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Deutsch - französische Kundgebung in Mainz .

Mainz , 8. Juli. ( WTB.) Am kommenden Sonntag findet eine von der Internationalen Liga für Menschenrechte einberufene deutsch französische Friedenstundgebung in Mainz statt. Als Redner haben zugesagt Ferdinand Bouisson, der Präsident der französischen Liga für Menschenrechte, Grumbach, Redakteur des Quotidien", sowie Professor Dr. Streder Jena und Reichstagsabgeordneter Dr. Breitscheid Berlin . Dem Aufruf zu dieser Kundgebung haben sich angeschlossen die Demo­fratische Partei, die Sozialdemokratische Partei und die Gewerk­schaftsorganisationen der Arbeiter, Angestellten und Beamten sowie die unter den Zivilfranzosen in Mainz , Wiesbaden und Koblenz bestehenden Ortsgruppen der französischen Liga für Menschenrechte.

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Sozialhygiene und Wohlfahrtspflege.

Sozialdemokratische Anträge im Landtag.

Die

Der Hauptausschuß des Landtages beriet am Mon­tag und Dienstag den Etat des Wohlfahrtsministeriums. fozialdemokratischen Vertreter forderten die Finanzierung von 120 000 Kleinwohnungen pro Jahr zur Behebung der Woh­nungsnot, fanden aber mit ihrem Vorschlag bei den bürgerlichen Barteien feine Gegenliebe. Die Wohnungsbautätigkeit 1924, deren Finanzierung hauptsächlich aus dem Aufkommen der Hauszins steuer erfolgt, ist bisher noch gar nicht in Gang gekommen. Ein fozialdemokratischer Antrag forderte deshalb, im Borgriff auf das Aufkommen aus der Hauszinssteuer 50 millionen Goldmark als Baukredit den Kreisen, Gemeinden und gemeinnützigen Wohnungsbauunternehmen zur Verfügung zu stellen. Umsonst, der Antrag wurde abgelehnt. Angenommen wird ein fozialdemo­fratischer Antrag der Forderung auf Vorlegung eines Gefeßent. wurfes, der den Bauarbeiterschuß für Preußen gefeß­lich regeln und den Abbau dieses Schuhes verhindern soll.

Viel umstritten war das Kapitel der Jugendwohlfahrt. Syier wünschten unsere Genossen einen Verteilungsplan über die für die Jugendwohlfahrt( Jugendpflege) ausgeworfenen Mittel. Die Berteilung der Mittel erfolgt, einer sozialdemokratischen Forderung zufolge, nach Anhörung der örtlichen Jugendämter. Die Ver. teilung durch diese örtlichen Jugendämter, wie sie unsere Ge­noffen zuerst verlangten, wurde abgelehnt. Ebenso wurde abge= lehnt ein sozialdemokratischer Antrag, daß nach dem§ 2 des Reichs­jugendwohlfahrtsgefeges die Jugendpflege ein Teil der Jugend wohlfahrt sei und den Jugendwohlfahrtsbehörden unterstellt werden soll, besondere Ausschüsse mit besonderen Mitteln dagegen nicht ge­bildet werden dürfen.

Antrag, nach dem alle Fürsorgezöglinge, besonders auch Durchbrücken konnten die sozialdemokratischen Vertreter einen die weiblichen, eine Berufsausbildung nach den Grundfäßen der Berufsberatung erhalten. Die Prügelftrafe in den Fürsorge anstalten bleibt zunächst bestehen. Der Hauptausschuß verhält sich leider auch ablehnend gegenüber einem wichtigen sozialdemokratischen Antrag, der forderte, daß den Fürsorgezöglingen neben der An= staltsvormundschaft eine Gegenvormundschaft ge­stellt wird.

Eine Verstärkung der Mittel für die Fürsorgeaufgaben für Kriegsbeschädigte und Kriegshinterbliebene, wie fie die Sozialdemokraten forderten, wurde abgelehnt. Ebenso wurde abgelehnt die Sozialisierung der ärztlichen Heiltätigkeit, ferner die Forderung, daß bei Eingehen einer Ehe ein ärztliches Gesundheits­attest den Standesamtspapieren beigefügt werden soll. Angenommen werden die sozialdemokratischen Anträge auf Vorlegung eines 3rrengesetes und eines Gesetzes zur Befämpfung der Ge fchlechtstrantheiten. Ein sozialdemokratischer Antrag auf Erhöhung der Beihilfen zur Förderung der Schulzahnpflege auf 100 000 Mart wird abgelehnt. Angenommen wird die sozial­demokratische Forderung auf schärfere Prüfung der Zahntechniker und auf Zulassung von nur geprüften Zahntechnikern zu den Krantentassen.

