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Müeutsthe Moröhelfer. Die Hintermänner des Rathenau  -Mordes. Wie dasBerliner Tageblatt" meldet, sind in den letzten Wachett neue Enntttlungen aufgenommen worden, die ein überraschendes Licht auf die Hintergrün de des Ra- thenau-Mordes werfen. Bekanntlich haben sich Rothe- naus Mörder Kern und Fischer auf der Burg Saalcck das Leben genommen, während ihre Mitschuldigen, die Brüder T e ch o w und Genossen, vom Staatsgerichtshof der Republik  zu schweren Zuchthaus  - und Gefängnisstrafen verurteilt worden sind. Die Gerichtsverhandlung brachte aber leider keine Aufklärung über die Hintermänner des wahnsinnigen Ver- brechens, namentlich über die Geldgeber, von denen die Tat finanziert worden ist. Die jetzt aufgenommenen neuen Er- m i t t e l u n g en haben ergeben, daß diese Hintermänner i n de n Kreisen des Alldeutschen Verbandes zu suchen sind. Durch die neuen Ermittelungen wird' besonders ein Berliner   Kaufmann schwer belastet, der ein Vertrauensmann des Alldeutschen Verbau» des ist. Für die Finanzierung des Unternehmens kommt ferner der Fürsprech H o f f m a n n in Bern   in Betracht, durch dessen Hände noch bis zum heutigen Tag die Unterhaltsgelder für die nach Ungarn   geflüchteten Mörder Erzbergers, Schulz und T i l l e s s e n, gehen. Das gesamte Aktenmaterial ist jeßt dem Oberreichsonwalt vorgelegt, der über die weiteren Maßnahmen Entscheidung treffen wird. Der Alldeutsche Verband leugnet, wie nicht anders zu er- märten war, diese Zusammenhänge. DieG e r m a n i a" dagegen, der diese Ableugnungsversuche bekannt �in mußten, unterstreicht die Meldung desBerliner Tageblattes" und ergänzt sie dahin, daß bei amtlichen Stellen schweres Belastungsmaterial gegen eine Reihe von Personen vorliegt, die sämtlich dem Alldeutschen Verbände nahestehen. Wörtlich beißt es in derGermania  " dann weiter: All die Spuren führen weniger in der Richtung auf deutsch  - : tische Kreise als aus solche, die man eher als deutschnatio- 'i u l bezeichnen muß. Es drängt sich die Parallele mit dem Thor. mann-Grandel» Prozeß auf, bei dem das Attentat gegen ch.'iieral v. Sc eckt gleichfalls von alldeutschen Kreisen ausging. Es steht überhaupt mit ziemlicher Sicherheit fest, daß die Deziehun- gen zwischen der berüchtigten Organisation<£. und gewissen maß. gebenden Stellen des Alldeutschen Verbandes   sehr enge sind. Die 0. T. Hot vielfach gerade als ausführendes Organ dieser alldeutschen Stellen gehandelt, von denen sie in weitem Umfang finanziell ab- hängt. Auch bei der Ausführung des Rathenau  -Mordes hsben die getdgeb enden, durch das neue Maieriel belasteten alldeut- Ichen Stellen die O. C. mit genauen Weisungen versehen. Es waren für die Ermordung zwei Kolonnen gebildet worden, von denen die eigentlich in erster Linie zur Tat bestimmte nicht eingreifen konnte, weil ihre Mitglieder im entscheidenden Augenblick betrunken waren. Dadurch kam dieReservekolonne" Kern» rnscher-Techow zum Zuge. Hieraus erklärt sich auch, daß die Rathenau  -Mörder so schlecht mit Geld unid Passen oersehen waren." Die ergänzenden Angaben derGermania  " lauten so be- itimmt in allen ihren Einzelheiten, daß das Dementi daneben wenig glaubhaft klingt. In der Tat war das Verhalten einer gewissen, dem Alldeutschen Verbände nahestehenden Presse in der Angelegenheit Thormann-Grandel so verdächtig, daß es nach diesen neuen Beschuldigungen immer mehr den Anschein gewinnt, als habe der Alldeutsche Verband  , der nach seinem -ngenen Eingeständnis die Diktatur erstrebt, bei allen gegen die Republik   gerichteten Unternehmungen seine Hand im spiele. Die Untersuchung muß ergeben, inwieweit sich diese schwere Anklage als richtig erweist.
