Kanitz und die nationale Arbeit. Er kennt weder Geschichte noch Gegenwart. Das von uns bereits gewürdigte Interview, das der Reichs- minister Graf K a n i tz einem Vertreter des WTB. bescherte, verdient noch in einer ganzen Reihe von Punkten die besondere Aufmerksamkeit der Arbeiterschaft und des deutschen Volkes überhaupt. Das Interview enthält folgende interessante Stelle: Agrarzölle, wenn sie maßvoll sind, bewirken unbedingt die Hebung der heimischen Agrarproduktion, desgleichen aber auch mit dem Steigen der Kaufkraft der Landwirtschaft die Hebung der industriellen Produktion, somit also bessere Arbeits- und Lohnbedingungen bei der Industrie. Graf Könitz macht sich damit die Beweisführung zu eigen, die von den Vertretern des„S ch u tz e s d e r nationalen Arbeit" immer wieder und mit gleicher Unrichtigkeit geltend gemacht wird. Es hätte dem Grafen Kanitz wenig Mühe ge- kostet, den inneren Gehalt dieser hohlen Phrase näher nach- zuprüsen. Er hätte sich nur bei dem Vertreter der bürger- lichen ökonomischen Wissenschaft zu informieren brauchen, der so eigentlich als der Vater des jetzt von den Agrariern so viel gepriesenen Systems vom Schutz der nationalen Arbeit anzusprechen ist und vor hundert Iahren den Grund zu dem System der„Erziehungszölle" gelegt hat. Es ist dies Friedrich L i st, der allerdings das Gegenteil von dem Hochschutzzoll aus Agrarprodukte für richtig gehalten hat. Er schrieb nämlich: Mit Zöllen kann man die landwirtschaftliche Produktivität, den „Bodenwert", nicht steigern, weil die Landwirtschaft dadurch nicht i n st a n d gesetzt wird, zu ergiebigeren Produt- tionsbedingungen überzugehen, sondern nur dazu verleitet wird, schlechten Boden anzubauen und somit höhere Produt- tionskosten anzuwenden. Ist aber die Voraussetzung, von der Graf Kanitz ausgeht. falsch, kann durch den Schutzzoll auf die Dauer keine Inten- sivierung der Landwirtschaft.herbeigeführt werden, so ist auch die Schlußfolgerung hinfällig, wonach die In- dustrie von den erhöhten Agrarpreisen profitieren kann. Die Ahnungslosigkeit des Grafen Kanitz erstreckt sich aber nicht auf die Vergangenheit. Im weiteren Teile des Jnter- views wandte er sich dagegen, daß in der Presse behauptet wurde, die Steigerung der Getreidepreise sei auf die Zollvor- tage und die Ausfuhrfreigabe zurückzuführen. Mit seltener Kühnheit stellt er dagegen die Behauptung auf, der Haupt- grund iür das Steigen b»?- Gefteidev"''!*? iei die Hau sie auf dem We l t m a r k t. Graf Kanitz hätte sich an Hand der Preisbsrichte des deutschen Landwirtschaftsrates darüber unterrichten können, daß die Getreidehausse am Weltmarkt schon Wochen vorher begonnen hat, ehe sie auf den inländi- schen Markt zurückwirkte. Die amerikanischen Getreidepreise ivaren bereits um mehr als 15 Prozent gestiegen, ehe der deutsche Markt auch nur die geringste Neigung zeigte, dieser Bewegung zu folgen. Erst an dem Tage, an dem die Freigabe des Exportes auf Umwegen am Pro- duktenmarkt bekannt wurde, setzte in Deutschland die schroffe Preissteigerung ein, die die Anpassung der Inland- an die steigenden Weltmarktpreise einleitete. Es mag dahingestellt bleiben, ob diese Ungleichung des Inlands- an das Welt- Marktpreisniveau im Laufe längerer Zeit nicht ohnehin er- folgt wäre; Tatsache ist jedenfalls, daß