Nr. 374 41. Jahrgang
3. Beilage des Vorwärts
Die Waffenschiebung von Potsdam
Der Prozeß vor dem Staatsgerichtshof. Leipzig , 9. August. ( Eigener Drahtbericht.)
Sonntag, 10. August 1924
An die arbeitende Bevölkerung Berlins
Am 11. August finden in ganz Deutschland Berfaffungsfeiern| 5. Berwaltungsbezirk-Kreis Friedrichshain : statt. Auch die Berliner arbeitende Bevölkerung will durch eine
öffentliche
Massenfundgebung
( Lustgarten und Schloßplatz)
Der Hochperratsprozeß Fiedler und Genossen vor dem Staatsgerichtshof ging am Sonnabend vormittag um 10 Uhr unter Borfiz des Senatspräside iten Niedner weiter. Als Pflichtver= teidiger find anwesend die Rechtsanwälte Goldstein, Tei= chert und Taubert, sämtlich aus Leipzig . Die Bernehmung des Angeklagten Mehlhorn wird fortgesetzt. Auf die Frage, warum er fein Vernehmungsprotokoll vom 7. Dezember 1923, welches auf der polizeilichen Vernehmung aufbaut, nicht beanstandet hat, erwidert Mehlhorn, es sei ihm lediglich eine Liste vorgelegt werden, die er unterschreiben sollte. Der ihn vernehmende Staats zeigen, daß fie für den anwaltsrat Dr. Gysae habe ihm gesagt, des Protokoll sei nur provisorisch; auch habe der Staatsanwaltschaftsrat ihm das Protokoll nicht vorgelesen. Auch die anderen, von Dr. Gyfae ver= nommenen Angeklagten, bis auf den Gefreiten Krause, erklären, daß ihnen das Prgtokoll nicht vorgelesen worden sei. Der durch Seibstmord geendete Angeklagte Gräfe hat seinerzeit seine Unterschrift verweigert, weil das Protokoll unrichtig war.
Nunmehr wird Staatsanwaltschaftsrat Dr. Gysa e= Potsdam vernommen. Er erklärt:„ Die Behauptung des Angeklagten Mehl horn, daß ich ihn bedroht oder eingeschüchtert oder daß ich ihm ge= sagt habe, er gehöre an die Wand gestellt, ist absolut unwahr. Derartiges ist nicht vorgekommen. Ich bin seit 24 Jahren Staatsanwalt, davon 14 Jahre bei der Staatsanwaltschaft in Berlin , mit Ausnahme der Kriegsjahre, wo ich im Felde stand. Ich war in all diesen Jahren vielfach mit besonderen Aufträgen beschäftigt und in schwierigster Lage, ich habe aber noch nie eine Beschwerde eines Angeflagten erfahren, daß ich ihn hart oder ungerecht behandelt hätte. Ich bearbeite seit Oktober 1920 die militärischen Straffachen und erfreue mich eines gewissen Vertrauens bei der Reichswehr in Pots dam . Wenn ich Mehlhorn auch für schuldig hielt, so war er doch zweifellos nur der Verführte und wenn ich einmal bei seiner Bernehmung etwas lebhaft geworden bin, so nur, um ihm vorzuhalten, wie er um eines geringen Vorteils willen seine Zukunft und seine Ehre habe auf das Spiel setzen können. Es ist schon physisch unmöglich, daß ich den Mehlhorn unter Drohungen gehalten habe, denn ich habe ihn viermal jedesmal vier Stunden ver= nommen; ich habe ihn dabei erinnert, welche Schande er über feine alte, brave Mutter, eine arme Waschfrau, gebracht habe. Da
meinte Mehlhorn und fragte mich, welche Strafe er wohl zu erwarten habe. Ich sagte ihm darauf, er werde wohl einsehen, daß die Strafe nicht leicht ausfallen könne, daß er aber am besten tue, wenn er nun wenigstens die reine Wahrheit sage. Ich
und der Verfassung mit aller Kraft eintritt.
Die Weimarer Verfassung ist verbesserungsbedürftig. Richtig angewandt, tönnte sie aber heute schon im freiheitlichen Sinne wir fen. Die Morarchisten kämpfen für die Beseitigung der Verfassung, um den alten Obrigkeitsstaat wieder aufzurichten. Arbeiter, Angestellte, Beamte, demonstriert deshalb am Berfassungstage
für Völkerverständigung und Bölkerverföhnung, gegen Monarchismus,
gegen Reaktion und Bölferverhehung!
