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Nr. 1$5 41. Jafycgatig
1. Heilage öes vorwärts
5ceitag,18. Sprit 1H24
Die grauen Hoste.
Schon vor dem Kriege haben auf den Groß-Berliner Flußläusen, bes anders auf Havel  , Spree   und Dahme  , die flinken Polizeibvul« das rege Intcrefic des Publikums gefunden. Damals waren es nach Nein«, gewöhnliche Kajiltmotorboote, die nur durch die preußische Poäzeiflogge ihren Charakter verrieten. Sie waren wenig zahlreich und baiten auch nach nicht so vielseitige und schwierige Zlusgoben wie ihre Amtsnachfolger zu erfüllen. Während des Krieges trat bekanntlich auch auf den Flußläufen mit aller Schärfe der Militaris- inus in Aktion. Zumal in den ersten Kriegsjahren war di« lieber- wochung der Berliner   Brücken, vor allem solcher von strategischer Bedeutung, und der vielen am User belegenen Industriegebäude, in denen Kriegsmaterial hergestellt wurde, außerordentlich streng. Wie die Habichte schössen regelrechte Marineboote, deren Insassen drohend den Revolver schußbereit hielten, auf harmlos« Lastkähne oder Der- gnügungsdampfer los und übten eine Macht aus, die mitunter reizen konnte, wenn sie auch vielleicht durch das Spionagesystem, das in Deutschland   stch eingenistet hatte, verständlich war. Aus diesen militärischen Maßnahme« ist der über da» gesamte deutsche Flußgebiet, soweit das angrenzend« Land vom Feinde unbesetzt ist, verbreitete Reichswasserschutz entstanden. Ein« solch« Aus- dehnung des Polizeidienst«» auf den Flüssen einschließlich der mit mit ihnen verbundenen Seen war um so notwendiger, al» ssch ein gewisses Piratentum herausgebildet hatte, da, heut« noch nicht aufgehört hat. S Stete Sereitfihast. Aus den paar Polizeibooten ehemaliger Garnitur ist durch Ent» lehnung von Beiboote« der dezimierte« Kriegsmarine   eine ganz« Flotte in kleinen Ausmaßen und selbst für Groß-Derlin und ine naher« Umgebung eine stattlich« Fwtille geworden. Sechs Abschnitte im Sprse- und Haocigebiet tragen die Bezeichnungen.Mark' und Berlin  " sbeid« mit Sitz am Echiffbouerdamm).Mork-Nord"(Sitz in Spandau  -Hakenfelde  ).Mark-Ost  "(Sitz in Baumschulenweg),Mark- West"(Sitz in Potsdam  ),Pichelsdorf"(Sitz an der Havel   bei Schloß Pichelsdorf). Daneben bestehen vorgeschoben« Wachen oder Posten, beispielsweise m Schmöckwitz   und Tempelhof  , außerdem der Reichs» wosserschutz de» Ministeriums des Innern mit dem Sitz in Schmargen- dorf. Von der richtigen Ansicht ausgehend, daß die stark vermehrten dunklen Existenzen, di« im Trüben fischen, einer vermehrten Ueber- wachung bedürfen, hoben di« maßgebenden Uehörden so viel« Wassern schutzboote und Mannschaften, als es die Finanzen irgend vertragen, in Dienst gestellt. Man könnte zeit- und stellenweise sogar an noch mehr Schutz denken, wenn nicht Spargründe zur äußersten Emschrän- kung zwängen. Etwa 160 0 Beamte find für di« weitverzweigte deutsche Strompolizei nicht zuviel. 3ede Abteilung verfügt über eine Barkasse sowie mehrere Speziai- und Krimlnalboote Mit Au»- nähme der Kriminalboote, die stch in ihrem Aeußeren nicht von privaten Motorbooten unterscheiden, auch ohne Flagg« und mit Be- iaturng ohne Uniform fahren, haben samtliche übrigen Boote den charakteristischen grauen Anstrich und die Adlerflagge mit den republikanischen Bewarben schworzrotgold. Die Fahrbeamten sind zum Teil au» der Marine hervorgegangen und tragen auch deren Uniform. De? Dienst ist, wie bei der Kriminal» und Schutzpolizei auf dem Lande,«in ununterbrochener. Di« Parole heißt: immer die Augen und Ohren offen halten, stets schlagfertig sein. Das hat der modernen Wosserschlchpoiizei einen Respekt oerschafft, der weit über den der alten Strompolizei hinausgeht. Sei See Arbeit. Sie bedeutet das Vielfache der Friedensaufgaben. Was durch dk« Kcicgsfolgen in der Ordnung gelockert war. übertrug sich auch auf da? Leben und Treiben auf und an den Flußläufen und konnte nur mühsam, mit zäh« dienstlicher Hingab« wieder geregelt werden. So schluckt denn«den der Tätigkeit für da» Wasserbauamt der
