schöpferischen Ruftürmillen zu weden, das organeten hoeßsch am 26. Juli im Reichstag bedeutet den offiziellen
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Abmarsch der Partei in das Lager der Erfüllungspolitik." Wulle belegt seine Behauptungen über den Umfall der Deutschnationalen mit Einzelheiten aus den Ausschußverhandlungen des Reichstages.
Die Landwirtschaft verlangt... Die ministerielle Dienstauffassung der Agrarier. Wir haben gestern der Berichtigung des preußischen Land. wirtschaftsministers Dr. Wendorff an die„ Deutsche TagesWer in den Ausschüssen zu tun hatte, konnte dauernd in der beugung Wendorffs vor den Agrariern nun von ihm legten Zeit feststellen, daß die Deutschnationalen die einzigen ftrammiter Gehorsam und Rückkehr zum Dienst für die Schutz„ Wer in den Ausschüssen zu tun hatte, fonnte dauernd in der zeitung" die Bemerkung hinzugefügt, daß nach der ersten Berzuverlässigen Stüßen der Regierung Martzöllner gefordert werden würde. Diese Voraussage hat sich Stresemann geworden sind. Alle weitergehenden sozialen schon bestätigt. Die Deutsche Tageszeitung" präſenAnträge, die zum Teil sogar von den Regierungsparteien angenom fiert dem Minister folgenden Barolebefehl: men worden waren, wurden durch die Deutschnationalen niedergestimmt, die dem Reichsfinanzminister Dr. Luther bei den Beratungen förmlich die Gegengründe in den Mund legten und mit wahrem Entfehen unsern Antrag niederstimmten, wonach der Etat für die Durchführung des fog. Friedensvertrages( 640 Goldmillionen Mark) zu streichen sei und die
nische Werden der neuen Kultur tatkräftig zu fördern, ist die Aufgabe der kulturellen Arbeit der Gegenwart. Ihr will die erste sozialistische Arbeiter- Kulturwoche in Leipzig dienen, in der zum erstenmal alle die bisher getrennt arbeitenden Organisationen in eine zunächst lose Fühlung miteinander treten. Noch ist es nicht Zeit, ein organisatorisches Gerüst zu konstruieren, weil es in die Wolken hineingebaut werden müßte. Noch sind die Arbeiten der„ Kulturwoche" werden müßte. Noch sind die Arbeiten der„ Kulturwoche" nicht in die Geschloffenheit einer„ Tagung" zusammengepaßt. Noch tagen sie neben einander, nicht miteinander: die Bildungsausschüsse der Partei, der Gewerkschaften, die Kinderfreunde, die Lehrer, die Studenten, Sänger und Sportler, Jugend und Jungsozialisten. Aber daß sie alle diese Anregung einer gemeinschaftlichen Kulturwoche so lebhaft aufgegriffen und- aller geführt haben, beweist doch, daß das Gefühl der 3ufam deutschen Boltes, insonderheit zur Hebung der sozialen Not und für Herr Dr. Wendorff allein schon im preußischen, Rabinett Gelegenheit mengehörigkeit nunmehr lebendig geworden ist und nach einem organisatorischen Ausdruck sucht.
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Der Weg mag noch lang sein, an dessen Ende die dritte Säule der Internationale steht. Aber wir sehen ihn. Wir wandern schon auf ihm. Und wir warten und arbeiten, arbeiten und warten, bis die gesamte Kulturbewegung aus innerer Begründetheit dem nationalen und internationalen Zusammenschluß zustrebt. Die erste sozialistische Kulturwoche ist ein verheißungsvolles Zeichen.
Deutschnationale als Regierungspartei.
