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zielen. Erörtert wurde sodann vom Gericht die Frage des fo genannten Dispositionsfonds", der, wie Karl Rahardt felbst zugab, ihm vom Aufsichtsrat der Hauptstelle zur Verfügung ge= stellt worden war, um notleidende Handwerker zu unterstüßen. Es wird Rahardt zur Last gelegt, daß er auch diese Gelder seinem Sohne Erich nach Danzig überwiesen habe. Der Angeklagte Karl Rahradt behauptet, baß er die Geldzahlungen an notleidende Handwerker zunächst aus der eigenen Tasche verauslagt habe. Wenn er seinem Sohne Gelder aus dem Dispositionsfonds überwiesen habe, fo jei es in rechnungsmäßiger Verrechnung feiner Ersatzansprüche geschehen. Die weiteren Berhandlungen drehten sich darum, auf­zuklären, was bisher immer noch nicht gelungen ist, aus welchen Quellen die von Karl Rahardt nach Danzig an seinen Sohn ge­leisteten Zahlungen herrühren, ob aus dem Kredit der Dresdner Bank oder aus Vorschüssen der Wirtschaftsstellen des Handwerks oder cus dem Vermögen der Hauptstelle. Die Verhandlungen werden am Donnerstag fortgeseht werden.

Der Tanz um die Steuer.

Das Celly- de- Rheidt - Ballett und das Finanzamt. Ein grober Fall von Steuerhinterziehung unterlag dem Schöffengericht Mitte zur Aburteilung. Angeflagt waren der bisherige Leiter des Celly- de- Rheidt Balletts, Ober­leutnant a. D. Seweloh, der jetzt mit seiner Ehefrau, der Tänzerin Celly de Rheidt , in Scheidung lebt und ein gleich namiges Ronkurrenzunternehmen veranstaltete.

Seweloh wird beschuldigt, seit Jahren seinen Steuer. verpflichtungen aus dem Wege gegangen zu sein, er foll weder zum Reichsnotopfer noch zur Zwangsanleihe und zu allen anderen Steuerauflagen Zahlungen geleistet haben. Auch alle Ver­mögenssteuererklärungen hat er troß wiederholter Aufforderung un­beantwortet gelassen. Die Steuerbehörde sah sich infolgedessen zu einer Einschägung gezwungen, aber auch dann hat der Angeflagte nicht gezahlt, und es mußten mehrfach Vollstreckungsversuche imiernommen werden, die aber ergebnislos blieben. Staatsanwalt jchaftsrat Dr. Berliner vertrat die Ansicht, daß das Celly- de­Rheidt- Ballett von 1919 ab große Reingewinne gehabt habe, denen das Ehepaar Seweloh habe auf größtem Fuße gelebt, immer in den ersten Hotels gewohnt und großen Lurus getrieben. Der Angeklagte habe jetzt noch eine Steuerschuld von 2300 Goldmart. Gegen eine derartig lage Auffassung der staats­bürgerlichen Pflichten müsse einmal ein Erempel ftatuiert werden. Hier liege eine Rücksichtslosigkeit ohne gleichen vor. Er beantrage, gegen Seweloh auf eine Strafe von 18 000 Goldmark zu erkennen, an deren Stelle bei Nichtzahlung für je 100 m. ein Tag Gefängnis zu treten habe. Damit das Urteil abschreckend wirke, be­antrage er auch dessen Beröffentlichung in den Tageszeitungen und au den Anschlagfäulen. Ein Vertreter des Finanzamtes bezeichnete den Fall Seweloh als einen der trasfesten Fälle der Steuerhinterziehung. Der Angeklagte habe ein sehr hohes Einkommen gehabt und feine Steuern gezahlt. Bezeichnend für seine Steuerscheu sei es, daß die Gemeinde sogar die Lustbarkeits­steuer an der Kasse pfänden mußte. Der Angeklagte Semeloh bestritt, daß er ein hohes Einkommen gehabt habe und einen besonderen Aufwand getrieben habe. Der Lurus salle allein zu Lasten seiner Chefrau, von der er sich jetzt auch deshalb getrenni Labe. In deren Händen feien alle Einnahmen verflossen. Das Schöffengericht unter Borsiz von Landgerichtsdirektor ein gel tam zu der Ansicht, daß der Angeklagte absichtlich und zu seinem Vorteil gehandelt habe. Es liege eine grobe Steuerhinterziehung vor. Seweloh wurde wegen Steuerhinterziehung in neun Fällen zu einer Gesamtstrafe von 5400 Goldmark bzw. für je 100 Mt. zu einem Tag Gefängnis bei nicht Beis treibung der Strafe verurteilt. Das Gericht beschloß. auch die öffentliche Bekanntmachung des Urteils über lich jedoch die Art der Ausführung dieser Veröffentlichung den