Slcherheits- und SrimiulMcust. der in eng« Verbindung mit den Volizriämtern auf dem Landr ausgeübt wird, den Löwciianteil der Arbeit. Man muß sich dabei die Tatsache vor Augen halten, daß die Groß-Berliner Flußläuse mit ihren vielen Abzweigungen heute bei Tage und bei Nach: weit mehr wie früher der Schauplatz aller mög- lichen Aergehen und Verbrechen sind und hier die Feststellung der llcbeltäter vielfach größeren Säiwirrigteiten als auf dem Lande be- gegnet. Schon die ständigen, oft ganz plötzlich angeordneten Streif- fahrten, im Sommer zuweilen 6 8 innerhalb 24 Stunden, stellen an di« Nerven hohe Anforderungen. Da gibt es fortwährend zu tun. ; Bei starkem Wasserverkehr muh nur zu häufig vom Boot aus die verwarnende Stimme des Megaphons ertönen, warnen und ver- warnen, nicht gleichaufschreiben", das ist Grundsatz beim Wasser- schütz und hat ihm viel Sympathien eingebracht. Wer immer wieder
diebe den Polizeiblaujacken zunächst«in Schnippchen. Rur   selten gelingt es, sie auf frischer Tat zu ertappen. Die beschilften, buchten- reichen User bieten ja massenhaft Schlupfuünkel. dem grauen Späher auszuweichen. Erst am Tage, noch Eingang der Diebstcchlsir.afdur.g. fetzt systematisch die Verfolgung ein. Die Zahl der ollsährüch aar von den Ankerplätzen aus Havel  , Spree   und Dahme   gestohlene» Booke geht in die hunderte. Der hohe Zeitpreis der Boote hat das Gewerbe dieser Speziallangfinger lohnend gemacht. Di««inen ent- führen mit großer Kühnheit trotz aller privaten Ueberwachung ganze Boote, die anderen nur Bestandteile. Leicht haben es aber die Bootsdiebe nicht, ihre Beute m Sicherheit zu bringen. Selten rutscht ein gestobenes Boot offen durch die Schleusen. Wie Falken passen die Schleusenbeamten auf. Nut mit Transport über Land oder durch Verstecken unter der'Ladung hehlenscher Schiffer ist das Fortkommen möglich Auch noch diesen Schleichwegen leiten Instinkt und Cr- fahrung des Wasserschutzes mit großem Erfolg«. Ost wird schon am Tag« nach dem Diebstahl der Ausreißer gefunden, meist ohne den Bootsräuber, der sich die gefahrvolle Arbeit umsonst gemacht Hot.
nicht hören will, wird allerdings scharf auf» Korn genommen. Zahl- los sind die Insassen von Motor-, Segel» und Ruderbooten, die sich gesollen lassen müssen, von der Wasserpolizei zur Ordnung gerufen zu werden. Ohne dies« Aufsicht wären die durch Leichtsinn und Zuchtwsigkeit verursachten Unfälle auf dem Wasser noch viel zahl- reicher. Geschieht ein Unglück, so ist das graue Boot meist sehr schnell zur Stell«. Die Maimschost leitet sachkundig alle notwendigen Arbeiten, birgt umgeschlagene Boote, fischt stunden- nnd tagelang nach Leichen, übrigens auch nach denen von Selbstmördern oder nach Leichenteilen von Ermordeten. Durchsuchungen von Lastkähnen nach Diebesware oder sonstiger verdächtiger Ladung finden statt, ohne daß man am Ufer viel davon merkt. Zu den Sskzialausgaben gehört auch das Vertreiben wilder Angl«, das Verhindern de» Baden» an lcbcngesährdenden Stellen, der Sicherheitsdienst bei Regatten, Wett­schwimmen, Wasserfeuerwerken. Und wenn ein Unwetter herauf- zieht, ist das graue Boot sicher eine« der letzten auf den wild- bewegten Wassern od« es liegt geschützt auf d« Lau«, um sofort vorzubrechen, wo seine Hilfe gebraucht wird. Selbst im Äint« stehen die Motor« nicht still. Bei hartem Frost gibt