Nie und nimmer dürfen die schwarzweißroten Katastrophenpolitiker, die Deutschland in den Abgrund führten, die Monarchisten und Militaristen, wieder zur Herrschaft kommen.
Arbeiter, Angestellte und Beamte! Denkt an die Zeit vor nunmehr 10 Jahren! „ Herrlichen Zeiten" wollte man euch entgegen führen. Mit Ausbruch des Krieges sollte die große Zeit" anbrechen. Was ist aus all' diesen Versprechungen und Verheißungen geworden? auf ben G
Millionen Menschen wurden auf den Schlachtfeldern nuklos geopfert. Männer, Frauen und Kinder gingen an Unterernährung zu grunde. Niemals darf das vergessen werden!
Am 11. Auguft muß die arbeitende republikanische Bevöiterung Berlins durch Massenaufmarsch im Lustgarten und auf dem Schloßplak zum Ausdruck bringen, daß sie mit den nationalistischen Worthelden nichts zu tun haben will.
habe dann auch den Eindruck gehabt, daß er wirklich die Wahrheit Heraus zur Kundgebung für die Republit,
fagte. Es waren überdies noch objettipe Tatsachen, die auch ohne sein Geständnis feine Beteiligung als ganz unzweifelhaft erscheinen ließen." Der Zeuge Dr. Gnfae schildert dann eingehend, wie Mehlhorn ihm bei der Bernehmung und bei der Ortsbesichtigung seine Beteiligung an den Waffen- und Munitionsdiebstählen dargestellt habe. Bei der Ortsbesichtigung zeigte Mehlhorn selbst im einzelnen, wie Gräfe und er in den Stall eingestiegen sind, dort die Gewehre heruntergebracht haben usw. Zu der behaupteten Aeußerung, es wäre das Beste, wenn Mehlhorn an die Wand gestellt würde, erklärt Dr. Gysae, daß er nach der Ortsbesichtigung mit dem Rittmeister Müller, Mehlhorns Borgesetzten, zusammen weggegangen sei. Dabei habe Ritt= meister Müller geäußert:„ Es ist eigentlich recht überflüssig, daß man mit solchen Leuten wie Mehlhorn solche Umstände macht; die Truppe hat die Sache schon ganz vergessen, wenn erst nach Monaten eine Berurteilung erfolgt. Es wäre wohl richtiger, wenn, wie im Felde, der Zug fich den Stahlhelm aufsetzen und den Mann an die Wand stellen könnte." Darauf will Dr. Gysae gesagt haben:
Da haben Sie auch ganz recht."
Diese gesprächsweise" Aeußerung habe Mehlhorn offensicht= lich gehört und dahin ausgelegt, daß er ihm mit An- die- Wand- stellen gedroht habe. Es ergibt sich noch, daß die Vernehmungen durch Dr. Gysae ohne Protokollführer erfolgt sind und Dr. Gysae die Protofolle selbst geschrieben hat. Mehlhorn hat übrigens bei der Ortsbesichtigung selbst die Kommission zu dem Gebüsch geführt, in das die Säde mit Handgranaten geworfen worden waren. Dr. Gysae hat festgestellt, daß die Angeklagten für das Geld, das sie als Lohn bekamen, sich im ganzen ein halbes Pfund Margarine, ein halbes Pfund Schmalz und ein paar Zigaretten, im zweiten Falle je ein Pfund Margarine und ein paar Zigaretten, im zweiten Falle je ein Pfund Margarine und Schmalz faufen konnten.
Die Bernehmung des Kriminalassistenten apendorf, der den Gräfe vernommen hat, ergibt nichts Wesentliches.
In der Nachmittagsfizung wird der Angeklagte Bootsmann Großmann vernommen. Er leugnet alles ab und gibt lediglich den Besitz einer Selbstladepiftole„ Orges " zu. Es jei fraglich, ob dafür ein Waffenschein notwendig fei, diese Waffe werde hergestellt in den Deutschen Werken zu Erfurt , sie werde in 3eitungsanzeigen angepriesen und er habe sie von einem unbekannten Genossen am Bahnhof Börse, Berlin , auf eine schriftliche Aufforde
rung abgeholt.
