Freilassung inhaftierter Abgeordneter.
Parität gegen rechts und links!
Der Reichstag verhandelte am Montag über die vom Geschäftsordnungsausschuß vorgeprüften Anträge auf Haftentlaffung von Abgeordneten. Dabei wurde die Haftentlassung beschlossen in den Fällen der Kommunisten Heydemann ( gegen Deutschnationale und Völkische ), Lademann( durch Bolfspartei), Buchmann, Florin und Schlecht( ohne Hammelfprung gegen Deutschnationale, Völkische und Deutsche Widerspruch) und I ad asch( gegen Deutschnationale, Böltische und Deutsche Volkspartei ). Abgelehnt wurde die Haft entlassung des Kommunisten Urbahns und des Deutsch völkischen Kriebel. Im Ausschuß war zunächst mit einer Mehrheit, zu der auch die Sozialdemokratie gehört hatte, befchloffen worden, den im Hitler - Prozeß megen Hochverrats zu fünf Jahren Festungshaft verurteilten Oberstleutnant Kriebel ebenfalls aus der Haft zu entlassen. Als aber heute der Fall des Kommunisten Urbahns im Ausschuß verhandelt wurde, dem vorgeworfen wird, den Hamburger Oktober- Butsch vom vorigen Jahre vorbereitet und mit durchgeführt zu haben- ein Fall, der analog dem Fall Kriebel liegt, nur daß im Fall lirbahns erst die Anflage, aber noch fein Urteil vorliegt ftimmten die Deutschvöltischen mit den Deutschnationalen gegen die Freilassung von Urbahns.
Das gab dem Genossen Dittmann Anlaß, im Plenum zu beantragen, zuerst über den Fall Urbahns und dann erst über den Fall Kriebel abzustimmen. Unser Redner erklärte, die Sozialdemokratie könne ihre ursprüngliche Haltung im Fall Striebel nur aufrechterhalten, wenn Barität gegen rechts und links geübt werde. Dieser Antrag Dittmann wurde gegen Deutschvölkische und Deutschnationale angenommen. Die Abstimmung war namentlich. Die Haftentlassung von Urbahns wurde von allen bürgerlichen Parteien( mit Ausnahme der vierföpfigen Runze- Gruppe) mit 222 gegen 149 Stimmen der Sozialdemokraten und Kommunisten a b gelehnt. Darauf wurde, ebenfalls in namentlicher Abftimmung, auch die Haftentlassung des völkischen Kriebel mit 229 gegen 119 Stimmen der Deutschnationalen und Völkifchen abgelehnt. Borher hatte noch Frau Golfe alias Ruth Fischer ihr Debut gegeben, das in einer blöden Schimpfrede auf die bürgerlichen Parteien und die Sozialdemokratie bestand. Sie verdächtigte die Motive unserer Fraktion für ihr Berhalten und zeigte damit, daß sie sich offenbar ärgerte, weil die Partei den Kommunisten in all den Haftentlassungsfällen feine Angriffsflächen bot.
-
=
die Sozialdemokratische Frattion übrigens in einem eige nen Amnestie gefegentwurf vor den Reichstag bringen.
Die um Graefe, Reventlow und Ludendorff find den waschecht reinen Bekämpfern des Marrismus als einen Antrag eingebracht, den Achtstundentag grundsätzlich Marristen verdächtig. Sie haben aus agitatorischen Gründen aufrechtzuerhalten, und einen weiteren Antrag, der die Neuregelung der Beamtenbesoldung im Sinne sozialen Ausgleichs" fordert. Das veranlaßt Mar Maurenbrecher in der„ Deutschen Zeitung" zu folgendem Bannstrahl:
" Der Antrag v. Graefe und Genoffen bedeutet einen Rüd fail von dieser völkisch allein möglichen Forderung in margistische Gebantengänge, wie solche auch während des Wahifampfes leider hier und dort in seiner Barbei zu beobachten waren. Wenn der Antrag diese Forderung damit begründet, daß die Mehrarbeit doch nur den Feinden zugute kommen würde, so ist auch diese Begründung falsch. Es fommt eben darauf an, dem deutschen Arbeiter zu sagen, daß seine Mehrarbeit nur ihm selbst und seiner Familie und der Eriſtenzfähigkeit seines Unternehmens zugute tommen darf, daß er also, gerade un dieser Mehrarbeit willen, die Erfüllungspolitit rüdfichtslos ablehnen muß."