Für den sozialdemokratischen Vorschlag auf Schaffung von Serualberatungsstellen tonnte sich die bürgerliche Mehr heit des Hauptausschusses nicht erwärmen.

Der Aeltestenrat des Reichstags ist auf Donnerstag, den 10. Juli, nachm. 5 Uhr, einberufen worden. Gegenstand feiner Verhandlungen soll die Beschwerde der Kommunistischen Fraktion über die Haussuchung in den Räumlichkeiten der Fraktion im Reichstag sein.

Eheverbot für junge Mediziner. Nach einem Beschluß des Professorenkollegiums der tschechischen medizinischen Fakultät in Prag hat jeder Assistent vor seiner Ernennung dem Vorstand der Klinik einen Revers auszustellen, daß er in absehbarer Zeit nicht in den Eheftand trete. Die junge Aerztegeneration sieht in diesem Beschluß der medizinischen Fakultät eine Einschränkung der perfön­lichen Freiheit. Sie hat von der Leitung der Klinit in energischer Weise eine Aufhebung dieses Eheverbotes verlangt. Wettkampf zwischen Rechner und Rechenmaschine. Ein neu artiger Wettbewerb fand kürzlich in Paris statt. Es handelte sich um den berühmten italienischen Rechenfünſtler Inaudi, der feit zwanzig Jahren durch seine Rechenfünfte die Besucher seiner Bor. stellungen in Staunen und Bewunderung versezte. Denn Inaudi löft in einem Augenblick die verwickeltsten mathematischen Aufgaben. Seit aber die Rechenmaschinen erfunden wurden, war er mit seinen Künsten in den Hintergrund getreten, eine Vernachlässigung, für die er jegt glänzende Revanche genommen hat. Brofeffor Maurice ' Dragne von der Bariſer Technischen Hochschule war es, der bie Anregung zu einem Wettbewerb zwischen Inaudi und den Rechen maschinen gab, ein Kampf, der fürzlich in Paris zum Austrag gebracht wurde. Inaudi stand einem Duhend der besten Rechen­maschinen gegenüber. Bei den ersten Uebungen, die sich auf die Grundspezis des Rechnens: Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division bezogen, behauptete Inaudi mühelos den Borrang. Als es dann an das Ausziehen von Quadrat- und Kubikwurzeln ging, verfor er etwas an Boden, den er aber in der Schlußrunde, als es sich darum handelte, komplizierte Probleme der Mathematit zu lösen, rasch wieder einholte. Die Maschinen schwiegen hier, und das menschliche Hirn fonnte leicht über sie triumphieren.

Die Telephonnummer als Telegrammadreffe. Die italienische Boftverwaltung hat beschlossen, von jetzt ab für ganz Italien als Telegrammadresse Name und Telephonnummer der einzelnen Tele­phonteilnehmer zu verwenden. Die erste Idee zu dieser praktischen Handhabung ist von dem Budapester Impresario Charles Müller por 10 Jahren ausgegangen. Diefer, der durch seine langjährige Impresariotätigkeit sich ein großes Vermögen erspart hatte, hat im Laufe von wenigen Monaten sein gesamtes Vermögen in Reflamen für feine Idee, statt der foftspieligen Telegrammabreffe bloß die Telephonnummer anzugeben, verpufft. Er ließ sich diese Idee paten tieren und wollte dann ein Universaltelephonadreßbuch herausgeben, bas aber niemals erschienen ist, da ihm zuvor das Geld ausging. Er ist vor wenigen Jahren in Armut gestorben.

Das Große Schauspielhaus beendet seine diesjährige Spielzeit am 15. Juli; es bleibt bis zum 20. August geschlossen. Vom 21. August an dient das Theater für die Uraufführung des biblischen Films Die zehn Bebote". Die Premierei der neuen großen Revue ift für Anfang Oktober feitgefest 1925 wird das Große Schauspielhaus die Pflege der Operette Dr. Franz Boll , der ordentliche Professor für Maffische Philologie an der

wieder aufnehmen.