Finanzbehörden.

Handschuh und Stock.

Wie sich in erleuchteten Häuptern der Behörde die von Staats­

wegen gepredigte Spariamfeit auswirkt, zeigt folgender Bor­

gang:

Ein Kriegsbeschädigter, mit 70 Broz. Erwerbsver­minderung anerkannt, beantragt im Winter die Gewährung von Winterhandschuhen. Die Versorgungsstelle teilt mit, daß der Facharzt nach Untersuchung den Anspruch für ungerechtfertigt hält, da der Beschädigte nicht auf den Gebrauch von zwei den"(?) angewiesen fei. Zunächst blieb rätselhaft, wie der Facharzt bei der Frau des Beschädigten, die den Antrag gestellt hai, durch Untersuchung feststellte, daß der Ehemann nicht auf den Gebrauch von zwei Stöcken angewiesen sei. Auf Grund der Ab­lehnung wurde das Berufungsgerichtsverfahren eingeleitet. Der Termin, der über Winterhandschuhe zu befinden hatte, fand im Sommermonat Juni statt. Hier erklärte der anwesende Gerichts­arzt den Anspruch für gerechtfertigt. Das Streitobjekt be­trägt im Höchftfalle 3,50 M. Das Verfahren einschließlich des zu­gezogenen Gerichtsarztes toftet soviel, daß der Kläger über 10 Winter hinaus mit Winterhandschuhen hätte versorgt werden tönnen. Aber nicht genug damit, das Urteil ergeht dahin, daß der Termin vertagt wurde, es soll Beweis erhoben werden beim Arbeitgeber, ob der Kläger im Winter auf den Gebrauch von zwei Stöden angewiesen ist.

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Der Mann friegt also vielleicht ordnungsgemäß seine Winter handschuhe im August, in welchem Monat man bekanntlich in unserem Klima die Fäustlinge am nötigsten braucht. Die Frage nach den Stöcken scheint mit den Handschuhen wohl insoweit zu­jammenzuhängen, als der Mann, wenn er nur einen Stod trägt,

auch nur einen Handschuh braucht.

Also, wenn schon gespart wird, dann aber richtig.

Vom städtischen Fleischverkauf.

Uns wird geschrieben: Die städtischen Fleischverkaufsstellen wurden bestimmungsgemäß errichtet, um preisregulierend zu wirken. Preisregulierend wirken, heißt aber auch, sich der Konjunktur anpassen. Zur Zeit der neuen Gemüse wird nur in geringem Umfange Rindfleisch verlangt, in der Hauptfache Hammelfleisch. Trotzdem die Kundschaft an den städtischen Fleischständen ständig Hammelfleisch verlangt und die Fleischver­fäufer bei der städtischen Fleischstelle schon darauf hingewiesen haben, fann man sich dort zu einer Umstellung nicht bequemen. Der Er­folg" ist der, daß man sich sein Rindfleisch dort holt, wo man sein Hammelfleisch erhält, auch wenn man für das Rindfleisch schließlich mehr bezahlen muß, wie bei der Stadt. Es wäre Zeit, daß sich die Städtische Fleischstelle mehr nach den Bedürfnissen der Ver­braucher richtete, wie nach bureaukratischen Gepflogenheiten: Nur immer recht gemütlich bei der altbewährten" Sache bleiben. So was erspart wenigstens Aufregung. Man scheint bei der städtischen Fleisch­stelle der Auffassung zu sein, die Verbraucher seien ihrethalben da."

