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Indem sie durch vermehrte Alispressung der deutschen   Arbeiter sich die Möglichkeit zur Schmutzkonkurrenz offen halten. Es ist kein nationales Ziel, im Interesse einiger auf Schmutz- konkurrenz eingestellten Privatwirtschaften den Einfluß der ausländischen Konkurrenz lahm zu legen, sondern unter dem Einfluß der ausländischen Konkurrenz muß die deutsche In- dustrie konkurrenzfähig gemacht werden durch die Verbesse- rung ihrer inneren Struktur nicht durch eine sozialreaktio- näre Lohn- und Arbeitszeitpolitik. Aber die deutschen Arbeitgeberverbände richten ihren Blick nicht auf die Zukunft der deutschen Volkswirtschaft. Sie ührcn die Wortenationale Wirtschaft" undnationale Be- reiung" im Munde, aber sie denken nur an die Verewigung einer Deutschland   in letzter Linie schädlichen Ausnahmekon- junktur, an die Bedrückung der deutschen Arbeiter. Es gibt jür die deutschen Unternehmer unter der Herrschaft des Sach- verständigengutachtcns zwei Wege. Sie können endlich zu ehrlichen Wirtschaftsmethoden übergehen und im harten Kon- kurrenzkampf der deutschen Wirtschaft eine starke Stellung auf dem Weltmarkt zurückgewinnen und damit die Zukunft der deutschen Wirtschaft sichern. Sie können aber auch an den bisherigen Methoden festhalten dann werden die katastro- phalen Folgen zunächst im sozialen Leben in Deutschland   und in der UnHaltbarkeit seiner politischen Stellung in der Welt, und fernerhin im Niedergang der deutschen Wirtschaft zutage treten. 'Die deutschen   Arbeitgeberverbände wählen den zweiten Weg. Sie wollen das soziale Dumping und begründen es international mit fadenscheinigen Vorwänden: Dgs Gutachten widerspricht sich also selbst und irrt, wenn es glaubt, d'-e uns auferlegte Belastung könnte ohne erheblichen Druck auf die Lebenshaltung verwirklicht weiden. Die Putsche Arbeitgeberschaft weist darauf hm, daß dieser Druck bei den schweren Vorbelastungen der deutschen Wirtschaft infolge der terri- tcrmlen und wirtschaftlichen Verluste nach dem verlorenen Kriege auch schon ohne die Reparaticnslast eintreten mußt«. Sie sieht des- halb voraus, daß er bei der Ausführung des Sachverständigengut- achtens noch viel weniger ausbleiben kann und bis zur Unmog- lichkeit der Erfüllung verstärkt wird, wenn man uns durch internationale Vereinbarung noch die Möglichkeit der Pro- duktionsst.'igerunz durch längere Arbeitszeit nehmen sollte." Es ist der Wille der deutschen   Arbeitgeberverbände, den Druck auf die Lebenshaltung der arbeitenden Massen auszu- üben. Was ihnen vorschwebt, ist nicht nur die Hemmung des Ausstiegs der Arbeiterschaft durch wirtschaftlichen Druck, son- dem auch eine neue Form der Machtpolitir nach außen. Sie wollen auf Kosten der deutschen Arbeiter einen wirsschaftlichen Krieg mit der Waffe des sozialen Dumpings führen. Damit fetzen sie sich in vollen Gegensatz zu dem Geiste des Gut- achtens. Die Schrift der Arbeitgeberverbände über die Lohnpolitik, auf deren Einzelheiten wir noch eingehen werden, kündigt in der Vorrede die Absichten der deutschen   Arbeitgeberverbande offen an: Die Vorgänge in Genf  , das Verhalten der Te- w e r k f ch a f t« n, die offenbar ein Ziel ihrer Lohnpolitik überhaupt n cht kcrmen und ihren Beruf wie in der Inflationszeit, so auch bei den heutigen Verhältniffen lediglich in neuen Lohnbewegun- g e n zu erblicken scheinen, geben die Veranlassung, einen letzten Ver- such sachlicher Aufklärung über die Verhältnisse zu machen. Dies scheint um so notwendiger, als auch in der deutschen Oeffentlichkeit Stimmen laut werden, die sich gegen die Arbeitgeberschaft richten. Wir wenden uns deshalb mit unfevm Darlegungen an das gesamte deutsche Voik. Wir müssen verlangen, daß man stch in allen Teilen >-s Volkes über die Lasten und Gefahren klar wird, die die Erfüllung des Sachverständigengutachtens mit stch bringt." Das ist eine offene Kriegserklärung an die Ar- beiterschaft, die Einleitung zu einem Feldzug, der Lohndruck und Arbeit-zeitverlängerung zum Ziel hat. Bisher haben die