Knilling tritt zurück. München  , 2. Mai.  (Eigener Drahtbericht.) Wie wir er- fahren, tritt das Ministerium Knilting unmittelbar nach den Landtagswahlen in der Pfalz  , die zusammen mit den Wahlen znm Reichstag am Sonntag stattfinden, zurück, wird aber bis zur Bildung der Regierung die Geschäfte weiterführen.
Das ist öer Zrühling... Bon Josef Maria Frank  . Es will nicht und will nicht Frühling werden. Auf das Zink- dach vor dem Mansardenfenster, in dem sonst schon um diese Zeit die Topchlumen grünten, irommÄn Hagel- und Aprilschauer mono- tone Trauermärsche: das Knattern der Eiskörner auf das Blech und gegen di« Fensterscheiben hallt durch die Mansarde und klopft auf die Hirnschale, unter der fröstelnd die Nerven aufzucken. Utber die dem Fenster gegenüberliegende rote Brandmauer, über die sonst schon um diese Zeit die Sonn« in meine Stube wrang und mit ihren flirrenden Lichtern herumhuschend Wände und Boden betastete, weht der Sturm Schneefchauer, drückt sie in den Hof, auf das Dach vor dem Fenster und überzieht alles mit einem dünnen, weißen Tuch, das nur langsam zu nassem Schmutz zerschmilzt. Fröstelnd ziehe ich die Schultern hoch, wie die Böget, die in den Käfigen am Fenster die Köpfe unter die Federn ducken und frieren. Sonst um dies« Zeit waren sie längst am Singen: manchmal, wenn es oben in dem Quadrat Himmel heller wird und schüchtern ein Sonnenstrahl ver- sucht, di« Brandmauer zu überspringen und in meine Mansarde zu huschen, versuchen sie es schon und setzen sie mit dünnen Sttmmchen «m; aber dann kommt wieder eine schwarze Wolke und schon hören sie mit schrillem Mißton wieder auf, ducken wieder die Köpfe unter die Federn und friere». Es will und will nicht Frühling werden.... *° Der Buchfink war sonst immer der erste. Jetzt ist er noch immer still. Sein Gefieder ist rauh, und griesgrämig sitzt er auf der Eck- slange, nimmt sich nur ab und zu einen Mehlwurm und blinzelt iiber die Brandmauer, als suche er etwas.. Unter ihm d» Kohlmeise sagt noch immerSpinn lütting. spinn lütting!" und lacht ganz hämisch hinterdrein: Frühling wird es ja erst, wenn sieSpinn dicke, spinn dicke!" ruft. Aber dazu kann sie sich noch immer nicht entschiießen. Gestern lachte sie besonders grell, als vis-a-vis das Rotkehlchen zu ihm muß die Sonne zuerst kommen otwas voreilig wie schelmische Backfischart das Stimmchen ganz, ganz leise und silbernzart mit einem für Sekunden vorüberhuschenden Sonnenstrahl kokettierte. Aber durch Meischens höhnisches Ge­lächter verstimmt, brach es ab und sah pessimistisch mit den funtesn- den, schwarzen Aeugelchen in seinen leeren Blehlwurmtopf und vergaß sogar, mit dem flinken Schwänzchen zu wippen. Rur Sepp. der Star, kümmert sich um nichts mehr und läßt sich durch nichts mehr beirren: in seinem Kalender stehtFrühling". Und damit basta! Er ist der einzige, de? munter ist. Eitel poliert er mit seinem Schnabel sein schillerndes Federgewarrd, plustert unbeküm- mert um Regen und Hagel den Hat? auf und gurgelt quietsch ver. gnügt merkwürdige Töne heraus: schön ist es zwar nicht, aber, aber es kündigt den Frühkmg an! Vorläufig weiß er zwar noch nicht anders zu singen als wie die Bratpfanne singt oder die Tür kreischt oder die Kaffeemühle knarrt oder das Wasser aus dem Hahn sprudelt. Aber er weckt doch die anderen aus! U«d horch: Biedermann Dompfaff, der seist« Bourgeois, läßt sich bewegen und knarrt komisch etwqs, das Gesang sein soll, durch seine rotumfiedene Kehle. Soll das Bestätigung sein oder Mißbilligung? Hm. es
