Das Gesicht des Bürgerblocks.
Intermezzo im städtischen Haushaltsausschuß.
Im städtischen Haushaltsausschuß gab es gestern eine Stunde voll grotester Komit. Herr Merten ritt eine wildwütende Attacke gegen Schulverwaltung und Magistrat, weil die leitenden Stellen in der Schulverwaltung, die des Schulrats für das Berufsschulwesen, vier Kreisschulräte, einiger Direttoren usw. noch immer unbesetzt seien. Er hatte dabei anscheinend ganz vergessen und der Stadtschulrat mußte ihn erst daran erinnern, daß feine eigenen Parteifreunde vor wenigen Monaten in trautem Bunde mit dem ganzen Bürgerblock die Besetzung dieser Stellen abgelehnt hatten. Es gehört außerdem die robuste Logik des Herrn Merten dazu, um die Stelle des Oberstadtschulrats für überflüssig zu erklären, und zugleich just im selben Augenblick die bisher für überflüffig gehaltene Magistratsschulratsstellen als unentbehrlich zu bezeichnen. Oder sollte etwa jezt schon, noch ehe der Kampf um den Abbau entschieden ist, nach dem Willen des Bürgerblod- Schiebers mit dem Aufbau be
gonnen werden? Man fürchtet offenbar, mit der Neufchaffung der Stadtschulratsstelle, die ja der Abschaffung wohl auf dem Fuße folgen foll, fich sonst gar zu lächerlich zu machen und möchte daher zunächst möglichst unmerklich all die Marksteine auf dem Wege einer planmäßigen, antifozialistischen Schulpolitik beseitigen. Aber der fluge politische Kopf des Herrn Merten irrt sich doch gewaltig, wenn er glaubt, den letzten Zug in seinem groß angelegten politischen Spiel in aller Stille vorbereiten zu fönnen. Es wird dafür gesorgt werden, daß der Endkampf unter derjenigen Anteil: nahme der Deffentlichkeit geführt wird, die diesem Att politischer Rantüne und brutaler Bergewaltigung des Rechtes wie der fulturellen Intereffen gebührt!
Der Bürgerblod benugte auch sonst die Gelegenheit, um fich in seiner ganzen Schönheit zu zeigen. Er nahm ausdrücklich einen deutschnationalen Antrag auf weiteren Personal. abbau und Arbeitszeitverlängerung beim Pflegepersonal der Städtischen Krantenanstalten an. Es fümmert die Herrschaften wenig, daß die Leitung der Krantenhäuser bereits über eine zunehmende Flucht des Personals aus den Krankenanstalten flagt. Es muß unter allen Umständen und das ist ja das reaktionäre unsoziale Gesicht des
-
auch ganz erfreulich Bürgerblods gezeigt werden.
Berbols der Abt. Ia die Feier. Unsere Bohnsdorfer Genoffen| 3eugen wurde er zur Stelle geschafft, indem dieser ihm erzählte, fragen mun, wie weit die Berechtigung dieses Verbots geht. Wenn man es damit begründen will, daß Bersammlungen unter freiem Himmel verboten sind, so ist demgegenüber zu halten, daß doch das Gelände kein öffentliches, sondern Eigentum des Berliner Bau- und Sparvereins ist. Kann man denn auf seinem eigenen Boden nicht mehr das machen, was man will? Dentt man unfer am 17. August stattfindendes Bolksfest auch zu verbieten"?"
Große Protestkundgebungen
gegen völkische Mordpropaganda und Faschismus heute Dienstag, den 24. Juni, abends 7 Uhr: im großen Saal der neuen Welt", Hasenheide; Referent Reichstagsabg. Philipp Scheidemann- Kaffel; für die wefflichen Vororte Wilmersdorf , Charlottenburg , Schöneberg und Steglih in den Spichernfälen, Spichernffr.3, abends 7 Uhr; Referent: ehemal. bayerischer Landtagsabgeordneter Niekisch ;
für die öfflichen Vororte in Mörners Blumengarten, Oberfchöneweide; Referent: Adolf Hoffmann . Arbeiter, erscheint in Massen! Denkt an die ermordefen deutschen Freiheitskämpfer! Denkt an den ermordeten italienischen Genoffen Matteotti . Der Bezirksvorstand
Das Urteil gegen die Grabschänder. Zuchthausstrafen von 4 bis 8 Jahren.