Briefzensur auf eigene Fauft.

Durch Trunksucht ist ein Postbote T. aus der Beusselstraße zum Verbrecher geworden. Er war auf dem Postamt 87 beschäftigt und hatte in dem Bezirk Tile- Wardenberg- Straße- Hansaufer Briefe u. a. auszutragen. In den vergangenen drei Monaten war es aufgefallen, daß aus diesem Bestellbezirk sich die Reklamationen häuften. Es wurde eine verschärfte Kontrolle eingerichtet und bald entdeckte man in T. den Ungetreuen. Die Briefe, die ihm zum Austragen anvertraut wurden, untersuchte er teilweise auf ihren Inhalt. Die Briefe schloß er dann wieder und lieferte sie ab oder er vernichtete fie und fälschte die Unterschriften, wenn es eingeschriebene Briefe ivaren. Echecks, die er dabei gefunden hatte, gab er dann in Lokalen in Zahlung, ohne sie vorher gerieren zu lassen. Die Gastwirte gaben

sie auch wieder so weiter, und so fand die Kriminalpolizei die Schecks schon in dritter oder vierter Hand. Daher ist es auch sehr schwierig, den ganzen Umfang der Betrügereien festzustellen. Geschädigte aus dem genannten Bestellbezirk können sich bei der Kriminalpostdienst­stelle oder bei dem zuständigen Referenten Postrat Harder in der Königstr. 61 melden.

Ein Mördertrio.

Die Raubmorde bei Landsberg a. W. vor dem Schwurgericht. Heute beginnt vor dem Schwurgericht in Landsberg a. W. die Verhandlung gegen ein Berliner Raubmördertrio, deffen Bluttaten in den Jahren 1920/21 die Umgebung von Lands­ berg a. W. lange Zeit in Aufregung und Schrecken hielten. Eine Räuberbande hatte die Landorte schon seit langem unsicher gemacht und die Einwohnerschaft hatte Sicherungsmaßnahmen gegen lleber fälle getroffen. Trotzdem wurde im April 1920 das Haus des als reich geltenden Viehhändlers Heese in Bürgerbruch der Schauplatz einer entseglichen Bluttat. Als Heese am 28. April mit seinen Töchtern im Schlaf lag, wurde er durch ein Geräusch emporgeschreckt, und es standen drei Männer mit Masten vor den Gesichtern vor ihm. Zwei von ihnen hatten geladene Pistolen in der Hand und der dritte einen Dolch und einen Strid. Sie verlangten drohend von Heese sein Geld. Als Heefe nach einer Eisenstange greifen wollte, wurde er durch einen Revolverschuß zu Boden gestreckt und war jo fort tot. Die Töchter wurden durch Drohungen am Schreien gehindert. Die Räuber durchwühlten die ganze Wohnung, fanden aber nur sehr wenig, worauf sie flüchteten. Kaum hatte sich die Aufregung über diese Mordtat etwas gelegt, als in nächster Nähe schon wieder eine neue Bluttat verübt wurde, diesmal ein doppelter Frauenmord. Auf der Landstraße wurde die Frau und die Schwester des Besizers Kuchra, die ein Fuhrwerk benußten, als Leichen auf dem Gefährt aufgefunden. Die beiden Frauen waren von hinten durch Schüsse getötet, beraubt und auch geschändet wor den. Lange Zeit war es nicht möglich, den Tätern auf die Spur zu fommen, bis ein Zufall der Kriminalpolizei zu Hilfe tam. Der in der Kopenhagener Straße in Berlin wohnhafte Arbeiter Richard Glanz hatte einem Trödler einen alten Anzug verkauft. Hinterher fand der Trödler in einer Tasche des Anzuges einen Bettel der Ehefrau des G., in dem diese ihm drohte, daß fie Schluß machen werde, wenn er sie weiter so schlecht behandele, er selbst würde dann aber einen Kopf fürzer gemacht werden, weil sie seine Verbrechen vorher zur Anzeige bringen würde. Durch die Beobachtung des Glanz wurde festgestellt, daß er im engen Verkehr mit dem 25 Jahre alten Diener Willi Soost stand und daß beide zur Zeit der Bluttaten häufig nach Landsberg zum Zweck des Schleichhandels gefahren waren. Als der dritte im Bunde wurde dann der 21jährige aus Preg stammende Arbeiter Richard Schulz aus der Adolfstraße in Reinidendorf- Ost ermittelt und festgenommen. Gegen Schulz besteht auch der Verdacht, daß er im Jahre 1919 in der Tschechoslowakei einen Gendarmen ermordet hat, jedoch sind hierüber die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen. Es besteht weiter der Verdacht, daß die drei Verbrecher auch die Hand im Spiele haben bei dem Raumord an dem Invaliden Schrödter, der um dieselbe Zeit in Zanzin bei Landsberg ermordet wurde. Wegen diefer Mordtat ist bereits der Besizerssohn Peschke zum Tode verurteilt woren. Es besteht jedoch der dringende Berdacht, daß auch die jetzigen Angeklagten an dieser Tat nicht unbeteiligt find. Glanz, Sooft und Schulz haben sich jetzt wegen dreifachen Raub mordes vor den Geschworenen zu verantworten.