Wulle entlarvt fie als Erfüllungspolitiker. Als die Deutschnationalen gar nicht mehr wußten, wie sie ihren Um fall von nationaler Opposition zu regierungstreuer Erfüllungspolitik" verschleiern sollten, erfanden sie die schöne Theorie, nach der nicht fie, sondern die anderen, die Regierungsparteien, ja fogar die Sozialdemokraten um
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gefallen seien. Ihre jeden Tag wechselnden Formulierungen über die sogenannten Ehrenpunkte wurden von ihnen abficht lich so gefaßt, daß an sich jeder Mensch bereit sein mußte, für die Durchsetzung dieser Bedingungen einzutreten, waren es doch zum größten Teil Selbstverständlichkeiten oder Bedingungen, die durch das Dawes Gutachten selber vorgeschrieben find. Jedenfalls: das Entscheidende war, daß die Deutschnationalen das Sachverständigengutachten als solches jetzt anzunehmen bereit sind und daß das Jonglieren mit Bedingungen nur die Bedeutung einer obligaten Rückzugstanonade ad usum Delphini hat, das die Wählermassen beschwindeln soll. Gott sei Dant: die Hüter deutscher Ehre schlafen und schlummern nicht. Wulle wacht. Er reißt rücksichtslos den Deutschnationalen die Maske vom Gesicht. In einem Artikel der ,, Mecklenburger Warte" stellt er wie wir glauben, nicht mit Unrecht fest, daß die Deutschnationalen ihr Anwachsen bei den Wahlen lediglich ihrer skrupellosen Agitation gegen das Sach verständigen gutachten verdanken. Jezt aber ist die Schwenkung der Deutschnationalen nicht mehr zu verbergen!
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" Die Blütenträume sind grausam zerstört. Die Leitung der deutschnationalen Fraktion ist von dem flaren Standpunkt während des Wahlkampfes abgewichen, fie erklärt das Gutachten für eine Verhandlungsbasis, wenn gewiffe Ehrenpunkte er füllt werden. Damit geht sie am Kern der Frage vorüber. Nicht die Beseitigung dieser oder jener unerträglichen Zustände ist das Wesent liche, sondern die Tatsache, daß dieses Gutachten der teuflischste Plan ift, der jemals erfonnen ist, um ein Bolt bis zum letzten Blutstropfen auszufaugen. Das hat kein anderer wie helfferich mit der ihm eigenen Klarheit erkannt, als er das Gutachten das zweite Ver sailles " nannte, und alle Wohlgerüche Arabiens schaffen die Tatsache nicht aus der Welt, daß die Deutschnationalen mit der Annahme des Gutachtens als Verhandlungsbasis fich offen zur Erfüllungs politik bekannt haben. Die Rede des deutschnationalen Abgeord
die Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen, zu verwenden feien. Graf Westarp erklärte, grundfäßlich stimmten die Deutschnationalen uns zwar zu, man müsse aber doch erst London ab= warten. Das ist flipp und klar das Bekenntnis zur Er: füllungspolitit, denn die Konferenz in London mag ausfallen, wie sie will, fie bedeutet die Berewigung der Erfüllungspolitik und die Anerkennung der deutschen Verpflichtung zu ungeheuerlichen Zahlungen."
Wulle weist nach, daß die Deutschnationalen dem Not etat geschlossen zugestimmt haben, der in dem allgemeinen Wirrwarr der Abstimmung bekanntlich von der sozialdemokra tischen Fraktion abgelehnt wurde. Damit ,, haben die Deutschnationalen buchstäblich die Regierung Marg Strefemann gerettet, die gleiche Regierung, bei deren Bildung die Deutschnationalen ihren Uebergang zur nationalen Opposition erklärten". Boller Entsetzen stellt Wulle fest, daß die Deutschnationalen durch ihr Verhalten sich damit auf den Boden der Erklärung der Regierung Marg gestellt haben, die den Versailler Friedensvertrag als Rechts grundlage und Verständigungsbasis anerkennt. hat doch Mary in seiner amtlichen Erklärung vom 12. Juli gesagt: A
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„ Wir wollen wieder vertragsmäßige Zustände; wir wollen wieder, daß der Versailler Bertrag und das Rhein . Tanbabkommen voll in Kraft gefeßt werden und die Rechtsgrundlage bilden, auf der wir uns mit unseren ehemaligen Gegnern in ehrlicher Berständigung zu beiderfeitigem Nußen auseinandersetzen können."