In der Verhandlung im großen Schöffengericht Berlin- Witte gegen die Einbrecher- und Räuberbande, die die Gruft des Generalfeldmarschalls v. Moltke und die Weimarer Fürstengruft schändeten, wurde gestern das Urteil gefällt. Es lautete gegen Jakub te auf 8 Jahre Zuchthaus, gegen Wolff auf 8 Jahre Zucht haus, gegen Pauda auf 5 Jahre Zuchthaus, gegen Buttge auf 7 Jahre Zuchthaus und gegen Löhmann auf 4 Jahre Zuchthaus. Die Angeklagten hält das Gericht der bürgerlichen Ehrenrechte nicht für würdig. Löhmann werden dieselben auf die Dauer von 8 Jahren, den anderen vier Angeklagten auf die Dauer von 15 Jahren abgesprochen. Mit Rücksicht auf die Gemeingefährlichkeit wird die Zulässigkeit der Polizeiaufsicht aus gesprochen. Von den übrigen Angeklagten wurde die Angeklagte Hante wegen Begünstigung zu 100 M. und die Angeklagte Guntermann wegen Beglinstigung und Hehlerei zu zwei Monaten und zwei Wochen Gefängnis verurteilt. Sämt
Die Berliner Lehrerkammer für Paulsen. Die vor einiger Zeit neugewählte Berliner Lehrerfammer be schäftigte sich bei ihrem Zusammentritt auf Antrag der ADB.- BundGruppe mit der von den Rechtsparteien und Demofraten geplanten Beseitigung der Oberstadtsch ul ratsstelle. Die maßgebenden Sprecher der Lehrerschaft stellten fest, daß in der Abbauverordnung fein Weg gegeben fei, unliebfame Personen zu beseitigen, und daß die Amtsführung Paulsens in der schweren Inflationszeit hauptsächlich dazu beigetragen habe, unser Berliner Boltsschulmesen bisher ohne allzu große Schädigungen zu erhalten. Der Vorwurf, Paulfen habe versagt, fei nicht aufrechtliche übrigen Angeklagten wurden freigesprochen. zuerhalten. Es entspreche dem Wunsche der Berliner Lehrerschaft, einen so erfahrenen Schulmann wie Paulsen unter den Berwaltungsbeamten im Magistrat arbeiten zu lassen. Ein Versuch der christlichen Lehrer und Lehrerinnen, im legten Augenblid eine Stellungnahme der Lehrerkammer zu verschleppen, wurde abgeschlagen. Folgender Antrag fand bei einigen Stimmenthaltungen
die Mehrheit:
Die Lehrerkammer der Stadt Berlin erhebt schärfften Einspruch gegen den beabsichtigten Abbau der Oberstadtschulratsstelle, fie wendet sich mit aller Entschiedenheit gegen den Abbau des derzeitigen In habers der Stelle, weil durch den Abbau nicht nur teine Ersparniffe erzielt werden, sondern eine starke finanzielle Belaftung der Stadt eintritt. Sie lehnt den persönlichen Abbau des Herrn Oberstadtschulrats Paulsen ab."