Eine Gaunerin.

Sie versteht es, gut zu leben.

Eine der geriebenften Schwindlerinnen, die die Kriminalchronit fennt, ist nach sechswöchiger freiwilliger Pause, die sie auf anderer Leute Kosten zu ihrer Erholung benutte, mit einem alten Trid wieder eifrig an der Arbeit. Eine 40jährige frühere Maschinen­schreiberin Rosa Zaremba, die fertig englisch und französisch spricht, treibt seit Jahr und Tag unter den verschiedensten Namen mit Erfolg Schwindeleien. Ihre 15 Jahre alte Tochter Edith, die fie so fleidet, daß sie wie ein zehnjähriges Kind aussieht, hat sie darauf abgerichtet, daß sie die Mutter durch scheinbar findliche 3wischenbemerkungen sehr gefchickt unterstützt.

Die Gaunerin erzählt überall wo sie auftritt, daß ihr im Eisen­bahnzug die Handtasche mit ihrer Barschaft gestohlen worden sei, bittet gegen Berpfändung von Schmucksachen, die sich später als wert los erweisen, um ein Darlehen, um weiterreifen zu fönnen. Nach dem sie eine Anzahl von Städten mit ihren Schwindeleien beglückt" hatte, lebte sie in einem ostpreußischen Städtchen mit ihrer Tochter unter dem Namen einer Frau Radday", die aus Polen ver­trieben worden sei. Der vermeintliche Flüchtling wurde von einer Wohlfahrtsstelle freundlichst aufgenommen, erhielt eine erhebliche Unterſtüßung in barem Gelde und konnte davon einweilen forgenlos leben. Nach Verbrauch des Geldes begann die Schwindlerin von neuem ihr altes Treiben. In Stettin trat fie als Frau Senator Petersen aus Hamburg " auf und erhielt auf diesen be­tannten Namen hin das erbetene Darlehen ohne weiteres, auch ohne Unterpfand. In Hamburg spielte sie die Frau eines Rechtsanwaltes aus Berlin . In Hamburg oder irgendwo anders muß sie nun die Verhältnisse und die Verbindungen der Firma Mir und Lyk n Danzig so genau ausgefundschaftet haben, daß sie jetzt diese Kenntnisse für ihre Schwindeleien ausbeuten kann. Sie erschien vor einigen Tagen in einer großen Lebensmittelfabrik im Südosten Berlins als Frau Direttor nt geborene Lauten: berger" aus Danzig . Sie berief sich darauf, daß ihr Mann einen der Direktoren des Betriebes in Bad Flinsburg kennen gelernt habe und bat, da sie augenblicklich in Geldverlegenheit sei, um ein Dar­lehen. Eine filberne" Uhr wurde zwar als unecht erkannt, aber trotzdem in Pfand genommen, weil man annahm, daß die Frau Direktor selbst nicht wisse, daß sie unecht sei. Die durchtriebene Schwindlerin war vor Jahren schon einmal festgenommen, spielte aber folange ein Magenleiden vor, bis sie als haftunfähig ent­lassen wurde. Seitdem wird sie vergeblich gesucht. Mitteilungen, die dazu dienen können, sie endlich unschädlich zu machen, nimmt Kriminalfommiffar Brebed im Polizeipräsidium entgegen.