vie öüßerprozesiion Zu veurne. Ein flandrssches Volksfest. Von Carl Onno Eisenbart. Auf halbem Weg« zwischen Dixmuiden und Dünkirchen   liegt das alte flandrische Städtchen Veurne mit feinen kaum 7000 Ein­wohnern. In stillen Gassen und Gäßchen lohnen die schmalen und nicht selten infolge von Altersschwäche schief gesunkenen Häuser mit ihrem gleichmäßigen Dreisenstergesicht wie schlaftrunken aneinander, als müßten sie sich gegenseitig vor dem Umfallen bewahren. Ueber das erste Stockwerk sind sie meist nicht hinausgekommen, und diesem Obergeschoß ist ein rasch sich verjüngender Treppengiebel aufgesetzt, dessen lustiges Stufenzickzack sich in dieser Sphäre geruhiger Beschau- lichkeit fast wie Uebermut ausnimmt. Hier klebt ein Erker mit ver- ackterten Fensterchen und bunten, bleigefaßten Scheiben cm der Mauer, dort ein kaum aus der Fluchtlinie vorspringender Balkon, und an niederen Türen führt ein grobes holpriges Pflaster vorüber, aus dessen Ritzen eine Flora von Unkräutern und Gräslem sprießt.... * In merkwürdigem räumlichen Gegensatz zu dieser malerischen Enge steht der in riesigem Maßstabe angelegte schöne alte Markt- platz. Hier trifft die innerlich vornehme Gotik mit der prunkenden Renaissance seltsam zusammen. Aus den geschieferten Dächern in der Runde wachsen gigantische Türme heraus und tauchen, Hachaus- strebend, ihre Spitzen in den blauen Aether  . Der wuchtige Velfried, das alteßändhuis", das schöne, im 12. Jahrhundert erbaute Stadt- Haus, vor allem aber die aus dem 14. Jahrhundert stammende drei- fchiffige gotische Hallenkirche zu St. Nicolas, mit ihrem gewaltigen unvollendeten stumpfen Turm und die nicht minder imponierende Zeitgenossin zu St. Walpurgis, ein Bauwert, dem sein Meister Größcnverhältnisse von so außergewöhnlicher Kühnheit zugrunde legte, daß es bis auf den heutigen Tag seiner Vollendung entgegen- harrt alles das bildet in prächtiger Geschlossenheit den architekto- nischen Rahmen des Veurner Marktplatzes. Und dieser lichterfüllteGroote Markt" hat ewen seiner Haupt­reiz« darin, daß auf ihm die gleiche idyllische Ruhe und Abgestorben- heit herrschen wie in den winkligen Gassen. Nur einmal im Jahre, am letzten Sonntag des Juli, ändert sich das Bild. Da sehen die alten Türme von Veurne   eine leichte, luftige Zeltstadt zu ihren Füßen liegen und ihre Glocken kommen den ganzen Tag nicht zur Ruhe. Dieser Sonnlag trägt den NamenVeurne  " weit ins Land hinaus, und bei seinem Klange horcht das Volk hoch auf, als habe man es gerufen. « Vier Uhr nachmittag ist es. Dicht gedrängt umsäumen die Men- scheu den Marktplatz mit einem breiten bunten Band. Hoch über sich die unermüdlichen Glocken, deren schon als körperlicher Schmerz fühlbar gewordenen Akkorde immer wieher vom Winde auf die Menge hinunterglsstoßen werden wie eindringliche unerbittliche Mah- nungen. Plötzlich erfaßt ei-ne sieberhaste Erregung die Menschen- mauer. Einen Augenblick lang herrscht lebhaftes Gemurmel, Ferse- heben und Hälserccken und gleich darauf wieder tiefstes Schweigen in starrer, ehrfurchtsvoller Andacht. Si« naht: dt« große Pro- z e s fi o-n de r B-üche-r 1
