Rechnung ohne die deutsche Gesamtarbeiterschaft gemacht haben. Es darf ihnen nicht gelingen, die Arbeiter durch Hun ger zu unterwerfen. Es geht um unser aller Sache, die fämpfenden Bergarbeiter hungern für uns alle! Darum ist es auch unser aller Pflicht zu tun, was in unseren Kräften steht, um ihre Not zu lindern und durch sichtbere Zeichen der Solidarität ihren Kampfesmut, ihre bemidernswerte Disziplin aufrechtzuerhalten. Gebt für die Bergarbeiter!
Auch dieser Kampf hängt eng mit den internationalen Broblemen zusammen. Gelingt es, fie in einigermaßen vernünftiger und erträglicher Weise zu regeln, dann werden sich für die sozialen Kämpfe der Arbeiterschaft in ganz Europa , vor allem in Deutschland , die Bedingungen verbessern. Die Welt ist durch den Krieg verarmt, die drängende Nachfrage nach Arbeitsprodutten wird mir durch die geschwächte Kauftraft gehemmt, die Wirtschaft fann sich nicht erholen, weil die internationale politische Un ruhe andauert. An ihrer Belebung ist niemand mehr interessiert als die Arbeiterschaft, die wirtschaftlich und sozial am meisten an ihr leidet.
Darum hat das Bordringen des Nationalismus in Deutschland so tiefe Sorge geweckt, darum wird jetzt der Sieg der französischen Linfen, insbesondere der französis fchen Sozialisten mit so viel Hoffnungen begrüßt. Wir geben an anderer Stelle eine Depesche unseres in Paris weilenden Redaktionskollegen, des Genossen Bittor Schiff, wieder, die diese Hoffnungen in leidenschaftlicher Form zum Ausdrud bringt. Daß die Sozialisten Frankreichs und Deutschlands die Führung übernehmen sollen, um die Verständigung zwischen den beiden Bölkern herbeizuführen und der Welt den erfehn ten wahren Frieden zu bringen, das ist ein großer polia tischer Gedanke, und seine Berwirklichung wäre eine weltgeschichtliche Tat, größer als irgendeine, die ein Staatsmann oder fiegreicher Feldherr jemals vollbracht hat.
Die Begeisterung für diesen Gedanken enthebt aber die Sozialisten üben und drüben nicht der Pflicht, ganz nüchtern die Frage zu prüfen, ob die Fundamente für diefes große Werf genügend gesichert sind, ob es schon möglich ist, hinter den sozialistischen Verständigungswillen den nötigen Ueber gangsdrud der breitesten Massen zu setzen und so das Ziel zu erreichen. Wir vermögen von hier aus nicht zu entscheiden, wie weit diese Möglichkeit in Frankreich gegeben ist. In Deutschland aber liegen die Dinge so, daß zwar alle Logik für die Politik der Sozialdemokratie spricht, aber die Schwächung der Partei bei den Wahlen als eine harte Tatsache bestehen bleibt.
Das Wachstum des Nationalismus ist noch nicht das Schlimmste. Das Schlimmste ist, daß es dem russi fchen Imperalismus gelingen fonnte, das Wert der deutsch - französischen Verständigung aufs schwerste zu schädi gen. Jeder fommunistische Abgeordnete im Reichstag ist ein Minus auf der Seite des Berföhnungsgedankens und ein Plus für die blöde Revanchephantasie!
Schafft die Fundamente für den Frieden! Lehrt die deutschen Arbeiter außenpolitisch denken!
Die Mittelparteien stellen die Deutschnationalen vor die Frage, was ihr außenpolitisches Programm sei. Sie verlangen die Annahme ihres eigenen außen politischen Programms als Boraussetzung einer Regierungstoalition mit den Deutschnationalen. Es wird verfichert, daß die Besprechungen der Führer der Mittelparteien zur Aufstellung eines außenpolitischen Programms der Mitte geführt habe. Die Aufstellung eines solchen außenpolitischen Brogramms der Mittelparteien ist eine Notwendigkeit. Die Regierungserklärungen haben flar von der Annahme der Sachverständigengutachten gesprochent. Aber ist das die einmütige Auffassung aller Mittelparteien, ist das die flare Frage, die den Deutschnationalen gestellt wird? Die „ Bossische Zeitung" schreibt:
Bon Josephus.