"
In der Hakenkreuzlerkneipe am Kurfürstendamm . Im Café und Restaurant Wilhelm a", hat die Tollheit, daß eine Mufitkapelle der zum Schuße der deutschen Republit be rufenen Reichswehr den höhnenden Feinden der Republik nach Wunsch aufspielte, nun endlich aufgehört. Die Fest nagelung durch den Vorwärts" hat ihre Wirkung getan, und der Reichswehrminister scheint schließlich doch begriffen zu haben, daß die weitere Mitwirkung von Reichswehrmusikern bei dem wüsten Treiben der Hakenkreuzler die deutsche Republit vor aller Welt bloßstellen mußte. Nach Zurückziehung der Reichswehrmusiker fuchte der„ Wilhelma "-Wirt sich andere Leute, deren Musik von dem Begröle der Republiffeinde begleitet werden sollte, und er fand sie in Beamten von Finanzämtern. Es ist ja bekannt, daß den ständig von Arbeitslosigkeit und schwer um ihre Eristenz ringenden Berufsmusikern oft das Brot weggenommen wird durch Personen, die in einem Hauptberuf als Festbefoldete tagsüber ihre Bureauarbeit tun und dann abends das Mufitmachen als Nebenberuf treiben. Hier erlebte man nun das Schauspiel, daß diese Herren sich sogar in eine Uniform steden ließen, meil doch die Stammgäste der Hafenkreuzler- Kneipe bei ihren Musikern durch aus eine Uniform sehen wollen. Das Ding ist feldgrau wie die Uniform der Reichswehrmufiter und unterscheidet sich von ihr durch nicht sehr starke Abweichungen, so daß vielleicht mancher Hafenfreuzler in den befeligenden Irrtum verfeht werden wird, sich noch von leibhaftigen Reichswehrmusikern aufspielen lassen zu können und sie mit seinem Gegröle begleiten zu dürfen. Auch mit der Terrorisierung andersdenfender Gäste wird wohl bald ein Ende haben, widrigenfalls ist, wie der Wirt durch auf den Tischen ausgelegte Kärtchen mitteilt, fofortiges Ein. greifen der Polizei zu erwarten, natürlich nur dann, wenn
es
fie sofort davon erfährt. Aber die Vorträge von Liedern und
Märschen nach dem Herzen der Hafenkreuzler dauern f
Eine Freisprechung May Klantes.
Mar Klante hatte gestern die Genugtuung, auch einmal frei gesprochen zu werden. Er wurde vom Schöffengericht mitte aus der Strafhaft in Tegel vorgeführt, um sich wegen Steuerhinter ziehung zu verantworten. Klante hatte seinerzeit einen Straf. befehl über 1000 m. erhalten. weil er es unterlassen hatte, für seinen verflossenen Wettkonzern die Kapitalertragssteuer zu leisten. Da gegen hatte er Einspruch erhoben und er verteidigte sich damit, daß er Dr. Reichenbach und Dr. Friese in seinem Unternehmen angestellt gehabt habe, um alle rechtlichen und steuerrechtlichen Fragen zu erledigen. Diese hätten auch mit dem Landesfinanzamt verhandelt. Die Beamten, auch die höheren, hätten Auskunft nicht geben tönnen, ob das Unternehmen zur Kapitalertragssteuer heranzuziehen wäre. R.-A. Dr. Heyn verwies noch darauf, daß auch das Reichsfinanzministerium in einem Gutachten nicht klar über die Rechtslage gewesen sei. Auch der Kontursverwalter Wunderlich habe mit dem ordentlichen Dezernenten des Zentralfinanzamtes verhandelt, und selbst dieses sei sich nicht einig gewesen, ob eine Ver pflichtung zur Steuerzahlung vorliege oder nicht. Der Verteidiger
Perlangte die Einholung eines Entscheides des Reichsfinanzhofes. Landgerichtsdirektor Heintzel hielt aber diesen Schritt nicht für not wendig, da das Gericht ohnehin zu einer Freisprechung aus subjektipen Gründen gelangte,