Der Marrismus ist wirklich ein ganz verteufeltes Gift. Da haben nun Ludendorff und Genossen einen veritablen Butsch gegen den Marrismus gemacht, sind unter der Fahne des Kampfes gegen den Marrismus in den Wahlkampf geogen und nun doch vom Bazillus des Marrismus erfaßt. Marxist Ludendorff - das ist bitter.
-
Republikanische Kundgebungen. Bund ,, Reichsbanner" für Großdeutschland. Aus Magdeburg wird uns geschrieben:
Das Reichsbanner Schwarz- Rot- Gold"( Bund republikanischer Frontsoldaten) hielt am Sonntag in Magdeburg , dem Siz des Hauptvorstandes, eine Bannerweihe ab, zu der fich etwa 10 000 Republikaner im Klosterbergegarten einfanden. Heller Jubel durchbraufte die Luft, als sich unter Fanfarentlang die schlichte schwarzrotgoldene Fahne entrollte, und ein Wald von Armen recte sich in die Höhe wie zum Schwur, als der Ruf ertönte:„ Es lebe die Republik." Nach der feierlichen Handlung tagte eine Gau
artig zeigte, daß das Reichsbanner nicht nur eine Organisation ist, Die einen Schuhwall gegen Rechts- und Links: putschift en schaffen will, sondern daß diefe Organisation sich höchste Ziele feßte, daß fie die Parole Großdeutschland " auf ihre Fahne geschrieben hat. Die flare Scheidung der Geister zeigt: hie Stahlhelm , Jungdo, Hafenkreuz, Kleinstaaterei, RantonesenDreißigjährigen Kriege, und hie Reichsbanner, Kampf um den tum, armes, zerstückeltes und verfümmertes Deutschland wie im uralten Traum aller wahren Deutschen , um Einheit und Größe ihres ewig zerriffenen und darum ewig zu schwachen Baterlandes. Bands berg führte unter anderem folgendes aus:
los aber find diese Symbole des Partitularismus inner halb des jezigen Deutschlands . Die Einzelstaaten find in einem durch Niederlage, Versailler Vertrag und Ruhrbesetzung zermürbten Deutschland ein willkommenes Werkzeug jenes Teiles von Frantreich, der das Endziei seiner Kriegspolitik in der völligen Zerstüdelung Deutschlands sieht. Es ist bezeichnend, daß„ Temps" bei der dem Einheitsstaate nur die Wege ebnet, ausrief:„ Deutschland ist der Berabschiedung der Weimarer Verfassung , die in ihrem Artifel 18 einzige Sieger im Weltkriege, denn der Einheitsstaat war jetzt mögseitigt. Der Bartikularismus blüht in Deutschland und wird täglich einzige Sieger im Weltkriege, denn der Einheitsstaat war jetzt möglich." Heute sind diese Gefahren für das Frankreich Poincarés belich." Heute sind diese Gefahren für das Frankreich Boincarés be feitigt. Der Partikularismus blüht in Deutschland und wird täglich gefährlicher für unsere Existenz. Darum fort mit den finnlosen und gefährlicher für unsere Existenz. Darum fort mit den ſinnloſen und angelegenheiten, aber Staatsinteressen sind deutsche Angelegen unheil zeugenden Grenzpfählen. Kulturelle Dinge find Stammes. unheil zeugenden Grenzpfählen. Kulturelle Dinge find Stammes. heiten. Das verlästerte schwarzrotgoldene Banner sei das Symbol der deutschen Einigkeit und Stärke und der Bund republikanischer Frontsoldaten, Reichsbanner Schwarz- Rot- Gold", sei der Kern der uns eine bessere Zukunft verheißenden großdeutschen Bewegung. Im Reichsbanner möge es feine Preußen, Bayern , Badenser geben, sondern die Worte des Freiherrn vom Stein seien unser Schachtruf: Die Ausführungen des Referenten wurden mit begeistertem BeiIch fenne nur ein Vaterland, und das heißt Deutschland ." fall aufgenommen.