Ich war schon lang nicht mehr in einem deutschen Wald. Singen bie Bögel noch dort? Rauschen die Bäume noch? Blüht die blaue Blume der Romantit noch? Säufelt die fromme Syrit noch durch die Zweige!
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Was macht die Lyrit im Tegeler Forst zum Beispiel? Blüht die blaue Blume aus dem Moder der völlischen Leichen aus den zerfallenden Knochen der Abgefillten, und rauscht die Romantik just an jener Ede, um welche die Opfer Wulles gebracht wurden? Dem Bulle gehören die deutschen Wälder und nicht mehr dem Eichendorff. Der Lyrit nicht mehr, sondern der Mordpropaganda. Ich habe mir sagen laffen, daß seit einigen Jahren das Getier der Tegeler und anderer Forstreviere von Jägern unbelästigt, das ihnen von Gott vorgeschriebene Leben absolvieren und, daß die alten Hirsche im Kreise ihrer Entel ihre Existenz beschließen. Denn es ist bereits einige Jahre her, daß das edle Baidmert an Menschen ausge übt wird und daß Spigel, Berräter" und Verdächtige die Rolle der Hasen und der Rehe übernommen haben. Die Jagdscheine stellt nicht mehr die Forstverwaltung aus, sondern der Herr Wulle, ein nöltischer Oberjäger. Bei dem Schüßen Grütte- Lehder zum Beisplet, der seinen Kameraden Müller recte: Dammers so maidgerecht erlebigt hat, fand man diesen Ausweis:
" P
Herr Robert Brütte- Lehder, Berlin - Waidmannsluft, ist von Herrn Reichstagsabgeordneten Wulle bevollmächtigt, die für den Deutschen Herold" erforderlichen Unterlagen im Falle Müller zu beschaffen.
gez. Wilhelm Kube , Reichsgeschäftsführer." Der moderne Ausdrud für zeitgemäße Menschenjagden lautet also:„ Unterlagen befchaffen" und gegeben ist dieser Jagdschein ja auch an Grütte in Berlin - Waidmannsluft". Ist diese Waid mannsluft" nur eine geographische Bezeichnung, oder ist sie das Ge fühl, das den Bevollmächtigten und den Jagdschein Geber erfüllte, als fie beide daran gingen, bie erforderlichen Unterlagen" zu beschaffen? Jedenfalls hatte die Waidmannsluft Erfolg. Der Jäger wurde auch von der Bolizei freigelassen. Weshalb auch nicht? Bor er etwa ein Mörder? Er war ein ebler Waidmann. Jäger sperrt man nicht ein. Er war auch fein Wilderer. Er besaß einen Jagdschein von dem Herrn Reichstagsabgeordneten Bulle, gezeichnet von Bilhelm Kube, der sich Reichsgeschäftsführer" nennt, obwohl wir bis jetzt nichts davon gehört haben, daß Herr Kube die Geschäfte des Reiches führe. Vielleicht aber führt er sie wirklich und wir wissen nichts davon? Es sieht ganz danach aus im Reiche, als führte der Herr Wilhelm Kube die Geschäfte.
Sie haben sich das so eingeteilt: Dem Kube die Geschäfte des Deutschen Reiches und dem Wulle die deutschen Wälder!
Der Herr Reichstagsabgeordnete Wulle erhält Diäten, um da für Jagdscheine für den Tegeler Forst zu verteilen, Seitdem ex
Sie werden zu erklären haben, ob fie gewillt feien, die Sachver ständigenberichte als Grundlage für die Berhandlungen über die Reparationsregelung anzunehmen und an über die Reparationsregelung anzunehmen und an der Verabschiedung der Geseze mitzuwirken, die sich aus dem Dawes- Plan ergeben."