Das Urteil ist fertig:
„ Das deutsche Volf ist um eine Hoffnung ärmer. Die Deutsch nationale Volkspartei ist nicht mehr die Partei der natio nalen Opposition, fie gehört von jetzt ab zur Erfüllungsmehrheit."
die" Abgabe einer platonischen Erflärung, sondern „ Schließlich genügt für einen Minister in solchem Fall nicht wendig und richtig Erkannte mit allem Nachdruck eintritt es tann mit Fug von ihm erwartet werden, daß er für das für notund gegebenenfalls fämpft. Zur Ausübung solcher Tapferkeit hätte Der Zollvorlage im Staatsministerium das Feld überlassen hat, mit daß er den Feinden dem ersten Ergebnis einer weiteren Verschleppung, darauf ist hier schon hingewiesen worden. Die Landwirtschaft verlangt
in solcher Situation, wie sie ihr jetzt auf den Hals geladen ist, nicht nur platonische grundsätzliche" Zustimmung zu ihrer Forderung, sondern deren praktische und nachdrückliche Betäti
gung."
Nun weiß Herr Dr., Wendorff Bescheid. Damit er sich über seine Pflichten ja nicht irrt, liest ihm die„ Kreuz= zeitung " noch ein Kolleg über agrarische ministerielle Dienstauffassung:
Herr Wendorff hätte aber angesichts der auch ihm bekannten Sabotageabsichten der Sozialdemokratie gegenüber der Zollvorlage feinen Urlaub ruhig um einige Tage verschieben tönnen. Daß er es nicht getan hat, zeugt zum mindesten von einer eigentümlichen vor der Revolution unbekannten mini.. steriellen Dienstauffassung."
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war's vor der Revolution und so wollen es die Agrarier wieder Die Agrarier pfeifen, und die Minister gehorchen haben. Herr Dr. Wendorff ist zwar Schutzöllner, aber er ist Demokrat, ist republikanischer Minister, und er wird Charakter genug haben, um die agrarische Unverschämtheit anders zu beantworten als ein Minister des alten Regimes.
Die luftige Geschichte einer Lebensrettung. Das„ Berliner Tageblatt" veröffentlicht die Zuschrift des Lebaer Badearztes Dr. Posner, der vor einigen Tagen den guten Knüp pel- Runze aus dem Wasser gezogen und ihm dadurch das Leben gerettet hat. Er bittet, sein Verdienst nicht zu übertreiben und schildert dann in außerordentlich launiger Weise die einzigartige. und föstliche Situation, wie der teutsche Arier Richard Kunze von
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Ich hatte es noch nicht ganz ausgesprochen, da hing er schon
Bulle bestätigt damit nur das, was die Deffentlichkeit einem Juden aus dem Waffer gezogen wurde. Er schreibt: Richtig ist nur, daß ich ins Wasser ging, um ihn zu retten; längst weiß, was noch viel mehr in die Massen des Volkes da unser Bademeister auf dem Posten war, wäre die Rettung auch hinausgetragen werden muß: die Deutschnationalen haben in ohne mich gelungen. Die ganze Sache ist nicht der Rede wert, da der übelsten und verlogensten Demagogie unter Ausnutzung ich, mit jedem Sturm vertraut, mich nicht in die geringste Gefahr der Unterstützung, die sie von Poincaré erhielten, begeben habe. Kunze badete an einem Tage, an dem ein fehr die Verzweiflung der Massen ausgenutzt. Sie haben beschwerer Nordweststurm herrschte; die Strömung war rafend. Aber wußt und wider befferes Wissen einen Bruch mit Kunze tanzte so arglos mitten ins Wasser hinein, daß ich sofort zu der Erfüllungspolitik und die Ablehnung des Dames- Gut- meiner Frau sagte: Der wird abgetrieben. achtens versprochen. Sie benußen die erste Gelegenheit, die sich ihnen bietet, um auf diese Versprechungen zu pfeifen, nur weil sie hoffen, ihre wirklichen Ziele erreichen zu tönnen: auf den Krüden des Bürgerblods die alte foziale und politische Bormachtstellung der wilhelminischen Periode für Junter, Generale und Schwerindustrielle wieder her zustellen. Ihnen ist das nationale Geschrei ebenso wie ihre scheinsozialen Agitationsredensarten nur Mittel zum 3wed. Die Nation ist ihnen nichts, der Geld: ad alles. Sie vergessen bei dieser ebenso plumpen wie dummen Spefulation nur das eine, daß die Folgen dieser Manöver sich gegen sie selber richten müssen.