es Fahrrinnen zu brechen, hölzern« Notbrücken zu schlagen, Eisbahnen abzunehmen und viele ander« Arbeiten zu kontrollieren, wie sie auch der von der Natur gestörte Wasservertehr mit stch bringt. * Leuchtkugeln sausen fast lautlos hoch. In bestimmt« Art, ein Chifirelelegramm durch die Lust. Ein Rufzeichen für di« grünen Kollegen von d« anderen Fakultät am Lande. Die Mannschas: de» grauen Bootes hat mit Luchsaugen im Gestänge am Uf« ein paar sich bewegende Schotten entdeckt vrahtdiebe. Wild« Jagd be  » ginnt. Die schwarzen Schatten gleiten senkrech« vom Gestänge. huschen stiehend landeinwärts, lleat Leuchtkugeln flattern. Di« Grünen sind da. Ein Schutz knallt... noch einer. Di« Verfolgung ift in guter Hand. Der Motor tackt an. Longsam setzt da» Grau- boot seine Nachtstreise fort, Groß-Derlin schläft, hat von dem auf- regenden Intermezzo nichts gemerkt. Leidster schlagen die Boot»-
Spaziergang unö Ausflug. Di« werte Spanne vom 22. März bis 25. April, mnerhaib welchen Zeltraum» das Osterfest stch bewegt, bringt es mit stch. daß die Natur und dasLuserstehungsseft" oft genug im Kampf mit- einander find. Allerdings kann es bei der Eigenart mts«es Früh- lings vorkommen, daß die frühen Ostern auch wahr« Frühlingsfeste sind kommt doch d« Nom« Ostern von dem der altsächstschen FrühlingsgöttlnOstara" her! und die spät fallenden Oster« wieder winterlichen Charakt« zeigen und den alten Spruch»Brüne Weihnachten weiße Ostarn" zu Ehren bringen. Für diesmal dürfte mit dem verhältnismäßig späten Termin 20. Aprll wohl die Gewähr gegeben sein, daß da« Osterfest«inen frühlings- mäßigen Wettercharatter hat ist doch der Winter lang genug gewesen, viel zu lang für unsere Sehnsucht nach dem Freien, nach der Betätigung auf der Wanderschaft, sei«s zu Fuß, zu Rad oder im Ruderboot. So manche kleinere oder größere Fahrt blieb imausgeführk, da das winterliche Fußwandern nicht jedermanns Sache ist. Also wird stch zu Ostern ein Menschenstrom auf die Natur stürzen, und dt« nach Grünem und Duftendem verlangenden Sinn« werden hoffentlich dabei aus ihre Rechnung kommen. Für jeden Familien- oater resp. für jedes Einzelwesen ohne Anhang gibt's das über­haupt zu Ostern? wird stch nun die Frage einstellen: Epazier- gang, Landpartie resp. Ausflug, oder gar Reise? Der Unterschied zwischen Spaziergang und Landpartie ist allmählich recht verwaschen worden noch vor dreißig, vierzig Iahren sagte man: Nachmittags wollen wir«in« Landpartie nach Hunde- kehle machen, was heute für viel« Gegenstand eines tägliche« Spazierganges geworden ist. Ueber die Reiz« de» Osterspazier- gange» hat bekanntlich Goethe stch so meisterlich im.Faust" aus- gelassen, daß wir die Akten über diese Art, Ostern zu begehen, schließen können. Höchsten» wollen wir noch im Gegensatz zu der Goetheschen Zeit bemerken, daß heut«'auch der Spaziergang meist mit einer Straßenbahnfahrt oder unter Benutzung eines anderen Verkehremittel, beginnt denn ein Spazierengehen vom Weißen- feer Marktplatz bi» zum Steglitzer   Schloßgarten ist, offen gestanden, kein Vergnügen mehr. Die Landpartie, der Ausflug steht an der Spitze jede» echten Ojter Programms. Welche Wohltat, dem Betriede (der Rechrmngsbücher) oder dem Getriebe(der Maschinen) mal ganz entronnen zu sein auf zwei Tage, zweieinhalb oder gsf vier Tag«. Soviel goldene Freiheit auf einmal das ist ja sche» Ferienzauber l Selbst die Bahnfahrt in de» überfüllten Toupä,«eschalnt de« Helmkehrenden noch ein Idyll:.Seid umsGungen, Millionen" ein ganz Sein wenig, wenn auch noch nicht in dem vom Dicht« gs-
CHaäitrznd tat««aNk-V-rla«. Berti-.)
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Oer Oürger. von reonharö Krank. (Schluß.)