Wenn das die Frage der Mittelparteien an die Deutsch nationalen ist, so finden wir darin nicht die vollendete Klar heit und Eindeutigkeit, die im voraus dieser Frage nachgerühmt wird. Die Frage, die für das Geschid Deutschlands von größter Bedeutung ist, heißt ohne Vorausseßung: Annahme und Durchführung der Sachverständigengutachten, ja oder nein?
Denn verhandeln auf der Grundlage der Sachver ständigenberichte wollen wollen die Deutsch nationalen, wenigstens die um ergt und We star p. schließlich auch. Graf West arp umreißt in der Kreuzzeitung" das außen politische Brogramm seiner Partei wie folgt:
Die Deutschnationalen stehen in bewußtem und entschiedenem Gegensatz zu dem Plan, das Gutachten zunächst einmal als ein unteilbares Ganzes anzunehmen, um dann nach der Annahme den Versuch zu machen, einzelnes bei der Durchführung zu bessern und über die von den Sachverständigen nicht behandelten politischen und Ehren- Fragen unabhängig von der An nahme des Gutachtens gesondert zu verhandeln. Als Träger des Planes steht die Sozialdemokratie im Vordergrund und mer, wie das Kabinett Marr- Etresemann, im neuen Reichstag auf deren Zustimmung rechnet, fann die Annahme der Sachverständigen vorschläge an feine Bedingungen und feinen Borbehalt fnüpfen. Er muß dem Rate Macdonalds folgen, das Gutachten anzu nehmen und darauf zu hoffen, daß, wenn es sich als unmöglich erweist, gesunder Menschenverstand und Gerechtigkeit der Welt seine Aenderung herbeiführen werden.
Die Deutschnationalen lehnen diese Politit ab. Bereit, in Berhandlungen über das Gutachten einzu treten, sind sie entschlossen, bei Abschluß der Berhandlungen seine endgültige Annahme von der Erfüllung bestimmter Bedingungen abhängig zu machen, die sich sowohl auf die von den Sachverständigen beiseite geschobenen politischen und Ehrenforderungen, wie auf Aen derungen der Borschläge felbft beziehen."
We starp und seine. Freunde wollen verhandeln, ohne fich vorher zu binden. Sie wollen die Entscheidung hin ausschieben und die Hände frei behalten- mas praftisch auf eine Zerstörung der durch die Gutachten geschaffenen Situation hinausläuft. Indessen ist zweifelhaft, ob dies die Stellung der Reichstagsfraffion der Deutschnationalen sein wird. Die Baterländischen Verbände veröffentlichen eine Er flärung, in der das Helfferichsche Wort vom 3 meiten Ber: failles wieder aufgenommen wird, und die" Deutsche Zeitung" fügt hinzu:
„ Da das Gutachten als unteilbares Ganzes entweber angenommen oder abgelehnt werden muß, bedeutet die Stellung nahme der V. v. 2. radikale Ablehnung dieses zweiten Bersailles."
fraktionellen Besprechungen fich anders entscheia den, ob sie zurücktreten wird. Die volle Bedeutung des Ber.. langens der Sozialdemokratie nach dem Volksentscheid wird dann flar werden.
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Klarheit muß aber auch über den inneren Kurs ge schaffen werden vor allem bei den Mittelparteien. Demokraten und Zentrum haben sich mit aller Schärfe gegen deutschnationale Staatsstreich absichten gewandt und die innere Gefahr des deutschnationalen Machtwillens offen besprochen. Die Deutsche Volkspartei versichert jedoch den Deutschnatio nalen ausdrücklich, daß sie auf innerpolitischem Gebiete feine Differenzen mit den Deutschnationalen fürchte. Werden die Mittel parteien in einer Roalition mit den Deutschnationalen sich von der Boltspartei in einen Kurs hineinziehen lassen, der auf die Verfahrung von Deutschland abzielt? Haben sie ein flares innerpolitisches Bro gramm, das den Schuß von Republik und Ber fassung an die Spitze ſtellt?