Schweper über Saperns Politik. Für Erfüllung.~ Gegen Hitler nad Ludendorff. Kempten  , 2. Mai.  (TU.) In einer Bersammlimgsrede sagte Staatsminister des Innern Dr. S ch w e y e r zum Dames-Gutachten: Wir könnten den Franzosen keinen besseren Gefallen tun. als das Gulachken ohne welkeres abzulehnen, doch sei ein gewisser Pessimis- mus gegenüber dem Plan am Platze. Zu den Landtagswahlen übergehend, sagte der Redner, daß von einem Zusammenbruch der Bayerischen Volkspartei   gar keine Red« sein könne. Zur Regie- rungsbildung werde die Partei sich umsehen- müssen, mit welchen Parteien sie zusammengehen könne. Eine Koalition mit den Sozialdemo traten sei aber ebenso abzulehnen wie eine solche mit den Völkischem Die deutschvölkisch« Bewegung sei augenbllcklich eine Gefahr für den Staat, sie sei vom Standpunkt der christlichen Weltanschauung sowie einer besonnenen Staatspolitik und dem Bestreben nach Volksgesundung abzulehnen. Sie sei die Bewegung der Widersprüche. Sie verspreche Rettung des Vater- landes und stürze es jeden Tag mehr ins Verderben, ver Rovem- ber 1023 und der Hlller-Prozeß sei veutschloud und den deoischen Interessen zum großen Schoden   geworden. Das könne insbesondere der bayerische   Finanzminister ermessen, der nach dem Putsch nicht einmal mehr zwanzig Millionen Goldmark für eine bayerische An- leihe hol aufbringen können. Zum Hitler-Prozeß übergehend, fragte der Minister, wlelonge denkt Lndendorff noch in einem Lande zn bleiben, das ihm den Schimpf angetan hat, ihn freizusprechen? Wegen dieser Rede wird der Minister von der völkischen Presse außerordentlich heftig angegriffen, da er an- geblich auch folgenden Satz ausgesprochen haben soll:Wir wollen, daß das Reich auf festen Füßen steht, und wenn es auch Plattfüße wären, so könnten, wir mitmachen, auch wenn es das Reich Inda wäre." In einer halbamtlichen Erklärung wird dieses Zitat als eine bösartig« Entstellung bezeichnet.
Wahlsckwinüel in Sapern. Die Reaktionäre kaufen Wählerkarten auf. München  . 2. Mai.  (WTD.) Wie dieMünchener Post" berichtet, wurde in einer Sitzung der Wahlleiter in München   ein Schwindel mit Wählerkarten ausgedeckt. Agenten rechts st ehen- der Parteien gingen von Haus zu Haus, um Wählerkarten aufzukaufen, mit denen dann in verschiedenen Stimmbezirken gewählt werden sollte. Gegen diese Agenten, von denen einer bei der Fest. nähme ein« ganze Tasche voll Wählerkarten gehabt habe, sei Anzeige erstattet worden. Noch dem gleichen Blatt habe bei der letzten Landtagswahl ein angeblicher Kontrolleur für den Mittelstandsbund durch diesen Wahlschwindel so viel verdient, daß er nach seiner eigenen Aussage Wagen und Pferd« taufen konnte.