Die letzten Häuser blieben zurück, ver Fluß glitt blau und grün entlang der sanften Hügelkette. Am End« der Kai» mauer stand ein Angler. Jürgen schritt wie im Traume auf ihn zu. Er wunderte sich nicht.Sind Sie Herr Knipp?" ,L)as ist wem Rame. Hinter Herrn Knipp lag aus dem Damm ein besonders langer Reserveangelstock modernster Konstruktton. Auch einen neuen Rucksack aus braunem Segel» tuch mit Lederbesatz hatte er sich angeschafft und einen Feld- stuhl. Der Angler war erst achtundfünszig Jahre all und sah, wie er so dastand, zuftieden mit sich und der Welt, ganz un- verändert aus, als ob seither kein Tag vergangen wäre. Wie damals saß Jürgen auf der Kaimauer, Beine fluß- wärts gestreckt. Millionen kleiner Mücken standen in der drückenden Schwüle knapp über der Wasserfläche. In der Nähe pochte die Stadt. Die Zeit stand still und glitt zurück. Erinnern Sie sich noch des arbeitslosen Schwindsüchti- gen, mit dem ich hier gesessen hatte? Ruhevoll hob Herr Knipp die Angelschnur heraus und senkte sie in schönem Schwünge wieder IN das glucksende Wasser.Heute beißen sie gut an. well ein Wetter im An- zuge ist... Der Bursch lebt schon lange nicht mehr. Der war ein Unzufriedener. Den hat die Unruhe ausgezehrt, die Unzufriedenheit mft dem Gang der Welt. Schließlich hat er noch geklaut, kam ins Gefängnis und ist auch drin gestorben." Ein Mensch, überschlafen, träge nimmt sich ein dutzend- mal vor. endlich aus dem Bett zu ftelgen, und bleibt immer wieder liegen. Unversehens sind seine Leine außerhalb des Bettes. Wie in diesem Trägen vielerlei zusammen das Plötz- sich« Aufstehen bewirkt hat, ohne daß das treibende Vielerlei ihm ganz bewußt geworden wäre, tauchten auch in Jürgen die Fcchrt mit dem Agitator zur Arbeiteroersammlung im -.Paradies", die fünftausend Arbetteraesichter, das fahle Gesicht des Schwindsüchtigen. Katharinas Rufe: ,L)ie Befreiung!" unt) seine Empfindungen und Gedanken an jenem Abend nur schemenhast und unkontrolliert aus: dennoch verursachte all «es zusammen, in Verbindung mit des Anglers Worten, in Jürgen, der sich sofort erhob, plötzlich das feste Gefühl, er habe sich mm lang« genug ausschließlich mit sich beschäftigt. Uno au» einer ganz andersartigen Ursache als der, die ihn veranlaßt hatte, den crimierungsttächligen Angelplatz auf- zmuchen, lost« sich sofort der Gedanke, Bewußtsein und Er- kenntms dürsten nicht uni ihrer selbst willen erstrebt und ge- pflegt werden,
Es ist erfüllt. Run ist es Zell  ." sagte Jürgen, freudigen und schweren Herzens zugleich, als er zielbewußt weiter schritt. Der walken- und sonnenlose Himmel sah trank aus. Die Landschaft glich einem schlechten, leblosen Riesengemälde. Der Dackel zögerte, blieb stehen, legte sich in die Stratzenmitte. Die Bögel waren verschwunden. Kein Ton. Jürgen betrachtete das meterhohe Getreidefeld. Die völlige Reglosigkeit der Halme und Aehren machte auf ihn den Eindruck der Unnatür- lichkeit und Schaurigkeit. Erst als Jürgen schon weft voraus war, erhob sich der Hund. Vereinzelte Tropfen fielen schwer in die Wind- und Lust- losigkeit. Als wäre der Himmel zu spanmmgslos und matt, den Sturm zu entfesseln, endete der Regen wieder. In der Nähe schrie ein Tier angstvoll dreimal. Und eine Sekunde später durchzuckte der trockene Blitz das ganze Tal. Wie aus ein Zeichen mit dem Taktstock bewegten sich alle Aehren gleichzeitig. Das Tal begann zu singen. Blitze aus weiter Ferne zogen schwachen Donner nach. Der Apfelbaum fröstelte. Ein aller Lappen machte einen Sprung quer über die Straße, blieb einen Windstoß lang ausgebreitet in halber Höhe gegen das Getreidefeld gepreßt und fegte, knapp über den Aehren, davon. Jürgen hatte die Feldhütte noch nickt erreicht, da trachte der erste Donnerschlag, beglellet von ichräc, herabplatzenden