Die Deutsch nationalen haben ein innerpolitisches Programm. Sie stellen es den Mittelparteien mit einer bru talen Deutlichkeit, die von ihrer Haltung in der außen politischen Frage erheblich absticht, vor Augen. West ar p schreibt in der Kreuzzeitung ":
Um so dringender notwendig aber ist es, daß endlich auch dem Widerstande, den Herr Severing der Bewegung leiftet, ein Ende ge macht wird, und in Preußen wie im Reid) eine Regierungs bildung erfolgt, bie der Tatsache Rechnung trägt, daß in Deutschland nicht mehr gegen und ohne die Deutsch nationale Boltspartei, bie pölfische Bewegung und die starten Kräfte der vaterländischen Ver. bände regiert werden fann."
Sie haben den Willen zur Macht, zur Abänderung der Verfassung, zum Sturze der Republif mit der Verfassung oder gegen die Verfassung. So wie die Frankfurter Zeitung " schreibt:
,, Sie wollen die Macht, nichts als die Macht. Sie wollen die Reichsregierung bilden: dann, so hoffen sie wohl, haben sie die Reichswehr . Sie wollen auch die preußische Re gierungsgewalt in ihre hand bringen: dann, das ist das deut fiche Ziel, verfügen fie in diesem größten Bundeslande über den ganzen Apparat der Berwaltung. Dann sißen sie im Sattel. Denn wer soll ihnen noch etwas anhaben? Neuwahlen? Die werden sie nur machen, wenn und wie es ihnen ge. Der Reichspräsident? Den zernieren sie. fällt. schließlich: es muß ja nicht alles mit Berfassung gehen. Man fann fie beugen, fann sie brechen. An Drohungen mit einer felbständigen Attion" fehlt es ja fchon heute nicht."
Und
Hier ist das innerpolitische Problem der deutschnationalen Führung, die große innere Gefahr für Verfaffung und Repu blif flar aufgezeigt. Es geht nicht nur um die Frage der äußeren Politit! Ernste und schwere wirtschaftliche und soziale Fragen stehen in unlösbarer Berbindung mit den Sadver ständigengutachten. Es fommt nicht nur darauf an, daß fie Es bleibt also unflar, was die Deutschhnationalen schliek- angenommen und durchgeführt werden, sondern vor allem auch lich gegenüber dem Gutachten tun werden. Klar ist, daß fie darauf, wie und in welchem Geiste sie durch. die von der Sozialdemokratischen Partei geforderte flare Angeführt werden. Ein Triumph der Reaktion unter nahme und Durchführung nicht wollen. Aber ift deutschnationaler Führung, eine Durchführung der Gutachten die Haltung der Mittelparteien eindeutig flar? Dar in arbeiterfeindlichem Geist würde nicht minder verderblich wer über muß volle Tarheit und Eindeutigkeit geben, wie eine verfehlte Außenpolitif. Die Erfüllung und die schaffen werden.
Stabilisierung allein auf Kosten der Arbeiter hat eine Grenze! In der Hand der Mittelparteien liegen fchwere Entscheidungen mitungeheuren Ron. Solange diese notwendige Klarheit hüben sequenzen. Sie tragen nun die Verantwortung für das und drüben nicht geschaffen ist, besteht immer noch die Geschick Deutschlands , nach innen so gut wie nach außen. Soll Möglichkeit, daß die Mittelparteien sich mit den Deutschnatio Deutschland in neue Katastrophen gestürzt werden, sollen im nalen zusammenfinden auf der Grundlage be Bürgerkrieg Freiheit und Demokratie untergehen, sollen die mußter und gemollter Unflarbeit auf beiden deutschen Arbeiter zu Unfreien, zu Unterdrückten, zu Elenden Seiten so wie der Beschluß der Deutschen Bolfspartei es werden? Hier liegen die großen Entscheidungen. vorbereitet hat. Diese Möglichkeit ist offen, damit auch die Gebt der deutschen Republik soziale Ge Frage, ob die Regierung Marg im Plenum des Reichsrechtigteit als Inhalt! Sichert den Bestand tages für ihr Programm fämpfen wird, ob sie nach inter - und die Zukunft der Republit!