Der angeflagte Unteroffizier Burkhardt gibt zur Erklärung feines Besizes von zwei bzw. drei Militärgewehren an, er habe während des Feldzuges, als er nach einer Verwundung genaß, die Landwirtschaftsschule in Potsdam besucht und Landwirt werden wollen. Wie jeder, habe auch er aus dem Felde zwei Gewehre mitgebracht, aber lediglich zu Deforationszweden. Als zukünftiger Landwirt habe er diese Gewehre zu Jagdgewehren umändern lassen wollen. Da der Schaft taput war, habe er sich an den Büchsenmachergehilfen Krause gewendet, ob er ihm helfen könne. Die Brüder Fridmann hätten bei einem Besuche diese Waffen gesehen, Interesse daran gezeigt, und der eine Fridmann habe ein auseinandergenommenes Gewehr unter dem Mantel aus der Kajerne geschafft. Burkhardt hat erst später eingesehen, welche Dummheit er damit begangen habe, daß er sich in die Hände der Fridmann be geben habe. Sie hätten aber immer weiter in ihn gedrängt und ihn gequält, daß er ihnen Munition, auch Leuchtpistolen und Leuchtmunition gebe. Er habe nur solche Munition hergegeben, bie be anstandet war und die erst von einem Zeugoffizier auf ihre Verwendbarkeit geprüft werden sollte. Einige hundert Handgranaten hätten schon jahreland in Burkhardts Keller in der Kaserne gelegen und feien, wenigstens zum Teil, unbrauchbar gewesen. Aber alles das habe er dem Fridmann bloß deswegen gegeben, weil Fridmann ihm erklärt habe, daß er für einen Gutsinspettor Material zum Selbstschuß auf seinem Gute beforgen müßte. Auf die Frage des Vorsitzenden, warum der AngePage Leuten, die eventuell einen Selbfischuh so notwendig brauch ten, gegen Entgelt Waffen vertauft habe, bleibt der Angeklagte die Antwort schuldig
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Die nächſte Sigung beginnt Montagnachmittag 2 1hr
Künstler.
Siegle.
Aufmarschplan
zur Demonstration am 11. August.
Der Bezirksverband Berlin der SPD. , die Berliner Gewerkschaftskommission und das Ortskartell Berlin des AfA- Bundes haben für die Demonstration im Lustgarten und Schloßplaz folgenden Aufmarschplan festgelegt:
1. Verwaltungsbezirk 1. Berwaltungsbezirk Kreis mitte:
a) Treffpunkt 64 Uhr Bülowplay( Spike Kaiser- WilhelmStraße). Abmarsch 6½ Uhr durch Kaiser- Wilheim- Straße, Kaiser . Wilhelm- Brüde. b) Treffpunkt 64 Uhr Delitzschplah( Spike Inselstraße). Abmarsch 6% Uhr durch Inselstraße, Fischerbrüde, Burgstraße, KaiserWilheim- Straße.
2. Berwaltungsbezirk Kreis Tiergarten:
Treffpunkt 5% Uhr kleiner Tiergarten( Spize Ede Stromftraße). Abmarich 6 Uhr durch Alt- Moabit, Invalidenstraße, Heifische Straße, Oranienburger Straße , Monbijouſtraße, Kupfergraven,
Eiferne Brücke.
3. Berwaltungsbezirk-Kreis Wedding:
a) Treffpunkt 5% Uhr Nettelbedplah( Spitze Gerichtstraße). Abmarsch 6 Uhr durch Ackerstraße, Große Hamburger Straße, Monbijouplah, Burgstraße.
b) Treffpunkt 5% Uhr Humboldthain( Spitze Brunnenstraße). Abmarsch Uhr durch Brunnenstraße, Rosenthaler Straße, Hadescher Markt, neue Promenade, Friedrichsbrüde.
4. Verwaltungsbezirk- Kreis Prenzlauer Berg :
a) Treffpunkt 5% Uhr Falfpiah( Spike Schwedter Straße). Abmarsch 5% Uhr durch Schwedter Straße, Schönhauser Allee , Kaiser- Wilhelm- Straße.
b) Treffpunkt 5% Uhr Helmholhplah( Spike Cychener Straße). Abmarich 5% Uhr durch Lychener Straße, Danziger Straße, Schön hauser Allee und weiter wie zu Treffpunkt a.
Aus der Partei.
Luise Kautsky wird am 11. August 60 Jahre alt, und wenn es der Kalender nicht versicherte, würde man es nicht glauben. Denn mit ihrer außerordentlichen Lebendigkeit, mit ihrer frischen Elaftizität ist Genossin Kautsky so unermüdlich tätig wie nur irgend jemand von unseren Jungen.
