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Hinterbliebenen, in Ehrfurcht neigen wir uns vor den Heldentaten unseres Volkes in Waffen und vor der duldenden Standhaftigkeit der Heimat, vor dem beispiellofen Opfermut und dem fast übermenschlichen Dulben unserer Nation im Kriege. Zugleich ein Tag des Dantes ist der heutige Tag. Wir wollen diesen Dant abstatten auen denen, die für Deutschland Gut und Blut hingegeben haben, abstatten nicht in Worten, sondern den Toten in schweigendem Gedenken, den Lebenden in linderndem Tun. In heißem Danke für ihre Treue geht unsere Sehnsucht zu den Brüdern, die ihre Heimat oder ihre Zugehörigkeit zum Reiche hingeben mußten. Nur zur Verteidigung der bedrohten deutschen Heimat hat Deutschland vor zehn Jahren die Waffen ergriffen; in diesem Bewußtsein haben mir den langen Krieg geführt, und nur diefer Geist fonnte uns bie gewaltigen Opfer ertragen lassen, die alle Kreise unseres Volkes an Gut und Blut bringen mußten. Das, mas das deutsche Bait seit 1914 um feines Deutschtums willen gelitten und geleistet hat, tann nicht verloren fein. Und deshalb ist der heutige Lag auch ein Tag der Hoffnung auf ein lebens- und kraftvolles Deutschland ! Trch allen Stürmen der letzten Jahre ist uns das Reich erhalten geblicben. Wir geloben heute, daß an diesem Bau nicht gerüttelt werben darf, daß wir alle unfere Kraft einfegen wollen, damit Deutsch land den Plag unter den Völkern der Erde wieder einnehmen kann, der ihm gebührt. An diesem Ziele mitzuarbeiten, ist Pflicht eines jeden Deutschen , ist eine Ehrenpflicht gegenüber den Brüdern, die ihr Leben hingegeben haben in Berteidigung der Heimat, ist vor allem eine Ehrenpflicht der deutschen Jugend. So soll der Geist der Toten lebend bleiben in uns allen, im ganzen deutschen Volke. Es ist heute der Ruf hinausgegangen an das deutsche Bolt, unseren Toten ein würdiges Dentzeichen zu errichten. Aber darüber hinaus wollen wir dem Gedächtnis unserer Toten und unserer Opfer ein Denkmal bauen, dauernder denn Erz: das freie Deutschland !"
Die Rede des Reichspräsidenten wurde mit stürmischem Beifall aufgenommen. Darauf formierte sich die Reichswehr zur Trauerparabe, und eine im Luftgarten aufgestellte Batterie schoß Trauerfalut. Cire Ropelle spielte„ Ich hatt' einen Kameraben". Um 12 Uhr brach die Musit ab: es folgten 2 Minuten stillen Gedentens. In dieser Zeit sollte in Berlin der Gesamtverkehr ruhen. Die Menge stand entblößten Hauptes. Diefen Augenblick benutzten
die Kommunisten,
bie gestern für ihre eigenen Zwede Versammlungen einberufen hatten, zu einem Bersuch, diese Feier zu stören. Sie fangen die Internationale, warfen Flugzettel in die Meifen und veranlaßten die Schupo zum Einschreiten. Es wurden nicht weniger als 46 von ihnen verhaftet. Die Ausführung des fommunistischen Planes ließ die Parteileidenschaften im Augenblid aufflammen. An einzelnen Stellen gab es Prügeleien, die nicht zum Vorteil der Kommunisten ausgingen. Die Rote Fahne " glaubt heute einen Erfolg der Kommunisten feststellen zu fönnen. Sie befindet sich im Irrtum. Der einzige Erfolg war ber, daß die KPD. - Arbeiter, die ihr immer noch vertrauensselig nachlaufen, mit der Staatsgewalt in Konflift gebracht wurden. Im übrigen war die Menschenmasse und der Platz, den sie einnahm, viel zu groß, als daß die Kommunisten mit ihren schwachen Kräften die Beranstaltung hätten stören fönnen. Nach der offiziellen Trauerfeier wurde ein Schupobeamter hinterrücks durch Messerstiche im Rüden und an der linken Hand fowie am Kopf schwer verlegt. Die Beranstaltung der Reichsregierung wurde mit dem DeutschlandLied geschloffen, nachdem der Reichspräsident entblößten Hauptes am Ralafalt einen Eichenkranz niedergelegt hatte.