Bezirtsbildungsausschuß. Karten für das Deutsche Obernbaus ( gute Pläße zu mäßigen Breisen) Sonnabend, den 28. Carmen", Sonntag, den 29. Juni: Die Zauberflöte ". Letzte Borstellungen in dieser Spielzeit. Im Bureau des Bezirksbildungsausschusses, Lindenstraße 3, 2. Hof, 2 r.

Das Rundfunkprogramm.

Mittwoch, den 25. Juni.

Tageseinteilung. Vormittags 10 Uhr: Nachrichtendienst. Be­kanntgabe der Kleinhandelspreise der wichtigsten Lebensmittel in der Zentralmarkthalle. Nachm. 12.15 Uhr: Vorbörse. Nachm. 12.55 Uhr: Uebermittelung des Zeitzeichens. Nachm. 1.05 Uhr: Nachrichtendienst. Nachm. 2.15 Uhr: Börsenbericht.

5.30-7 Uhr abends: Unterhaltungsmusik( Berliner Funkkapelle). 7.30 Uhr abends: Vortrag der Frau Ida Orloff : Unwahrschein­liche Geschichten" 8 Uhr abends: Vortrag des Herrn Dr. Boelitz, Preuß. Kultusminister. 9-11 Uhr abends: Blasorchester. Dirigent: Kapellmeister Karl Witschach). 1. In Reih und Glied, Marsch( K. Woitschach). 2. Ouverture zu Zampa", von Herold. 3. Die Mühle in Schwarzwald ", Charakterstück, von Eilenberg . 4. Barcarole, Walzer über Themen aus Hoffmanns Erzählungen ". von O. Fetras . 5. Lindenmarsch, aus Drunter und Drüber", von W. Kollo. Während der Pause: Dritte Bekanntgabe der neuesten 6. Fantasie Tagesnachrichten, Zeitansage, Wetterdienst, Sportnachrichten. aus Margarete", von Ch. Gounod , 7. Hochzeits­ständchen, von Klose. 8. Ballsirenen, Walzer aus Die lustige Witwe", von Léhar 9. Am Meer, Lied, von Schubert. 10. Sol­datenblut, Marsch, von Fr. v. Blon.

Ermäßigung der städtischen Vergnügungssteuer.

Um die Beherbergungssteuer.