Scharfmacher sich von den Lasten des verlorenen Krieges ge- drückt, und unter dem Vorwand der Unerfüllbarkeit der deut- schen Verpflichtungen die deutsche Arbeiterschaft verelendet. Nun ist diese Taktik am Ende, nun sollen sie selbst Lasten über- nehmen. In diesem Augenblick kündigen sie einen neuen Ver- elendungsfeldzug gegen die Arbeiterschaft an, der zurückwirken muß aus die sozialen Verhältnisse in allen Ländern. Dieser Feldzug mutet den deutschen Arbeitern Entbehrungen zu, die nicht einmal das Sachverständigengutachten von ihnen fordert. Das ist nationaler Verrat an der großen Masse des deutschen Volkes!' Die deutsche Arbeiterschaft wird gegen eine Verfälschung des Geistes der Gutachten im sozialreaktionären Sinne an- kämpfen. Sie wird sich nicht willenlos und kampflos dem Los fügen, daß ihr zwar nicht die Reparationsgläubiger Deutsch- lands, wohl aber die deutschen   Scharfmacher zumuten: den Paria der Welt zu spielen.
Agitation unü Wirklichkeit. Tie Tcutschnationalen und das Eisenbahngesetz. Die Deutschnationalen, die entschlossen sind, den Gesetzen zur Ausführung der Gutachten zuzustimmen, setzen einstweilen, um ihre Anhänger nicht zu sehr über ihren Umfall auszu- klären, ihre verlogene Agitation gegen das Gutachten fort. In derDeutschen Tageszeitung" schreibt ein gewisser Baron v. H o r st überDie Eisenbahnfalle im Dawes-Bericht". Seine Behauptungen unterscheiden sich von dem wahren Inhalt des Dawes-Berichts sa stark, wie sich die Agitation der Deutsch  - nationalen von ihrer wirklichen Politik unterscheidet. Er behauptet zunächst, im Berwaltungsrat von 18 Mit- gliedern, der feine Beschlüsse mit drei Viertel Majorität faßt, müßte Deutschland   immer überstimmt werden, da es nur fünf Stimmen führe, und da der von den Inhabern der Vorzugs- aktien gewählte Vorsitzende eine entscheioende Stimme habe, sei das Verhältnis immer 14: 5, das heißt, das Ausland habe immer die Majorität über die deutschen Stimmen. In Wahrheit schreibt der Dawes-Vericht vor, daß der Vorsitzende immer ein Deutscher sein müsse. Es muß also mindestens eine der vier Stimmen, die die Vorzugsaktien führen, eine deutsche sein: macht also minimal sechs deutsche Stimmen. Da der Vorsitzende ein Deutscher sein muß, ist also auch die entscheidende Zusatzstimme des Vorsitzenden eine deussche. Das ungünstige Verhältnis für Deutschland  ist also immer 12: 7, das heißt, Deutschland   kann niemals überstimmt werden gerade das Gegenteil von dem, was der Baron v. Horst behauptet. Er behauptet ferner, daß der Kommissar die deutschen Eisenbahnen verkaufen könne für den Fall, daß sie keine ge- nügenden Einnahmen erziele was auch entfernt von der Wahrheit ist, denn der Satz im Gutachten lautet: Wenn in irgendeinem Jahre die deutschen Eisenbahnen keine genügenden Einnahmen erzielen sollten, um die obigen Zahlungen zu ermöglichen(wobei vorausgesetzt wird, daß die Ge- sellschaft alle zu diesem Zweck verfügbaren Rück- lagen bis zu ihrer Erschöpfung heranziehen kann)".... Es handelt sich also nicht um die Einnahmen, sondern um die Erfüllung des Obligalionendicnstes. Deutschland   ist im Konfliktsfall außerdem durch ein Schiedsgericht geschützt. Es kann außerdem durch den Verkauf seiner Stammaktien sich die Mittel beschaffen, um die Obligationen zurückzukaufen und damit die Tätigkeit des Kommissars und der ausländischen Mitglieder im Verwaltungsrat zu beenden. Gestützt auf die falschen Behauptungen, ruft dieser Baron von Horst in derDeutschen Tageszeitung" pathetisch aus: Welche deutsche Regierung und welcher deutsche Ab- geordnete kann zu solchen Bestimmungen seine Unterschrift oder sein« Zustimmung geben?"
