gestehen, daß unsere Sprache zu arm, zu farblos ist, um einen Ausdruck für solches Vorgehen zu bietem Was das Verbrechen als solches betrifft, so ist die Situa- tion, fünfmal 24 Stunden nach der Verschleppung, die folgende: man kennt die materiellen Urheber der Tat, hat drei von ihnen verhaftet und die anderen umzingelt, kennt den Mann, der die Tat durch Lieferung des Autos ermöglichte, hat aber bis heute den verschleppten Abgeordneten weder tot noch lebend auffinden können. Wenn nicht zufällig ein Mann die Nummer des Autos gesehen hätte, wäre sicher längst die Legende akkreditiert, daß unser Parteisekretär ins Ausland geflohen fei, um die faschistische Regierung zu kompromittieren. Das sorgfältige Verstecken des Körpers hatte offenbar den Zweck, diese Legende zu ermöglichen. Nach dieser Darlegung des Tatbestandes wollen wir seine politischen Rückschläge beleuchten. Am Mitt- woch, vor Schluß der Kammersitzung, gab Mussolini die nach- stehende Erklärung ab: Ich nehme an, daß die Kammer mit schwerster Besorgnis Nach- richten über das Geschick des Abgeordneten Matteotti «r» wartet, der am Nachmittag des vorigen Dienstag verschwunden ist unter bis jetzt noch nicht genau bekannten Umständen von Zeit und Ort, die aber die Vermutung eines Verbrechens rechtfertigen, das die Regierung und das Parlament ergreifen und entrüsten muh. Sobald ich von dem Vorfall Kunde erhielt, habe ich strengsten Be- fehl erteilt, sowohl in Rom als außerhalb und an der Grenze ein- gehend« Nachforschungen anzustellen. Di« Polizei hat schon eine Spur, die sich aus sachlichen Umständen und aus Verdachts- gründen ergibt, und wird alles tun, die Schuldigen zu oerhaften und der Gerechtigkeit zu überstellen. Kein Wort weiter. Es folgte eine Erklärung des Kammerpräsidenten, der der Familie die Sympathie der Kammer und den Wunsch aussprach, der Abgeordnete möge ihr lebend zurückgegeben werden, dann einige Worte des Genossen Gonzales, der im Namen der gesamten Opposition sprach und am Schluß sagte: Die Erklärungen des Kammerpräsidenten, des Garanten aller von der Nation gewühlten Vertreters, und die des Ministerpräsi- deuten, des Wächters über das Gesetz, entsprechen nicht unseren Erwartungen. Sie klingen wie Aeußerungen über ein« einfache Vcrwaltungsangelegenhcit. Im Namen meiner Fraktionskollcgen und der gesamten Opposition erhebe ich hier Anklage gegen das unerhörte Verbrechen. Im Saal wird es still wie in einer Kirche. Und auf einmal tönt in diese Stille die Stimme des Republikaners EKies a:„Sic Regierung hat das 2Bort." Die Stille wird noch tiefer, atemlos. Vom Regierungstisch fällt das erwartete Wort nicht... Mit eherner Stimme schleudert Ehiesa die Worte in den Saal:„Die Regierung schweigt: sie i st mitschuldig." Der darauf folgende Tumult kann diese Worte nicht übertönen, kein Tumult kann sie jemals übertönen. Nichts wird sie in der Geschichte des Landes je zum Sckiweigen bringen, außer der rückhaltlosen Aufdeckung der Wahrheit, wenn diese die Worte entkräftet.— Am nächsten Tage beschloß die vereinigte Opposition,' von den Klerikalen bis zu den Kommunisten, den Parlaments- fitzungen aus Protest gegen das Verbrechen fernzubleiben. In anderen Zeiten, als es auch in der Politik noch jene Ritter- lichkeit gab, jene„Eenerofita", die einen der vornehmsten Züge des italienischen Volkscharakters ausmacht, hätte die Mehrheit zum Zeichen der Trauer die Sitzung aufgehoben: heute ist man praktischer veranlagt, Man hat au» der Ab- Wesenheit der Opposition Vorteil gezogen, um das Budget- Provisorium ohne Diskussion anzunehmen und die Kammer zu vertagen, wie es heißt, bis November. In solchem Geiste arbeitet der Idealismus der Erneuerer Italiens ... Motte- otti sollte zur Budgetdebatte reden. In der letzten Kammersitzung, bei der die Faschisten ganz unter sich waren, hat Mussolini weitere Erklärungen ab-