sie in diesem Zeit- punkt ausgelöst wurde durch die Exportfreigabe. Und es blieb der höchsten Amtsperson, die es für diese Dinge in Deutschland gibt, vorbehalten, das Gegenteil der allgemein bekannten Vorgänge zu behaupten. Das Interview steht jachlich also auf demselben Niveau wie die famose Begründung der Zolloorlage, die sogar offen- bare und von uns festgestellte Unrichtigkeiten enthält. Graf Kanitz ist ein schlechter Minister für die Landwirtschaft, wenn er die produktionshemmenden Wirkungen der Schutz- zölle nicht erkennt. Er ist ein noch schlechterer Mini- st er für Ernährung, wenn er noch nicht einmal die Vorgänge am deutschen Getreidemarkt beobachten kann und trotzdem nicht davor zurückschreckt, Getreidezölle zu propagie- ren, die eine in die Milliarden gehende Belastung des deutschen
Golö aus Hueckfllber! Prof. Miethes epochemachende Entdeckung. Gold zu machen, war die Sehnsucht des Mittelalters. Unend- liche Mühe ist zur Auffindung des„Steines der Weisen" aufgewendet worden. Alles war vergeblich. Unserer Zeit ist es vergönnt, der Natur der Ding« näher zu kommen. Wir haben fliegen gelernt, wir können künstliche Edelstein« machen, die an Schönheit die natürlichen in den Schatten stellen und an„Echtheit" mit ihnen wetteifern, und jetzt ist es in stiller Laboratoriumsarbeit auch gelungen— Goldzumachenl Zwar nicht in riesengroßen Mengen, so daß in kürzester Frist unsere Wiedergutmachungsschulden bezahlt und die auf Gold aufgebauten Währungen aller Länder zer- stört werden könnten, aber die Tatsache, daß das Ziel der Alchimisten, Gold zu machen, erreicht ist, steht unwiderleglich fest. Mit unendlicher Mühe und Geduld ist es dem Profesior M i e t h e von unserer Technischen Hochschul«, dessen Name sowohl mit der Farbenphotographi« als auch mit der Herstellung künstlicher Edelsteine für immer verbunden ist, in Gemeinschaftsarbeit mit feinem Assistenten Dr. H. S t a m m r e i ch gelungen, den Zerfall des Ouecksilberatoms zu bewirken und dabei Gold in analytisch nachweisbarer und wägbarer Meng« zu erhalten. Das Gold, das ja einer der Bausteine des Queck- silberatoms ist, wurde dabei in Mengen von der Größenordnung eines Hundertstel bis eines zehntel Milligramm gewonnen. Es handelt sich bei diesen Versuchen nicht um die„Zertrümme- rung" von Atomen in niederatomigen Stoffen, wie sie Ruthersord beim Stickstoff, Aluminum , Fluor, Natrium usw. gelungen waren, sondern um den„Z e r f a l l" eines hochatomigen Stoffes. Die mo- derne Naturwissenschaft geht von der Annahme aus, daß die Atome, aus denen alles Stoffliche gebildet wird, im allgemeinen denselben Aufbau haben: ein positiv elektrisch geladener Kern im Mittelpunkt wird von negativ geladenen Elektronen umkreist. Die Anziehungs- kraft des Kernes erhält sie im Gleichgewicht. Also auch im Klein- sten das Abbild des Weltalls. Dies« Erkenntnis ist aus der For- jchung über die radioaktiven Substanzen erwachsen. Aus dieser mo- dernen Anschauung heraus hat auch Miethe und fein Mitarbeiter sich zu den Versuchen leiten lassen, die zeigten, daß es möglich ist, durch den Zerfall des Quecksilberatoms Gold zu erhalten. Wenn man das Atomgewicht des Quecksilbers gleich 201 setzt und annimmt, daß beim Zerfall Helium mit dem Atomgewicht 4 frei wird, so würde ein Stoff mit dem Atomgewicht 197 übrigbleiben und das eben wäre Gold. Es ist übrigens, wie schon jetzt erwähnt werden mag, bei den im folgenden geschilderten Versuchen nicht gelungen. Helium oder Wasserstoff oder die beim Atomzerfall entstehenden Alpha- oder Bethastrahlen nachzuweisen. Die Versuche, die zur Gewinnung von Gold aus Quecksilber führten, begaiznen Ende April. Sie erwuchsen aus Untersuchungen,