Die Deffentlichkeit kennt ihr wirken nur zum kleinsten Teil. Gestattete doch das alte Regime Ausländern, auch wenn sie Deutschösterreicher waren, feine öffentlich: Wirksamkeit.. So leidenschaftlich Luise Kautsky daher von je an allen politischer Ereignissen und insbesondere an den Schicksalen, Kämpfen und Auseinandersetzungen der deutschen Sozialdemokratie Anteil genommen hatte, blieb ihr der deutschen Sozialdemokratie Anteil genommen hatte, blieb ihr jede öffentliche Parteitätigkeit versagt. Erft als nach der Revolution die Schranken fielen, fonnte sie als Stadtverordnete in Charlotten burg und Berlin als Mitglied des Berliner Bildungsausschusses öffentlich wirken. Aber auch dieser Tätigkeit setzte die llebersiedlung Karl Kautskys nach Wien ein nur allzu vorzeitiges Ende.
Die politische Kleinarbeit war aber auch nie für die Wirksamkeit Luise Kautskys das entscheidende. Ihre Bedeutung liegt darin, daß He bie befte und mermüdlichste Mitarbeiterin und Helferin Karl
a) Treffpunkt 5% Uhr Weberwieje( Spitze Königsberger Straße). Abmarsch 6 Uhr durch Königsberger Straße, Grüner Weg, Blumenffraße, Schidlerstraße, Stralauer Straße, Poststraße, Königstraße. b) Treffpunkt 6 Uhr Strausberger Plah( Spitze Weberstraße). Abmarsch 6¼ Uhr durch Weberstraße, Landsberger Straße, Alexanderplatz , Königstraße.
6. Berwaltungsbezirk Kreis Kreuzberg:
a) Treffpunkt 6 Uhr Urbanstraße( Spike Blücherstraße). Abmarjah 64 Uhr durch Blücherstraße, Belle- Alliance- Platz, Lindenftraße, Jerufalemer Straße, Französische Straße, Schinfelplah. b) Treffpunkt 6% Uhr Plah an der Jerufalemer Kirche( Spike Jerufalemer Straße). Abmarsch 6% Uhr, Anschluß an 3ug a. Abmarsch 64 Uhr über Adalbertbrücke, Engelufer, Annenstraße, Roßc) Treffpunkt 6 Uhr Mariannenplah( Spike Bethanienufer). firaße, Breite Straße.
7. Verwaltungsbezirk- Kreis Charlottenburg :
marsch 5% Uhr durch die Gerickestraße, Galvaniſtraße, Dovestraße, Treffpunkt 5% Uhr Wilhelmplah( Spike Cühowstraße). AbHelmholhstraße, Alt- Moabit und weiter wie 2. Kreis Tiergarten. 8. Berwaltungsbezirk Kreis Spandau :
Beteiligt sich an der Demonstration im Luftgarten. 9. Verwaltungsbezirk Kreis Wilmersdorf:
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Nassauische Straße). Abmarsch 5% Uhr durch Naffauische Straße, Treffpunkt 5% Uhr Uhlandstraße, Ede Wilhelmsaue( Spitze Berliner Straße , Grunewaldstraße, Großgörfchenstraße, Bordstraße, Belle- Alliance- Straße, Lindenstraße, Jerusalemer Straße , Franzöfifche Straße, Schinkelplah.
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Beteiligt sich an der Demonstration im Custgarten.( Schließt sich nächstgelegenen Sammelplätzen an.) 11. Berwaltungsbezirk Kreis Schöneberg:
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Hauptstraße). Abmarich 5% Uhr durch Hauptstraße, Großgörschen
a) Treffpunkt 5% Uhr Untergrundbahnhof Hauptstraße( Spihe ftraße und weiter wie 3ug Wilmersdorf.
b) Treffpunkt 5% Uhr Kaiser- Wilhelm- Plah( Spike Potsdamer Straße ). Dann Anschluß an Zug a 11. Kreis.
12. Verwaltungsbezirk-Kreis Steglih:
Steglitz- Lichterfelde fucht nächstgelegenen Treffpunkt auf. 13. Berwaltungsbezirk Kreis Tempelhof:
13. Berwaltungsbezirk
Treffpunkt 5½ Uhr Ringbahn Tempelhof . Abmarsch 5% Uhr über Tempelhofer Feld, Belle- Alliance- Straße und weiter wie Zug Wilmersdorf.
14. Berwaltungsbezirk Kreis Neukölln:
Treffpunkt 5% Uhr Hermannplah( Spike Koffbujer Damm). Abmarsch 6 Uhr durch Kottbuser Damm, Koftbufer Straße, Dres dener Straße, Roßstraße, Breite Straße.