Der Dalles. Eine richtige Armut ist die Kunst des ruhigen, geregelten Ent- behrcns, ein Training des Verzichts, das die seelische Muskulatur zu einer gesammelten Kraft, zum stählernen Schaffenswillen bereitstellt. Aber wenn man in einem Zustand der Entblößcheit lebt, der einen nicht einmal zum gesammelten Entbehren kommen läßt,— was dann? Wenn man weiß, daß auf unbegrenzte Zeit hinaus auch nicht das geringste Sümmchen in Aussicht steht? Wenn der Zeitpunkt leicht zu errechnen ist, da das letzte Buch verrentenpfennigt fein wird. wenn Schreibmaschine, Gehrock, Stiefel, Wäsche, Mäntel und derlei Ueberflüssigkeiten in den lauernden Wolfsrachen der absoluten chilf- losigkeit hineingeschleudert wurden, wenn alle Bemühungen um ge- winnbringend« Arbeit in Straßenbahndirektionsbureaus, in der Affe- kuranz-Branche, im Kolportagcdienst vergeblich waren, wenn die lachend« Wurstigkeit der Frau langsam in einem qualvollen' Schwei- gen zu ersticken beginnt, in der verzweifelten Weigerung, Kartoffeln leihen zu gehen, da die Strümpfe denn nun doch wirtlich am Ende angelangt sind..., wenn dos Gas, das elektrische Licht gesperrt wurde, wenn man zu einer Besorgung im Zentruni der Stadt Berlin vier Stunden tüchtigen Fußmarsches braucht, da die Straßenbahn es nun einmal nicht für 12 Pfennige tun will— dann, ja was dann? Dann entschließt man sich, abermals einen solchen Fußinarsch anzutreten, in eine nette Straße des Westens, wo einem ein Freund wohnt. Man überlegt sich, was man sagen wird: man wird, um der Erörterung des erwähnten Zustandcs einen Schimmer tänzelnder Grazie zu geben, man wird nach einigen Präludien über die Be- Ichoffenheit der Zeitläufte im allgemeinen lächelnd vom eigenen „bildschönen Dalles" im besonderen anfangen— und das Uebrige wird sich dann schon von selbst regeln, sozusagen automatisch... So tat ich. Ich schlich die läuferbelogtc Treppe hinauf und kostete hei jeder Stufe die Wollust aus, zu denken: noch bist du nicht da, noch brauchst du nicht zu präludieren und zu lächeln.— Man klingelt, das Herz steht still... man könnte ja noch davonlaufen. Aber der Diener öffnet und man läßt sich willenlos zur Hinrichtung führen— in den Salon bitte... Der Freund scheint nebenan im Herrenzimmer, man hört— wie ist er doch ewig beschäftigt, der Arme— seine telephonierende Stimme. — Wie, also auch hier wieder Sorgen, auch hier Verzicht? Man hört des lieben Freundes Unmut darüber, daß er fünf Mille für ein Wägelchen zahlen soll, das anfangs nur vier Mille kosten sollte,— das sei natürlich eine Unmöglichkeit. Und In 3 Wochen erst lieferbar? Lächerlich— man braucht den Wagen doch sofort, man will mit ihm nach Harzburg . Wie ärgerlich, nein, wie ärger- lich.— Schluß des betrübten Gesprächs. Man wird gemeldet, der Freund tritt ein und ist erfreut, auf- richtig erfreut sogar. Zigarette? Schnaps? Man ist so frei. Prä- ludien... leider schlecht vorgebracht, ein bißchen stockend und schluckend. Wenig tänzelnde Grazie. Nun käme also der bildschöne Dalles� nur Mutz nur schnell. Aber der liebe Freund ist schnelle�
gegeben., in denen er die Kammer fragte, ob sie ihm die Ver- hängung des Standrechts bewilligen wolle, was sie durch Zuruf verneinte. Es wäre in der Tat sehr bequem gewesen, hinter den dicken Mauern eines Gefängnisses die Schergen zum Schweigen zu bringen, die die Namen der Auftraggeber wissen. Diese Rede, die das Verbrechen nur in seinem Rückschlag aus die ministerielle Lage betrachtet, wurde am Freitag nach- mittag gehalten. Sie konnte es nicht verhindern, daß der Ver- dacht von unten herauf höher kroch, vom Schergen zum Auf- traggeber. Man flüsterte Namen von Mitschuldigen, aber das Flüstern übertönte jeden Lärm. Am Sonnabend früh erfuhr man, daß der Unterstoatssekretär F i n z i und der Che, des Prcffebureaus der Ministerpräsidentschaft, E e s a r e R o s s i, von ihrem Amt und von ihren Parteistellen zurück- getreten waren. Der nächstfolgende Tag, Sonntag, der 15., brachte die Nachricht von der Verhaftung des Chefredakteurs des faschistischen„Corners Italiano", eines gewissen F i l i p- p e l l i, in dessen Nomen man das Auto entnommen hatte. Die Leiche Matteottis ist noch nicht herausgegeben worden, aber es reiht sich ein moralisch Toter an den andern. Es ist nicht abzusehen, wo man der Justiz wird Halt gebwten können. Dumini. der als Scherge verhastete faschistische Führer, ein Angestellter des Pressebureaus der Ministerpräsi- dentschast und reisender Inspektor des„Corriere Italiano" hat, dem römischen Mittagsblatt„Serena" zufolge nach der Ver- hastung zu einem hohen Offizier der faschistischen Miliz gesagt: „Es ist besser, mich nicht mit langen Verhören zu quälen. Ich weiß nichts, aber auch wenn ich etwas wüßte, würde ich nichts sagen. Alle meine Handlungen haben nationale Zwecke gehabt(unter dem Begriff der nationalen Zwecke wurden alle faschistischen Verbrechen in der Weihnachts- amnestie von 1921 amnestiert). Ich habe nie aus eigener Initiative gehandelt. Benachrichtige ......(und hier folgt, wie die Zeitung sagt, der Name einer hochgestellten Persönlichkeit), daß ich keine lange Haft vertrage. San st werde ich reden und dem Simson spielen. Die Philister sollen sich in acht nehmen." Der Rücktritt Finzis hätte Mussolini Gelegenheit gegeben. von dem Menschen abzurücken, den der Verdacht umzüngelt. Er hat es nicht getan, sondern hat das Schreiben Finzis mit dem nachstehenden Brief beantwortet: „Lieber Finzi, ich verstehe und würdig« Deine edl« und tapfere Entscheidung, die Deiner Vergangenhett als Frontkämpfer und als Faschist der ersten Reihe würdig ist. Ich willfahr« Deinem Wunsch. Aber jetzt haben Deine Gegner aller Art die absolute moralische Pfhcht, aus dem feigen Schatten des anonymen und miserablen Geschwätzes herauszutreten. Wenn sie das nicht tun sollten, werden 'ic von dem Bewußtsein der Nation als Verleumder und Spekulanten verurteilt werden. Di« Dienste, die Du dem Faschismus und der Regierung geleistet hast, werden unvergessen bleiben. Herzlich Mussolini ." Zur Illustration dieses Briefes sei hinzugefügt, daß in der Rackst vom 13. auf den 14. die Villa Finzis bereits polizeilich überwacht war. Während so plötzlich in den Fugen wankt, was für Jahre gefügt schien und sich selbst für die Dauer von Generationen unerschütterlich glaubte, fragte man sich: zu welchem Zweck ist unser Genosse ermordet worden? Wem war das Spiel so hohen Einsatz wert? Natürlich muß man sich bei der Antwort vor Augen halten, daß die Auftraggeber des Ver- brechens mit Bestimmtheit damit rechnen, heil davon zu kommen, wie bei Dutzenden von Morden in der Provinz, wie bei dem Ueberfall auf den Abg. Amen- d e l a, bei der Verwüstung der Villa N i t t i s, die ja auch auf das Leben des früheren Ministerpräsidenten abgezielt hatte. Man wollte Matteotti verschleppen, töten, die Leiche verstecken und glauben machen, er sei„ins Ausland geflohen". Aber ein Mensch hat durch Zufall die Autonummer aufgeschrieben und heute ergibt sich die eben skizzierte Sachlage.