Privatfeiern auf eigenem Gelände auch verboten? Man schreibt uns: Als am Sonnabend abend Mitglieder der Arbeiterbaugenossenfchaft Paradies" aus Bohnsdorf auf dem Gelände des Berliner Bau- und Sparvereins in der Gartenstadt Faltenberg im privaten Kreise das Fest der Sonnenwende begehen wollten, schritt die Schupo ein und untersagte auf Grund eines
daß er nur als Zeuge vernommen werden sollte. Wohlgemut erschien dann auch Niesky vor Gericht, um hier zu hören, daß er die Rolle des Mitangetlagten zu spielen habe. Da er jedoch Widerspruch erhob, fonnte gegen ihn mangels rechtzeitiger Ladung nicht verhandelt werden. Die Straffammer war der Ansicht, daß die Angeklagten einen Einbruch geplant hätten und abgewartet hätten, ob sich jemand melden werde. Wenn das nicht der Fall gewesen wäre, hätten sie die wertvollen Kleider aus dem Fenster ausgeraubt. Ahlert und Gorsinski erhielten je 2 Jahre, Portmann 1% Jahr Zuchthaus und wurden sofort alle drei in Haft genommen. Auch der Zeuge" Niesky mußte insofern bereits jetzt ihr Schicksal teilen, als gegen ihn ebenfalls ein Haftbefehl erlassen wurde. Das Urteil fam den Angeklagten und ihren zahlreichen Angehörigen und Zuhörern so überraschend, daß sie in fautes Loben und Schreien ausbrachen.
Flugtag in Staafen.
und Regen drohte zu jeder Tageszeit aus grauen Wolken, trotzdem Der Himmel zeigte am Sonntag sein unfreundlichstes Gesicht füllte eine nach Zehntausenden zählende Menschenmenge den Flug play in Staaten.
Um 3 Uhr begann die Vorführung von Schau- und Geschwaderflügen der Sportflugzeuge. Man fah die verschiedensten Typen von Ein- und Doppeldeckern, die bald von Wolfen verschleiert, bald dicht über den Köpfen der Menge dahinbrausend ihre eleganten Kurven Geschicklichkeitswettbewerb. zogen. Es folgte mit der interessanteste Teil des Programms, der Bewertet wurden Start, Landung, Flügelkurven, seitliches Rutschen, Rückenflug, Durchfacen, Rumpfwinten, Beweglichkeit auf der Erde usw. Für die Sieger maren von den verschiedenen Firmen Preise ausgesetzt. Da fonnte man spannende Dinge erleben. Mit furchtbarer Geschwindigkeit gleitet ein Apparat, die Tragflächen schräg, seitlich der Erde zu, im letzten Augenblic eine elegante Kurve und aufwärts geht's. Dann fommt einer in Schraubenwindungen, Kopf nach unten, fenfrecht heruntergepurzelt, jeder Feldsoldat weiß, was das bedeutet, atemlose Spanim legten Moment fängt sich der Apparat und man fann auf eine neue Genfation warten. Ein einfiziges Sportflugzeug fliegt niedrig in großem Bogen, man sieht den Führer während der ganzen Fahrt mit beiden hocherhobenen Armen winten, um zu zeigen, wie sicher das Flugzeug troß der ziemlich starten Böen in der Luft liegt. Jegt fährt ein Auto über den Play und durch ein Sprachrohr wird angekündigt: In dem Flugzeug wird ein Fallschirm mitgeführt! Gleich erfolgt der Absprung! Alle Krimstecher richten sich auf das Flugzeug. Jekt fauft die Lust, ein Rud richten sich auf das Flugzeug. Jetzt ein dunkler Körper burch über dem Körper hat sich eine weiße Halbfugel entfaltet und langfam, in großen Schwingungen nähert er sich der Erde.
nung
-
-
ausgelost. Jedes Programm ist mit einer Nummer versehen. Die Inzwischen hat die Berlosung begonnen. 300 Freiflüge werden glüdlichen Gewinner eilen zum Startplatz und können in modernen Baffagierflugzeugen einen Rundflug unternehmen. Um 7 Uhr starten Flugzeuge zu einem Schnelligkeitswettbewerb. Der Flug geht bis Nauen und zurüd. Nach furzer Zeit sieht man sie zurückommen. Die beiden ersten sind Einbecker. Das Programm nähert sich seinem Ende. Ein großer Teil der Besucher ist schon auf dem Heimwege. Extrazüge der Borortbahn bewältigen reibungslos den Verkehr.