Universität Heidelberg , ist im Alter von 57 Jabren gestorben. In breiter Deffentlichkeit befannt geworden sind seine Versuche einer modernen platonischen Akademie. Er hat mit Studenten und älteren Schülern Ferien­reisen in den Schwarzwald unternommen und dort mit ihnen Blato ges Zefen. Seine Schriften über aftrologische und astronomische Probleme der Antike sind auch im Ausland bekannt.

Der Weg zum Frieden.

Breitscheid über die deutsch - französische Verständigung.

Ueber die deutsch - französische Verständigung, so führte er aus, ist scho viel gesprochen worden. Wir Sozialdemokraten, die wir den Standpunkt vertreten, daß sich alle Völker verständigen sollen, reden darum von der deutsch - französischen Verständigung, weil das Wort Lassalles noch heute gilt, das er 1859 verfündete: Bon dem guten Einverständnis der Deutschen und der Franzosen hängt alle Semokratische, clle kulturelle Entwicklung ab. Sie ist die Lebensfrage der gesamten europäischen Demokratie." Wir verstehen den Sinn diefes Ausspruches und die Notwendigkeit der deutsch = französischen Verständigung wesentlich besser als Lassalles Beitgenossen um 1859.

( Heiter­

fammeit, um ein Referat des kürzlich aus Frankreich zurückgekehrten noch nicht in Deutschland geschaffen, und man kann von dem fran­Die Berliner Funktionäre hatten sich gestern ver- jetzt sind die Gefeße, die das Sachverständigengutachten erfordert, Genoffen Breitscheid über die deutsch - französische zöfifchen Ministerpräsidenten nicht erwarten, daß er Sicherungen aus Berständigung" entgegenzunehmen. der Hand gibt, bevor Deutschland alles zur Durchführung des Sach verständigengutachtens getan hat. Bergessen wir nicht die Wider­stände: den Genat, der wohl links von Poincaré , aber rechts von Herriot steht, und dann die alten Beamten feit.) Bergeffen wir nicht die alte Diplomatie. Herriot wird er­fennen, daß es nicht genügt, die obersten Spizen der Regierung zu besetzen, um einen anderen Kurs zu steuern. Das zeigt auch der sogenannte 3wischenfall zwischen England und Frankreich anläßlich der Einladung zur Londoner Konferenz. Dann ist zu bedenken, daß die Mehrheit, auf die sich Herriot stüßt, sehr unsicher ist, und es flingt seltsam, wenn man erklärt, daß die einzige Partei, auf die er sich wirklich stützen kann, die Sozialisten sind, die nicht in der Regierung sind. Keine Gefahr aber ist für Herriot so groß wie die, daß der deutsche Nationalismus fiegen fönnte. Beugt sich die deutsche Regierung vor der Reaffion, so ist die Regierung Herriots ernsthaft gefährdet.

Die elfah- lothringische Frage

hat Jahrzehnte zwischen Deutschland und Frankreich gestanden. Es mag richtig sein, daß das Elsaß nach seiner Abstammung deutsch sei. Doch dürfen wir nicht verkennen, daß dieses Volt in seiner Mehrheit dem französischen Staat verbunden sein wollte. Wir dürfen hierbei nie vergessen, daß deutsche Fürften es waren, die die Auslieferung des Elsaß an Ludwig XVI. förderten und daß zu diesen deutschen Fürsten auch jener Kurfürst gehörte, den man in den Geschichts­büchern den Großen" nennt. Andererseits ist aber dieses elfäffische Bolt der größte Freund der deutsch - französischen Verständigung. Das ist begreiflich. Die deutsche Staatskunft hat es meisterhaft verstanden, das Berwachsen der elsässischen Bevölkerung zu ver­hindern.( Zustimmung.) Und wenn es Stimmen im Elsaß gab, die meinten, es müsse das Zusammenwachsen mit Deutschland möglich fein, so hat ein Jahr vor dem Kriege die 3abernaffäre dieje aufteimende Stimmung endgültig unterdrückt. Hinzu kam die maß­loſe Unterdrückung der Elsässer während des Krieges.