Ehrlose Gesinnung. Ein Dolchstoft aus den eigene« Reihen. München  , 2. Mai.  (Eigener Drahtbericht.) Kurz vor der Reichs- tagswahl erscheint in München   eine Broschüre:Der F a ll A u« r", zu deren Inhcüt di«.Münchener Post" am Freitag Stellung nimmt, indem sie u. a. schreibt:Drei Tage vor der Entscheidung zum deut» scheu Reichstag   wird ein wirklicher Dolchstoß in den Rücken der sozialdemokratischen Partei geführt. Nicht von den Dölkischen oder den Deutschnationalen, nein, von Leuten, die immer noch den Mut haben, sich Sozialdemokraten zu nennen. Es Handell sich um eine Schmähschrift, die gleich in ihren ersten Sätzen den Geist und den Charakter ihres Verfassers enthüllt. Das Anklogematerial des Verfassers Winter ist lauter aller Tratsch, der, sowett es sich um die gravierendsten Anschuldigungen handelt, schon vor vier Iahren vor dem Amtsgericht in München   als Lügen und Ver- leumdiingen gekennzeichnet wurden." Durch eine öffentlich« Erklärung einer Reih« von linksstehenden Genossen ist nachgewiesen, daß nur wenige Leute an der Bor- bereitung und Abfassung dieser Schmähschrift beteiligt sind. Am Donnerstagabend befaßten sich auch die Sektionsführer der Münchener   Gesamtpartei mit dieser Flugschrist. In einer einstimmig angenommenen Entschließung wird gesagt, daß die Schrift eine aus
scheint doch, als ob es Frühling würde... Sonst würde dieser dicke Spießer doch nicht... Da segelt wieder so ein« schwarze Wolke über die Brandmauer. Und alles ist wieder still. Und ich friere... O Auf der Vitrine in der Ofenecke steht ein Totenschädel. Der- staubt und vom Tabakrauch angeräuchert. Kommt die Sonne in di« Mansarde hinein, dann liegt er voll im Sonnenlicht und philosophiert über den Wert des Daseins. Früher um diese Zeit konnte er sich schon immer wärmen: aber jetzt döst er im Dunkeln und scheint er trüben Gedanken nachzugehen. Auf dem Boden pantscht in der Waschschüssel Sepp, der Star. und badet: zwischendurch kopiert er täuschend«inen überkochenden Kaffeekessel und die ungeölte Tür. Der Finkenköfig ist offen: er soll frischen Sand bekommen. Da stutze ich: Nanu?!? Ein wahr- haftiger Sonnenstrahl springt über die Brandmauer, hinein in die Mansarde! Der Hagel hört aus: das dünne Schneetuch auf dem Zinkdach verdampft in leibhaftiger Sonnenwärme und in die Stube flutet hell und wann das erste, voll« Sonnenlicht... Und mit ihm flitzt wie ein Blitz der Fink aus dem Käfig, flattert unruhig durch die Stube und fetzt sich auf den Toten- fchädel, der gelb wie Elfenbein wieder in dem hellen Lichtkreis der Sonne liegt und zu lächeln scheint, reckt sich hoch auf der toten Stirn und schmettert noch einem jubelnd heransgestoßenenPink-pint" seinen ersten Doppelschlag in die Mansarde! Wieder und wieder! Immer übermütiger, lauter, jubelnder, höljcr als das hohe C! Nanu? Das Meischen lacht: aber anders als bisher: nicht mehr griesgrämig, sliidern lustig, spaßig und horchl hinterher ruft es lachend: Spmn dicke, spinn dicke!" Da reckt sich auch der Dompfaft aus seiner Ruhe, läßt das Hanstorn aus dem Schnabel fallen: der er- innert sich, daß er doch einmal ein Liedchen gelernt hat. Richtig: da hat«r's auch schon zwar noch etwas kratzbürstig, aber schon ganz niedlich und pfeift«in bissel sentimental, ein bisset«inqe- bildet seinBlau   blüht«in Dlümlein...' Der Star aber plantscht aus der Waschschüssel, fliegt schwer auf eine Stuhllehn« und macht es nach. Sogar der Hänfling läßt sich nicht lmnpcn. Alles aber Lberperlt mit süßem Stimmchen Rotkehlchens   zartes, jubelndes Früh- lingslied. Auf dem Totenschädel reckt sich noch immer der Fink und schlägt �Zi-zizizizi-zizigall l": der Star aber besinnt sich nun auch, daß er sprechen kann und lallt glückselig in die Sonne: Naamm! Raa komm doch! Raa komm doch heerrr!" Und über die rot« Brandmauer flutet mit Gold und Wärme der Frühling in die Mansarde hinein. Ich stehe mitten in der warmen Sonne und dehn« mich:Endlich endlich! End-lich Frühling...!"__ wiener und Moskowiter-Heiterkeit. Alexander Moissi   spielt an« i n« m Abend im Deut. scheu Theater Schnitzler und T o l st o i, jedesmal ein Sing» spiel, �das den Glanz und die Trauer des besonderen Manschen zeigt: bei S ch n i tz l e r den WundertäterP a r a c e l s u s", der ein so vorzüglicher Arzt war, weil er die Menschen so vollkommen kann, und bei Tolstoi   den Vagabunden und Wundergläubigen, den der Schnaps aus der Höhe seiner moralischen Träume zum Spitzbuben»
ungestilltem M andat s h u n g er erzeugte gehässige Zu. sammenstellung von Behauptungen ist. die fest Iahren durch eidliche Zeugnisse vor Gericht und durch eingehende Untersuchungen der Par. teileitungen in aller Oejsentlichkeit widerlegt worden sind. Da die Herausgabe der Schmähschrift vor den Reichstagswahle» nur den einen Zweck haben kann, die PSPD. durch Herabsetzung ihres Spitzenkandidaten in Mißkredit zu bringen, um die Wahlgeschäsio gegnerischer Parteien zu besorgen, stellen die Sektionsführer den An- trag an di« Lorstandschaft des Münchener   Ortsvereins, gegen Albert Winter und seine Mithelfer ungesäumt das Aus- schlußverfahren wegen ehrloser Gesinnung und wegen Schädigung des Parteiinteresses einzuleiten."