er macht ein ganz ernstes Gesicht.„Ja, ja, mein Lieber, recht haben Sie, zehnmal recht, es ist ivahrhaftig eine schwere Zeit. Ich wünsche Ihnen meine Sorgen nicht. Geschäft— wie abgeschnitten. Und kein Mensch zahlt, aber alle wollen Geld. Ich Hab« seit langem schon ein Prschtexemplor von Dalles, einen direkt bildschönen Dalles, sage ich Ihnen..." Pfiffig lächelnd bemerkt man, so ganz schlimm werde dos doch wohl nicht sein mit dem Dalles des lieben Freundes. Da wird der Aermste beinahe böse, daß man nicht an seine Sorgen glaubt, die wahrhaftig nicht von schlechten Eltern seien.— Nun muß man sich dazu bequemen, den Guten verständnisinnig zu bedauern, man trinkt noch einen Schnaps und scheidet bald, mit den besten Wünschen für das Wohlergehen der Gattin und der reizenden Töchterchen sowie in der beiderseits geäußerten Hoffnung auf ein Wiedersehen... Ich find« es nicht schön, wenn reiche Freunde sich vom Armen, nein vom Hilflosen ihres Dalles halber bedauern lassen. Ich höre es lieber, wenn solche sagen:„Ich will dir nichts geben. Mir hat auch niemand etwas gegeben. Ich bin aber tüchtiger als du. Es fit sinnlos und nicht einmal sittlich, das hilflose Fortwursteln von Leuten deines Kalibers zu bestärken. Erfahre an dir die Gesetz« des starken, unerbittlichen Lebens, das solches Gewürm wie dich zermalmt." Das wäre ehrlich, bürgerlich und zeitgemäß gesprochen.
Heinrich Wölffiin. Zu seinem 6l). Geburtstag am 21. Juni. „Die Kunstgeschichte nach Aufgaben behandeln, da? ist mein Vermächtnis." So überliefert uns Jakob Burckhardts Schüler, Hein. r i ch Wölfflin, ein Wort seines Lehrers, als den sonst so Un- pathetischen die Fcicrstimmung seines 75. Geburtstages sehergleich emporgehoben. Und keiner ward wie Wölfflin dieses Willens Voll- strecker und Erfüller. Von dem Lehrstuhl in Basel , wo er seines Meisters Nachfolger geworden, in den Hörsälen Berlins und Münchens streute er die keimkräftigc Saat, die zugleich in seinen Schriften lebendigste Gestalt gewonnen. Und nzenn er in jener Würdigung Burckhardts es als die eigentliche Mission des Kunsthistorikers bezeichnet, immer nur Quer- schnitte zu machen, so weiß«r selbst sie mit scharsem Blick und sicherer Hand stets dort zu ziehen, wo sie die innerste Lebensstruktur bloß- legen. Niemals heugt er sich unter die tyrannische Forderung nach ermüdender Vollständigkeit des Materials. Wie ihm die wahre Aufgabe des Kunstforschers erst dann anhebt, wenn der Denkmäler- bestand völlig geordnet ist, die Tmsachenforschung ihre Arbeit vollendet hat. so interessiert ihn an dem Einzelfall stets nur das Typische, ins Universale Emporragende. In diesem Sinne beleuchtet er in„Nenaissance und Ba- r o ck" an einzelnen charakteristischen Bauwerken Roms den innersten Gegensatz zweier einander ablösender Kunstanschauungen, in diesem Sinn« weitet sich ihm das Problem der„Kunst A l b r e ch l D ü r er s" zu dem Kampf um ein neues Ideal, um die Ausgleichung zwischen eigenem und klassischen, Wesen:„Es ist groß, was er getan hat, aber vielleicht liegt das Größere in dem, was er überwunden hat. Die Resultate seines Lebens sind kaum so interessant wie der Wog, auf dem er sie gewonnen." In Satz und Gegensatz, in der