Unkorrigiert„ kaiserlich" und„ töniglich".
Bevor sich der Gerichtshof zur Beratung zurückzog, hielt der Angeklagte Muttge noch eine halbstündige Schlußrede, in der er zeigte, daß er nicht nur ein gemiegter Einbrecher ist, sondern auch ein glänzender Redner. In geradezu formvollendeter Weise fuchte er seine Handlungsweise mit den in ihm wohnenden dunklen Trieben zu rechtfertigen. Er habe sehr oft Gelegenheit gehabt, große Einbrüche zu machen, bei denen weit mehr als bei den Grabeinbrüchen zu holen gewesen wäre, aber dann habe sein innerer Trieb ihn Davon zurückgehalten. Wenn er Verbrechen begangen habe, dann Biesbaden die Gelegenheit zu einem Einbruch in die Griechisch fei es fein zweites Ich gewefen. Einmal habe er schon in Katholische Kirche , in der sich wertvolle Geschenke des Baren bestreichungen wenigstens auf Borrat gemacht werden, wenn nicht die fänden, genau ausgefundschaftet gehabt. Als er auf dem Wege zum Bostamt war, um Hecker herbeizurufen, habe ihn fein inneres Ich gewarnt und er habe Abstand genommen. Auch als er aus dem Zuchthaus entwichen war, habe er drei Monate den Einflüsterungen Heders Widerstand geleistet, bis in ihm wieder der böse Dämon erwachte. Durch unfelige Berhältnisse sei er auf die Bahn des Berlaiserlichen" Postamt Berlin N. 39 am 12. Juni 1924 brechens gekommen. Die Großmutter habe ihn zu Holz die 5stählen verleitet. Er habe einen Verweis bekommen, man hätte ihm aber eine Tracht Prügel geben sollen, das hätte mehr geholfen. Seine Vorstrafen seien darauf zurückzuführen, daß ihm das Gericht niemals Glauben geschenkt habe, und so sei er immer mehr auf die Laufbahn des Berbrechens gedrängt worden. Bei der Wissenschaft nenne man es eine große Tat. Bei uns wird es eine Grabschändung genannt. Bei der Deffnung der ägyptischen Königsgräber und der Ausplünderung des Grabes von Tutanchamon habe man doch auch nichts anderes getan. In dieser Weise entwickelt der Angeklagte eine halbe Stunde lang in fließender Rede seine Verbrecherphilofophie. Nach mehr als einstündiger Beratung fällte Amtsgerichtsrat Dr. Neuman das oben wiedergegebene Urteil.
Statt Freisprechung Zuchthaus .