Republikanischer Tag in Guben .
Am Sonnabend und Sonntag hatte das Reichsbanner SchwarzRot- Gold, Ortsgruppe Guben , die republitanischen Front. fämpfer der Niederlaufik zu einer Tagung eingeladen. Polizeieberst Dr. Schüzinger hielt im größten Saal der Stadt einen Bortrag. in dem er die Gefahr schilderte, in der die deutsche Republie fich infolge der bisherigen Gleichgültigkeit der Massen. fich befindet. Am Sonntag fand in Berbindung mit dem Sportfartell ein Sportfest mit vorhergehendem Fest 3 ug durch die Stadt Guben statt, dessen zahlreiche schwarzrotgoldenen Fahnen jubelnd von der Bevölkerung begrüßt wurden. Auf dem Sportplatz der Freien Turnerschaft hielt Kamerad Nowak vor der Gauleitung eine wuchtige Ansprache. die in begeisterten Ovationen für das Reichsbanner und die Republik austlang. Nachher fand eine Führerbesprechung sämtlicher Ortsgruppen der Niederlaufik statt, in der Kamerad Schneider von der Gauleitung das politische Organifationsreferat hielt. Man war mit den Tendenzen und den Richtlinien des Reichsbanner in jeder Weise einverstanden.
Der Mahlsdorfer Fememord. Geständnis des deutschnationalen Jugendbündlers.
In der Mahlsdorfer Mordfache hat der am schwersten beabgelegt, den tödlichen Schuß auf den Schüler Günter Beyer abgegeben zu haben. Die Ermittelungen zur weiteren Aufklärung der Angelegenheit, insbesonders hinsichtlich der etwaigen Beweggründe der Tat, dauern fort.
Industrie und Reparation.
Der Kommunist Koenen stellte für die Tagesordnung fonferenz, die von 287 Orten beschickt war, und in der Reichs lastete Hans Ciebed gestern vor der Polizei das Geständnis ter nächsten Sigung den minister a. Otto Landsberg nochmals, diesmal getrennt von der Einstellung des Strafnochmals, diesmal getrennt von der Einstellung des Strafrerfahrens an die Geschäftsordnungsfommission zu verweisen. Damit erklärte sich Genoffe Dittmann für die Sozialdemokra tie einverstanden. Der Antrag wurde aber von allen bürger lichen Barteien abgelehnt. Koenen beantragte außerdem die Frage der Freilaffung der politischen Gefangenen auf die nächste Tagesordnung zu sehen. Genoffe Dittmann erinnerte daran, daß im Ausschuß alle Parteien fich ver pflichtet hätten, vor der zu erwartenden Erklärung der neuen Reichsregierung und der Diskussion über diese feine Anträge für die Tagesordnung zu stellen mit Ausnahme ven Anträgen auf Haftentlassung von Abgeordneten. An dieles auch von ihr und den Kommunisten gegebene Bersprechen müsse die Sozialdemokratie fich halten. Sie fönne Deshalb nicht für den kommunistischen Antrag stimmen.
Da der„ Borwärts" ihnen aber nachgewiesen hat, wie Frau Golfe in einem heftigen Ausfall verriet, daß sie die von ihnen am Eröffnungstage mit so großem Geschrei erhobene Forderung der Freilaffung der Gefangenen am Schlusse der weiten Sigung bereits völlig vergessen hat, wollten die Kommunisten offenbar das Bersäumte jest nachholen und heuten dabei auch vor einem flaren Wortbruch nicht zurück. Die Frage der Freilassung der politischen Gefangenen mird
Buch.
Bon Freya Biedermann.
Die Eonne läuft neben dem Zug her über winzigfleine Gärten, die zusammenrauschen zum duftenden Blütenmeer, läuft über grüne, grüne Felber. Weit möchte man die Flügel heben, verschmelzen mit Dem schimmernden Horizont. Heut leuchten die Kaftanienferzen so himmelhochjauchzend, überquellen die Fliederheden von fosenden Farben, lacht gleißend der Gofbregen ins blaue hinein.