Kommunistische firbeiterpolitik. Sie stimmen für einen bürgerlichen Bürgermeister. Zwickau  . 2. Mai.  (Eigener Drahtbericht.) In' dem bekannten Bergarbeitervorort Planitz   besteht eine proletarische Mehrheit im Gemeindeparlament aus g Sozialdemokraten und 7 Kommunisten gegenüber 11 Bürgerlichen  . In diesem Ort stand der er ste Bürgermeister zur Wahl. Dabei st j m m- ten die Kommuni st en zusammen mit den Bürgerlichen für deren Kandidaten. Der Gewählte trat jedoch sein Amt nicht an infolge der Ausammensetzung der Mehrheit, die ihn gewählt hatte. Beim neuen Wahlgang hatte die Sozialdemokratie, um den Kommunisten eine gemeinsame Abstimmung zu ermöglichen, den politisch gemaßr-gelten früheren Polizeipräsidenten von Dresden  , Menke, vorgeschlagen. Demgegenüber sck/lugen die Kommunisten wiederum einen bürgerlichen Verwaltung sinspektor vor. In der entscheidenden Abstimmung traten die Sozialdemu- traten für den Genossen Menke ein, die Kommunisten verloren angesichts der bevorstehenden Wahlen jedoch den Mut und wagten es nicht, für ihren bürgerlichen Kandidaten einzutreten, sondern enthielten sich der Stimme. Die Folge dieser Slimmeut. Haltung war, daß der Kandidat der bürgerlichen Parteien gewählt wurde. So haben die Kommunisten in einem ausgesprochenen Ar- beiterort mit proletarischer Mehrheit im Gemeindeparlament einem Bürgerlichen zum Bürgermeisterposten verholfen. Das nennen sie klassenbewußte" Politik treiben!
Kommunistische Rohlinge. Sie provozieren Prügeleien. In einer von unserer Partei einberufenen Wahlversammlung in Hermsdors. m der Genosse Dr. Korach referierte, pro- vozierten am Freitagabend di« Kommunisten eine wüste Schlägerei, die zur vorzeitigen Schließung der Versammlung und zur Räumung des Saales durch Schutzpolizei   führte. Ein kom. munistischer Diskussionsredner Arzt seines Zeichens hatte in seinen-Llussührungen durch wüste persönliche Beschimpfungen un- serer Genossen die Empörung der Zuhörer aufs äußerste getrieben. Die Kommunisten hatten augenscheinlich nur darauf gewartet, um die Keilerei zu wiederholen, die sie vor einigen Tagen in der Brauerei Königstadt veranstalteten. Diesen Rohlingen werden die Wähler am Sonntag ein« Ant- wort geben müssen, die auch für sie deutlich genug ist!
Sollen öie Dürften olles zurückerhalten! Weimar  . 2. Mai.  (Eigener Drahtbericht.) Der ehemalige Herzog von Sachsen-Altenburg, Ernst II.  , hat den mit dem in Großthünngen aufgegangenen Freistaat Sachsen-Altenburg abgeschlossenen Vertrag jetzt' wo Thüringen   eme Regierung des bürgerlichen Ordnungsblocks fjat!-- angefochten. Er beruft sich auf einen angeblichen Irrtum, da ihm nicht bekannt gewesen sei, daß zu den übergebenen Vermögensteilen auch 25 Kohlenabbaurechte i» Deutsch-Oberschlesien gehört hätten 2. auf 1919 angeblich angewen- dele Drohung und Zwang und 3. auf Zuwiderhandlung gegen die guten Sitten. Ernst II.   erklärt sich bereit, einen noch zu verein- barenden Teil der zurückgeforderten Besitztümer als wohltätige Spende dem Land zu überlassen. Der ehemalige Herzog fühlt sich jetzt wieder, weil die entschiedenen Republikaner, eben die Sozial- demokraten, nicht mehr in der Regierung sind.