Als Schema für die Orientierung kommt unserer Ansicht nach zweierlei in Betracht. Entweder ist Matteotti aus dem Wege geräumt worden— was ihm ja die faschistische Presse periodisch seit langem in Aussicht g e st e l l t hatte— weil er Dokumente über schmutzigeFinanzmanöver, etwa über die P e t r o l e u m g e s ch i ch t e oder, wahrscheinlicher, über die Bewilligung der Spielhöllen in Händen hatte. Oder aber er ist als Opfer jener Elemente der faschistischen Partei gefallen, die den Bürgerkrieg wollen, weil sie bei ihm auf ihre Rechnung kommen. Entweder ist er von be- zahlten Mördern niedergestreckt worden, damit seine Stimme nicht in der Budgetdebatte erklinge, oder, damit der Widerhall seines Todes, der Haß und Abscheu, den er entfesseln muß, die Friedensrede des Ministerpräsidenten übertöne. Dieser letzten Version scheint Mussolini beizupflichten. In der Universität von Rom und Neapel hängt die Fahne Halbmast. Die Gerichte haben zum Zeichen der Trauer ihre Tagungen ausgehoben. Auf den Straßen Roms sieht man keinen Menschen mehr mit dem faschistischen Abzeichen. Viel Carabinieri, viel Militär(das Kolosseum starrt voll Kavallerie), viel Polizei. Die Miliz ist konsigniert. Die Menge spricht leise, aber sie ballt die Fäuste. Entsetzliche Gerüchte über die Verstümmelung der Leiche sind im Umlauf. Was heute der Tote spricht, ist vielleicht doch eine schwerere Anklage, als sie der Lebende in seiner Budgetrede hätte vorbringen können. Jetzt kann nur eines die Ehre des Landes retten: er- barmungslose Klarheit. Und deshalb tönt noch heute der Ruf Chiesas, Antwort heischend:„DieRegierunghatdas W o r t!"— Die Gefthäste üer Gberfafchisten. Vom. 20. Juni. (Eca.) In einem Brief, den qlle Zeitungen veröffentlichen, vecteidigt sich Unterstaatssekrctär a. D. Finzi gegen die Beschuldigungen, die gegen ihn erhoben wurden. Der Gesetzentwurf über das Hasadspiel, mit dessen Borge- schichte die Ermordung Matteottis in Zusammenhang gebracht wird, sei nicht von ihm«ingebracht worden. Demgegenüber betonen die Zeitungen, namentlich die„Tribuna", daß Finzi der erste gewesen sei. der für die„Regelung" des Hasardspiels einttat. In Bari wurde in einem Exportgeschäft, das mit F i l i p e l l i in Verbindung stand, wichtige Papiere beschlagnahmt, aus denen hervorgeht, daß Filipelli einen schwungvollen Handel mit Titelver- leihungen trieb. So erhielt er von einem Kriegsgewinnler aus Bari 1 2 0 0 0 0 L i re für die Vermittlung des Kommandatorentels. Mussolini will Frankreich den Wiund verbinde»: Vom. 20. Juni. (TU.) Die italienische Regierung hat ihren Botschafter in Paris beauftragt, die französische Regierung auf den ungünstigen Eindruck aufmerksam zu machen, den der scharfe Ton der französischen Presse und die Kundgebung der französischen Kammer zu dem Falle Matteotti in der öffentlichen Meinung Italiens hervorgerufen hat. Herriot habe diesen Protest des italieni - chcn Diplomaten zur Kenntnis genommen und erklärt, er werde nichts unterlassen, um eine Trübung der zwischen den beiden Na- tionen herrschenden Freundschaft zu verhindern. Eine bezeichnende Prcffeschuttverordnunq. Rom , 20. Juni. (WTB.) Eine Verordnung des Ministeriums des Innern verbietet auf das strengfte, Op p ositi o ns- blätter zu verbrennen oder ihre Verbreitung mit Gewalt zu oerhindern. Noch ein Mord. Rom . 20. Juni. (EP.) Der aus der saschistischen Partei ausze- treten Abg. F o r n i hat an den Innenminister die Anfrage gerichtet, ob er davon Kenntnis habe, daß in dem Dorfe Gampolo, Provinz Paoia, ein Faschist von einem Unbekannten erschossen wurde, weil er die Ermordung Matteottis öffentlich bedauerte, und welche Maßnahmen er zu ergreifen gedenke, um des Mörders habhaft zu werden.