die Forstverwaltung übernommen hat, verbreitet sich die Tragit statt der bisher üblich gemefenen Lyrik in den deutschen Wäldern. Biutrot färbt sich die bläuliche Blume der Romantit. Eichendorff wird seine Wälder nicht wiedererkennen.
Ist es möglich, daß die Bögel noch fingen? Haben sie nicht den legten Schrei der völkischen Opfer gehört? Duftet es noch nach Harz , Laub und weicher Erde? Stinft nicht die Leiche im Tegeler Forst nach Wulle und Verwesung? Breitet sich die Best nicht aus von den Unterlagen", die der Mörder für den Deutschen Herold" zu beschaffen hatte?
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PP
Ich möchte mich gerne überzeugen, ob sich die deutschen Wälder verändert haben. Aber ich werde nicht hingehen. Denn hinter jedem Baum lauert ein Grütte mit einem Jagdschein von Wulle und besorgt im Auftrag des Rube die Geschäfte des Reiches".
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Ich verzichte auf den Tegeler Forst und auf die übrigen deut schen Wälder. Den Wulle kann ich schließlich auch im Reichstag treffen, wo er nur die Diäten bezieht und feine Jagderlaubnis erteilt. Obwohl ihn die Waidmannsluft" wahrscheinlich immer und überall erfüllt.
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Villa Said ist eine fleine, ganz stille Privatstraße, nahe dem Bois de Boulogne . Immer ist hier Sonntagsruhe. Ab und zu schüttelt aus einem zierlichen Billenfenster ein Diener die Decken, trippelt ein Küchenmädchen mit großem Marktkorb vorbei oder fährt langfam und leise ein Wagen vor.
Ein unauffälliges Haus, ganz aus grünem Stein, mit hoher geschlossener Tür, die wie eine ruhig abwehrende Handbewegung Neugier vertreibt, bewohnt Anatole France .
Eine Matrone in fchwarzem Kleid, mit gutmütigen, roten, schnell überpuderten Apfelbädden öffnet. Der forgliche Doktor wird un Rat gefragt, ehe man den Besucher meldet, denn Monsieur France ist alt, eben von schwerer Krankheit genesen und braucht Ruhe, piel
Ruhe.
In einem fleinen Rofotosalon heißt man mich warten. Aite schöne Bilder hängen an den Wänden. Durch die Glastür grüßt eine Wohnungen, fpürt man, daß Franfreich im Rofoto und Empire marmorne Büste des Dichters. Auch hier, wie in vielen Bariser feinen Stil fand. Einheitlichkeit herrscht und sichert vor Ueber raschungen des Stils, die oft allerdings auch ernste Laute neuen Lebens find. Während die Gedanken wandern, wird fast das freundliche Bitte!" überhört. Eine schmale Treppe hinauf zum halbve. dunkelten Zimmer. Nahe der Tür fikt Anatole France . Scharfen und feingeschnittenen welfen Zügen entfließt ein weißer Bart. Ueber den schwarzen klugen und flaren Augen wölbt sich die hohe Stirn, um die ein leuchtend rotes Geidentuch malerisch geschlungen ist. Batriarch und Jafobiner! Weltweise und spöttisch ist France , im Altern noch Jugend, die aus Hüllen von Spott und Stepfis leuchtet, in ihrem herrlichsten Recht: der ewigen Empörung. Empörung, die inumer zuletzt aufbegehrt aus verwundeten Tiefen der Gläubigkeit,