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Auch
Das Reichsbanner Schwarz Rot Gold hatte fchet feit langem ben Beschluß gefaßt, fich an dieser Feier offiziell zu beteiligen. Die Erffärung des Berliner Bezirksvorstandes und der Gemerfichaften brachte es mit fich, daß zahlreiche Mitglieder der Sozialdematratischen Partei, die dem Reichsbanner angehören, sich an der Beier nicht beteiligten. Das Reichsbanner war daher relatin schwach pertreten. Die„ Rote Fahne " hat sehr unrecht, menn fie auf Grund dieser schwachen Beteiligung die Behauptung aufstellt, daß die Berichte über die starke Zunahme des Reichsbanners erlogen feien. Nach der Feier fam es vielfach zu Zusammenstößen zwischen Völtischen und Republikanern. zwischen Mitgliedern des Reichsbanners Schwarz- Rot- Gold und Rommunisten tam es zu einem Zwischenfall. Mitglieder des Reichsbanner Schwarz Rot Gold" zogen in lojem 3uge burch die Neue Friedrichstraße. An der Ede der Spandauer Brüde wurden sie durch kommunisten beschimpft, bedroht und mit Straßenschmus beworfen. Che es noch zu Bufammenftößen tam, erschienen Schuhpolizisten, die die Angreifer mit Gummifnüppeln auseinandertrieben. Sieben Personen find festgenommen und der Polizei übergeben worden. Infolge der Hike waren viele Ohnmachtsanfälle zu verzeichnen, so daß die bereitgestellten Sanitäter reichliche Arbeit fanden.
Das Kind auf dem Bahnsteig.
Bon teha teha.
Weiße Kleider, Blumen, frohes Kinderlachen, Mütter, Roffer, aufgeregte Gruppen. So sieht heute der Bahnsteig aus. Das quirit, das brodelt, das schnaddert wie im Schulhof, wenn die Qual zu
Ende ift.
Diese Farbenpracht. Jedes Kind hat wohl das bunteste auf dem Leib, was Mutters Schrank enthielt. Man glaubt sich in Italien , in Spanien , so malerisch wirkt dies Bild. Immer wieder steigt helles Lachen auf. Da fällt mir unter den vielen Mädels und Buben ein Kind auf, das mehleidig in das Treiben hineinblickt. Während die Schwestern und Brüder quieben und jauchzen, steht es da, mit einem Röfferchen in der Hand, trübe und freudlos.
Jetzt läuft der Ertrazug ein. Er bringt diesen summenden Quecksilberhaufen weiter nach Süden, irgendwohin, wo es Sonne, Luft, Freiheit, Wiesen, Blumen, Wald, Waffer und volle Teller mit guten Sachen gibt,
Die tolle Schar stürzt, fnäult, purzelt in die Magen, es ist wie Triumphgeheul, ein einziger Schrei des Frohgefühls, der durch diesen hundertfältigen Rinderleib geht. Das blaffe, wehleidige Mädchen ist auch in die Schar untergetaucht, irgendwohinein geschoben worden. Aber bald sehe ich es wieder aus einem Wagen klettern. Nun steht es wieder unter Müttern auf dem Bahnsteig. Aus dem Wagen fieht ein größerer Junge flüchtig nach ihr, Doch nur Sekunden, Dann perschlingen ihn die vielen anderen Gefichter.