Es ist zu bedauern, daß in Elsaß- Lothringen teine Boltsab­ftimmung stattgefunden hat, die der Bevölkerung die Möglichkeit gab, ihre Staatszugehörigkeit selbst zu wählen. Bismard war begeisterter Republikaner, soweit Frankreich in Frage fam. Er glaubt, daß eine Republik immer innerlich und äußerlich schnach und daß eine Republik in Europa nicht bündnisfähig sein werde und daß insbesondere dadurch ein Bündnis Frankreichs mit Rußland verhindert würde, das Frankreich zur fegungen Bismards hat der Weltkrieg zerstört, der gezeigt hatte, Wiedererlangung Effaß- Lothringens verhelfen könnte. Diese Boraus. baß die Republik dennoch mit dem Zaren zu einer Berständigung tam

Alle Versuche, die Sozialisten hüben und drüben, dort insbe fondere der unvergeßliche Jean Jaurés , unternahmen, zwischen beiden Ländern Berständigung herbeizuführen, find fehlgeschlagen. In den Schulen wurde der Jugend als Grundsah beigebracht, daß ein Land der Erbfeind des anteren sei. So wurde jene Stimmung verbreitet, die den Kriegshegern in beiden Stimmung verbreitet, die den Kriegshegern in beiden Ländern genehm war.

Es erübrigt sich, jetzt über die Kriegsschuld zu reden. Wir wissen, daß Deutschland nicht allein schuldig am Kriege ist, aber wir wiffen auch, daß die damaligen deutschen Machthaber ein gerüttelt Maß von Schuld hatten. ( Lebhafte Zustimmung.) Man hat vergessen, daß vor 10 Jahren der deutsche Botschafter in Paris nicht nur die Neutralität Frant­reichs verlangte, sondern auch zur Sicherung dieser Neutralität die Befeßung der Festungen Toul und Verdun durch deutsche Truppen forderte. Das war für Frankreich natürlich unannehmbar. Während des Krieges wurde Frankreich bekanntlich nicht als Hauptgegner betrachtet, sondern vielmehr England. Die­selben Leute, die heute alles heil von England erhoffen, gingen Rheinland waren tiefe" Sympathien für Frankreich vorhanden. damals mit dem Gebet:" Gott strafe England" zu Bett. Im Die französische Bese hung hat es verstanden, diese Sympathien zu zerstören.

Wer wünscht, daß das Rheinland freu zu Deutschland halten foll, der muß für freiheitliche, wahrhaft demokratische Polifir in Deutschland eintreten.( Zustimmung.)

Als Poincaré am Ruder war, hat er so ziemlich alle Brücken abgebrochen, die zwischen beiden Ländern zu einer Ver­ständigung führen fonnten. Er trieb eine Politik voller Fehler, voller Irrtümer, ja wir fönnen fagen voller Verbrechen. Troh dem müssen wir zu verstehen versuchen. Man muß begreifen, daß die zerstörten Gebiete vor den Toren von Paris lagen. Man mag den Franzosen immer wieder sagen: die große Masse des deutschen Boltes will feinen Krieg. Immer wird auf die deutschen Tage, auf all den nationalistischen Rummel hingewiesen. Es ist sehr schwer, gegen diefe Auffassung anzufämpfen. Es ist sehr schwer, diese Auffassung einem Volfe von 40 Millionen beizubringen, das in ständiger Furcht vor einem Bolfe von 60 Millionen lebt, dessen Ge schichtsbücher immer den Kampf gegen Frankreich lehrten. Frankreich finnt immer darüber nach, wie es sich sichern tönne. Es weiß, daß es nur mit Hilfe der anderen gefiegt hatte und es weiß nicht, ob es die anderen wieder unterſtüßen werden. Poincaré gab das Rezept der Sicherungen. Wir haben in Deutschland immer nur die Meinung der französischen Kammer und das auf Verständigung mit wachsendem Einfluß hinarbeitete, hat der Boulevardpreffe vernommen. Das andere Frankreich , man in Deutschend zunächst nicht vernommen und darum waren fast alle überrascht, daß die Erfolge der Linten so große waren, frog­dem fie nach reaktionären Wahlen in Deutschland stattfanden. Die große Maffe in Frankreich hatte erkannt, daß die Polifik Poincarés die Gefahr a vergrößerte, fie erkannte, daß die Inter­nationale des Haffes, die Internationale der Nationalisten durch diese Polifit gefördert wurde,