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Der Kranke im Lehnstuhl sprach zuerst mit matter Stimme, aber er wurde lebhaft, je mehr die Rede in Fluß fam. Bon dem Widers finn der Welt, am Ende eines Industriekrieges, gleich wie nachy Feudalkriegen, Sieger und Besiegte zu erwarten, ging er aus. Die europäischen Notwendigkeiten standen ihm vor Augen, plastisch anekdotenhaft formt er schließlich noch einmal den Gedankengang: „ Eine Ruffin hat mir eine fleine Geschichte erzählt, an die ic immer denken muß bei allem Hin und Her unserer Tage. Ihr fünf Jahre alter Junge stritt und schlug sich mit einem anderen Kinde. Unmöglich war es der Mutter, die beiden Kampfhähne zu trennen. Schließlich wurde sie gar dringend fortgerufen und ging ängstlich und besorgt auf einige Minuten aus dem Haus. Als fie zurückam, fand sie bestes Einvernehmen zwischen den beiden Bildfängen vor. Erfreut fragte fie, was so schnell den Streit geschlichtet habe. Zögernd, halb trogig und halb beschämt kam die Antwort:„ Es war doch nur ein„ Dertchen" da!"" Und fehen Sie," fegte mit Teisem Schalt der Erzähler hinzu: Auzu oft haben wir alle in Europa doch auch nur solch ein einziges Dertchen"."
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Madame France gab ein freundliches Zeichen zum Abschied. Mit eindringlichem Blid, schwerem Händedrud und einem jähen Leuchtert im Gesicht hob der Greis beschwörend die Linke. Bor allem vers geffen Sie nie das eine, daß wir gute Europäer sein müssen."
Auf der Treppe tam mir die Krankenschwester nach und brachte ein Blatt Bapier. Das sendet Ihnen Herr France zur Erinnerung. Ich entfaltete den Bogen und las gerührt die zitternd geschriebenen Worte: Soyons bons Européens. Anatole France ."
Der gefeffelte Prometheus." Das Deutsche Theater" bringt einen klassischen Lückenbüßer. Der selige Aischylos, in der liebersetzung von Carlo Philips , in der Regie von Wilhelm Lenhausen, erweist seine Eignung als Sommerspielzeit.Autor und Konkurrent des Dario Nicodemi nur dadurch, daß sein„ ge. feffelter Brometheus" taum zwei Stunden in Anspruch nimmt und noch genug Zeit läßt für einen ausgiebigen Genuß der finden Maienmacht. Das ist auf jeden Fall ein Vorteil.
Alexander Moissi sang den Brometheus. Die in der Ueber. fegung von Philips ohnehin unnötig durcheinandergeschachtelten Berse, diese Säge, deren Präditate in ferne Gegenden verbannt waren, würden allein schon einen philosophischen Kommentar erfordern. Dazu tam noch die Manier Moiffis, Vers und Wort nach ganz willtürlichen Gesezen des Klangs auseinanderzureißen und die Bublikums mit feinem Schmerz, feiner Strafe, feinen Feffeln, feinem tenorhafte Selbstgefälligkeit, mit ber ein graziöfer Liebling des Fels, feinen Dfeaniden totettiert. Moifft ist ein liebenswürdig, gerne und mit Genuß gefeffelter Prometheus.
dem
Hephaistos( Frig Jeßner) müßte Berfe fprechen lernen. Jo( Annemarie o ofe) hat ein au glüdliches, rundes, zufriedenes Aussehen, als daß man ihr Schrei und Schmerz glauben sollte. Als Ofeanos bemühte sich Raul Lange, zum Teil erfolgreich, die mythologische Gestalt durch intellektuelle Ironie menschlich Verständnis näher zu bringen. Hans Karl Magnus, als hermes beflamierte, unterstüßt vom Donner der Regie. Der Sprechchor der Universität stellte den„ Chor der Okeaniden" dar. Er machte der Klassischen Philologie unserer Hochschule Ehre und sprach die Berse besser, als mancher Schauspieler,