Es ist ein unvergeßliches Schauspiel! In endlos lecngem, tau- send Stockungen unterworfenem Zuge schleppen sich dieBüßenden" inmitten der die Monstranz begleitenden hohen Geistlichkeit über das Pflaster. Einförmiger Gesang und laute Gebete mischen sich mit dem Klange der Glocken zu einer eigentümlichen Sinfonie. Männer und Frauen sieht man mit gleicher Inbrunst vor aller Augen dos Werk der Buhe vollziehen, wenngleich das Recht der Gesichtsvermummung namentlich bei den männlichen Teilnehmern der Prozession au»- giebig in Anspruch genommen wird. Dennoch ist es ihnen ernst um ihre Aufgabe, und sie tragen stundenlang schwer« Heiligenfiguren, sehr massive Kreuze aus Holz und reichg-stickte bunte Seidenbanner unter fortwährendem Singen von Büßliedern durch das mittel- alterliche Straßengefüge. Der Vorschrift gemäß haben sie auf ihrem Wege mehrere Male zusammenzubrechen, ein Vorgang, der nament- lich an heißen Tagen nicht selten ohn« Zutun des Büßenden durch einen wirklichen Schwächeanfall hervorgerufen wird. Zu den lieb- licheren Bildern gehören die in sich geschlossenen Gruppen des Zu- ges, die Szenen aus der Bibel darstellen. Da sind die freundlichen Gestalten der biblische» Geschichte des Alten Testaments  : Abraham und Jakob, Josef und seine Brüder, David und Salomo   und selbst die Propheten. Weiter werden einzelne Begebenheiten cms dem Leben Jesu vorgeführt. Man sieht das Kind in der Krippe, die An- betung, die Flucht vor dem Hasse Herodes', den Einzug in Jerusa- lcm und Darstellungen aus der Leidensgeschichte. Immer neue singende und klagende Gruppen ziehen vorüber und es ist, als wür- den sie vorwärts getrieben von den schmerzhaften Stößen der ruhe- losen Glocken. * Erst gegen sieben Uhr abends ist die Bußprozession zu Ende. Umgeben von einer blauen Weihrauchwolte entschwindet die Geist­lichkeit in das mystische Dämmern des geössneten Portals von St. Ni- colas, und noch haben die Kirchenglocken nicht ausgeschaukelt, noch sind die Türen des Gotteshauses nicht geschlossen, da öffnen schon srech und aufdringlich die schrillen Klingeln der Karussells, des Zelt- kinos und der Damenringkampfbudc ihren geräuschvollen Mund und rufen alle, die da gekommen sind. Und im Nu ist eine echte flämische K i r m e ß mit all ihrer Urwüchsigkeit im Schwange. Da findet man weinrote trinksröhliche Gesichter, wie Frans Hels sie malte, da werden die Derbheiten eines Tcniers wieder leibhastig und lebendig, denn mit einer Ausdauer, die ihres gleichen sucht, wird ohne zeitliche Schranke gegessen, getrunken, gesungen� getanzt und geliebt. Urrd endlich ziehen durch das von Mondschein übergosiene nächtliche Veurne bedenklich schwankende Gestalten heimwärts, und der aus dem Schlaf geschreckte gutherzige Bürger lauscht grollend und mit verhaltenem Atem hinler seinem geblümten Bettvorhang dem heiseren Singsang: Lustig lesen Is onz' streven Op den dag van Pönitence.., was aus gut Deutsch   soviel bedeutet als: Am Bußtag laßt uns lustig sein! * Im Festefeiern tut« den Flandrischen so leicht keiner nach. Die virtuose Kunst der flämischen Volksseele aber, mystischen Jenseits- kult mit kraftstrotzender Weltkindhastigkeit zu verschmelzen, ohne daß eins das andere erstickt, gibt diesen Festen den starken Schwung und einen ganz eigentümlichen Reiz.