Einen unerwarteten Ausgang für die Angeklagten nahm eine Verhandlung vor der großen Straffammer des Landgerichts III unter Vorsitz von Landgerichtsdirektor Siegert. Bor einiger Zeit waren die Arbeiter Ahlert, Portmann, Gorfinsti und Niesty, sämtlich schon mehrfach vorbestrafte Bersonen, vom großen Schöffengericht Wedding von der Anklage des versuchten EinbruchsSchöffengericht Wedding von der Anklage des versuchten Einbruchs diebstahls freigesprochen worden. Eines Nachts wurde in einem Warenhaus am Wedding die große Fensterscheibe eingeschlagen. Durch die hierbei in Bewegung gefehte Alarmglode und das Bellen der Hunde wurde die Familie des Geschäftsinhabers aus dem Schlaf geweckt und stürzte hinaus. Mit Hilfe von Schupobeamten gelang es, die vier Angeklagten zu ergreifen. Vor Gericht hatten sie sich damit ausgeredet, daß fie im angetrunten en 3ustande eine kleine Rauferei gehabt hätten, und daß dabei einer von ihnen in die Scheibe gestoßen worden fei. Gerade ihre Strafregister führten die Angeklagten in diesem Falle mit einem gewiffen Erfolg als Verteidigungsmittel an. Sie erklärten nämlich, daß man so erfahrenen" Leuten, wie sie es in ihrem Fache seien, nicht zutrauen dürfe, daß fie in ein Schaufenster einbrechen würden, bei dem schon von außen zu erkennen war, daß dahinter die Drähte der Alarmleitung gespannt seien. Das Schöffengericht hatte die Angeklagten auch mangels Beweises freigesprochen, der Staatsanwalt legte aber Berufung ein. Durch ein Versehen war der Angeklagte niest n nicht geladen worden. Durch einen
Das Rundfunkprogramm. Dienstag, den 24. Juni.
Bei der Deutschen Reichs post sind die Formulare aus der Kaiserzeit immer noch nicht ganz aufgebraucht. Immer noch müssen Boftbeamte, wenn sie die alten Formulare auszufüllen haben, minister ist es bisher eingefallen, darauf zu bringen, daß die Durch den albernen Zusatz faiserlich" durchstreichen. Reinem ReichspoſtFormulare überhaupt vernichtet werden sollen. Daher erlebt mai es immer wieder, daß die Durchstreichung auch mal unterbleibt uno dann auf dem Formular die Deutsche Reichspost sich nach wie vor als„ kaiserlich" empfiehlt. Noch vor einigen Tagen fahen wir ein solches Schriftftüd, einen von dem unforrigiert ausgefertigten Bescheid an den Empfänger einer Bostanweisung, die zur Beseitigung von Mängeln an den Aufgabeort hatte zurüd geschickt werden müssen. Es ist leicht möglich, daß in der Arbeitss haft eine Durchstreichung versehentlich unterlassen wird, und so etwas tönnte fogar einem streng republikanischen Beamten paffieren. Aber die Möglichkeit eines Bersehens fönnte einem antirepublika nischen Beamten den willkommenen Vorwand bieten, auch eine absichtliche und böswillige Unterlassung als harmloses und entschuldbares Bersehen hinzustellen. Solange nicht Bor fehrungen getroffen werden, die jedes Versehen ausschließen und die Bestrafung eines Böswilligen ermöglichen, fällt die Berant wortung für solche doch tatsächlich wie eine dreiste Berhöhnung der Republit wirkenden Vorkommniffe auf das Reichspostmi.
nisterium.
Einfacher liegt die Sache bei einem fürzlich vom Deutschen Roten Kreuz verbreiteten Schriftstück, in dem man von der vor nun bald sechs Jahren erreichten Beseitigung der Monarchie noch nichts merkt. Das der Redaktion des„ Borwärts" und vermutlic) auch den Redaktionen anderer Blätter zugesandte Schreiben bat um Aufnahme der welterschütternden Neuigkeit, daß an den Beratungen der diesjährigen Mitgliederversammlung des Deutschen Roten Kreuzes auch J. K. 5. die Frau Kronprinzessin in ihrer Eigenschaft als Vorsitzende des Provinzialverbandes Schlesien des Vaterländischen Frauenvereins teilgenommen" hat. Hier handelt es fich nicht um ein vorgebrudtes Formular, auf dem die Durchstreichung Ihrer Königlichen Hoheit" versehentlich unterlassen werden könnte, fondern um einen mit der Maschine geschriebenen Brief, der offenbar nach handschriftlicher Borlage oder nach persönlichem Diftat angefertigt worden ist. Beim Deutschen Roten Kreuz wird wohl kaum jemand bezweifeln, daß Absicht vorliegt, wenn man der Gattin des früheren Kronprinzen den erledigten Titel Ihre Königliche Hoheit" nicht vorenthält.
