Bezirksparteitag Groß- Berlin.
Am geftrigen Sonntagvormittag trat der Bezirtstag Groß- Berlin| haben wir die Partei auseinandergetrieben! Die Barteitagsbe
• der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands im Gewerkschaftshaus zusammen. Von den 349 Mandatsinhabern nahmen 330 an der Lagung teil. Der Männerchor Friedrichshain " sang zur BegrüBung nicht verzagt" und" Die Geister werden wad)". Unter lebhafiem Beifall dankt Borsigender Künstler den Sändern.
Zu Ehren der im letzten Geschäftsjahr verstorbenen Partei mitglieder, unter denen der Borsigende besonders Adolf Ritter , Franz Krüger, Martha Demmning, Wilhelm Pfanntuch und Emil Boste nennt, erhebt sich der Parteitag. Den Partei porstand vertreten Ad. Braun und Crifpien
Erster Punkt der Tagesordnung ist der
Bericht des Bezirksvorstandes.
Berichterstatter Theodor Fischer weist auf die Inflationszeit und ihre Wirkungen hin. Der Mitgliederverluft muß daneben aber auch dem häuslichen Streit in der Barbei zugeschrieben merden. Der Mitgliederverlust vom 31. März 1923 bis 1. April 1924 beträgt 22 815( 19 095 Männer und 3027 Frauen. Der Mitglieder. stand am 1. April 1924 mar 34 347 gegenüber 57 189 am 1. April 1923. Diese Zahlen sind nach den abgesezten Beitragsmarken berechnet. Die meisten Verluste haben die Arbeiterbezirke zu verzeichnen; Mitglieder mit stabilerem Einkommen haben sich beffer gehalten. Die Verluste bewegen sich von 50 Proz. in Weißensee bis 32 Broz. in Wilmersdorf . Eine 3 unahme von 16 Proz. verzeichnet Lantwig, je 3 Broz. Zunahme melden Halensee und Kreuzberg . Gerade Abteilungen, in denen besonders lebhafte Auseinandersetzungen über die Politik der Partei stattfanden, haben besonders große Berlufte; wo man sich zu verstehen suchte, hat man weniger verloren. Angesichts der politischen und sonstigen Entwicklung seit dem Frühjahr fönnen wir aber neuen Aufstieg der Organisation erhoffen. Die Zahl der Parteimitglieder zur Zahl unserer Stimmen bei der Reichstagswahl verhält sich nur wie 1: 12; da bleibt mahrhaftig noch viel Werbegelegenheit! Früher hatte jeder Parteigenosse flets Aufnahmefcheine bei sich und machte auch Gebrauch von ihnen, um der Partei Mitglieder zu werben. So muß wieder gearbeitet erden!( 3uftimmung.) Der Kommunistenterror ist gebrodjen, unsere Versammlungen schüßen wir.
Der Referent berichtet furz über die Verhältnisse im Berliner Nathaus und betont, daß es mit dem Abbau sozialdemokratischer Stadträte und fozialpolitischer Dezernate nicht so weitergehen darf.
Die 10 000 Bände starke Bibliothet des Bezirksverbandes wird zur freien Benutzung und Entleihung allen Parteimitgliedern empfohlen.
Für das Funktionieren des Parteiapparates tommt es vor allem auf die Abteilungen und ihre Funktionäre an. Nicht auf Kadavergehorsam und Kasernendrill wie bei der KPD , sondern auf freiwilliger, begeisterter Arbeit beruht unsere Partei. In diesem Sinn wollen wir dem neuem Aufstieg entgegenschreiten.( Beifall.) Kaffenberichterstatter Bagels dankt zunächst den ehrenamt lichen Funktionären für die unermeßliche Arbeit, die sie in der Inflationszeit geleistet haben, und gibt dann eingehend Aufschluß über die Wirtschaftsverhältnisse des Bezirksverbandes.