Wasiermassen. Der Dackel saß zu Füßen Jörgens und bellte hinaus in den Woltenbruch. Als Felder, Wald und Fluß, das ganze Tal, im Detter rerschwunden gewesen, wie aus dem Nichts wieder entstan- den. ging Jürgen aus eine weiße, unübersteigbar hohe Mauer zu, schnellen Schrittes, im Antlltz das Lächeln der Befreiung. Das schwere Bohlentor öffnete sich, eine Droschke fuhr heraus. Jürgen lief ein paar Schritte, sprang durch das Tor, hinein in die Irrenanstalt. Das Tor schlug zu.Führen Sie mich zum Arzt." Der stand noch in der Freihalle, kam schon geeilt. Sie warten wohl schon lange auf mich?" Aber nein! Das heißt, ich fteue mich natürlich sehr, Sie zu sehen, Herr Kolbenreiher... Beruhigen Sie sich! Bleiben Sie hier! Nur Ruhe!" rief er beschwörend Jürgen zu, der ruhig lächelnd zurückblickte. Der patschnasse Dackel kam, die Leine hinter sich Herschlei- send, angerast, bellte vorwurfsvoll an dem geschlossenen Tor hinauf und drückte sich, auf der Hinterbacke sitzend, Vorder- Pfoten aufgestellt, gegen die Mauer, blinzelte unzufrieden in den noch mit schwarzblauen Wollen verhängten Himmel. Rasch hintereinander krachten zwei Donnerschläge. Was kostet jetzt der Aufenthalt in Ihrem Hause, mit voller Verpflegung?" Das richtet sich nach der Lage und Einrichtung des Zim- mers. Sozusagen nach ver Klasse. Dreierlei Preise!"
Wie bei der Eisenbahn!" Wir berechnen Ihnen den Aufenthalt und selbstverständ­lich auch die Behandlung so kulant wie möglich. Sie wolle« und werden ja auch wieder gesund werden." Der Arzt nannte die Summen. Und lebenslänglich?" Das verbilligt die Sache allerdings noch erheblich." Dann am besten lebenslängllch» was?" Sehr vernünftig 1" Nicht wahr!... Sind viele Kranke hier?" O, ganz besetzt! Sehr interessante Patienten!" Und alle nicht bei sich?" Dies allerdings dürfte für alle so ziemlich zutreffen, im großen ganzen... So kommen Sie doch schon her!" rief er dem Oberwärter zu. Ich wollte, Herr Doktor, ich wollte diese Mauer, dies« hohe Mauer, mir nur einmal von innen ansehen. Ich danke schön. Guten Tag, Herr Doktor," sagte Jürgen, kehrte um und schritt zum Tore hinaus. Entronnen!" Auf der Brücke zog er den Revolver mil) ließ ihn senkrecht hinunterfallen in das Wasser.Entronnen!" In den Schultern fühlte er das Leben und die Kraft zu neuem Anfang. Jürgen fuhr mit der Straßenbahn bis zur Endstation, erreichte Minuten später die Haustür. Sie war nur angelehnt. Ja, was denken Sie! Die ist nie zu Haus," sagte Katha- rinas Wirtin..Letzt ist das nicht mehr fv wie früher. Jeden Tag Versammlungen! Und dann noch in die Redaktion Jetzt erscheint di« Zeitung sa täglich. Und wenn sie ja ein- mal da ist, sitzt sie gleich die halbe Nacht an der Schreib- Maschine. Jetzt gibts viel Arbeit. Ein Buch schreibt sie auch. So dick! Das soll gedruckt werden." Ein volles Bücherregal nahm die ganze Längswand«in. Auch ein Teppich verschonte das Zimmer. Auf dem Tische lag ein gedruckter Handzettel: Die Aufforderung zum Besuche der heutigen Massenversammlung imParadies". Gegenüber demParadies" standen zwei Schutzleute, unter dem Eingangstor drei Arbeiter, die sich lebhast unter- hiellen, und neben einem Stoße Broschüren ein vierzehnjähn- 8 er Knabe, der sicheren Blickes auf Jürgen zuschritt:Der !ampf um den Sozialismus!" Jürgen kaufte die Broschüre.Wer spricht heute abend?" Meine Mutter: die Genossin Lenz." Halt! Halt! Das ift zu viel, zu viel Glück, zu viel Glück." Bebend bückte er auf Katbarinas Sohn, der äußerlich ganz und gar fo aussah, wie der Gymnasiast Jürgen, der rar dem Buchladeii gestanden und nicht den Mut gehabt hatte, einzu- treten und die Broschüre zu taufen. Mit den drei Arbeitern trat Jürgen in den Saal, schloß leise die Tür. Fernher klang in die Still? die Stiimnr Katha- rinas,