Die Volksbüchereien in Dänemark durch ihn hat die dänische Boltsbüchereiarbeit ein einheitliches Ge
Als das klassische Land der Volkshochschule hat Dänemart seinen unbestrittenen Ruhm. Daß es in jüngster Zeit aber auch auf dem Gebiete des Volksbüchereiwesens Mustergültiges geleistet hat, ist eine Tatsache, der noch längst nicht genügend Beachtung gefchenti worden ist. Diese fulturpädagogische Leistung eines kleinen Staates verdient um so mehr Anerkennung, als fie in einer verhältnismäßig furzen Zeitspanne, in rund dreißig Jahren, zustande gebracht worden ist und auf keineswegs günstigen Voraussetzungen fußen fonnte. Denn gerade dem Ansehen der Volkshochschulen, wo das gesprochene " lebendige Wort" als Lehre herrschte, war es zuzuschreiben, daß der ,, tote Buchstabe" der Bücher gering geachtet wurde. Der restlosen Arbeit eines Mannes und ihrer verständnisvollen Förderung durch den Staat haben es die Dänen hauptsächlich zu verdanken, daß aus den sechs Kopenhagener Volksbüchereien am Ende des vorigen Jahrhunderts heute ein wohlgefügtes, über das ganze Land verbreitetes System dieses Hauptzweiges aller Volksbildungsarbeit sich entwickelt hat. Was Grundtvig für die dänische Volkshochschule war, ist Prof. Steenberg für das dänische Büchereiwesen. Seiner rastiesen Agitations- und Organisationstätigkeit verdankt es feine heutige Blüte. Steenberg ging aus von dem Verhältnis des Kindes zum Buch und suchte in ihm zunächst die Bedeutung des Lesens zu verankern. Die Lehrer, und insbesondere den jungen Lehrernach wuchs, fuchte er in seinem Sinne zu beeinflussen und die Frage von Schülerbüchereien auch an Volksschulen in Fluß zu bringen. Schließlich gelang es ihm, hierfür einen regelmäßigen Staatszuschuß zu erhalten und 1917 die Gründung eines Vereins für Schülerbüchereien zu veranlassen. Durch diese zunächst schulmäßigen Bemühungen machte er auch die Deffentlichkeit darauf aufmerksam, weich ausgezeichnete Werkzeuge die öffentlichen Büchereien und ihre Fachbibliothekare für des Volkes geistige und materielle Entwicklung seien. So begann er darauf seine voltsbibliothekarische So begann er darauf seine voltsbibliothefarische Agitation, in der er von dem englisch - amerikanischen Vorbild ausging, vor allem in den Provinzstädten. Im Anschluß an feinen Bortrag wurde gewöhnlich ein Ausschuß gebildet, der die Einrichtung einer Bücherei am Orte vorbereitete; es wurden Gelder und Bücher gesammelt, ein Büchereiverein gegründet und eine Ausleihe eröffnet, zu deren Unterhalt die Stadt bald einen wesentlichen Zuschuß zu bewilligen pflegte. Hinzu kamen seit dem Jahre 1897 die staatlichen Zuschüsse, mit denen seit dieser Zeit außer den Kreisbüchereien auch die kommunalen Büchereien unterstützt werden sollten. Aus dem Ausschuß, der über diese Gelder verfügte, entwickelte sich der Staatliche Büchereiausschuß, der seit 1910 in Kopenhagen ein eigenes Bureau unter der Leitung Steenbergs innehat und feit 1920 nach Annahme des Büchereigesetzes als„ Büchereirat" zusammen mit der„ Büchereiaufsicht" das dänische Büchereiwesen leitet. Er ist für die weitere Ausbreitung der dänischen Bolfsbüchereibewegung von weittragender Bedeutung gewesen. Er gab die Regeln für die Einrichtung und den Betrieb von Büchereien heraus, ferner eine Reihe von Handbüchern über bibliothefarische Einzelfragen, richtete Ausbildungslehrgänge für Büchereileiter ein und setzte schließlich
die Gründung einer Büchereischule in Kopenhagen durch. präge und dadurch eine größere Stoßfraft als z. B. bei uns erhalten.