" Abfahrt!" fommandiert es. Unter einem Geschrei, daß der Bug bebt, fährt der Kinderzug der Insel der Seligen zu. Auf dem Bahnsteig steht das Kind, winkt mit den Händen den agen nach.
„ Na, Mädel, warum bist du nicht mit?" frage ich, um sie abzulenten. Das Mädchen schluchzt und sieht mich traurig an.
Diesmal fährt der Bruder, das nächste Mal kommst du dran. Nur nicht verzagen," scherze ich.
Sie schüttelt immer unter Weinen ihren Kopf: Das war gar nicht mein Bruder."
„ Ach so, wer wars denn?"
Bon meiner Herrschaft das Söhnchen," belehrt sie mich. Bei dem Wort„ Herrschaft" empfinde ich so etwas wie Trost. Saft du denn schon eine Herrschaft, mein Kind?" " Ja, nur während der Ferien." „ Das mußt du mir erzählen, gell?"
Sie wischt sich die Tränen, ist schon ziemlich gefaßt, das Mädel hat sich schnell wieder zurückgefunden. Nun teilt sie mir ihr kleines Elend mit. Immer wenn Ferien find, geht sie zu einer Familie, die sich kein Dienstmädchen halben farn, aber ihre fünf Ferien
Das äußere Bild Berlins war im allgemeinen faum verändert. Viele öffentliche Gebäude hatten schwarzrotgoldene Fahnen oder die Breußenfahne auf Halbmast gehißt, oder nicht gehißt, wie z. B. der Potsdamer Bahnhof und eine ganze Reihe von Schulen, denen wahrscheinlich immer noch die Mittel fehlen, fhwarzrotgolbene Fahnen beschaffen zu können.
Auf dem jüdischen Friedhof in Weißensee.
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halb wird die Zeit fommen, wo die Liebe den Haß überwiegt. Ignaz robel mandte sich besonders gegen die offizielle Kriegsgebentfeier am Königsplatz. Die Feier des alten amtlichen Deutsch lands im Geifte der Subordination lehnen wir ab. Die herrschende Klasse hat tein Recht, im Namen des Voltes zu trauern. Es gibt feine Philosophie, feine Staatsgemalt, teine Möglichkeit, den Menschen das Recht zu ihrem Leben zu nehmen. Bei der nächsten Kriegsgefahr sagen wir: Macht Euch Euren Krieg allein; unsere Parole ist: Nie wieder Krieg. Genosse Leuber Bochum erflärte am Schluß seiner Ausführungen, daß das Ruhrgebiet fein neues Kriegsobjeft, fondern eine Brücke der Verständigung zwischen Frankreich und Deutschland geworden ist. Nachdem noch Genosse Dr. Hochdorf und Müller für den Reichsbund der Kriegsbeschädigten gesprochen hatten, schloß die Kundgebung.
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Auf dem Friedhof der jüdischen Gemeinde in Weißenfee peraftaltete am geftrigen Sonntag mittag 1 Uhr die jüdische Gemeinde und der Reichsbund jüdischer Frontsolbaten eine eindrucksvolle Trauerfeier für die im Weltkrieg gefallenen 12000 jüdischen Sol. Daten. Schon im Verlaufe des Vormittags versammelten sich auf dem Friedhof zahlreiche Angehörige der jüdischen Gemeinde. Bor dem Altar mar eine Ehrentompagnie des Reichs. banners Schwarz- Rot Gold mit Fahnen und Kranzdeputation aufmarsch.ert. Der ehemalige Feldgeistliche Rabbiner Dr. Baed hielt die Trauerrede, in der er daran erinnerte, daß im Schüßengraben die jüdischen Soldaten mit ihren chrifti.chen Kameraden in treueſter Bflichterfüllung Schulter an Schulter gestanden haben. Namens des Borstandes des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten sprach Dr. Alfred Wiener. Er führte unter anderem aus, daß die Gräber, an denen man versammelt sei, eine deutliche Sprache redeten für die Kameradschaftlichkeit, die im Weltfriege zwischen Juden und Christen bestanden habe. Die Treue, die Juden und Christen damals dem Lande und sich selbst geschmoren, fei heute an diesen Gräbern der 12 000 jüdischen Gefallenen gebrochen häuft, die durch die Tat den Beweis für ihre Liebe zum deutschen worden. Mit niedrigsten Schmähungen habe man die Juden überBaterland geliefert haben. Dann wurden am Altar die Kränze niedergelegt, und die Bersammelten zogen zu dem eigentlichen Ehren- schaft, Genosse Rudolf Roß , sprach. Nach der Gründungsversammfriedhof, wo vor den Gräbern die Fahnen geſentt wurden.
