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Sozialpolitische Reichstagsdebatte.

Im Reichstag begründete gestern, Mittwoch, zunächst Abg. Frid( Natfoz.) einen Antrag auf Aufhebung der Festungs­haft des im Hitler- Prozeß verurteilten Abg. Kriebel.

Abg. Brodauf( Dem.) weist darauf hin, daß dieser Antrag schon einmal vom Reichstag abgelehnt worden sei. Gegen eine noch malige Ausschußberatung sei aber nichts einzuwenden.

Der Antrag wird dem Rechts ausschuß überwiesen. Zur gemeinsamen Beratung kommen dann

viele sozialpolitische Anträge verschiedener Parteien, die sich mit der Invalidenversiche rung, Unfallversicherung, Rriegsbeschädigten und Erwerbslosenfürsorge sowie mit der Fürsorge­pflicht befassen.

Der Ausschuß beantragt folgende Aenderung des§ 1285 der Reichsversicherungsordnung: Der Reichszuschuß beträgt jährlich 48 Goldmark für jede Invaliden-, Witwen- und Witwerrente und 24 Goldmark für jede Waisenrente." Diese Alende­rung soll mit dem 1. August d. I. in Kraft treten.

Nach einem weiteren Ausschußantrag sollen in der Unfall­versicherung an die Stelle der alten einheitlichen Renten Renten treten, die dem wirklichen Arbeitsverdienst entsprechen. Wer aus der Unfallversicherung zwei Drittel oder mehr der Vollrente bezieht, foll vom 1. Juli 1924 ab eine Sonderzulage von 15 Goldmark monat­lich erhalten.

Zur Kriegsbeschädigtenfrage beantragt der Aus­schuß, die Rentenerhöhung bei Renten und Zufahrenten von 40 auf 50 Broz. festzusetzen. Die Renten der Kriegsteilnehmer von 1870 und früher sollen von 10 auf 15 M. monatlich erhöht werden. Da­neben werden zahlreiche Verbesserungen in den einzelnen Zweigen der Kriegsbeschädigtenfürsorge beantragt

Die Höchstsäge der Erwerbslosenfürsorge sollen nach einem weiteren Ausschußantrag in der Hauptunterstügung um 20 bis 25 Broz, die Familienzuschläge um 50 Proz. erhöht werden. Für Jugendliche soll die Fürsorge ein Jahr früher als bisher, also schon mit dem 17. Lebensjahr eintreten. Weiter wird die Aufhebung der Spanne zwischen weiblichen und männlichen Erwerbslosen verlangt. Schließlich ersucht der Ausschuß die Reichsregierung in einem Antrag, umgehend Vorschriften über Verfahren, Beschwerde und Aufsicht über die Fürsorgepflicht zu erlassen und auf die Länder und Gemeinden dahin einzuwirken, daß sie die Fürsorge­pflichtverordnung nach dem Sinn und Zweck der bisherigen reichs­gesetzlichen Regelung durchführen.

Abg. Hartz( Dnatl.) verlangt eine Umgestaltung des Systems der Sozialversicherung, an Stelle des bureaukratischen Betriebs Selbstverwaltung auf berufsständischer Grundlage. Das ist leider vom Ausschuß abgelehnt. Das Arbeitslofenproblem tann mit Renten nicht gelöst werden; man muß ihnen Arbeit schaffen, die dem Au­gemeinwohl dient.( Beifall rechts.)

Abg. Hoch( Soz.):

Die Beschlüsse des Ausschusses entsprechen wahrhaftig nicht den hohen Tönen, mit denen der Vorredner geschlossen hat. Diese Be­schlüsse werden bei den Beteiligten ungeteilte Entrüstung her­vorrufen. Danach bekommt ein Invalide monatlich 13 M. und die Bulage von monatlich 1 M.; ein Invalide bekommt für fich und feine Frau täglich 43% Pf. und die Zulage von 3% Pf. Dabei hieß es in der ersten Lesung von der Rechten durch den Abg. Leo­pold, daß die Sozialpolitif nicht zum Stillstand kommer dürfe. Der Sinn dieser Sozialpolitik ist nur der Schutz der Reichen. Man sagt, die Industrie sei durch die sozialpolitischen Laften nicht fonkurrenz fähig auf dem Weltmarkt, diese Lasten machen aber nur einen ganz