Der Schloßpark hat fatte Teppiche gebreitet; durch Blättergewirr tanzen goldene Flitter; die kleine Banke schwagt huschend von fernen Zeiten.
-
Einen troftlosen Blick jenden vergraute Särge aus dem Keller. gewölbe durchs Gitterfenster. die von Voß schlummern bei ihrer zierlichen Kirche. Träumen sie von Schwert und Recht, von tänzelnden Echritten und abgründigem Herzweh? Kirchhofsbüschen merben süß die Vögel.
-
In den nickenden
Cine Herde wandelnder Weißbierbäuche zieht schwitzend vorüber. Bierstimmig fingen fie einer toten Geliebten nach: ,, Blumen und Lieber will ich dir weihn", streben ledhzend dem gegenüberliegenden Biergarten zu.
Sinter den Mauern liegt eine weite, träge Wiese. Keines Men. schen Fuß betritt sie. Büsche leuchten wie schneeige und funkelnde Bunter aus ihr emper. Die hohen Gebäude hatten den Atem an. Durch die tausende Gitterfensterchen dringt kein Laut hervor. Blätter fpinnen einen Schleier über das antiagende Grau der Wände.
Der Fuß geht durch die hohe steinige Halle des Einlaßgebäudes. Dann im Garten. Breite Bäume, liebliche Hecken, frohe Büsche, fleine Wiesen, sie breiten schützende Arme aus vor all dem Jammer, der in den vergitterten Häufern niftet.
Sedes einzelne Herz ist eine abgeschlossene Welt, weiß taum, was dem anderen wohl und wehe tut, fennt nur sich, nur sich, bohrt und mühit in seinem namenlosen Leide.
"
2fber da stehen sie, hinter den kleinen Scheibchen der großen Fenster, strecken verlangende Hände aus, ftrahlen zu mir herab. Ein Ereignis durchschneidet ihr Leben; num tommt ja Besuch. Besuch!" Das ist jedes einzelnen Sehnsucht. Einmal hören dürfen, mos sich draußen ereignet, und flüstern fönnen eindrnglich- beschwörend:„ Nimm mich mit!" Der Hoffnung Tür und Tor öffnen: Ah, ein Mensch ist da, einer von draußen! Nun steht die Welt mir wieder offen!"
Biele merken nicht das Grau der fahlen Säle. Sie liegen im Bett, stieren durchs Fenster in die nickenden Zweige, haben ver. träumtes Lächeln auf den Zügen. Das ist, wenn sie mit ihren bunten Echeben spielen.
Arme, irre Augen glühen mich heiß an. Es schmiegt sich in meine Arme, flüstert wie erlöst von bebrückendem Denken:„ Weißt du noch, die erste Seeschlacht vor Helgoland ! Wie ich beim Abschied
"
Als die Erben der 48er Revolution an der Einigung Deutsch lands verzweifelten, entstand der Gedanke an ein kleines Deutschland unter Breußens Führung und dem Anschluß Oesterreichs . Der Nationalverein" bereitete den Boden vor für die Schaffung des klein deutschen Einheitsstaates in Form des Bismarcschen Kaiserreiches. Was der Nationalverein für die kleindeutsche Beme gung mar, muß das Reichs banner Schwarz- Rot- Gold" für die Bereinigung aller Deutschen einschließlich Deutsch öfters reichs in einem zentralen republitanischen Staate sein. Für uns gibt es nur eine Wahl, entweder Großdeutschland oder gibt es nur eine Wahl, entweder Großdeutschland oder rettungsloser Untergang durch Kleinstaaterei und den in ihr täglich fräftiger wuchernden Bürgerkrieg. Die Grenzpfähle zwischen Deutschland und Desterreich sind morsch und faul, völlig finn
Zusammentritt des Pariser Ausschusses. Paris , 2. Juni. ( Eigener Drahtbericht.) Im Hotel Astoria ist am Montagnachmittag das auf Grund des Sachverständigengutachtens eingesetzte Komitee für die) ypothetenbelastung der deutfchen Industrie zu einer fonftituierenden Sigung zusammengetreten. Die deutsche Regierung ist darin durch Staatssekretär Bücher vom Reichsverband der deutschen Industrie vertreten. Trendelenburg, die deutsche Industrie durch Geheimrat Aufgabe des Komitees ist die Vorbereitung der Maßnahmen zur Ausgabe von 5 Milliarden Mart in Obligationen, die durch Eintragung individueller hypothefen auf die Unters nehmungen der Industrie sichergestellt werden follen und der Repa rationstommiffion auszuhändigen find. Das Komitee wird insbe fodere die Umlegung des Gesamtbetrages auf die einzelnen Industriegruppen sowie Form und Natur der Hypotheken zu bestimmen 1 Broz. zu filgen, jo daß die von der deutschen Industrie aufzuhaben. Die Obligationen sind mit 5 Broz. zu verzinsen und mit bringende jährliche Leistung 300 millionen Mart beträgt..