"
Nie wieder Krieg!"
SP
Unter der Barole Nie wieder Krieg" hatten der Aftions. ausschuß Nie wieder Krieg", der Reichsbund der Kriegsbeschädigten und viele andere gleichgesinnte Verbände zum gestrigen Sonntag Demonstrationsversammlungen nach der Neuen Welt", in den Saalbau Friedrichshain" und in die Hoch Schulbrauerei" einberufen. Die Bersammlungen, die durchweg gut besucht waren, wurden durch Rezitationen bekannter Schauspieler einge'eitet und geschlossen. Im Saalbau Friedrichshain sprach als erster Redner Genosse Ströbel, M. d. R., über die Kriegsschuldhehe der Deutschnationalen: Wenn wir für den Frieden fämpfen wollen, müssen wir die Feinde des Friedens be tämpfen. Jene Leute, die zum Krieg gehegt haben, wollen jetzt die Mitschuld am Krieg leugnen. Im Ausland fennt man unsere Alldeutschen, man weiß, welche unheimliche Macht sie auf die Vorfriegspolitik ausgeübt haben. Aber man hat im Ausland auch ein befferes Gedächtnis als bei uns, deshalb erkennt man oie bodenloje Heuchelei der Deutschnationalen. Ihr Geschrei hat Methode: die Wiederaufrichtung der Junker und Militärherrschaft ist ihr Ziel. Da sich aber die Republik nicht ohne weiteres die faschistische Dittatur ottropieren läßt, erfindet man die Schuldlüge. Aus dieser Heze er wächst der Kampf gegen das Gutachten und gegen die Londoner Konferenz. Eine große nationalistische Welle foll folgen mie 1914, und dann fann die Ausplünderung des Boltes wieder vor sich gehen. Das deutsche Volt hat eine moralische Pflicht, an der Be, feitigung der Kriegsschäden mitzuhelfen; die Lasten müffen aber auf die Besitzenden abgewälzt werden. Wir haben darüber zu wachen, daß nicht unter einem Nebel von Agitationslügen bas arbeitende Bolf auch die Lasten des Sachverständigengutachtens tragen muß. Unsere Kämpfe find gegen den Schuldlügenfeldzug der Deutschnationalen und Deutschnölti chen zu führen. Der nächste Redner, Reichstagsabgeordneter Profeffor Dr. Süding führte aus: Daß zehn Millionen Menschen hingemordet werden tonnten mar nur möglich, well nirgends in der Welt der Wille zum Frieden war. Die beutsche Regierung hat vor dem Kriege nicht nur eine falsche, sondern auch eine dumme Politit geführt. Sie mollte einen Siegfrieden, und das deutsche Volt hat ihr dabei vier Jahre lang Hilfe geleistet. Es war ein Wahnsinn, gegen 28 Feindstaaten anfämpfen zu wollen. Heute gedenken wir nicht nur der Toten des Weltfrieges, wir gedenken auch der verlorenen Landesteile und ihrer Bevölkerung. Wir deutschen Pazifisten laffen uns von Vaterlands liebe von niemandem übertreffen. Aber über den Weg zum Frieden find wir anderer Meinung als unsere politischen Gegner. Jebes Menschenantlig ist uns heilig; jeder Mensch wird nur einmal geboren, deshalb wollen wir feinen Krieg, und wir sind uns mit unseren Nachbarvölkern darin einig. Die Bölfer haben alle dasselbe Unglüd erlebt, die Liebe zur Heimat, zur Familie ist allen gemeinsam. Des.