Sellin beantragt namens der Revisoren nach geschehener Brüfung aller Bücher und Belege Entlastung und betont die Notwendigkeit genauer Revision auch in den Abteilungen. Darauf beginnt die Aussprache.
schlüsse sind für uns oberstes Gesetz. Zur Klärung strittiger Fragen ist Referat und Korreferat das beste Mittel und Dagegen kann doch feiner etwas einwenden. Politische Inaktivität fann man uns nicht vorwerfen.( Beifall.) Sprechen wir uns aus und dann stehen wir zusammen zur Niederkämpfung unserer Gegner. Der tiefste Bunkt ist überwunden, es muß wieder aufwärts und vorwärts gehen. ( Beifall.) Ein Antrag auf Schluß der Besprechung wird mit großer Mehr heit angenommen.
Dem Rassierer wird einstimmig Entlastung erteilt. Es folgt Punft 2:
Wahl des Bezirksvorstandes.
Dazu beantragen:
Der 2. und der 11. Kreis, Tiergarten und Schöneberg , sowie Abbeilung 91: Bertrauensvotum und Wiedermahl( Tiergarten: en bloc.) Abteilung 13: Die Wahl von Schlegel, Künstler Heinig; Lohmann, Timm, Schiemann; Umlauf Koch; Wachenheim . Die Frauen: Für den engeren Vorstand: Todenhagen und Wachenheim ; für den erweiterten Vorstand: Bohm- Schuch, Ryred, Scheibenhuber, Scholz, Wengels. Wendt- Schöneberg befürwortet Wiederwahl des Vorstandes. Harnisch Neukölln wendet sich gegen eine Besprechung der Anträge, die nur die eben geführte Debatte wiederaufnehmen würde. Schiemann: En- bloc- Wahl wäre geschäftsordnungswidrig und ich denke auch, daß die Rede Ad. Brauns zur Einkehr beigetragen hat, die sich bei Stimmzettelwahl auswirken wird. Ich widerspreche der En- bloc- Wahl.
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Vorsitzender Künstler: Gut, dann stimmen wir ab, sb Enbloc- Wahl beschlossen wird( Widerspruch), so ist auch auf früheren Bezirkstagen verfahren worden.
Bernhard Krüger spricht dafür, daß vorher die vorliegenden Anträge beraten werden. Vollmershaus appelliert an die Antragsteller, ihre Anträge zurückzuziehen.
Wolff bittet, die En- bloc- Wahl abzulehnen, da doch die Mög. lichkeit der Auswahl unter den Kandidaten gegeben sein muß. Bahl durch Abstimmung zu entscheiden. Liedtke: Demokratisch ist es, über die Frage der En- bloc
Die Anträge werden nicht zurückgezogen. En- bloc- Wahl wird abgelehnt.
Eduard Bernstein , der durch den Schluß der Besprechung um das Wort gekommen ist, spricht den Wunsch aus, über die Lage Wir haben uns am 4. Mai gut geschlagen, aber die Stellung der der Partei vor den Bertretern der Berliner Organisation zu sprechen. Bartei im Reichstag und in der Politik ist schwächer geworden. ungeheuer ist unsere Aufgabe bei einer neuen Reichstagwahl
Borsitzender Künstler: Der neuzuwählende Borstand wird gewiß dem Genossen Bernstein gern Gelegenheit zu solchen Ausführungen geben.
Als erster Vorsitzender find vorgeschlagen: Franz Künstler und Friedrich Schlegel .
Borfizender Liebtfe: Schlegel hat in einem Schreiben vom 16. August mitgeteilt, daß er bei einstimmiger Wahl eines anderen zum Vorsitzenden auf seine Kandidatur verzichtet; er schreibt weiter, daß ein Vorstand gewählt werden möchte, der Gewähr gibt für eine vorwärts führende Leitung der Parteigeschäfte. Da Schlegel fomit verzichtet, steht nur Künstler zur Wahl. Müller Lichtenberg zu gleichberechtigten Borsigenden zu wählen. Vollmershaus beantragt, Künstler unb Hermann ( Zuruf vom Vorstand: Satungswidrig!)
Schwan: zum Rückgang der Mitgliederzahl haben gewiß die wirtschaftlichen Ursachen beigetragen, aber die politische Haltung der Bartei, gewiß auch die Zustimmung zum Ermächtigungsgesetz hat uns viele Mitglieder geloftet. Der jezigen Erfüllungspolitik der Partei steht ihre Unterstützung der gegenteiligen Cuno- Politit von 1923 gegenüber; höchstens 6 Wochen, aber nicht 9 Monate hätte man diese Wahnsinnspolitit unterstützen dürfen. Solch gründlicher Wechsel ber Parteitakti? fann uns feinen Zuwachs bringen. Klare Politräge beraten. tit muß die Partei treiben. Gerade oppofitionelle" Kreise wie 23ilmersdorf haben am wenigsten verloren.