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geringen Bruchteil der übrigen Faktoren aus, die für die Konkurrenz-| führt, zeigt jetzt schon die Art, in der die Fürsorgeverordnung von fähigkeit maßgebend sind. Die Parteien haben sich im Ausschuß Damit begnügt, als der Minister erklärte, daß die 80 Millionen für die Verdoppelung der Familienunterstützung nicht aufzubringen feien, und sie haben es bei der Erhöhung von 50 Proz. belassen. Wir haben im Ausschuß die Erhöhung der Tantiemen= steuer von zwanzig auf hundert Prozent beantragt; das wurde ab­gelehnt. Wir beantragen jetzt die Erhöhung auf achtzig Prozent, um die Mittel zu beschaffen.

den Ländern und Gemeinden durchgeführt wird. Die Reichsregie­rung wird nunmehr für die Ausführung der Fürsorge= pflicht Grundsäße aufstellen, die sie vorher dem Sozialpolitischen Ausschuß des Reichstags vorlegen wird. Eine Verdoppelung der Invalidenrenten ist unmöglich. In der Frage der Erwerbslosenfür­sorge wird die Regierung den Vorschlägen des Ausschusses folgen. Wenn die Londoner Konferenz zu einem für uns halbwegs erträg­lichen Ergebnis tommt, San ist zu hoffen, daß uns die wirtschaft­liche Gesundung auch sozialpolitische Fortschritte ermöglichen wird. Reichsfinanzminister Dr. Luther

führt Zahlen aus dem Etat an, aus denen er zeigen will, daß Deutschland heute für die Sozialpolitik mindestens ebenso große Mittel aufbringt wie in der Vorkriegszeit. Wer jetzt eine weitere Er­höhung der sozialpolitischen Leistungen fordert, der jetzt das Reich Ser Gefahr aus, daß sich die furchtbare Inflation des Vorjahres wiederholt, unter der die Arbeiterschaft am meisten gelitten hat. Wenn das Reich jetzt 15 Millionen für sozialpolitische Zwecke

An anderen Stellen fann gespart werden, z. B. beim Reichsheer durch Beschränkung kostspieliger Uebungen.( Lebhafter Widerspruch rechts.) Das ist gegebenenfalls auch früher im Frieden so gewesen. ( Widerspruch rechts, Ruf rechts: Sie wollen nur Nachtwächter!) Darüber sprechen wir uns noch, Herr Wulle. Wir schlagen ferner eine Erhöhung der Vermögenssteuer für die größeren Ber­mögen vor, wodurch der Mittelstand nicht belastet werden würde. Deutschland sollte sich schämen, wenn es für seine Invaliden nicht genug tun fann. Das Bolt hat Großes geleistet in den vergangenen schweren Beiten. Wir sind uns wohl bewußt, daß auch unsere An­träge nicht genügen, aber wir haben ja im Ausschuß nicht einmal die 26 M. Rente durchbringen fönnen, die wir mindestens beantragt hatten. Solange wir nicht eine sozialistische Mehrheit hier und im Volk haben, können wir feine sozialistischen Gesetze machen. ( Buruf rechts: Sie haben ja schon die Macht gehabt!) Wir haben weder in der Nationalversammlung noch im Reichstag die Mehrheit gehabt. Ihre( zu den Natsoz.) Anträge haben Anleihen bei uns gemacht, aber für die Deckungsfrage nichts übrig gehabt.( 3urufe rechts.) Ihr Hinweis auf das galizische Schiebergesindel, das man dafür in Anspruch nehmen könne, beweist nur, daß mit dem Bolt schamloser Schwindel getrieben worden ist. Der Vorredner hat scharfe Worte gegen die Inflation gefunden. Wer hat die Inhaltmachen, wo die Vernichtung wirtschaftlicher Existenzen droht. flation verschuldet?( Stürmische Rufe b. d. Natsoz.: Sie! Die Sozial­demokraten!) Wer hat die ungeheuren Inflationsgewinne eingesteckt?( Rufe b. d. Natsoz.: Die Juden!) Die Großtapita listen, jüdische und nichtjüdische, haben die Inflation begünstigt, gefördert und fruftifziert, nicht aber die deutsche Arbeiterschaft, die vielmehr ausgeplündert und vollends an den Bettelstab ge­bracht wurde. Unsere Abhilfeanträge wurden niedergestimmt. Die Industrie war die Teilhaberin dieses Raubzuges; sie hat in jeder Beziehung versagt. Großfapital und Industrie haben sich gleich­mäßig am deutschen Volk verfündigt. Und der Reichsfinanz­minister? Er hat sich zwar für die Erhöhung der Gehälter seiner hohen Beamten, aber nicht für die Arbeiterschaft und für die Er­leichterung ihrer Last interessiert. Unmittelbar nach dem Zusammen­bruch des Ruhrkampfes benutte Großkapital und Industrie die günstige Gelegenheit zu dem

