtsrat Dr. Georg Barth. 3widau.
Der demokratische Parteitag.
Das peinliche Versehen.
Weimar , 5. April. ( Tul.) Am Sonnabend, den 5. April, wurde in Weimar der Parteitag der Deutschen Demokratischen Partei durch den Reichsminister a. D. Roch eröffnet, welcher für den ausscheidens den Dr Petersen zum Vorsitzenden der Partei gewählt wurde. Er führte aus, daß im Augenblid alle Blicke Deutschlands auf die Ent. scheidung in der Außenpolitit gelentt feien, daß sich das deutsche Volt aber auch mit den Prozessen in Leipzig und München beschäftige. Er tritifiert die Borgänge in Leipzig und München und weist darauf hin, daß auch in 3utunft aus München einer ruhigen Entwicklung unseres Staates und unserer Wirtschaft Gefahrendrohen. Er fährt dann wörtlich fort: Auch wir ehren den Feldherrn Ludendorff . Wir bedauern, daß in unserem Wahlaufruf infolge eines versehentlichen Zusammenziehens zweier Säße
die Namen Ludendorff und andere in eine Verbindung mit gemeinen Berbrechern geraten find.
Wir haben fofort versucht, das Bersehen durch 500 Telegramme an alle Zeitungen richtig zu stellen. Das ist leider nicht rechtzeitig gelungen. Die Bartei halte es für die oberste Pflicht, im Gegensah zu den phentastischen Münchener Politikern das Bolt zu Wirklichkeitsfinn und Einmütigteit zu führen. Es heißt dann
weiter: Wirklichkeitsfinn brauchen wir vor allem auf dem Gebiete der Außenpolitit. Die Politik der Deutschnationalen ist Phrafe. Bundesgenosse in der Verständigungspolitif ist heute auch die Deutsche Volkspartei . Sie hat umgelernt und will mit uns durch Arbeit und Opfer zur Freiheit. Tatsächlich jetzt Strese mann die Politik der letzten fünf Jahre fort. Auch die Deutschnationale Bolkspartei wird, wenn sie an der Regierung ist, da sie einem Revanchefrieg ausweicht, diese Politit zu machen versuchen müssen. Heute hat das Bolt zu entscheiden, ob eine Berständigung versucht werden soll, die es uns ermöglicht, auf ärmlichem aber sicherem Boden wieder aufzubauen, oder ob das Elend der letzten fünf Jahre fich fortfehen soll. Unseren Brüdern im besezten Gebiet sind wir schuldig, jedes Opfer an Geld zu. bringen, um fie frei zu machen oder ihr Geschick zu erleichtern. Wahlrecht, das diese Berriffenheit wiederspiegelt, ein uneiniges In der Innenpolitik hat die Zerrissenheit des Volkes Dant einem Barlament mit sich gebracht. Die wichtigsten Aufgaben des neuen Reichstags sind Verhütung einer neuen Inflation, die Löfung von unferen Feinden und die Wahrung der Einheit und der Autorität des Reiches. Die Autorität des Reiches muß auch gegenüber den 2ändein gewahrt werden. Was sich Föderalismus nennt, ist of: nur Streben nach Rejervatrechten, wenn nicht Bartikularis. sein Haupt erhoben, wenn es ihm schlecht ging. mus und Unbotmäßigkeit. Partitularismus ha: in Deutschland stets sein Haupt erhoben, wenn es ihm schlecht ging.
Ale Aufgaben werden sich im neuen Reichstag nur lösen laffen, wenn er so zusammengesetzt ist, daß sich eine feste Mehrheit bilden fann. Von einer überparte lichen Regierung, wie zur Zeit Cunos, haben wir genug. Bon einem Bürgerblod befürchten wir dieselbe Ratlosigkeit gegenüber den Rechtsrevoluionären wie in Bayern . Nur Regierungen der Mitte sind auf abseh bare Zeit möglich. Die viel totgesagte Deutschdemokratische Partet steht fester und einiger da als je. Der neue Reichstag erfüllt seine. Aufgabe, wenn er die von uns angebahnte Politik vollendet.
Als nächster Redner sprach über" Staat und Wirtschaft" Abg. Fischer Köln: Wir Demokraten stehen zum heutigen Staat aus innerer Berbundenheit. Die Wirtschaft muß aus 3 wedmäßig. teitsgründen zum wenigsten für seine Stärtung forgen. Feftigung der Staatsautorität der demokratischen Republit bedeutet Befferung unserer reparationswirtschaftlichen Lage, Steigerung unferes außenpolitischen Ansehens, Sicherung unserer innenpolittichen Entwicklung und damit unserer wirtschaftlichen Wiederaufbauarbeit, Erhaltung der Reichseinheit. Diese Tatsachen müssen sich die Wirt fchaftler vor Augen halten. Der Unternehmer steht jetzt vor der Aufgabe, den Betrieb zu erhalten. Er hat die Kräftigung und Gesundung unseres Inlandmarktes und die Deffnung der Auslands. märkte für unsere Arbeit herbeizuführen. Der Arbeitnehmer steht vor der Pflicht, durch Mitwirkung cn der Erreichung höherer Arbeitsleistung bei gleichbleibenden Gestehungskosten die Nugung unserer Produktionsmöglichkeiten herzustellen. Steigerung der Kon fumtionsfähigkeit der Arbeitnehmer ist für den Unternehmer ebenso Selbsthilfe, wie es für den Arbeitnehmer die Uebernahme höherer Arbeitszeit ist. Der Gefundungsprozeß der deutschen Wirtschaft muß und wird sich aus der ökonomischen Wiedererstarkung der Arbeit. nehmer und des Mittelstandes meiter entwickeln. Nur aus der Wiedererweckung der Sparmöglichkeit und des Spartriebes im Mittel stand und bei den Arbeitnehmern kann sich die Wirtschaft im Rahmen der deutschen volfswirtschaftlichen Arbeit die Qualen dauernder Rapitalneubildung schaffen. Die Gesundungsarbeit bleibt aber vor allem davon abhängig, daß wir auf dem Währungsgebiet weiter mit Stetigkeit arbeiten fönnen.
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