Schiemann: Wenn das richtig wäre, müßte ja Groß- Berlin Jeit der legten Bezirksvorstandswahl mächtig viel Mitglieder gewonnen haben.( Heiterteit.) Klare Politit vermisse ich vor allem beim Bezirksvorstand. Die Funktionärtonferenzen mit Referat und Rorreferat fonnten nur die Partei zerreißen; ich erinnere an die Beigner- Rede und an die Dißmann- Konferenz. Die Politik des Bezirksvorstandes befolgte nicht die vom Parteitag gegebenen Richt linien; so macht man nicht die von Schwan gewünschte Politit, die uns neue Mitkämpfer bringen soll. Hättet Ihr voriges Mal den Bezirksvorstand paritätisch zusammengesetzt, so fäbe es in der Partei besser aus. Wenn in derfelben Zeit, wo die Partei in Beriin soviel verloren hat, das Zentralorgan start zugenommen hat, so beweist das die Billigung der Politik der Barte durch die Maffen. Darum muß auch in Berlin an die Stelle der Majorisierung die Verträglichkeit treten.( Beifall und Unruhe.) Reintnecht: Der ungeheure Mitgliederverlust ist die Folge der Richtungstämpfe, die seit zwei Jahren in der Partei geführt werden. Unter ftiller Dulbung des Bezirksvorstandes find Reichstagsfraktion und Parteigenoffen in Mitgliederversammlungen von gewissen Referenten heruntergeriffen, ja verleumdet worden. Deptt daran, wie Crispien sich auf dem Reichsparteitag gegen Boy fottierung durch seine eigenen Richtungsgenossen wehren mußte. Wie sollen da die Mitglieder Begeisterung aufbringen? Die alte SPD , die von USP. und KPD. bekämpft wurde, die Nostekurs und Koalition ausbaden mußte, die sich zu Schwarzrotgold bekannte, als bas noch„ Verrat" war, diese alte SPD. hat nicht so an Mit gliedern verloren wie die Partei in Berlin jetzt! Der Grundfehler Dom vorigen Jahr, die einseitige Besetzung des Bezirksvorstandes, muß gutgemacht werden, sonst erzieben wir beine Besserung.( 3uftimmung und Widerspruch.)
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Ad. Braun( Parteivorstand) appelliert an die Bersammlung, boch nicht gegenseitig Vorwürfe zu erheben nach einem solchen Mit gliederverlust und vielleicht vor neuen Reichstagswahlen!( Lebhafte Sustimmung.) So darf doch die größte Parteiorganisation Deutsch . Lands, was sie doch sein will, nicht diskutieren. Auf folche Art schredt man die Mitglieder nur ab. Barteigefühl müssen wir haben, aber nicht inneren Streit pflegen; fo bereitet man Siege nicht vor. ( Lebhafte Zustimmung.)
Bernhard Krüger bedauert, daß diese dankenswerten Borte Adolf Brauns nicht an den Bezirtstag im vorigen Jahre gerichtet worden seien, wo die Mehrheit rücksichtslos ihre Macht gebrauchte. ( Große Unruhe.) Der Mitgliederverluft zwingt uns doch, mit den inneren Richtungsfämpfen, mit der Opposition" und vor allem mit gewiffen Angriffen auf die Führer" aufzuhören. Niemand tann uns alten SPD. - Anhängern nachfagen, daß wir bei der Einigung die andern hintanjegien; aber die Gegenseite ging sofort dazu über, die SPD. - Leute abzufägen. Das hat man auch bei der Berliner Bezirksverstandswahl getan. Hat der Richtungsvorstand Toleranz geübt? Nein, er hat solche Referate auf den Funktionärtonferenzen halben lassen, daß uns die Partei auseinander gesprengt wurde. Das Unrecht und die Bergewaltigung muß wieder gutgemacht werden ( stürmischer Beifall), wenn der Rüdgang der Partei aufhören soll. Nur darum machten wir neun Monate Cuno Politit mit, weil feiner den Mut hatte, aufzustehen und zu sagen: Wenn wir die Regierung ftürzen, dann müssen wir die Regierung übernehmen. Es muß Ruhe in Berlin werden und dazu muß das Unrecht Dom vorigen Jahr gutgemacht werden!( Beifall.)