Boincaré war zum Gehen genötigt. In der ersten Begeisterung glaubten die neuen Sieger vieles mit einem Male zu erreichen. Sie zwangen Miller and zum Geben, weil er sich über die ver­fassungsmäßigen Grenzer hinausgewagt hat. Es folgten Schlappen: Statt Painlevé wird Doumergue zum Präsidenten gewählt, der zwar fein ausgesprochener Linksmann, aber ein überzeugter Repus blikaner ist Die Sozialisten verzichteten auf einen Eintritt in die Regierung. Es wurde ein radikalsozialistisches Kabinett mit Unterstüßung der Sozialisten gebildet. Wir haben nach dieser Rich­tung einige Erfahrung.( Heiterkeit.) Wir wissen, daß es schwer ist, zu regieren, wir wissen aber auch, daß es noch schwerer ist, außer. halb der Regierung die Regierung zu stützen. Die franzöfi fchen Genossen werden bald genug auch ihre Er. fahrungen machen, sie haben sie schon gemacht.

Herriot war von vornherein entschlossen, mit der Politik Poincarés zu brechen. Annahme des Sachverständigengutachtens und die daraus erwachsenden Pflichten tennzeichnet seine Politik. Ein großer Teil der ausgewiesenen Ruhrbevölkerung ist zurückgekehrt. Unseren Nationalisten ist das sehr un­angenehm.

Die Nationalisten fun so, als ob nichts geschehen sei. Die Herren sehen ihre Felle wegschwimmen. Dieser Gesellschaft ist Rhein und Ruhr gar nichts weiter als Mittel für ihre Parteipolitif. Wenn auf irgend jemanden das Wort von den vaterlandslosen Gesellen bag, lo auf diese Geſellſchaft, die das Land tagaus; tagein verraten.

( Lebhafter Beifall.)

Wer behauptet, daß Herriot nichts anderes ist als Poincaré , der kennt ihn nicht oder er sagt bewußt die unwahrheit. Herriot ist der ehrlichste und offenste Politiker, dessen höchstes Ziel es ist. Frieden in Europa zu schaffen. Aber das geht nicht an einem Tage. auch er bat die Verhältnisse zu berücksichtigen. Bis

Um der Demokratie in Frankreich Bestand zu geben, müssen wir für den Bestand der Demokratie in Deutschland sorgen. Die Gefahr ist schon dann sehr groß, wenn es den Deutsch­nationalen gelänge, in die Regierung einzutreten. Wenn die Deutschnationalen für die Gefeße zur Ausführung des Sachverstän digengutachtens stimmen, ist es möglich, daß fie in die Regierung eintreten. Das ist eine zweifache Gefahr, denn außenpolitisch traut ihnen feiner, und innerpolitisch würde die große Masse des Boltes die Lasten zu tragen haben. Wir haben alles zu tun, um die Beteiligung der Deutsch nationalen an der Regie. rung zu verhindern. Es ist unsere Aufgabe, die Frage des Achtstundentages in irgendeiner Weise mit ber An­nahme des Sachverständigengutachtens zu verbinden. Die Zeit drängt. Wir dürfen die Frage des Achtstundentages nicht treiben lassen. Dann aber haben wir alles zu tun, um den Ein­tritt Deutschlands in den Völkerbund zu erreichen. Wir sind nicht am Ziel, aber wir sind unendlich viel weiter, als wir Dor einem halben Jahre auf dem Gebiete der internationalen Ver­ständigung waren. Wer das bestreitet, bekundet damit, daß ihm die Verständigung unangenehm ist, und daß er nicht anerkennen mag, herbeigeführt hat. daß die Politik der Sozialdemokratie diese Lage mit

Wie foll ist, mir zuzuschreiben, daß ich Nollet zum Kriegs­minister empfohlen hätte. Ich habe mit Herriot gesprochen als ein Privatmann und er hat mich angehört als Freund, als Mensch. Was wir gesprochen haben, fann jeder wissen, denn wir haben die Ruhrfrage und den Rüdtransport der Gefange­

nen und Ausgewiesenen behandelt.( Beifall.) Aber alles, was ein Sozialdemokrat für sein Bolf tut, erregt die Nationalisten. Genoffen, troß alledem dürfen wir nicht aufhören an der Verständigung zu arbeiten. Die Berständigung zwischen Deutschland und Frankreich ist ein Wert, das des Schweißes der Edelsten wert ist, sie ist ein Biel, für das wir Opfer bringen tönnen und Opfer bringen müffen, denn die Verständigung zwischen Deutschland und Frankreich ist eine der Vorausseßun­gen dafür, daß auch bei uns die Republit gestärkt wird und baß damit der Boden geschaffen wird, auf dem wir schließlich zum Sozialismus gelangen können.( Lebhafter, langanhaltener Beifall.) Einstimmig wurde beschlossen, auf eine Aussprache zu verzichten. Bor Eintritt in die Tagesordnung ehrte die Bersammlung das Andenten des verstorbenen Genossen Antrid durch Erheben von den Plägen und begrüßte es mit lebhaftem Beifall, daß der aus dem Buchthaus befreite Dichter Ernst Toller seinen Wohnsitz in Berlin nehmen wird.