Konsums herbeizuführen drohen. Man wird von ihm aller- Hand erwarten dürfen. Die deutsche Arbeiterschaft hat allen Anlaß, sich gegen diese Art der Behandlung der Zollfrage zur Wehr zu setzen._ Das Zentrum hält zu Marx. „Germania " gegen„Lokal-Auzeiger". Der Vorstoß, den die Deutschnationalen gestern im „Lokal-Anzeiger" zum Sturz des Reichskanzlers Marx unter- nahmen, hat auch die„Germania " auf den Plan gerufen. Das Berliner Zentrumsblatt konstatiert die Gefahr, daß durch diesen Eewaltvorstoß„die ganze Zentrumspartei alar- miert wird". Die deutschnationale Presse arbeite, gestützt auf die starken Erweitenngswünsche der Volkspartei, auf die Sprengung der gegenwärtigen Regie rung s- k o a l i t i o n hin. Schließlich gibt die„Germania " den Kanzlerstürzern folgendes zu bedenken: Im übrigen können wir dem„Berliner Lokal-Anzeiger" tm besonderen versichern, daß er die große Bürgerkoalition nicht da- durch gewinnt, daß er den Reichskanzler Marx aus dem Kabinett hinausdrängt. Im Gegenteil, dann am allerwenigsten. Damit ist gesagt, daß der Kanzler, den die Deutschnatio- nalen wünschen, sich zwar seine Mehrheit im Reichstag suchen kann, aber sie nicht finden wird.
Die Haussuchung im Reichstag. Eine neue Entscheidung Wallrafs. Die kommunistischen Reichstagsabgeordneten hatten ver- langt, daß ihnen von den Schriftstücken, die jüngst im Reichs- tag beschlagnahmt wurden, alle diejenigen zurückgegeben wür- den, die mit der Morduntersuchung gegen die deutsche Tscheka in keinem Zusammenhang ständen. Dieses Verlangen stützte sich auf die Tatsache, daß der Reichstagspräsident die Geneh- migung zur Durchsuchung nur in Bezug auf etwaige Ver- brechen des Mordes erteilt hatte, war also berechtigt. Nun hat der Reichstagspräsident dem Untersuchungsrichter beim Staatsgerichtshof noch die nachträgliche Genehmigung erteilt, auch die auf das Verbrechen des Hochverrats be- züglichen Schriftstücke zurückzubehalten. Diese Praxis des Reichstagspräsidenten scheint uns sehr bedenklich. Wir haben es verstanden, daß die Genehmi- gung zur Haussuchung nicht verweigert wurde, wo es sich darum handelte, die Spuren begangener und geplanter Morde zu verfolgen. Hochverrat aber ist ein politisches Delikt. So klar es ist, daß das Parlament jedes Mitglied ausliefern wird, das ernstlich im Verdacht steht, in eine Mord- angelegenheit verwickelt zu sein, so sehr wird im Einzelfall überlegt werden müssen, ob die Genehmigung zur Verfolgung wegen Hochverrats erfolgen kann, weil hier die Gefahr einer tendenziösen Verfolgung politischer Gegner nahe genug liegt. Nun wird durch die Beschlagnahme angeblich hochverräterischer Schriftstücke tatsächlich schon ein Verfahren gegen Abgeordnete eingeleitet, ohne daß die Genehmigung des Reichstags dazu erfolgt ist. Herr Wallraf hat damit eine Entscheidung, zu der nur der Reichstag selbst berechtigt ist, in ziemlich eigenmächti- ger Weise vorweggenommen.