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Künstler: Als der jetzige Bezirfsvorstand im Oktober fein Amt antrat, tam er mitten in die schrecklichste Inflation hinein. Mit demselben Recht wie Schiemann uns für den Rückgang der Partei, fönnten wir ihn für den Rückgang des Materverbandes verantwortlich machen.( Bustimmung.) Gewiß übe ich als Sozialist Kritik an der Partei, wenn ich mich dazu verpflichtet fühle, aber wo
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Die Wahl zwischen Künstler und H. Müller erfolgt durch Stimmzettel. Während der Auszählung der Stimmmzettet werden die An
Borsitzender Liebtte: Der Bezirksvorstand schlägt vor, die organisatorischen Anträge 1-6 bis zum bald stattfindenden neuen Bezirtstag zurückzustellen, der ja die Organisation der Reichsorganifation anpassen muß.
Antrag 7( Bezirksvorstand): Die Parteigenossen werden aufge. fordert, die Arbeiten der Arbeiterwohlfahrt nach Kräften ideell und materiell zu unterstützen, wird von Frau Dölt befürwortet.
PP
Dr. Kurt Rosenfeld : Wenn die Arbeiterwohlfahrt" nicht genug merftätige Sympathie in der Partei findet, so deswegen, weil die Arbeiterwohlfahrt" mit bürgerlichen Organisationen zusammenarbeitet, so mit der" Nothilfe" usw., was bei den heutigen Gegenfätzen Mißtrauen unter den Arbeitern erweckt.
Schiemann: Wenn wir diese Arbeitsgemeinschaft aufgeben, würden zwei Drittel der Zuwendungen für unsere armen Kinder megfallen. Wenn die Gewerkschaftskommission Berlin nichts gegen diese Zusammenarbeit hat, so braucht die Partei auch fein Berbrechen darin zu sehen. Wer Sozialist ist, verliert den Sozialismus nicht, wenn er mit Bürgerlichen zusammenfibt, besonders dann, wenn diese Zusammenarbeit den ärmsten Kindern zugutekommt. Die Wahl des 1. Vorsitzenden
hat ergeben: für Franz Künstler 190, für Hermann Müller . Lichtenberg 126 Stimmen, 9 find zersplittert.
gelobt.
Künstler nimmt die Wahl an, indem er treue Pflichterfüllung Schiemann: Es freut mich, daß Künstler wiedergewählt ist ( Seiterkeit); ich schlage vor, als 2. Borsigenden Hermann MüllerLichtenberg zu wählen, und zwar sowohl wegen seiner gewerkschaft lichen Erfahrung, wie auch, damit Ruhe und Frieden in Berlin einfehre.
Ad. Hoffmann fen.: Um Schiemann noch eine Freude zu machen, wählt 2iedtte wieder!( Heiterkeit).
Die Bettelwahl ergibt: 2. Vorsitzender Hermann Müller Lichtenberg mit 162 Stimmen; 151 fallen auf Liedtke, 6 sind zer
Splittert.
In der fortgesetzten Besprechung des Antrages 7 spricht nun Mathilde Wurm : Die Fürsorgeverordnung verlangt, damit Reichsmittel gegeben werden, eine anerkannte Sentralorganisation über das ganze Reich. Das bloße Zusammenarbeiten genügt nicht, sondern Anerkennung einer Zentralorganisation. Wir müssen einen flaren Trennungsstrich ziehen gegen die, die das Elend schaffen und dann aus menschlichem Mitleid etwas zu lindern suchen. Wir fordern das Recht auf Leben und Wohlfahrt, nicht Almosen. Nur wegen der außerordentlichen Not haben wir von Parteiwegen Fürsorge unternommen. Nur als selbständige Aktion der Arbeiterklasse wird die Arbeiterwohlfahrt große Werbekraft entfalten.