Sozialpolitik und Wirtschaftslage.

Im Reichstagsausschuß für fozialpolitische Angelegenheiten fand am Dienstag die allgemeine Be­Sprechung der Anträge statt, die eine sofortige Erhöhung der Renten und Unterstützungen bezwecken. Alle Parteien wiederholten die schon im Plenum abgegebene Erklärung, daß trotz aller Not der Zeit die Sozialpolitik des Reiches weitergeführt werden muß. Abg. Dr. Moldenhauer( DBp.) warf aber die Frage auf, ob die wirtschaftliche Last unserer sozialpolitischen Leistungen noch weiter verstärkt werden könne. Die Kräfte unserer Wirtschaft seien gegen. wärtig aufs äußerste geschwächt. Damit müsse auch die Sozialpolitik rechnen. Die sozialdemokratischen Abgeordneten wandten sich entschieden gegen diese Auffassung, die die Ausgaben für die Sozialpolitit als eine tote Laft für die Wirtschaft betrachtet. Wahrheit sind die sozialpolitischen Aufwendungen, um die es sich hier handelt, das unerläßliche Mittel zur Erhaltung und Stärkung der Arbeitskraft: fie stüßen unsere Wirtschaft, und der Aufbau unserer Wirtschaft ist ohne genügende sozialpolitische Leistungen un­Der Reichsarbeitsminister Dr. Brauns denkbar. und der Ministerialdirektor Grießer schlossen sich im Gerade unsere gegenwärtige Zeit erfordere weitgehende sozialpolitische Leistungen, wesentlichen den Ausführungen Moldenhauers an. aber die ungünstigen Verhältnisse unserer Wirtschaft müßten hem­mend wirken. Die Deutsch nationalen, insbesondere der

In

Abg. Leopold, schilderten die unendlich schwierige Lage der Groß­tapitalisten, die sich taum über Wasser halten fönnen. Sie sehen feine Möglichkeit, gegenwärtig unsere sozialpolitischen Leistungen zu erhöhen. Der nationalsozialistische Redner verlangte,

daß die fozialpolitischen Leistungen weitgehend erhöht werden. In demselben Maße müssen dann die Leistungen an die feindlichen Die Kommunisten schlossen Regierungen verringert werden. fich dem an. Durch Zuschüsse aus der Reichskaffe müßten die sozial­politischen Leistungen bis zum Betrage des notwendigen Lebens. unterhaltes erhöht werden. Wie diese Ausgaben aus der Reichs. fasse gedeckt werden, darüber sich Sorge zu machen, hätten sie teine Beranlassung; das wäre die Aufgabe der anderen Parteien. Mittwoch berät der Ausschuß die Anträge auf Erhöhung der

Renten.

Tschechisch - italienischer Vertrag.

Prag , 8. Juli. ( WTB.) Heute wurde der italienisch- tschecho­flomatische politische Vertrag veröffentlicht. Er besagt:

1. Die Parteien werden sich über die zur Sicherung der gemein­samen Interessen geeigneten Maßnahmen verständigen für den Fall, daß sie übereinstimmend anerkennen, daß sie bedroht sind oder be­droht werden können.

2. Die Parteien verpflichten sich gegenseitig zur wechselseitigen Unterstützung und Zusammenarbeit zu dem Zweck, daß die bei den in St. Germain, Trianon und Neuilly abgeschlossenen Friedens­verträgen gegründete Achtung erhalten bleibe sowie daß die Achtung vor ben in den genannten Verträgen enthaltenen Berpflichtungen und ihre Durchführung gesichert werde.

Zu Bunt: 3 und 4 wird die Vertragsbauer auf 5 Jahre, die Ründigungsfrist auf 1 Jahr festgefeht und bestimmt, daß der Vertrag dem Bölkerbund zu unterbreiten ist.