tum herunterreißt. Der Wiener und der Moskowiter, sie wollen heiter fein, sie wollen di« Tändelei des Schicksals erfassen, das jchr ungerecht mit den Erdenkindern umgeht. Dos Genie muß unstet sein, der soziale Schwärmer muß«in Halunke werden, weil ihn jchou ein paar Branntweintropfen umwerfen. Paracelsus   darf sich nicht mit dem Firmament befreunden, der Wanderbursche muß in den Dreck, weil sein« zahlreichen Väter und die Mutter, die ihn gebar. und die Ziehmutter, die ihn großprügelt«, ein vielfach faules Blut nicht mehr gesund machen konnten. Und beide sind doch Träger de» gleichen Seligkeitstraumes, für jeden das Paradies aus Erden zu erzaubern. Bei Schnitzler perll alle Poesie aus einem verfeinerten Gehirn, bei Tolstoi   pulst sie aus dem edelsten Herzen. Moissi   baut die Brücke von einem zum anderen. Da er heut« gewöhnt ist, alles, was nicht aus seiner Schwermut kommt. zu übertteiben und da noch majestätische Effekte zu suchen, wo sich nur eine artige Andacht empfiehlt, bleibt er dem Schnitzlerfchen Paracelsus nicht die Verschlagenheit schuldig, aber die durchgeistigte Ueberlegenheit. Er ist mehr Hexenmeister als Arzt, er ist mehr Aus- rufer als Wrtsheitslehrer Er hat jedoch dl« Menge seiner Gesten außerordentlich bereichert. Was an den Künstlern Stanislawstis so rührend war, diese Verbundenheit mit jedem Nachbarn auf der Bühne, dieses sublime Mitleben der Augen und der Hände, all diese» Beherrschen der Wirtlichkeitsmittel, die wieder zu vollkommenen Kunstmirteln werden, das leuchtet heute aus jeder seiner Bewegun- gen. Es gibt keinen verlorenen Punkt und kein« tote Etappe in diesem Spiel« Moissis und daher bleibt er auch davor beioahrt, seine sorgsam erworbene und gesicherte Technik zum bloßen Virtuosen- tum zu mißbrauchen. Der Tolstoische Wanderbursch soll zusammengesetzt sein aus tragischer Verkommenheit und komischor Zerlumptheit.Er ist an allem schuld", so ist der Titel des Nrtnen Stückes, d. h. schuldig ist der Süss, der den Vagabunden auf den Hund bringt. also soll der Wanderbursch ein unschuldiges, höchst beklagenswertes Opfer sein, dem das Gefühl gern beisprtngt. Moissi   macht den Halunken, so liebenswürdig, daß der Trunkenbold und Spitzbub« für «ine Weile fast zum großen moralisch belehrenden Sohne des Un- glucks wird." Max Hochdorf  . Das Märchen als Sunsssorm." lieber dieses Thema sprach im Lyzeumklub Frau Dr. B r o d n i tz. Uratt, bis in die Kinderzeit der Menschheit zurück, ist das Volksmärchen aller Länder, als Deutung?- versuch einer wunderbaren und übermächtigen Natur, die furcht- volle« Staunen und gläubige Sehnsucht des primitiven Menschen mit Zaubern und dämonischen Fabelwesen erfüllte. Die Tiermärclzen der Negervölker und Indianer, aber auch das alte deutsche Volks- mörchev mit seinen sprechenden Tieren und sinnerfüllten Geheim- nissen des deutschen   Waldes, atmen noch ganz den unmittelbaren Zusammenhang von Mensch und Natur, den keine imellekiuellcn Kon- struktionen schassen können. Denn das Selbstverständliche, mit dem das Wunder geschieht und geglaubt wird, ist daÄ Entscheidende. Deshalb sind auch für die spätere Literatur alle Bersuche einer Neu- belebung des Märchens ohne tjcferen Erfolg geblieben. So fein auch die zahlreichen und immer gut dasKolorit" des Märchens treffen- den Neuscköpsungen z. B. der Romantiker ssnd. Aber sie sind nicht von unmtttelbarer Wirkung, weil leise Ironie und persönliches