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dunkelgrünen, stilvollen, alten Seffel des Bundesratsssales aus der Leipziger Straße. Hier oben liegt auch die über 300 000 Bände um­faffende Bibliothet, die ganz offiziell die feineswegs refpeftvoll flin gende Bezeichnung Bücherspeicher" führt. Hier oben findet man auch nach den hundert im und auf dem Hause verteilten Allegorien auf alle möglichen Tugenden in Marmor, Granit, Holz und Del, das einzige wahre Delbild, das die Arbeit des schaffenden Bolkes ehrt, nämlich ein Bild von Hans Weyl, das die Maurer beim Aufbau des Hauses zeigt. Die neuere Zeit hat es dann erreicht, daß die sich über diesen Obergeschoß anschließenden, bis dahin unbenutzten Räume zu kleinen recht bescheidenen Arbeitszimmern für die einzel­nen Abgeordneten, immer vier in einem Zimmer, ausgebaut wurden. Unten im Erdgeschoß befinden sich auch wieder bezeichnend die Räume für die Stenographen, die sich besonderer Helligkeit nicht rühmen können, und schließlich die Hausdruckerei und ein Kranken-, ein Bade- und ein Turnzimmer für die Abgeordneten.

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Ueberfieht man den ganzen Bau, der eine Summe von ins= gesamt 26½ Millionen Mart erfordert hat, so wird man zwar

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bestanden habe. Das Material ist aus den verschiedensten Dienst zimmern verschwunden. Einem Bigilanten wäre es nicht möglich gewesen, sich dort zurecht zu finden. Nach Schluß der Beweisauf nahme faßte Staatsanwaltschaftsrat Altvater die Anklage dahin zusammen, daß es sich um ein so ausgedehntes und raffiniertes System handele und daß eine ganze Reihe Per sonen darin verwickelt sein müsse. Es könne nur ein erfahrener Kriminalbeamter dieses Ressorts hinter der Sache stehen. Das Ge­ständnis Bernotats habe innere Glaubwürdigkeit. Wickbold könne nur derjenige Beamte sein, der Bernotat auf dem Polizeipräsidium gehalten hat. Damit hat er sich des Amtsverbrechens und

Kreis- Mitgliederversammlungen

eine Berwendung foftbarster Materialien wie Marmor, Sandstein, 4. Granit Bronze, Holztäfeleien gewahr. Und doch mutet das Ganze, abgesehen von jenen erwähnten Einzelwirkungen, fremd und kühl

an.

Und das verwendete Material ist vielfach ausgewerbet zu Emblemen der kaiserlichen Macht und Herrlichkeit, im übrigen zu vollkommen sinn- und bedeutungslosen Allegorien, wie Liebe, Ruhm, Weisheit, Forschung, Mäßigung, Kraft, Demut usw. Man sieht diese Figuren und wendet sich gelangweilt ab. Die schaffende Tätigkeit und die Arbeit des Volkes selbst findet nirgends eine auch nur nennenswerte Würdigung. Erst 22 Jahre nach der Fertigstellung des Baues erhielt das Feld über dem Hauptportal die Inschrift, die Wilhelm II.   anzubringen sich bis dahin geweigert hatte: Dem deutschen   Bolt."

An Berlin  .

Berlin   ist keine Vollkommenheit, und seine Feinde behaupten sogar, daß es aus tausend Halbheiten zusammengesezt ist. Wenn solche Kritik auch über das Ziel hinausschießt, so ist es doch zu­weilen ganz gut, den unentwegten Lokalpatrioten die Tatsache ins Gedächtnis zu rufen, daß auch anderswo Treffliches geleistet worden ist. Im neuesten Heft der Glocke" zieht Brung Schönlant, nach einem neuesten Besuch Wiens  , die folgenden feinen Ber­gleiche zwischen der österreichischen   und der deutschen   Hauptstadt:

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.... Das sterbende Wien  , wie es sich vor Jahren noch selbst mit einer etwas fofetten Wehmut nannte, lebt und arbeitet und baut. Und was sich die Berliner   verscherzten, daß sie sich keine tatkräftige sozialistische Gemeindevertretung wählten, hier fönnen fie es lernen. Neue Häuser werden gebaut, eine großzügige Woh­nungspolitik getrieben, die dem Wiener   Wohnungselend energisch zu Leibe geht. Alte Badeanstalten werden erneuert und erweitert, und eine riesige Badeanstalt, die größte in Europa  , in dem Arbeiter viertel Favoriten errichtet. Die Schlösser dienen der Allgemein­heit. So gehört ein gut Teil des Schlosses Schönbrunn   den profe­farischen Kinderfreunden, die dort im Internat die Kinder arbeits­tätiger Ehepaare unterbringen und im sozialistischen   Geiste erziehen. Der stärkste Eindruck aber, den Wien   auf mich machte, war sein erster Mai. Diese Stadt gehört dem arbeitenden Bolt, das war das Gefühl, was diese Massen erweckten. Auf der Rathausloggia. Massen und immer neue Massen in selbstgewollter Ordnung strömen heran. Musik schmettert. Rote Fahnen wehen. Blaue und grüne Uniformen der Arbeiterordner, weiße Turner­Heider. Radfahrer. Ein Meer von Licht über den fchier unüber­sehbar heranströmenden dunklen Massen. Diese Arbeiterordner wissen auch im Ernstfall ihre Errungenschaft blutig zu verteidigen, das fühlt man ebenso wie die Einigkeit und Zukunftsfreude dieser Maffen. Fanfaren. Der erste Mai wird eingeblafen. Wie ein Mann entblößt die Masse ihr Haupt, ebenso bei dem Lied der Arbeit. Diese Arbeiterschaft, aufgewachsen auf dem symbolreichen Boden des Katholizismus, schafft sich selbst ihre Symbole und Heiligungen, die ihren schweren Weg zur Zukunft verschönern und erleichtern. Nie war mir der Parteizwist der reichsdeutschen Arbeiter so bitter zum Bewußtsein gefommen, als an diesem Tage; denn wo könnte Sie deutsche   Arbeiterklasse stehen, wenn sie ihre Kräfte nicht selber aufheben würde? Die Wiener   Arbeiterschaft fühlt Freude und Machtbewußtheit, sie vertraut auf ihre Kraft und ihre Führer, wie ihre Führer auf sie. Was bei uns lähmt und perbittert, das gegenseitige Mißtrauen und Nichtachtung: hier ist faum ein Bruchteil davon zu finden. Kein Wunder, daß der Lebens­freude mehr Raum gegeben ist und daß bei diesem Fest das Lied der schönen blauen Donau   wie das der Arbeit sich freudig verschwistern

fonnten.

Es ist wahr, dein Boden ist farger, Berlin  , und dein Himmel weniger südlich. Du bist nicht umrahmt von lichtgrün bewaldeten Hügeln und Bergen. Und doch, weiche, wenn auch nicht so be­schwingte, Freude könnte auf deinem märkischen Sande aufblühen, menn deine Arbeiterklasse ihre Kraft und ihren Schwung, ihr tobes mutiges Begeisternfönnen sich selber weihen würde!"

Das Urteil im Prozeß Bernotat. Widbold 2 Jahre Zuchthaus, Bernotat 2 Jahre Gefängnis. In der weiteren Verhandlung kam dann auch zur Sprache, daß Bernotat im Gefängnis seiner Frau einen Kaffiber zustecken wollte, in dem Bezug genommen wird auf sein Geständnis über die Mit wirkung des Angeklagten Widbold an den Aktendiebstählen. Der dritte Angeklagte, Kriminalbetriebsassistent Molch, bestritt energisch jeds Schuld. Der Angeklagte Kaminski bestreitet ganz entschieden, daß er Molch für die Aushändigung der Teppiche Geld gegeben habe. Die Teppiche seien erst viel später, und zwar von der Staats­anwaltschaft freigegeben worden.