Als wichtige Glieder in dieser kraftvollen Entwicklung der dänischen Volksbüchereiarbeit sind von Bedeutung die Gründung der Staatsbücherei zu Aarhus , die sich besonders auch der volts. bibliothefarischen Arbeit annahm, ferner im Jahre 1905 der zu fammenschluß aller staatlich unterstützten Bolfs- und Jugendbüchereien zum Verein Dänemarks Boltsbüchereien", der vor allem den Büchereien Rabatt bei den Verlegern verschaffte und sich im Jahre 1920 mit dem zur Vertretung der Fachbibliothekare gegründeten Dänischen Büchereiverein zu„ Dänemarts Büchereiverein" verschmolz. Ein wesentlicher Anstoß ging ferner aus von der auf der Landesausstellung zu Aarhus im Jahre 1909 errichteten Musterbücherei und der daselbst tagenden Bibliothekarversammlung. Nach ähnlichen Gesichtspunkten ging etwas später der Stadtbibliothekar Aarbo in der Hauptstadt vor, deren Einrichtung dann wiederum bald für das ganze Reich vorbildlich wurde. Besonders geschah dies durch die Einrichtung von Zentralbüchereien in größeren Provinstädten, die fachlich ausgebildete Bibliothekare erhielten und den einzelnen Kreisen mit ihrem Bücherbestand und durch Beratung dienten. Ihre staatliche Befestigung fand diese Entwicklung des dänischen Bolts büchereiwesens im Jahre 1920 durch die Annahme des Bücherei die allgemeine Volksbildung und die wissenschaftliche Arbeit fördern, gefeges. Das Gefeß befaßt sich mit fämtlichen Büchereien, die einerlei ob sie fommunale, private oder Vereinsbüchereien sind. Der Staat tann ihnen einen Zuschuß für die Einrichtung gewähren und eine jährliche Beihilfe bis zur Hälfte der Ortszuschuffes. Schon jetzt ist die außerordentliche Wirkung des Gesezes erkennbar in dem bedeutenden Anwachsen der Staatszuschüffe( von 190 000 kronen im Jahre 1919 auf 465 000 kronen im Jahre 1921/22) und der örtlichen Zuschüsse( von 300 000 kronen auf 605 000 kronen in der gleichen Beit) und der Ausleiheziffer auf über drei Millionen, alles ohne Eindes Landesetats ist und deren Ausleihe diesem Verhältnis ziemlich beziehung der Kopenhagener Büchereien, deren Etat gleich der Hälfte genau entspricht.
Schamgefühle.
Bon Klompen mader.
Magdeburg ist bekanntlich in einen Farbentopf gefallen. Das fieht ganz luftig aus. Budem: Man hatte es auch nötig. Natür lich find noch Mänget dabei. Es ist zu fühlen, es geschieht meist aus Ueberzeugung, aber Bedürfnis sind die Farben, die Kinder des Lichtes noch nicht überall.
hing dabei, So philofophierte ich, im wartenden Zug, mein Oberförper den Rahmen gut füllend, aus dem Fenster 2 × 2. Klasse. Ich fühlte schon die Abfahrt nach Berlin . Da lief mir plöglich ein mindigeiliges Männchen mit einem blauen Atten deckel unterm Arm ins Blickfeld. Zum Teufel, das war ja der leib hafte Aftuarius, die personifizierte Bureaukratie, das Bünktchen am Baragraphenschwanz! Hinter ihm drängten fich zwei Grüne, jeder hatte einen Zivilisten an der Handfessel. Dann fam, eilig im Ge
sid
an dem Drahtseil, das die Badeanstalt umschließt. An diesem halle er sich ohne weiteres entlangziehen und retten tönnen, wenn er nichtg völlig den Kopf verloren hätte. Er biteb am Geil hängen, rief mr Holt mich doch," und verlor die Badehose. Das ist der ganze Eachverhalt. Ich habe ihn dann noch in ein Badetuch gewickelt, damit er fich vor den Menschen nicht unverhüllt zu zeigen brauchte. Kurze hätte teinen Retter gebraucht, wenn er den Unterschied zwischen der stürmischen See und einer politischen Versammlung erfaßt hätte: in der See muß man den Mund zu machen und etwas fun, Dinge, die nie getan werden dürfen, wenn der Staat Bestand haben in seinen Versammlungen eißt man ihn auf und redek foll. Schließlich ist noch zu berichten, daß Kunze es nicht der Mühe für wert gehalten hat, fich zu bedanken, ferner, daß er sich wirklich fpäter, als er wieder der große Kunze war, erkundigt hat, ob ich
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wühl vorwärtsdrängend, ein Kriminaler ich nehme an, es war einer, denn er zerrte einen großen, stattlichen Menschen in Zuchthausdrillich hinter sich her. Dieser schaute geradeaus, in den Horizont, über die Köpfe der neugierig und gruselnd starrenden Menfchen hinweg. Er mochte sich in den Blicken der Umstehenden vielleicht nicht spiegeln wollen da schwenkte der blaue Aftendeckel, er war auf dem falschen Bahnsteig. Die Prozession mußte den Spießrutenweg zurück. In diesem Augenblick lachte der Zucht häusler auf; leises Rot stieg ihm vom Gesicht bis tief in den freien als und stierftarten Raden. Er wollte die Situation wohl komisch finden, weil sie ihm gar nicht gleichgültig war.