15. Berwaltungsbezirk Kreis Treptow :
Treffpunkt 5% Uhr Görlitzer Bahnhof( Spike Wiener Straße) Abmarich 6 Uhr durch Wiener Straße, Oranienstraße, Dresdener Straße, Roßstraße, Breite Straße.
16. Verwaltungsbezirk Kreis Köpenid:
-
Beteiligt sich an der Demonstration des 16. Kreijes in köpenid. 17. Verwaltungsbezirk Kreis Lichtenberg :
Treffpunkt 5% Uhr Mittelpromenade Frankfurter Allee an der Kronprinzenstraße( Spize Frankfurter Allee). Abmarsch 5% Uhr durch Frankfurter Allee , Königsberger Straße, Grüner Weg. Blumenstraße, Schicklerstraße, Stralauer Straße, Poststraße, Königstraße.
18. Verwaltungsbezirk- Kreis Weißensee:
Treffpunkt 5% Uhr Antonpiah. Abmarsch 5% Uhr durch Greifswalder Straße. Neue Königstraße, Königstraße, Spandauer Straße, Kaiser- Wilhelm- Straße.
19. Verwaltungsbezirk- Kreis Pankow :
Treffpunkt 5% Uhr Faltplatz und Helmholzplatz wie für 4. Ber waltungsbezirk.
20. Verwaltungsbezirk- Kreis Reinidendorf:
Schließt sich den Sammelpunkten des 3. Kreises( Wedding ) an. Programm für die Demonstration.
Die Arbeiterjänger haben um 6% Uhr abends auf der Freifreppe des Alten Museums Aufstellung genommen.
Die vereinigten Mufiftapellen beginnen auf der Freifreppe des Domes Punkt 7 Uhr zu spielen. Gewerkschaften kenntlich gemachten Ordner fäfig, deren Anordnung Zur Aufrechterhaltung der Ordnung sind die von Partei und
unbedingt Folge zu leisten ist.
Die Ordner für den Luftgarten treffen sich um 5% Uhr auf dem Schinkelplatz.
Die Redner treffen sich um 6 Uhr am Denkmal auf dem Schinkelplatz. Beginn und Ende der Reden werden durch Trompetensignal bekanntgemacht.
Redner sind: Aufhäuser, Altermann, Crispien, Dittmer, Hans Golffurcht, Kurt Heinig , Herm. Jädel, Künstler, Krille, Gustav Link, Heinrich Löffler, Ciffe, Cempert, Canda, Conrad Ludwig, Herm. Müller, Otto Meier, Pletti, Steinberg , Stelling, 3ista.
Nach Beendigung der Demonstration bewegen sich die Teilnehmer auf den Anmarschstraßen wieder zurück und lösen sich in ihren Bezirken auf.
Kautskys ist. Wie hoch Kautsky das Urteil seiner Frau, ihren flaren Verstand, ihre Menschenkenntnis einschäßt, beweist die Tatsache, daß er fast nie eine Abhandlung oder ein Buch veröffentlichte oder auch nur irgendeinen politisch wichtigeren Brief absandte, ohne sie vorher seiner Frau zur Begutachtung vorzulegen. Und fo sehr diese bedeutende Frau stets das unbeirrbare Gefühl und das große Verständnis für die überlegene Bedeutung ihres Mannes hatte, so übte ihr fluger Rat doch immer seinen Einfluß aus. Zugleich umgab sie ihren Mann stets mit der rührenden Sorgfalt, die ihm seine unermüdliche Arbeit so erleichterte, nahm sie ihm als seine Korrespondentin und Mitarbeiterin so viel Mühe ab, als es nur irgend anging.
Luise Kautsky war mit den bedeutendsten Führern und Theoretikern des internationalen Sozialismus und der deutschen Partei in engem freundschaftlichen Kontakt. Mit feinem mehr aber als mit August Bebel , der die bedeutende Frau außerordentlich schätzte. Innige Freundschaft, die auch durch die später sich immer mehr vers schärfenden politischen Meinungsverschiedenheiten nicht getrübt wurde, verband sie mit Rosa Luxemburg . Der von ihr herausgegebene Briefwechsel ist ein Denkmal, das sie nicht nur ihrer Freundin, sondern auch sich selbst gefeht hat. Durch eine rege Uebersehungstätigkeit hat sie zahlreiche Artikel und Schriften des ausländischen Sozialismus der deutschen Arbeiterschaft zugänglich gemacht. Aber wichtiger als ihre literarische Tätigkeit ist die Wirkung, die von ihrer persönlichkeit