Welcher deutsche Abgeordnete? Die Deutschnatio- nalen! Sie sind entschlossen, ihre Zustimmung zu geben und sich in der parlamentarischen Stellungnahme von ihrer Agitation, deren Verlogenheit sie damit zugeben, ebenso zu unterscheiden, wie die Behauvtungen des Barons von Horstz sich von der Wahrheit unterscheiden.
Späte Erkenntnis. Torheiten und Landesverrat. Der Konfuziosus des Ex-Kronprinzen, Major a. D. A n k e r, hat mit derBerliner Börsen-Zeitung" dicke Freund- schaft geschlossen, seitdem er in einer Versammlung der deutsch- national gesinnten Juden, deren Leibblatt dieBBZ." ist, ein paar philosophisch-antimarxistische Redensarten abgelassen hat. In einem zwei Spalten langen Leitartikel dieses dem Format nach zweitgrößten Berliner   Blattes beschäftigt sich Herr Anker mit der jüngsten Schulddebatte im Reichstag und mit der Rede Scheidemanns und wirst dabei der Sozialdemo- kratie alles mögliche vor, auf das einzugehen sich wirklich nicht lohnt, zumal es von einer geradezu klassisch-militärischen Un­kenntnis der einfachsten politischen Tatsachen zeugt. Jnter- essant ist nur, daß Herr Anker von den durch Scheidemann an den Pranger gestellten Alldeutschen mit folgenden Worten abrückt: Unstreitig sind solche Torheiten von den Entente. Propagandisten weidlich ausgenutzt worden, und wir habe» alle Ursache in Gegenwart und Zukunft solchen Schreihälsen bei uns stets umgehend eins auf den Schnabel zu geben. Auch und gerade von nationaler Seite muß das geschehen, denn in ihrer Wirkung sind nationalislifche Rodomdnladen einfach landesverräterisch: heute mehr als je." Hätte der hohe Chef des Herrn Anker v o r z w ö l f Jahren die Torheiten dieser Schreihälse zurückgewiesen, dann wäre er heute wohl nicht Kronprinz a. D. Statt dessen gefiel sich der hohe Chef in demonstrativen Beifallskund- gedungen für die größten Idioten der Alldeutschen, als deren Oberhaupt er infolgedessen in der ganzen Welt angesehen wurde. Diese Schreihälse haben Deutschland   in den Ruf eines tollwütigen Raubtiers gebracht und die Tassachen ihrer Unter- stützung durchhohe und höchste" Kreise hat in Millionen Menschen die Ueberzeugung entstehen lassen, daß Deutschland  einen Eroberungskrieg wollte. Die Schuld dieser Leute zu vertuschen hat die Sozialdemokratie weder das Recht noch die Veranlassung. Und trotzdem ist es gerade diese Gesellschaft, die am lautesten die völlige Unschuld Deutschlands   proklamiert! Im übrigen: wir verzeichnen mit Befriedigung das Ein- geständnis einesnationalen Mannes", daß nationalistische Rodomontaden immer und heute mehr denn je Landes- verrat sind. Wir stellen aber fest, daß entgegen dem Wunsche des Majors a. D. Anker dieser Landesverrat von der Rechtspresse niemals getadelt, sondern stets getrieben und gefördert worden ist._
Leipziger Schilöbürgerftreich. Leipzig  , 81. Juli.  (Eigener Drahtbericht.) Einen geradezu unglaublichen Streich leistete sich am Donnerstag die Leipziger Kriminalpolizei. Ein Kriminalkommissar und zwei Kriminal- schutzlente verhafteten nämlich den Dichter Ernst Toller  , der zur Sozialistischen Kulturwoche hier eingetroffen ist. Die Verhaftung wurde begründet mit dem München   er Fahndungsbefehl von IS 18 und mit einem skandinavischen Steckbrief gegen einen Mann mit ähnlichem Namen. Der Kriminalkommiffar, der offenbar nichts davon gehört hat, daß jener Münchener Fohndungsbetelil durch die Verbüßung einer fünfjährigen FestungSslrafe erledigt ist, ließ sich nicht abweisen, und Toller wurde ins Polizeipräsidium gebracht. Wie dieLeipziger VolkSzeitung" meldet, hat der Polizeipräsident sodann die Berhoflung rückgängig gemacht.