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Im Anschluß an die Versammlungen fand auf dem Garnisonfriedhof in der Hasenheide eine Kranzniederlegung statt. Bor einer andächtigen, tiefergriffenen Trauergemeinde sprach Genosse Pastor Frante tiefempfundene Worte des Gedentens für die im Weltrieg Gefallenen aller Nationen. Er sowohl als auch Helmut von Gerlach verpflichteten die Anwesenden auf das Gelöbnis, daran zu arbeiten, daß dieser Krieg für immer der letzte war. Die Gedenkfeiern im Reich. Hamburg .
( Eigener Drahtbericht.) In Bandsa Hamburg. 4. Auguft.( Eigener Drahtbericht.) bemokratischen Kreise eine Gründungsversammlung des Reichsbet fand unter größter Beteiligung aller demokratischen und sozialbanners Schwarz- Rot- Gold statt, in der der Präsident der Bürger.
fung erfolgte eine Kranzniederlegung am Gedenkstein für die im Beltfrieg Gefallenen, bei der Genosse Biester in herzlichen Worten der Opfer des großen Bölkermordens gedachte. Die Beranstaltung verlief ruhig und eindrucksvoll.
In Hamburg fand auf dem Ehrenfriedhof für die Gefallenen des Weltfrieges am Sonntag eine Totenged entfeier des Reichsbanners Schwarz Rot Gold statt. Neben den Abordnungen der Deftritte und Korporationen des Reichs. banners nahmen viele Taufende von Hamburger Republikanern an der schlichten und erhebenden Feier teil, die umrahmt war von den Mufifvorträgen der Orpa- Kapelle und dem Gesang des Chors Hermig- Borwärts". Die Worte des Pastors Nitolaffen und des Oberleutnants Friedrichs enthielten eine Berfündung an die ganze Welt:
„ Wir Republikaner stehen in Trauer vereint an den Gräbern unserer toten Brüder. Wir haben aber übermächtig eine Verpflich tung gegenüber unseren Toten wie eine Verpflichtung gegenüber den Lebenden in uns; die hohe und heilige Verpflichtung, die Welter= mende, das neue Berden, die aus dem graufigsten aller Weltkriege erfiand, mit sieghaftem Willen und heiligster Leidenschaft vorauszutragen."
Unter den gefentten schwarzrotgoldenen Fahnen und unter dem Massengesang wurde die Feier zu einem Treueschwur für Freis heit und Republit, für Baterland und Menschheit. Neben dieser Totenfeier fand in ber Cantt Ratharinenfirche eine Gedenkfeier des Senats statt, an der Senat und Bürgerschaft, Berwaltungsbehörden, Wissenschaft und Universität teilnahmen.
Die Kommunisten versuchten, trotz des erfolgten Berbots, ihre Demonstrationen durchzuführen. Ohne große Schmierigkeiten fonnten ihre Versuche, die unter einheitlicher Regie standen, unter.
bunden merden.
In Altona war die Gebentfeier überfüllt. Oberbürger meister Brauer begrüßte die Bersammlung im Namen der Stadt und feierte die Weimarer Verfassung als Niederschlag des deutschen Idealismus. Frig Ebert jun. sprach dann über die 3iele des Reichsbanners. Wir wollen feine Kompromisse mehr, sondern eine flare entschiedene Linie zur Republik . Die Ge dächtnisrede hielt Generlmajor Dr. Freiherr von Schönaich, die besonders einbrudsvoll wirkte, als der Redner ausführte, man schulde es dem Andenken ber Toten, Selbsttritit zu üben. 1806 habe das preußische Offizierforps über sich selbst zu Gericht ge feffen. Nach 100 Jahren seien die Aften veröffentlicht worden vom Großen Generalstab als ein mutiges Wert der Selbstreinigung.