Nachdem vor einiger Zeit infolge der jetzigen schwierigen Wirts schaftslage der beteiligten Unternehmer die Vergnügungssteuer für die Sprechtheater und Lichtbildbühnen für die Sommermonate her. abgesetzt werden mußte, beschäftigte sich die städtische Finanz und Steuerdeputation erneut mit den Anträgen ber beteiligten Organisationen auf Ermäßigung der Vergnügungssteuer für Barietés, Kabaretts, Kaffeehaus- und Gartenkonzerte, Tanzver­anstaltungen usw. Vertreter des Varieté- Direktorenverbandes, der Lokalkommission und des Vereins der Saalbefizer trugen der De­putation persönlich ihre Wünsche vor. Die allgemeine Wirtschafts­lage hat einen geringeren Besuch der Vergnügungsstätten aller Art und auch eine Einschränkung des einzelnen im Konsum zur Folge, so daß die städtische Vergnügungssteuer jezt besonders drückend wirkt. Dazu kämen aber noch die unerhört hohen Ver= waltungsgebühren, die auf Grund der Gebührenordnung des Ministers des Innern von den Polizeiämtern für die Genehmi­gung der einzelnen Veranstaltungen erhoben werden, und die oft weit über die städtische Vergnügungssteuer hinausgingen. Nach ein­gehenden Verhandlungen hat die Deputation einer Herabsehung der Steuersäge für die Sommermonate zugestimmt, und zwar für die Varietétheater mit fester Bestuhlung von 20 auf 10 Proz. der Bruttoeinnahme, für Barietés und Kabaretts mit Konfum von 30 bzw. 33% Broz. auf 20 Proz., jedoch unter Bei­behaltung der bisherigen Mindeststeuersätze. Für die Wein­tabaretts und Lurustanzstätten wurden die Mindeſt­steuersätze für die Ablösung der Raumsteuer von 1 bis 2,50 W. auf 30 Pf. bis 1 M. ermäßigt. Bei Kaffeehaus und Garten­Ponzerten, öffentlichen Tanzperanstaltungen und Vereinsfestlich­feiten wurde zwar der jetzige Steuersatz von 20 Proz. beibehalten, jedoch zugestimmt, daß es bei den augenblicklich noch geltenden Mindeststeuersätzen von 5 Pf. vorläufig verbleibt und daß die höheren Mindestfäße nach dem neuen Nachtrage der Bergüngungs­steuerordnung erst in Kraft gesetzt werden, nachdem die Deputation über den Zeitpunkt Beschluß gefaßt hat.

Im Anschluß wurden die Vertreter der Organisationen der Berliner Hotels und der Fremdenheime zur Frage der Beher­bergungssteuer gehört. Sie beantragten eine völlige Beseitigung der Beherbergungssteuer. Die Deputation beschloß für die Sommer­monate eine Ermäßigung der Beherbergungssteuer eintreten zu lassen. Da über die Höhe der Ermäßigung eine Eini­gung nicht erzielt werden konnte, wird der Magistrat in seiner nächsten Sitzung endgültig über die Frage entscheiden.

Schlafwagen- Ersatz.

Für Fremdwörter hat der Deutsche ja bekanntlich immer eine große Vorliebe gehabt, namentlich aber standen sie seit jeher hoch im Kurs bei denjenigen, auf die das bekannte und boshafte Wort paßi: Man foll Fremdwörter vermeiden, weil man nie wissen fann, was fie bedeuten". Kein Wunder also, daß eine Berliner Gesellschaft ebenfalls ein Fremdmort, und noch ein spanisches dazu, als Aus­hängeschild für ihr Unternehmen gewählt hat. Auf den Berliner Fernbahnhöfen fann man seit einiger Zeit neben der roten Müze des diensttuenden Stationsbeamten und den schwarzen Mühen der anderen Eisenbahnbeamten und Arbeiter furz vor Ankunft oder Abfahrt eines Fernzuges in den Abendstunden große grüne Mühen sehen, die hoch sind wie die Töpfe. Sie ſizen auf den Köpfen der jungen Menschen, die Angestellte der oben erwähnten Gesellschaft sind und die auf großen vierrädrigen Wagen tadellos weiß be­80gene Ropftissen den Reisenden anbieten, die sehr praktisch find und eine Nachtfahrt auf dem harten Holz der Wagen dritter Klaffe behaglicher und bequemer gestalten. Diese Kissen werden gegen mäßige Gebühren und Pfard verliehen und nach Beendigung der Fahrt wieder abverlangt, und die Reisenden, die sich feinei: Schlafwagen leisten können, machen viel Gebrauch von dieser prak­tischen Einrichtung. Die Gesellschaft aber, die diese schönen Sachen erfunden hat, benamst ihre Institution mit dem spanischen Fremdwort Siesta. Diefes Wort bedeutet nun allerdings Mittagsruhe, aber so genau fommt es ja nicht darauf an. Für die jungen Menschen mit den hohen grünen Müßen freilich hat es so feine Gefahren. Sie rufen nämlich, um die Reisenden aufmerksam zu machen und sie zum Gebrauch zu veranlassen, ihre Kopfkissen aus, und dabei rufen sie stolz: Sifta gefällig! Gifta gefällig!" Manchmal jedoch ist einer dieser Jünglinge durchaus auf der Höhe, er hat das e hinter dem i int Wort wohl bemerkt und spricht, menn er das Wort ausruft, das i Und die Reisenden haben sich pflichtschuldigft lang und gedehnt. ebenfalls bereits an diese Aussproche gewöhnt und verlangen eine Gifta.