/lrbeiterbibliothekarkonferenz in Tinz  . Im Anschluß an einen Bibliothekarkursus fand am 28. und 27. Juli in der Heimvolkshochschule Tinz   eine vom Reichsausschug für sozialistische Bildungsarbeit einberufen« Konferenz der Arbeiter- bibliothekare statt, die vom Gejchästsführcr des Reichsausschusses Gen. W e i m a n n geleitet wurde und in der ungefähr SS Leiter deutscher Arbeiterbibliotheken sowie Vertreter des Reichsausschuffes und des ADGB.   teilnahmen. Eingeleitet wurde die Konferenz durch zwei instruktive Vor- träge. Der Münchener Arbeiterbibliothekar Gen. Setzer sprach über sozialistische Bildungsarbeit und Büchereiwesen, der Leiter des thüringischen Bildungswesens Gen. H e n n i g über unser Verhäli» nis zur Bildungsarbeit von Staat und Gemeinde. Danach wandte sich die Konferenz ihrem eigentlichen Behandlungsgegenstand zu. Der Reichsausschuß hatte einen Plan zur Errichtung einer Bücherei, zentrale ausgearbeitet, der nach längeren erläuternden Dar» legungen vom Gen. W« i m a n n und vom Arbeiterbibliothekar W a c l a w i a k- Berlin von der Konferenz in ebenso sachverstän- diger wie gründlicher Aussprache durchberaten wurde. Danach soll die zu gründende Büchereizentrale folgende Aufgaben haben: Sichtung und Ordnung des gesamten Schrifttums, Wissenschaft» lich-literarische Auswahl und Charakteristik der für die Arheiier. bücherei in Betracht kommenden Literatur, Bearbeitung eines Füh- rers durch das gesamte Schrifttum. Für diese Tätigkeit sind soweit als möglich anerkannte sozialistische Fachleute zu gewinnen. In Verbindung mit der wissenschastlichen literarischen Buchberatung zen­traler Einkauf der wichtigsten Bücher soweit sie für die Arbeiter- büchereien in Betracht kommen. Herausgabe einheitlichen iechni- schen Materials für die Büchereien. Registrierung aller Arbeiter- büchereien, Fühlungnahme mit den Bibliothekaren durch Bezirks- konferenzen, Beranstaltunq von Vorträgen und Kursen zur Schulung der Bibliothekare. Die Arbeiterbüchereizentrale wird dem Reichs- ausschuß für sozialistische Bildungsarbeil angegliedert. Zur Be- ratung und Unterstützung der Geschäftsführung wird ein Bücherei- arbeitsrat von 7 Bibliothekaren gebildet. Ein engerer Ausschuß von 3 Bibliothekaren hat mit den Geschäftsleitern alle einschlägigen Büchereiaufgaben vorzubereiten, die dann dem gesamten Beirat zur Beschlußfassung unterbreitet werden müssen. Als Berater wird außerdem je ein Vertreter des ADGB  . und des Parteibuchhandels beigeZogen. Weiter beschäftigte stch die Konferenz mit der Frage, wie die erwähnte, voraussichtlich vom Oktober ab erscheinende Kultur- Zeitschrift unsere Bibliotheksarbeit theoretisch und praktisch fördern könne. Die Aussprache zeitigte eine Fülle wertvoller, aus der langjährigen Erfahrung dieser Pioniere unseres Arbeiterbildungs- ivesens geschöpften Anregungen zur Ausgestaltung und Vertiefung unserer sozialistischen Bildungsorbeit. Einmütig war man der Aus- faffung, daß sowohl der politische wie der wirtschaftliche Aufstieg der Arbeiterklasse in letzter Instanz von den Massen abhänge, indem es uns durch unsere Bildungsbestrebungen gelinge, die svzialiltisch« Ueberzeugung unserer Anhänger zu vertiefen und den sozialistischen  Anschauungen in immer breiteren Massen der Arbeiterschaft Bahn zu brechen. Es fei deshalb die Pflicht der leitenden Körperschaften der Partei und Gewerkschaften, diesen Bestrebungen, in deren Mittel- punkt die Propaganda für unser Schrifttum stehe, möglichst weit« gehende Fördcrnngen angedeihen zu lassen. Insbesondere erwarte.