Mir erschien das Schamrot des Zuchthäuslers wie ein plötz lich aufspringendes Problem: Warum genierten sich nicht die müßigen Gaffer, warum schämte sich der Drillichmann über die Neus gierigen, warum schämte ich mich?
Ich fürchte, Tauts sämtliche Farbentöpfe reichen nicht aus, um schmutzige Menschen innerlich sauber zu machen. Echt war auf dem Magdeburger Bahnhof jedenfalls nur eine Farbe: Das Scham rot des Zuchthäuslers.
Hundert Jahre nervös". Jm 18. Jahrhundert hatte der Ausdrud" nervös", wie auch das lateinische„ nervosus" und das fran zösische nerveux", durchaus noch die Bedeutung fehnig... fraft, poll". Ein nervöser" Mann war damals also ein nervenstorfer mittlung zum Begriff„ nervenschwach" geschieht durch die mediMann; 3. B. Waffenschmiede nervöse, rußige Rerle"! Die Ver. zinische Wortbildung. In einem Auffah Goethes über das menschliche Auge aus dem Jahre 1824 findet sich der Gaz:„ Das Blendungsbild pflegt bei nervöser Stimmung in afthenischem(= matten) Zustande länger wachzuhalten!" In der Folgezeit steigerte sich das Interesse für die Bezeichnung frankhafte Nervenzustände durch das Wort„ nervös" dauernd. Besonders die unbefriedigten, negierenden, -mit einem Wort selbst nervösen" zwiespältigen Schriftsteller des Jungen Deutschlands brachten den Ausdrud„ nervös" bzw. in Aufnahme. In wenigen Jahrzehnten drang er dann in Novellen, Nervofität" für ohnmächtige Erschlaffung und frankhaffe Unruhe Dramen, Romane, ja selbst in die Lyrik ein und machte sich auf diefen Gebieten unentbehrlich.
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In der allerlegten Zeit verbindet man nicht immer mehr einen nachteiligen Sinn damit. Wenn man", schreibt Ladendorf , das Automobil als ein„ nervöses" Fahrzeug bezeichnet, so will man domit doch nicht seine Untauglichkeit, sondern seine Feinheit, feine Fähigkeit zum schnellen Eingehen auf den Willen des Lenkers hervorheben; und" nervöse" Feinheit japanischer Zeichnung und japaninischen Kolorits foll doch offerbar ein Lob für die gesunde Sinnlichkeit der Japaner bedeuten, welche für die zartesten Reize von Farbe noch empänglich sind."
So erscheint es nicht ausgeschloffen, daß unsere Sprache durch des Ausdrucks nervös" zurückkehrt! einen abermaligen Bedeutungswandel zu dem ursprünglichen Sinn
bardtsbrunn bei Friedrichroda statt. Die Leitung hat Dr. chem. Frik Eine biologische Woche findet vom 15. bis 22. Auguft auf Schloß Rein Rauffungen, St. Gallen . Thema: Der Entwidlungsgedanke im Bandel der Beiten Anfragen bis zum 5. Auguft an die Bollshochschule Thüringen , Jena , Carl- Beiß- Blat 3.