Zusammentritt des Reichstags am 22. Juli. Der Reichstagspräsident hat den Reichstag für den 2 2. Juli zusammenberufen. Die Beratung der auf Grund des Sachverständigengutachtens zu verabschiedend«! Gesetze, die im Ent- wurf jetzt restlos fertiggestellt sind, steht noch nicht auf der Tages- oidnung. Die Gesetz« haben die Reparationskommission noch nicht passiert. In der Sitzung vom 22. soll zunächst die Angelegenheit der Immunität des kommunistischen Abg. Thäl- mann behandelt werden. Anschließend soll ein Antrag des Aus- wältigen Ausschusses zur Sicherung der Vertraulichkeit der Be- ratungen des Ausschusies, eine Aenderung des 8 28 der Geschäfts-
die die Umfärbung bzw. Rücksärbung durchsichtiger Mineralien und Glasflüsse unter der Wirkung ultravioletter bzw. langwelliger Strah- len zum Gegenstand hatten, wozu Quecksilberlampen benutzt wurden. Bei der von Iaenick« herausgebrachten Ouecksilberlampe bildeten sich bei zu hoher Belastung schwarz« Innen b eschläge. Dieser schwarze Rückstand wurde analysiert und dabei winzige Men- gen Gold gesunden. Nach dem heutigen Stande der Natur- Wissenschaften durfte man an diesem Funde nicht mehr achtlos vor- übergehen. Man vermutete, daß das Quecksilber, dessen Atom- gewicht(200,6) dem der radioaktiven Substanzen sehr nahesteht(Ra- dium 226) irgendwie zum Verfall gebracht worden war. Nunmehr wurde auf Grund dieser Beobachtungen und Ueber- legungen in systematischer Weise weiter geforscht. Das zur Ver- wendung gelangende Quecksilber wurde auf seine Reinheit durch Ge- lehrte wie K. G. H o f m a n n und Haber mit den feinsten Me- thoden geprüft. Es enthielt keine Spur von Gold. Nunmehr wurde das Quecksilber zu Lampen verwendet, an deren Elektroden eine Spannung von 170 Volt wirkt« und deren Anode mit der Außenluft kommunizierte. Die Lampen brannten 20—200 Stun. den und verbrauchten hierbei 400— 2000 Watt. Es scheint, daß die Goldbildung an ein gewisses Mindestmaß von Spannung und Po- tentialgefäll« gebunden ist. So ist mit dem Zerfall des Quecksilbers auch der Traum ver- gangener Geschlechter in Erfüllung gegangen. In wissenschaftlicher Hinsicht, trotz mancher Unklarheiten, eine glänzende Entdeckung. In praktischer Hinsicht, und die spielte ja für all«„Goldmacher" die Hauptrolle, aber ein mageres Ergebnis. Denn um Gold im Werte von etwa einem Dollar mit den heutigen Methoden herzu- stellen, braucht man bei Berliner Strompreisen etwa 6 0 Millio- n e n Mark, bei den Strompreisen am Niagarafall etwa 20 Mil- lionen Mark. Das künstliche Gold ist also das teuerste Metall, das auf der Welt zu finden ist. In der heute erscheinenden Nr. 29 der„N a t u r w i s s e n- schaften"(Verlag Julius Springer) gibt Prof. Miethe einen ausführlichen wissenschaftlichen Bericht über feine epochemachende Entdeckung. Wir sind in der Lage, dieses historisch bedeutungsvoll« Dokument in unserer 2. Beilage zum Abdruck zu bringen.
Sei mir RaSko. Von Hans Wesemann . „Eigentlich müßten wir uns auch einen Radioapparat bauen," sagt« mein« gute alte Wirtin,„hier steht ein Artikel im„Vorwärts", wie leicht dos ist,«in paar Drähte und ein Element, und dann haben wir das schönste Konzert." Ich schwieg vorsichtig, denn die wacker« Dame ist der einzige Mensch auf dieser Erde, der meine Strümpfe stopft und— das Unheil nahm seinen Lauf. Zuerst spannten wir Drähte im Flur, an denen ich mir jedesmal den Hut abstieß oder gar aufbaumelte wie ein« gefangene Wachtel.
ordnung in Erwägung zu ziehen, beraten werden. Der§ 28 be- stimmt über die Zusammensetzung der Ausschüsse und der Antrag ist dadurch veranlaßt worden, daß sich die kommunistische Fraktion nicht zur Verschwiegenheit über die Ausschußoerhandlungen ver- pflicht« hat. Der Antrag wird voraussichtlich dem Geschäftsord- nungsausschuß überwiesen werden. Ferner stehen auf der Tages- ordnung Gesetzentwürfe zur weiteren vorläufigen Regelung des Haushalts für 1924(Notetat), wegen Verteilung des G-wmnes der Reichsbank für 1923 über das Optionsabkommen zwischen Deutschland und Belgien , über das Eingehen deutscher Festungen u a. Der Reichstagspräsident hat sich vorbehalten, noch weitere Gegenstände auf die Tagesordnung zu setzen. Der Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten tritt am Dienstag, den 22. Juli, vormittags 10 Uhr zusammen mit der Tagesordnung: Außenpolitische Lag«.