Es folgt dann die Beweisaufnahme, in der besonders die kassi. ber eine Rolle spielen. In einem dieser Briefe an seine Frau heißt es, daß Bernotat die Bezichtigung gegen wid bold widerrufen habe und alles auf den verstorbenen Schülke   schiebe. Eigentlich habe Wickbold das nicht verdient, weil er eine wichtige Karte aus dem Erkennungsdienst liegen gelassen habe. Sehr inter­effant waren die Befundungen der Kriminalkommissare über den Umfang der Aktenvernichtung. Kriminalkommissar Baechter fagte aus, daß man, als die ersten Anzeigen gegen Bernotat auftauchten, in den Akten feine Borstrafen Bernotats fand.. Nur durch einen Zufall fand man in der alten Kartothek der Schöne berger Polizei Personalaften, aus denen sich Borstrafen ergaben, die in Tegel   verbüßt waren. nun eingeleiteten Ermittlungen führten dazu, festzustellen, daß beim Einwohnermeldeamt in den Strafregistern und in den Berfonalatten, sowie beim Erkennungs­dienst alles verschwunden war. Im Haftjournal waren unter B. ganze Seiten ausgeriffen. Schließlich stellte sich heraus, daß auch bei den Staatsanwaltschaften in Moabit   die Aften verloren ge­gangen waren. Im Verbrecheralbum war das Bild Kaminskis überklebt und mit dem Bermerk versehen: 1921 verstorben". Von den Fingerabdruckkarten war die eine, die sich aus dem Register ergab, verschwunden. Rechtsanwalt Dr. Jacques Abraham ver weist darauf, daß der Angeklagte fofort, als er in das Unter­fuchungsgefängnis fam, die Bezichtigungen bei dem Richter gegen Wickbold widerrufen habe. Kriminalkommissar Gennat   ist der Mei­nung, daß die Aktenvernichtung so umfangreich und fachgemäß er­folgt war, daß mehrere Beamte daran beteiligt sein mußten. Ange­fichts der Gründlichkeit müsse ein Kriminalbeamter mitgewirkt haben, der die volle Technik der Registratur tannte. Das Aftenbeseiti­gungsverfahren erstreet fich bis noch Königsberg   und Insterburg  . Kriminalkommissar Gennat   rechnet damit, daß ein ganzer Konzern

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3.

Dienstag, 20. Mai, abends 7 Uhr:

Kreis Prenzlauer Berg  : Im großen Saale des Ledigen heims, Pappel Allee 14:

Mittwoch, 21. Mai, abends 7 Uhr: Kreis mitte: Großer Saal der Musikersäle, Kaiser­Wilhelm- Straße.

Kreis Wedding: Im Pazzenhofer Ausschant, Chauffee­straße 64. 5. Kreis Friedrichshain  : Andreas- Festfäle, Andreasstr. 21. 8. Kreis Spandau  : Konkordia- Säle, Klosterftr. 13/15. 11. Kreis Schöneberg  : Schulaula Feurigstr. 57. 14. Kreis Neukölln: Aula Boddinstr. 33/41. 17. Kreis Lichtenberg  : Aula Knabenmittelschule, Marktstraße. 19. Kreis Pankow  : Türkisches Zelt, Breite Straße 14. Donnerstag, 22. Mai, abends 712 Uhr:

6. Kreis Kreuzberg  : Rabe, Fichtestr. 29.

9. Kreis Wilmersdorf  : Vittoria- Garten, Wilhelmsaue. 18. Kreis Weißensee: Albrechtshof, Partstr. 16.

Freitag, 23. Mai, abends 7

Uhr:

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zum Verbrecher gestempelt fel, so wolle er es zu einem Riesenprozeß bringen. Auf Grund seines medizinischen Studiums habe er geglaubt, die genügende Vorbildung für seine Handlungsweise zu haben. Ueber das angewandte Geheimmittel, das er selbst ausprobiert habe, verweigert der Angeklagte jede Aus. funft. Der Angeklagte gibt auch zu, daß er cine Broschüre ver breitet habe mit der Aufschrift Wie schützt man sich gegen uns erwünschten Kindersegen". Auch hat der Angeklagte zahlreiche Vor­träge über dieses Thema gehalten. Nach längerer Verhandlung irat das Heer der Frauen und Mädchen vor den Zeugen tisch  . Uebereinstimmend erklärten die Zeuginnen, daß sie, um sich vor Not und schlechtem Gerede zu schüßen, die Hilfe des Instituts in Anspruch genommen hatten. Eine Zeugin versicherte unter heftigem Schluchzen, Heiser sei ihr Lebensretter; sie wäre ohne feine Hilfe ins Wasser gegangen. Die Verhandlung wurde darauf auf Montag früh vertagt.

Der Simplon- Expreß verunglückt.

Vier Tote und mehrere Schwerverwundete.

Der in der Nacht zu Sonnabend von Ratet gegen Italien   ab. rellende Simplon- Expreßzug ist in der Nähe von Adelsberg in der Station Preftranet( auf der Strede Caibach- Triest  ) auf einen Leftzug aufgefahren. Die Bemühungen des Loko­motivführers und des Heizers, den mit einer Geschwindigkeit von 70 kilometer durchfahrenden Zug durch Gegendampf vor einem Zu­sammenstoß zu bewahren, blieben erfolglos. Vier Waggon wurden zertrümmert. Der Lokomotivführer und der Heizer des Expreßzuges rettelen sich durch Abspringen von der Cofomotive. Bei dem Zusammenstoß wurden vier personen getötet und fünf schwer verlegt. Unter den Verwundeten befindet sich auch das Personal der Schlafwagengesellschaft. Der dienſtluende Beamte hat sich erschossen. Die Ursache des Zusammenstoßes war eine falsche Weichenstellung.

Ein anderer Bericht der Europa- Preß" meldet aus Mailand  folgendes: Der Orientexpreßzug Konstantinopel­Paris ist in der letzten Nacht 1,45 Uhr im Bahnhof Prestanet­Mattegna auf der Linie Postumla- Triest infolge falscher Weichen­stellung auf einen Güterzug aufgefahren. Der Zusammenstoß war furchtbar. Die Lokomotive des Orienterpreß wurde auf die rück­wärtige Lokomotive des Güterzuges hinaufgeschoben. Alle Wagen

13. Kreis Tempelhof  - Mariendorf  : Aula Mariendorf, Kur- mit Ausnahme von zweien sind entgleift. Die beiden Gepäckwagen fürstenstraße.

Tagesordnung in allen Versammlungen:

Die Aufgaben des neuen Reichstages und die Stellung der Partei zu allen wichtigen außen- und innerpolitischen Fragen der Gegenwart!

Mitgliedsbuch der Partei legitimiert.