Alkoholverbrauch im deutschen Boffe". Der Arbeiter. Abstinentenbunb" bittet uris um die Aufnahme folgender Bea merkungen:
wochen benügen, Hauspuh zu halten. Sie wartet die beiden jüngeren Kinder zu Hause, besorgt Gänge. Das ist ihre Ferienerholung. Und fie ist sogar froh darüber, denn die Herrschaft ist gut, das Effen ebenfalls und für daheim fallen auch noch Guttaten ab. Nur eben auf dem Bahnhof habe es sie so überfallen, wo sie den Jungen von ihrer Herrschaft wieder dieses Wort zu feiner Ferienfahrt gebrauchszahlen aus den Jahren 1913 und 1923 muß ein falsches Bild leitet habe. Sie wäre zu gerne mitgefahren. Sie steht mich voll an: ,, Jetzt muß ich selbst lachen, wie ich zu solchen Gedanken kommen tann, daran fann ich doch gar nicht denken."
Sie lächelt schon wieder, während ich innerlich wund bin. Hier in diesem Kind steht die ganze jammervolle Gesellschaft vor mir. ,, Daran Bann ich doch gar nicht denken," sagte sie so hoffnungs. les, daß es das Herz zerschneiden konnte. Tausende, Zehntausende find gleich ihr, arm und elend, ohne
Freude.
Sozialismus, fomme herbei; möge auch biefes blaffe Mädchen von ihm noch profitieren, damit aus dem hoffnungslosen Daran fann ich doch gar nicht denten" ein fröhliches„ Ich bin wie du" wird.
Die Richtigstellung" des Deutschen Brauerbundes, die in der Nummer 358 des Borwärts" veröffentlicht wurde, ist von einer irreführenden Einseitigkeit. Die bloße Gegenüberstellung der Bera ergeben; benn abgesehen davon, daß sich inzwischen die Bevölkerung Deutschlands um etwa 10 Prozent verringert hat, tommt in jenen Zahlen die faft ununterbrochene Sunahme des Altoholverbrauchs feit Kriegsende nicht zum Ausdrud. Die Verbrauchsziffern für Bier feit 1918 bis in die Gegenwart lauten: 24,8, 25,6, 23,3, 33,8, 31,2, 26,7 ( Inflationszeit und teilweiser Ausfall des Berichtes aus dem besetzten Gebiet) Millionen Hektoliter. In derselben Zeit stieg der Berbrauch Don Monopoltrintbranntmein von 117 000 Hettoliter auf etwa 1 000 000 Heftoliter Spiritus. Ferner ist zu berücksichtigen, daß, wie der legle Parteitag in einer Entschließung treffend ausdrückte, bie förperliche und geistige Widerstandsfähigkeit der Massen gegenüber dem Genußgift gejunten ist und die für die Herstellung von geistigen Getränken verwendeten Lebensmittel gegenwärtig für die unmittelbare Boltsernährung ganz besonders dringend gebraucht werben. Eine Unterschägung der Alkoholgefahr liegt wohl im Jn. tereffe des Altoholgewerbes, nicht aber im Interesse der aufstrebenden Arbeiterschaft.