Mainzer Kundgebung und MTD. Warum gerade in solchen Tingen so schweigsam? Doch was fragen, wenn das Wolffsche Telegraphen-Bureau es nicht für nötig gefunden hat,. einen Bericht über die Mainzer Friedenskundgebung zu verbreiten? Das WTB. besitzt in Mainz eine eigene Agentur und es ist ausgeschlossen, daß den dor- tigen WTB.-Redakteuren eine lang« vorher angekündigt«, von min- bestens zehntausend Menschen besuchte Kundgebung völlig entmngen sein sollte. Auch die hohe politische Bedeutung dieser Demonstration. an der sich bekannt« französische und deuffche Politiker beteiligt hoben, kann nicht einmal der stärkste Gegner der deutsch -sranzösischen Ver- ständigung leugnen. Besonders in der gegenwärtigen Situation war dies ein Ereignis von besonder« Wichtigkeit. Und dennoch brachte WTB. kein« Zeile darüber, obwohl es bei Veranstaltungen mit entgegengesetztem Charakter keineswegs immer so ent- haltsam ist. Da wir Grund zur Annahme haben, daß WTB. einen eigenen Bericht aus Mainz erhalten hat, würde nur die eine Erklärung übrig bleiben, daß dieser Bericht absichtlich nicht weiter ver- breitet wurde. Warum? Aus eigener Initiative oder etwa auf Grund der Anweisung einer höheren Behörde?
die Rückkehr ins Rheinland . Die notwendigen Dokumente für die Ausgewiesenen. Der Oberpräsident der Rheinprovinz hat an all« Regi«ungs- Präsidenten eine Mitteilung gerichtet, um den Ausgewiesenen, deren Rückkehr von der Rheinlandkommission in das altbesetzte Gebiet ge- stattet wird, das Ueberschreiten der Grenze zu ermöglichen. Dazu ist ihnen, wie der Amtliche Preußische Pressedienst aus der Anweisung des Oberpräsidenten ver Rheinprovtnz mitteilt, seitens der Polizei- behörden ihres rheinsschen Wohnorts zuzustellen: 1. ein Rückkehr- s ch e i n des zuständigen Kreisdelegierten, 2. der ü blick)« Personal-- a u s w e i s ftir die besetzten Gebiete mit dem Stempel„Besetztes Gebiet". Die Rheinlandtommission hat auf die Vorstellungen des Oberpräsidenten hin ausnahmsweise gestattet, daß dieser Personal- ausweis ausgestellt wird, ohne daß der künftige Inhaber zuvor unter- schreibt. Vielmehr darf die Unt«schrift nach Uebersendung im un- besetzten Gebiet nachgeholt werden.— Die Rheinlandkommission wird diese Entscheidung unverzüglich an alle Bezirksdelegierten telephonisch weitergeben._
Fürstbischof und versastungslag. Der Kardinal-Fürstbischof von Breslau hat in dem Verordnungsblatt der Diözese Breslau eine Verlautbarung erlassen, in der der Geistlichkeit empfohlen wird, des Verfassungstages in ihren Gemeinden soweit als möglich feierlich zu gedenken. Wo die Verhältnisse es gestatten, soll ein feierliches Bittamt veranstaltet werden. Falls hierzu die Möglichkeit nicht ge- geben ist,„möge in der Predigt am voraufgehenden Sonntage der Anregung entsprochen werden". Einleitend heißt es in der Verlaut- barung des Kardinal-Fürstbischofs:„Der 11. August als Verfassungs, tag wird auch in diesem Jahre in weitestem Kreis« als weltlicher Feier- tag feierlich begangen, um die Lieb« zu einer sicheren staatlichen Ordnung im Vaterland« zu bekunden, um gegenüber den auf Umsturz sinnenden Parteien die christliche Lehre von den Pflichten gegen die Obrigkeit in Erinnerung zu bringen, und um zu- gleich der Teilnahme an den schweren Leiden der Bevölkerung des Ruhrgebietes und des übrigen besetzten Gebietes von neuem Aus- druck zu geben."