schrie:„ Du kommst ja nicht wieder!" Ale, alle sind sie ertrunken.| gaufeln vorüber. Weit spannt sich der Himmel über Gerechte und Ach, das ist ja nur Lüge! Und ich warte doch! Und wenn es noch ungerechte. Schneeweiß segeln die Wolken, unschuldig, als wäre zehn Jahre sind! Nein, ein Jahr! Ach, bald, bald! Ich kann ja nichts geschehen. nicht mehr warten! Du nimmst mich ja mit? Ich bin doch so gesund!" Im feifesten Ton: ,, Wie sie hier alle lügen, um mich irre zu führen! Weißt du noch als Kinder, damals, zu Hause, der Vater und der Enfel, und und-"
dahin.
-
Die Worte plätschern, sich überstürzend in eintönigem Tonfall Wir gehen auf und ab im langen, fauberen Gang. Wölbungen wie im Kreuzgang eines Klosters. Blauweiße Kittel streichen vorüber, Händebrüden, Lachen, Fragen.
Kommt ein schönes junges Mädchen an, maienfrisch mit rosigen Wangen. Aber eine schwere Narbe an der linten Schläfe. Ich habe mit einem Fenster Unfall gehabt", erzählt sie mir. Operation, Sanatorium. Nun bin ich schon drei Jahre hier. Aber wenn ich 21 bin, gehe ich in die Welt. Vorläufig hab ich noch einen Vormund. Ich bin ganz allein auf der Welt. Niemand besucht mich." Schwere Tränen rollen aus den Kinderaugen über das süße Gesicht.
Geschäftig tommt ein verhuzzelts, pergamenthäutiges Weibchen an, schwenft die dürren Aermchen:„ Guten Tag, meine Künstlerin, mein geliebtes Kind! Ich bin auf einem Seil über den weißen See geritten. 25 Pf. Entree! Wie sie nachher unten lag mit zerschmettertem Schädel, dort, die Königin Luise, ja, ich hab die Welt gefehen! Und ich komme in die Kapelle, und da tniet einer am Sarge. Aber so ein Schmerz! Und man fann nicht sehen, wer es ist, weil er sich doch umdreht. Das war Wilhelm. Ja, ich bin die Landesmutter! Waisenkinder erziehen, Gutes tun, das mach ich!"
Eine blühende blonde Frau tommt gelaufen, überschüttet mich mit ihrer Lebensgeschichte. Höchste Namen und Titel schwirren. „ Mein Mann Major, hoher Würdenträger vor Gericht, denken Sie, freifarten in allen Theatern und Kinos! Drei Kinder und sechs Fehlgeburten! Wenn er mich nun nicht holt, laß ich mich scheiden! Hier werde ich verrückt! Aber nur Geld schinden! Der Doktor ist nicht so, nein, der ist lieb. Das macht nur der Sanitätsrat!" Irgend einer soll ja die Schuld tragen.
-
-
Mensch hat dem Menschen Leides getan. Welten von Liebe find verschüttet worden. Begraben liegt das Glück. Eine Glede schrillt. Die freundliche Schwester nötigt zum Gehen. Der Abschieb ist herzzerreißend. Anflammern, Schluchzen, Flehen. Die graue Tür schließt sich. Zwischen die Gitter geklemmt folgt mir ein vermeintes Gesicht mit stieren Blicken, bis mich die Büsche verbergen.