der passiven Beste chung schuldig gemacht, Bernotat der An­stiftung und gleichzeitig der aktiven Bestechung. Bernotat ist eine außerordentlich gefährliche Persönlichkeit. Wicbold ist zwar unbe­straft und den Lockungen des Geldes gefolgt, aber sein hartnäckiges Leugnen, durch das der Verdacht auch auf andere Beamte gelenkt werde, erfordert eine sehr schwere Strafe. Der Staatsanwalt beantragt gegen Bernotat fünf Jahre Zuchthaus und zehn Jahre Ehrverlust, gegen Widbold zwei Jahre Zucht haus und fünf Jahre Ehrverlust, sowie die Verhaftung Widbolds. Gegen die Angeklagten Molch und Kaminski tasse sich die Anklage nicht aufrechterhalten. Er beantragt daher die Freisprechung beider. Nach längerer Beratung verfündete Amtsgerichtsrat Dr. Neumann folgendes Urteil: Der Angeklagte Widbold wird wegen fortgefegten Verbrechens, der Vernichtung von Urkunden, um sich einen Vorteil zu verschaffen und der Bestechung zu zwei Jahren Zuchthaus, fünf Jahren Ehrverlust und 100 Goldmark Geldstrafe verurteilt. Die von Bernotat erhaltenen 1300 Goldmark werden dem Staat verfallen erklärt. Der Angeklagte Bernotat wird wegen Bestechung zu zwei Jahren Gefängnis und fünf Jahren Ehrverlust verurteilt. Die An­geflagten Molch und Kaminski werden freigesprochen. Durch solches Berhalten werden die Grundpfeiler des Staates und die öffentliche Sicherheit untergraben. Wickbold hat aus schnöder Habsucht gehandelt. Der Angeklagte Wickbold wurde vom Gericht sofort in Haft genommen.

Das Institut Mutabor.

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11 000 Fälle- 400 Ermittlungsverfahren gegen Frauen. Der vielumstrittene§ 218 des StGB., der den Frauen noch eines großen Prozesses, der gestern vor dem Schöffengericht Schöne immer das Recht über den eigenen Körper raubt, steht im Mittelpunkt berg   unter der Leitung des Landgerichtsdirektors Dr. Schneider gegen den Apotheker P. Heiser und dessen Ehefrau Wally begann. Die Heisers betrieben unter dem Decknamen Mutabor" ein Institut für Schönheitspflege und Massage in der Steglitzer Straße und haben innerhalb der letzten vier Jahre nach eigenen Angaben in nicht weniger als 11000 Fällen unerlaubte Eingriffe verübt und sich damit des gewerbsmäßigen Verbrechens nach§ 218 des Strafgesetzbuches schuldig gemacht. Das Ermittlungsverfahren 26 der am schwersten liegenden Fälle gegenwärtig unter Anflage ist zunächst in 400 Fällen eingeleitet worden, und von diesen sind gestellt worden.

Zu der Berhandlung ist ein großes Aufgebot von Mädchen und Frauen geladen worden, die sich in die Behandlung" des Ange­flagten begeben haben. Gegen sie werden die Strafverfahren einzeln geführt. Die Ermittlungsverfahren erstrecken sich auf 400Batientinnen" des Heiser. Als Sachverständige sind anwesend: der bekannte Gynäkologe Duerssen, der Geh. Rat Dr. Straßmann, Sanitätsrat Dr. Magnus Hirschfeldt, Medi­ginalrat Dr. Störmer, Gefängnisarzt Dr. Hirsch sowie Dr. Teilhaber. Die von Rechtsanwalt Dr. Pindar als Sachver ftändige geladene Frauenrechtlerin Frau Dr. Helene Stöder wurde aber merkwürdigerweise von dem Vorsitzenden Landgerichts­direktor Dr. Schneider abgelehnt. Der Angeklagte Heifer erklärte erregt, daß er sich vergewaltigt fühle und daß dies keine Justiz fei. Rechtsanwalt Dr. Pindar betonte, daß ebenso medizi= nie wie auch sozialwissenschaftliche Sachver­ständige in einem derartigen Prozeß berechtigt feien, zumal bestimmung handle. Das Gericht beschloß dann, Frau Dr. Stöcker es sich hier um eine von verschiedensten Seiten angefochtens Straf­wohl als Zeugin, nicht aber als Sachverständige zu hören. Darauf verzichtete der Verteidiger auf deren Vernehmung. Durch die Ab­lehnung der Frau Dr. Helene Stöder als Sachverständige, die sich ein Leben lang mit dieser für die deutsche Frauenwelt ungemein wichtigen Frage beschäftigt hat, entsteht die faum haltbare Situation, daß sich ein nur aus Männern bestehendes Richter follegium in einer spezifischen Frauenangelegen heit nur von Männern beraten läßt. Der Angeklagte Heißer, der 55 Jahre alt ist, war bereits im Oftober 1922 in Haft genommen worden. Nach seiner Entlassung betrieb er dann sein Gewerbe in einem derartigen Umfange, daß es Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft förmiich hagelte. Das Institut Mutabor" be­stehe, so berichtet er, feit 1918 und habe zunächst Schönheits­pflege mit Massage und Bädern betrieben. Eines Tages fei eine Frau zu ihm gekommen, die ihm flagte, daß ihr Mann ein Kriegstrüppel fei und daß fie schon fünf Kinder habe. Sie bat ihn fniefällig um Hilfe. Aus menschlichem Rühren habe er den Eingriff vorgenommen und er habe es nicht für möglich gehalten, daß die Justiz so weit gehen werde, ihn deswegen zu ver­beften. Als er dann aus der Untersuchungshaft herausfam, habe er sich in Not befunden und sich auch gejagt, wenn er nun einmal schon