Dann bauten wir ein« Antenne zum Fenster hinaus. Dabei fielen etliche Blumentöpfe herunter und Frau Pinkepank vom ersten Stock auf die Nachtmütze.— Sie fand das nicht in der Ordnung. Dann kam das Schwerste, den Mast auf das Dach setzen. Wir durchbrachen einige Sparren, Pfannen kamen ins Rutschen, der Schornstein wankte, aber sieghaft erhoben hiell ich den Mast und pflanzte ihn ein. Schon triumphierte ich, da saust« ich in die Tiefe. Mit der großen Zeh blieb ich im letzten Augenblick an der Dachrinne hängen. Die Feuerwehr holte mich dann ab. Und d« Verwaller kam nachher mit d« quittierten Rechnung, um mir sein Beileid auszusprechen. Zu Tode ermattet, glaubte ich nun endlich Ruhe zu haben. Aber wer kennt Weiberherzen. Am nächsten Tage ging es von neuem los. Diesmal innerlich. Wir verzichteten auf die Antenne und bauten den Apparat in der Küche. Ein Kartoffelpufferreibeisen, das wir mit dem Drahtgeflecht unseres Kanarienoogelbauers bespannten, wurde d« Empfänger. In den Kohlenkasten kamen die Elemente, die ich unter der Wasserleitung auffüllte, dann hängten wir unsere aus echt o-merikanischem Kaugummi hergestellten Kopfhörer um und wart««n. Ein Vortrag aus London war angekündigt— lange Zeit kam nichts. Aber plötzlich:„Hören Sie, wie das Meer rauscht!" rief meine Wirtin und Leidensgefährtin. Tatsächlich, frei nach Schill«, plätscherte, rieselte und sprudelte es gar lieblich— Ach Herrjefes, die Wasserleitung war offen geblieben und«in Ozean ei, ministure drang gewaltig durch die Zimmerdecke nach unten, und die Nachbarn kamen mit der Streitaxt, um uns zu erschlagen. Meine liebe Wirtin aber steigerte mich am nächsten Morgen um 100 Proz., weil ihre Wohnung jetzt Radio habe und dadurch hochherrschaftlich geworden sei. Mit meinem Freunde Amöbius— dem Verfasser des unheil- vollen„Vorwärts"-Artikels— habe ich zwar zwei Minuten ver- trauliche Zwiesprache gehalten, aber wer gibt mir meinen Haus- frieden wiederl_
Toll« aus Bayern ausgewiesen. Zur Entlassung Tollers aus dem Festungsgesängnis Niederschönenfeld wird noch bekannt, daß Toller aus Bayern ausgewiesen und über die bayerische Grenz« ab- geschoben worden ist. Da der Dichter die Absicht hat, nach Berlin überzusiedeln, hätte die Regierung des bayerischen Kulturstaats sich diese letzte Blamage in Sachen Toll« eigentlich schenken können. Die Direktion der Großen Volksoper teilt uns folgendes mtt: „Zu der in gestrigen Morgenblättern verbreiteten Nachricht über eine Konkurserklärung und eine Exmissionsklage des Baumeisters Sehring gegen die große Volksoper hat deren Direktion festgestellt, daß beim zuständigen Ämtsgericht gestern nachmittag weder«in An- trag auf eine Konkurserklärung noch eirie Exmissionsklage bisher vorliegt. Der Streitpunkt ist dadurch aus der Welt geschafft, daß eine öffentliche Berliner Körperschaft der Großen Volksoper einen größeren Betrag zur Verfügung gestellt hat, aus dem auch die fragliche Summe, zirka 4500 M., sofort bezahlt ist." «a Al-rx- und Eagels-Zusliku« In 0l-,tau. Die Sowjetregierunq bot die Schaffung eines staatlichen Instituts angeordnet, in dem alle auf die Tätiglest von Marx und Engels bezüglichen Originaldokumente aufbewahr! werden jouen.