Ich taumle durch die Kiesgänge. Süße Luft umschmeichelt mich. Bin ich denn wert, den Frühling zu trinken?
Mechanisch liest mein Auge an der schwarzen Tafel in der Steinhalle: Augenblickliche Krankenzahl 1003 Frauen, 991 Männer."
Draußen leuchtet die unberührte, stille Wiese. Truntene Falter
„ Salomons Schwiegertochter."
Das Stück der Herren Frank und Wilhelm, das die Rammer ipiele als Sommergut deflarierten, sollte Frau Salomon" heißen. Denn die Schwiegertochter, die die latenten Geschicke ins Rollen bringt, ist nur der Antrieb. Im Mittelpunkt des Interesses steht die Schwiegermutter, sie ist von den Verfassern frei nach Felig Holländer mit eindringender Psychologie gezeichnet, und sie wird von Ilka Grüning mit soviel charakterisierender Hingabe verkörpert, daß ihretwegen die rührfelige Angelegenheit sehenswert bleibt. Es ist die Tragödie der jüdischen Mutter", die alles flug und überlegen anpackt und meistert, aber schließlich doch scheitert, weil etwas unberechenbares wie die Liebe ins Spiel tritt. Sie hat ihrer Schwester den Bräutigam weggenommen, der, wie es scheint, ins Geschäft einheiratete( die. Verfasser decken nicht alle Hintergründe aff). Salomon, fonnig, lebensfreudig, büßt in schwerem Chejoch, Frau Salemon herrscht und regiert in der Ehe wie im Geschäft eine erst klassige Geschäftsfrau, die nichts tennt als das Geschäft und ihren abgöttisch geliebten, herztranten Sohn. Die scheinbare Harmonie diefes Familienglücks, das mit heiteren Farben einseht, wird jäh erschüttert, als der Sohn eine blonde Wertheim - Angestellte als Braut ins Haus bringt. Frau Salomon hakt die Goite, die ihr ihren Sohn nimmt; fie möchte sie mit Beib abfinden. Aber Schwiegertochter und Schwiegervater verstehen sich. Die Junge, die den tranfen Sohn heiratet, ohne ihn zu lieben, verdrängt die Alte aus dem Geschäft, aus dem Herzen ihres Sohnes und des Mannes. Denn fie ist noch tüchtiger als diese( hier wären für eine luftfpielmäßige Behandlung famose Anfäße gewesen: die Frauen sind in dem Stück den Männern über und die Nichtjüdin fchlägt die jüdische Geschäftsfrau mit zehn Nasenlängen). Situationen wird die Handlung oft breit und ermüdend zu Ende In peinigenden und manchmal peinlichen geführt. Der Sohn erliegt den inneren Konflikten, aber zuvor ruft er die Mutter zurüd. Während er, versöhnt mit ihr, stirbt, gesteht im Vordergrunde die Schwiegertochter dem Vater ihre Liebe, nachdem er ihr die Leiden seiner Ehe offenbart hat. Emil Lind hatte als Regisseur schweren Stand. Er betreute ein Drama von das in Anlage und Tendenz verfehlte Stück wie Hauptmann mit aller naturalistischen Kleinmalerei. Ilfa Grü hatte, und stellte ein vrachtvoll gerundetes Bild aus dem jüdischen ning fobuf eine Mutter, die manchmal den Hauch tragischer Größe Familienleben hin. Vallentin lich der Schwiegervaterrolle alles Beide, Resignierte und Herzgewinnende. Franziska Ring war das blonde Schicksal, ganz Berstand und Lebensflugheit. Ein paar gute jüdische Chargen wurden von Karl Etlinger ( Sanitätsrat) und Herrn Munberg gespielt, der seine Reisendenwige nie zu Ende erzählen konnte.
-
Die Stuffqatfer Sejeffion eröffnet am 7. Suni ihre zweite Aus. stellung( Malerei, Graphit, Blaitif), die jeder deutsche Stünitler be ichicken darf. Letter Einlieferungstermin: 2. Juni. Anmeldepapiere ber sendet Prof. Lörcher, Kunstgewerbeschule beim Beißenhof, Stuttgart .
#