Die Verfellung der Aerzte in Preußen. Auf Grund der amilichen Statistik gibt dielinische Wochenschrift" einen Ueberblick über die Berteilung der Aerzte in Breuken. Ihre Gesamtzahl betrug 24 010; bapon waren 4649, also 194 Broz, hauptberuflich im Staats, Ge meinde- und Krankenhausdienst angestellt. In Städten über 30 000 Einwohner waren 32 Broz. ansässig. In den einzelnen Regierungsbezirken war für die Städte über 30 000 Einwohner die Verteilung sehr ungleich; fo fommen z. B. mehr als 2000 Einwohner auf einen Arzt in Stade , Münster oder Lüneburg , etwas über 1000 in Berlin , gegen 800 in Wiesbaden , Breslau , Coblenz . In ganz Breuken fommen durchschnittlich auf einen Arzt nach dem Stande von 1922 1968 Einwohner. Die Zahl der Aerzte hatte 1922 gegen 1912 um 3586, alfo 17,6 Broz, zugenommen. 1912 tamen auf 10 000 Ein
Geheimer Rundfunt. Ueber ein neues Funtinftem mer den in der Umschau" nähere Mitteilungen gemacht. Durch diese amerikanische Erfindung wird die Funfentwidlung fo gestaltet, bak Der Betrieb geheim und frei von Störungen bleibt. Diese Neuerung würde natürlich das Funten im Kriege sehr viel wertvoller machen, weil dann feine Meldungen mehr vom Gegner aufgefangen werden fönnten, und beim Rundfunt würden die Schwarzhörer" einfach ausgeschaltet werden. Es fönnen bei dem neuen System 70 bis 80 Broz. des üblichen Materials verwendet werden, wozu nur 20 bis 30 Proz. neues tommen muß. Die Sendestellen fönnen leicht umgearbeitet werden, aber die Empfangsapparate müssen besonders eingerichtet sein. Das neue Funtsystem wurde fürzlich in der italie nischen Armee und Marine erprobt und soll auf die Behörden großen Einbrud gemacht haben. Der Hauptwert liegt in der Möglichkeit der Geheimhaltung. Diese wird dadurch erreicht, daß man die Trägerwellen durch eine große Anzahl von Ueberlagerungswellen verändern kann. Ein Gender, der eine bestimmte Wellenlänge bewohner nahezu 5 Aerzte, 1922 dagegen 6,3 Merzte. nußt, fann daher, indem er die Frequenz der Ueberlagerungswelle ändert, mehrere Nachrichten gleichzeitig schicken, ohne daß eine die andere stört. Es ist eine unendliche Kombination von Wellen mög lich, und feiner tann mithören, ber nicht die Rombination der Wellenlängen fennt, mit der die Sendestelle arbeitet. Dadurch wird die Geheimhaltung verbürgt. Eine andere wichtige Eigenschaft des Sy stems ist die, daß mit einer größeren Anzahl von Empfangsstellen gearbeitet werden tann. Man soll mit diesem System 3 bis 4 ver schiedene Funkverbindungen herstellen können, die gleichzeitig laufe.., ohne sich gegenseitig zu stören. So gab der Sender bei den Berfuchen in Rom gleichzeitig ein musikalisches Programm und einen Der engli che Schrifffteller Jofeph Conrad ist gestern auf feinem Wohne gesprochenen Vortrag. Beide Uebermittlungen wurden unabhängig voneinander von derfelben Empfangsstelle wenige Meilen entfernt fit in der Nähe von Canterbury geftorben. Seine Romane, von denen gehört, während zahlreiche andere Empfänger, die die Kombination einige ins Deutsche überfest find, erfreuten sich großer Popularität und stehen | der Wellenlänge nicht fannten, rings um Rom nichts hören tonnten. I sicher über dem Durchschnittsgrad.
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Snappertsbusch begann gestern abend mit der Borstellung des Münchener Festspiele. Unter der Leitung des Kapellmeisters gans Rhein . golbes" die erfte heurige geftauifübrung des Ringes der Nibelungen. Das Bühnenweihefestspiel Barsival" erscheint am 15. Auguft im Prinz regententheater in einer musitalisch, dramatisch und szenisch dekorativen Erneuerung.
Strindbergs Traumspiel als Oper. Der Freiburger Komponist 3. Beismann hat Strindbergs Traumspiel" zu einer Oper vertont, die bereits angenommen ist. Nunmehr arbeitet der Komponist an einer Bertonung von Büchners Leonce und Lena".