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bes Expreßzuges und zwei Güterwagen wurden vollkommen zer­trümmert, ein Personenwagen schwer beschädigt. Ein Karabinieri­Brigadier und ein französischer Bahnbeamter wurden getötet, der Zugführer, ein Karabinieri und ein Maschinist sowie mehrere Rei­fende wurden verlegt. Der Orientexpreß war vom Bahnhofsvor steher irrtümlich auf ein Gütergleis geleitet worden. Als der Ma­schinist den Fehler wahrnahm, fonnte er die sehr hohe Geschwindig­feit des Expreßzuges noch etwas herabmindern, wodurch ein Schlaf­wagen entgeifte und der Zusammenstoß gemildert wurde. Die meisten Reisenden famen mit dem Schrecken davon. Der für den Zusammens stoß verantwortliche Bahnhofsvorsteher verübte sofort nach dem Un­glück Selbstmord. Der Schaden beläuft sich auf über eine Million Lire.

II. B. 1428.

Die falsche Autonummer eines falschen Grafen. Seit drei Jahren bereits wird ein 28 Jahre alter Landwirt Hermann Friedrich Karl Thürnau steckbrieflich gesucht, der unter den hochtlingenden Namen Graf von Wehwiniz und Tettau  , Horst Freiherr von Thyrnow und Richard oder Erich von Wulffen um­fangreiche Betrügereien verübt. Jezt hat er ein Auto gestohlen, und zwar einen vierfißigen Simeon- Sportwagen 10/40 PS., Fahrgestell­und Motornummer 922.

Der Hochstapler erschien unter dem Namen Freiherr  von Gersdorf mit zwei anderen Herren bei einer großen Auto­firma in Nürnberg   und handelte um den bezeichneten Sportwagen. Den Ankauf machte er dann schließlich von dem Ausfall einer Probe­fahrt abhängig. So fuhr man denn mit dem Geschäftsinhaber über Bayreuth   each Bamberg  , wo man in den Abendstunden anfam. Freiherr von Gersdorf" war von der Probefahrt befriedigt und bezahlte den Wagen mit einem Scheck. Der Besizer erklärte sich jedoch mit der Hergabe erst dann einverstanden, wenn er den Sched eingelöst habe und stellte das Auto einftavcilen bei einem Garagen­befizer ein, um es nicht einzubüßen. Nachdem er später festgestellt hatte, daß der Käufer auf der Bank, von der der Scheck honoriert merden sollte, überhaupt kein Konto besaß, beschloß er, mit seinem Wagen wieder nach Hause zu fahren. Da entdeckte man aber, daß der Herr Baron  " ihn über Nacht aus der Garage ge= stohlen hatte und mit ihm verschwunden war. Das Auto, auf gesetzt ist, ist in Berlin   gesehen worden. Es trägt die falsche dessen Wiederbeschaffung eine Belohnung von 500 Goldmark aus­Nummer II. B. 1428. Wer es sieht, wird ersucht, es mit den In­faffen anzuhalten und Kriminalkommiffar Seinemeyer im Zimmer 83 des Polizeipräsidiums Nachricht zu geben.