Das Hydrasystem.
Der
Mit einem alten Trid versuchen manche Geschäftsleute ihre schlechte Lage zu verbessern. Das Geld wird immer knapper, die Kauftraft der großen Menge von Tag zu Tag geringer. Warenabsag stodt fast auf allen Gebieten. Da sind dann erst einige und dann immer mehr Geschäftsleute auf den Gedanken gekommen, ihn künstlich wieder in Gang zu bringen. Ihnen fiel das sogenannte Schneeball. oder Hydrasystem wieder ein, das unter diesem und ähnlichen Namen vor Jahren einmal blühte, bis die Strafbehörden eingriffen und ihm ein Ende machten. Diese Tallongeschäfte, bei denen jeder zweite Abnehmer immer wieder eine be= stimmte Anzahl neuer Abnehmer befchaffen muß, um billig zu einer bestimmten Ware zu fommen, find aber nach mehreren Reichsgerichtsentscheidungen strafbar. Ebenso gewiffe Preisaus.
kanntgabe der Kleinhandelspreise der wichtigsten Lebensmittelchreibungen, wie man sie jetzt Tag für Tag verkündet sieht. Tageseinteilung. Vormittags 10 Uhr: Nachrichtendienst. Be
in der Zentralmarkthalle. Nachm. 12.15 Uhr: Vorbörse. 12.55 Uhr: Uebermittelung des Zeitzeichens. Nachm. 1.05 Uhr: Nachrichtendienst. Nachm. 2.15 Uhr: Börsenbericht.
5.30-7 Uhr abends: Unterhaltungsmusik( Berliner Funkkapelle). 7.30 Uhr abends: Vortrag des Herrn Regierungsrats Dr. Zacher:
Altrock:
Schädlinge im Trau im Sport", 3-11 Uhr abends: Orchesterabend.
abend. Dirigent: Otto Urack , fr. Kapellmeister an der Berliner Staatsoper. 1. Vorspiel und Intermezzo aus der Oper„ Cavalleria rusticana ", von Mascagni . 2. Fantasie aus der Oper„ Manon ", von Massenet . 2. Zwei Sätze aus der zweiten L'Arlésienne- Suite"
von Bizet . Während der Pause: Dritte Bekanntgabe der neuesten Tagesnachrichten, Zeitansage, Wetterdienst, Sportnachrichten. 4. Fantasie aus„ Dreimäderlhaus", von Schubert. 5. a) Menuett, trotter", von Urack, c) Parademarsch der langen Kerle". 6. Suite von Boccherini , b) Nirwana", aus der Operette Mister Globeaus dem Ballett Coppélia", von Delibes . Das Orchester besteht aus Mitgliedern des Berliner Philharmonischen Orchesters.
Diese verstoßen gegen das Lotteriegefet und werden auch vom Standpunkt des unlauteren Wettbewerbes aus bekämpft. In allen Fällen schreitet die Kriminalpolizei gegen diese neuen unbei ber Inſpettion 10, in der Georgenkirchstraße, Auskunft holen. erlaubten Methoden ohne Nachsicht ein. Unfundige Geschäftsleute fönnen sich über diese Dinge bei Kriminaltommiffar Seiffert Geschädigte können sich dort ebenfalls melden.
Raufmann Mar Reichert, Potsdamer Straße 79, wohnhafte 64 Jahre Unaufgeklärter Tod eines ruffifchen Emigranten. Der bei dem alte russische Reichsbankbeamte Alexander Petroff wurde Sonntag mittag röchelnd und bewußtlos aufgefunden. Der herbeigeholle Arzt ftellte feft, daß ihm eine Morphiumsprige in den rechten Arm beigebracht war. Trog der ärztlichen Bemühungen perstarb P. gegen 9 Uhr abends. Allem Anschein nach liegt