Häuser aus Sand und Schlacke.

Die Ambiwerte hatten gestern die Berliner Preffe zur Besichti­gung von fertigen und halbfertigen Siedlungshäusern nach Johannis­ thal geladen. Zwölf freundliche 3 weifamlienhäuser sind dort nach der Ambibauweise errichtet. Die Bewohner behaupten, daß fie fich hier sehr wohl fühlen. Eine Zentralheizung, die mitten in der Siedlung steht, versorgt im Winter sämtliche Wohnräume mit Wärme und gestattet mit einem täglichen Brennstoffverbrauch von 15 bis 18 Zentnern auszufommen. Wer glücklicher Besizer eines Baugeländes ist, kann bei Anwendung der Ambibauweise aus dem sondigen Boden der Mark seinen eigenen Baustoff gewinnen. Der feine Sand wird mit Schlade vermischt, mit 3ement ge­bunden und das Ganze mit Wasser vermengt. Dieses Gemisch Eine einzelne wird in eiserne Winkelformen hineingestampft. Formenreihe bringt nach jedem Stampfgang 30 Winkelsteine. Die Formen können natürlich immer wieder von neuem benutzt werden. zwei Mann fönnen täglich etwa 360 Steine, die für 27 Quadratmeter Fläche ausreichen, herstellen. 200 Quadratmeter Steine werden für ein mittleres Siedlungshaus gebraucht, so daß der zu einem Hause gehörige Baustoff in etwa 7 Tagen hergestellt ist. Die Steine bleiben zunächst zwei Tage auf der Holzunterlage, auf der sie gestampft werden, liegen. Dann werden sie noch weitere 14 Tage lang an anderer Stelle aufgestapelt und sind dann für den Bau brauchbar. Die Ambibauwand wird nun aus diesen Winkel­steinen, die 5 Zentimeter Stärke haben, in der Weise hergestellt, daß zwischen der äußeren und der inneren Wand ein Zwischenraum bleibt, der mit Schladenzement ausgefüllt wird, so daß jede Wand eine Gesamtstärke von 23 bis 30 Zentimeter hat. Infolge dieser Schlacken­fütterung ist die Heizung leicht zu bewerkstelligen. Bemerkenswert ist, daß die Winkelformen von den Werken nicht nur verkauft, sondern auch verliehen werden. Ein Rundgang durch die Ambimerfe, die sich mit ihren verschiedenen Abteilungen auf dem Gelände des Flugplakes Johannisthal, der den Werken gehört, befindet, schloß die Presse. führung.

Das endgültige Ergebnis der Elternbeiratswahlen.

Bon den Elternbeiratswahlen an den Groß- Berliner Schulen liegt nunmehr das endgültige Ergebnis vor. Danach sind gewählt: 4197 Bertreter der chriftlich unpolitischen" iste, 884 der Liste Schulaufbau", 166 der kommunistischen und 1 Vertreter der Lehrervereinsliste. Nicht mitgerechnet sind hierbei die Ergebnisse in 60 fatholischen Lehranstalten und an 20 weltlichen Sammelschulen.

Kinobrand. Aus unbekannten Gründen brach im Borführungs­raum des Kinos in der Weichselstraße 26 Feuer aus. Die Lichten­berger und die Berliner Wehr war in turzer Zeit zur Stelle, brauchte aber nicht in Tätigkeit zu treten, da dos Feuer inzwischen Don Angestellten gelöscht werden konnte. Die Räumung des Kinos vollzog sich ohne 3 wischenfälle. Der Borführungs­raum brannte aus. Der Vorführer Augsburg erlitt Brand wunden am linken Unterarm.