Versuch, der Arbeiterschaft die letzten Reste der Sozial­gefehgebung, der Sozialfürsorge zu rauben

und ihre letzte Widerstandskraft gegen die fapitalistische Ausbeutung zu brechen, so stehen die Dinge.( Lebh. Zustimmung b. d. Goz.) Reichsarbeitsminister Dr. Brauns

sucht zahlenmäßig nachzuweisen, daß die in den verschiedenen An­trägen verlangte Erhöhung der Leistungen der Sozialversicherung in der geforderten Höhe für das Reich wie für Arbeitgeber und Ar­beitnehmer nicht tragbar sei. Wenn man die fehlenden Mittel burch neue Steuern aufbringen will, fo verläßt man damit den Boben der Bersicherung und geht über zur öffentlichen Fürsorge. Das wäre aber befonders bedenklich, weil dann auch die Bedürf tigkeit der Rentenempfänger geprüft werden müßte. Wohin das

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cus dem Haushalt verwendet, so tut es damit alles, was möglich ist. Aus den zu erwartenden Ausgaben werden weiter dafür 60 Millionen verwandt, 40 Millionen aus der Umfaz- und 20 Millionen aus der Kapitalverkehrssteuer. In Besprechungen des Arbeitsministers mit den Ländervertretern über die Erwerbslosenfrage haben die Länder sich für eine Erhöhung des Familienzuschlags bis 40 Proz. ausge­iprochen. Sie werden hoffentlich auch die vom Ausschuß geforderten 50 Proz. bewilligen können, aber da ist die Grenze. Eine Stundung der Steuern ist leider in großem Umfange nötig gewesen; aber eine generelle Stundung einer bestimmten Steuer müssen wir ab­lehnen. Wir gehen mit brutalen Steuern vor, aber wir müssen da Die Erhebung neuer Eteuern würde in diesem Moment ta um möglich sein. Die Tantiemesteuer für Aufsichtsräte verspricht teine wesentliche Vermehrung unserer Einnahmen und sie würde Es wäre ein überdies auf die Gesellschaften abgewälzt werden. furchtbares Schicksal, menn gerade jetzt, mo eine außenpolitische Kon­folidierung zu erwarten ist, die deutsche Währung wieder erschüttert

würde.

Avg. Maslowski( Romm.) bezeichnet die von den übrigen Par­teien getriebene Sozialpolitik als reine Heuchelei. Am meisten werde Dom Zentrum geheuchelt. Die unter dem Ermächtigungsgesetz er­lassenen Verordnungen zur Verschlechterung der Sozialpolitik müßten sofort aufgehoben werden.

Abg. Gerig( 3tr.) weist die Angriffe Maslowskis zurück. Die schwierige Lage der Invalidenversicherung lasse sich nicht durch die fozialdemokratischen Steueranträge bessern.

Ein Antrag auf Schluß der Beratung wird nach kurzer Ge­schäftsordnungsdebatte abgelehnt.

Abg. Moldenhauer( D. Vp.) weist auf die Notlage der Wirt­fchaft hin, die zu gewiffen Grenzen in der Sozialpolitik zwinge. Die Feststellung dieser Tatsache sei teine Stellungnahme für das Großkapital.

Abg. Stöhr( Natsoz.) erklärt den Verdacht der Kommunisten für gerechtfertigt, daß die Deutsch nationalen mit Hilfe der großen politischen Debatte die sozialen Anträge sabotieren wollten. Man brauche nur an die Haltung der alten Konservativen zu denken. Wenn aber die Kommunisten sagten, ihnen gingen die sozialen Forderungen den nationalen vor, so liege eben darin das Tragische des deutschen Schicksals. Ausführungen des Redners gegen die deutsche Republit, die Sozialdemokraten usw. werden von der Linken mit ironischen Heil!"- Rufen aufgenommen.

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