Gegenüberstellung von schlagenden Beispielen erhellt Wölfflin der „Klassischen Kunst" tiefsten Wesenskern, sie vor allem mit der Frübrenaissance kontrastierend. Und die gleiche Methode der an- schaulichen Ueberzeugung durch Gegenüberstellung weist Wölsslins bahnbrechendes Werk„Kunst geschichtliche Grundbe- griffe". Wie kein anderes Werk dieses Gelehrten, ja wie wohl kein anderes einer historischen Disziplin der letzten Jahrzehnte haben die„Kunstgeschichtlichen Grundbegriffe" anregend und neue For- schungswege bahnend gewirkt. S>e haben der Kunstwissenschaft eine Führerstellung aesichert, indem auch andere Wissensgebiete, wie Ge- schichte und Literaturgeschichte, die Grundlinien ihrer Forschungs- Methode von ihr entlehnten. Freilich birgt die scheinbar so bestechende einfache Einordnung des ganzen Entwicklungsprozesses unter fünf Begriffspaare die Gefahr des schemattschen Zwanges in sich, der niemals ihr Schöpfer, wohl aber geistesarme Nachahmer nur allzu leicht zum Opfer fallen. Aus Vorlesimgen geboren, tragen die „Kunsthistorischen Grundbegriffe" das Zeichen lebendigster Durch- dringung, vereim mit einer sprachlich bis ins letzte durchzemeißelten Darstellungsform, die jede von Wölsslins Schriften, von seinen Früh- werken bis zu dem vorläusig letzten Büchlein„Das Erklären von Kunstwerken", in Wahrheit zu einem Kunstwerk über Kunstiverke macht.__ Dr. H. F.
Das Deutsche Opernhaus und die Stcnerbehörde. Bekanntlich bemüht sich das Deutsche Opernhaus seit Jahren, von den ■ zuständigen Stellen, besonders vom Kultusministerium, die Aner- tennung seiner Gemeinnützigkeit zu erhallen, so wie sie gegenüber der Volksbühne ausgesprochen ist. Diese Erklärung ist seitens des Ministeriums nicht gegeben worden, da dos Bezirksamt Charlottcnburg widersprochen hat. Bisher wurde nun vom Deut- schen Opernhaus keine Bergnügungssteuer erhoben. Vor einiger Zeit aber verlangte das Bezirksamt Charlatlenburg von der Direk- tion die sofortige Zahlung rückstänoigcr Vergnügungs- steuern vom 1. Januar 1023 bis jetzt in Höhe von 240 000 Sold- mark. Die Direktion des Deutschen Opernhauses teilte dem Ma- gistrat daraufhin mit. daß sie ein« solch« Summe augenblicklich nicht zahlen könne und daß die Zahlungspslicht strittig sei, weil in der Frag« der Gemeinnützigkeit des Theaters das Preußisch« Mini- st-rium das letzte Wort noch nicht gesprochen habe. Der Magistrat Berlin glaubte jedoch, an seinem Standpunkt feschalten zu müssen und lieh daher einen Teil des wertvollen Inventars des Deutschen Opernhauses pfänden. Ter Betrieb wird durch dies« Maßnahme nicht berührt. Ein neuer Ordensritter. Richard Strauß ist gelegentlich seines KV. Geburtstages zum„stimmfähigen Mttglied des Ordens ?c>ur le merite für Wissenschaften und Künste" gewählt worden. Nach der Reichsversossung sind zwar die Orden aufgehoben, da ober die Würde der deutschen Kunst und Wissenschaft derartige Kindereien anscheinend nicht entbehren kann, so besteht die Friedensklasse des Lour le merite als freie Vereinigung von Gelehrten und Künstlern fort und kennzeichnet ihre Mitglieder durch bunte Blechmarten, die am Halse getragen werden. Die Ostmarkenschau In Iranksurl a. d. O. hat zu ihrem Hauptage die Vertreter der Presse zu Gaste geladen, um ihnen ein Bild zu geben, sowohl von der Entwicklung Frankfurts als Kulturzentrum des Ostens, als auch von der Arbeit, die es in schwerer Zeit mtt der