Hans im Glüd.

Ungewöhnliches Glück hatte ein Landwirt Otto Schulze cus Werneuchen  , der mit einem Fulrwerk nach Berlin   gekommen Er machte hierbei ein war um allerlei Erzeugnisse zu verkaufen. Gaft trant fleißig mit und schlug ihm dann vor, ihm Pferd und gutes Geschäft und beschloß, es in einem Lokal zu begießen, während er fein Gespann vor der Tür stehen ließ. Ein anderer Wagen zu verkaufen, weil er ein solches Gespann gerade gut brauchen könne. Man wurde auch handelseinig, der Bauer ftutzte aber, als er eine Aktie in Zahlung erhielt. Da sprang ein zweiter Gaft ein, der die Attie als sehr wertvoll rühmte. Er empfahl dem Bauern gleich nach der Bank zu gehen und sie zu ver kaufen. Auf der Bank aber erfuhr der Landmann, daß die Aktie mertlos ist. Als er enttäuscht zurückfehrte, waren die beiden mit Wagen und Pferd verschwunden. Nach einer Anzeige bei der Boli­zei haite er das Glück, sinem der beiden Käufer, einem Händler vom Planufer, zu begegnen. Er ließ ihn festnehmen. Der Händler legte auch, nachdem man auf seinem Grundstück den Wagen gefunden hatte, ein Geständnis ab Der zweite Bauernfänger wurde eben falls ermittelt und verhaftet. Er hatte das Pferd bereits verkauft.. Es wurde jedoch gefunden, und so erhielt der Bauer sein Eigentum zurück.

Zu Waffer nach Werder  .

Wer etwas von der Werderschen Baumblüte erhaschen will, der muß sich beeilen. Die Baumblüte der Kirsche ist dahin, die Apfelblüte hingegen steht in vollem Flor. Die wuchtige Hitze dieser Tage ließ die Kirschblüte an einem Lage aufbrausen und bereits am nächsten Tage sich verflüchtigen. Der berühmte Blütenschnee, den man noch am vorigen Sonntag über den Werderschen Bergen liegen fah, ist fort. Und doch ist es schön in Werder  . Schön aber ist nicht die Hinfahrt und die Rückfahrt in den stickigen überfüllten Bahn­abteilen. Wer es irgend einmal tann, sollte einen ganz anderen Weg wählen, den jetzt die Berliner   Elite- Reisegesellschaft, Unter den Linden  , vorschlägt und ausführt. Sie läßt mit Gesellschaftsauto­mobilen die Teilnehmer bis zum Stößenfee gegenüber Bichelswerder bringen. Von dort beginnt eine etwa 3½stündige Wasserfahrt auf schön eingerichtetem geräuschlos fahrendem Motorschiff pen so wun­berbaren Reizen, daß man die Erinnerung daran nicht los wird. Dieses Stück Havel   ist nicht nur mit das Schönste, was die Mart, sondern was Norddeutschland überhaupt zu bieten hat. Man hat auf dem Schiff Gelegenheit, ein Mittagessen einzunehmen. Und wenn man Autofahrt, Schiffahrt hin und zurüd nebst Essen   zu­fammenrechnet, dann kostet es einem nicht mehr, als wenn man sich durch den Werderschen Wein zu großen unnügen Ausgaben ver­führen läßt. Aber man hat mehr von der Fahrt. Es ist ein wahr. haft föstliches Genießen, deffen Schönheit noch lange nachflingt.