Frau Bohm- Schuch: Der ganze erweiterte Borstand hat diesen Antrag gutgeheißen, nachdem dort schon ausgiebig debattiert worden war. Was Genoffin Wurm eben sagte, war die grundsäßliche Auffassung der JAH. Zuständig für die Auseinandersehung darüber ist vor allem der Ausschuß der Arbeiterwohlfahrt; bort ist nicht darüber gesprochen. Nach den Reichsgesehen nicht nur ber stehen Reichsmittel nur zur Verfügung bei Fürsorgeverordnung Zusammenarbeit mit den Wohlfahrtsausschüssen. Nur durch unser Hineingehen ist es möglich gewesen, die Gemeinden und damit die Arbeiterfinder einzuschalten, während sonst die Bürgerlichen allein das Fett abschöpfen würden.
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Ein Schlußantrag wird angenommen, ebenso der Antrag felbst. Zum 3. Borsigenden wird nachdem Mader holz zu gunsten Liedtkes zurückgetreten ist Liedtke mit 178 Stimmen gewählt, Kurt Heinig erhält 140, zersplittert sind 4. Es folgen die
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Anträge befr. Bildungsbestrebungen:
8. 7. Rreis Charlottenburg. Der Bezirtstag möge befchließen: Der Parteivorstand wird beauftragt, für Groß- Berlin eine Bildungsschule für Funktionäre zu errichten.
Der Zwed soll sein, den Genossen das notwendige Verständnis für politische, wirtschaftliche und kulturelle Fragen zu übermitteln, um sie auf diesem Wege für die Agitation und Parteiarbeit heranzubilden.
9. 7. Rreis Charlottenburg. Der Bezirksparteitag bzw. der Bezirksvorstand wird ersucht, auf die Einsehung des vom Genoffen Ströbel vorgeschlagenen wissenschaftlichen Beirats beim Parteivorstand zur Beobachtung und zum Studium des Wirtschaftslebens hinzuwirken.
10. 8. Kreis Spandau . Seitens der Partei muß eine tiefere Durchbildung der Parteimitglieder auf den Gebieten der Schulpolitik und der Kulturwissenschaft erfolgen. Die letzten Elternbeiratswahlen haben bewiesen, wie wenig Sachfenntnis auf diesen für den Sozialismus so wichtigen Kulturgebieten vorhanden ist.
Ad. Braun( Parteivorstand): Die Beteiligung der Parteigenoffen an den Bildungsmöglichkeiten der Partei ist viel wichtiger und nüglicher als das Anträgestellen. Der Parteivorstand ist bereit, auch noch mehr für Bildung auszugeben.
Parteifunktionäre heranzubilden. Parteibureaukraten haben wir Horlig: Der Zweck unserer Bildungsarbeit tann nicht sein, genug. Wir brauchen eine wirkliche Arbeiterbildungsschule als Tagesschule mit Internat; der Parteivorstand sollte ernstlicher an diese Notwendigkeit herangehen.
und Koch mit 268 Stimmen. Reuper erhält 84. Zu Schriftführern werden gewählt Umlauf mit 271
Den Antrag 10 begründet Frau Franz: Der Sozialismus ist Gemeinschaftsmenschen müssen wir heranziehen; heute noch sind nur auch eine Erziehungsaufgabe. So wird er von unten herauf gebaut. Wenige Gemeinschaftsmenschen.
Antrag 8 wird dem Bezirksvorstand überwiesen, 9 zur dringenden Berücksichtigung dem Parteivorstand, 10 dem Bezirksvorstand zur Besprechung mit der Schulnotgemeinschaft. Es folgen
Anträge an die Reichstagsfraktion:
11. 7. Rreis Charlottenburg. Der Bezirtstag fordert Barteivorstand und Reichstagsfraktion auf, mit allen verfügbaren Mitteln den Achtstundentag uneingeschränkt für alle Arbeitnehmer wieder zu erkämpfen und auszugestalten.
12. 8. Kreis Spandau . Die gesetzliche Festlegung des Achtstundentages ist eine unbedingte Notwendigkeit. Da bei der jezigen Zusammensetzung des Reichstages eine Mehrheit für den Achtstundentag nicht vorhanden ist, wird der Parteivorstand dringend ersucht, den Voltsentscheid über den Achtstundentag mit allen Mitteln
in die Wege zu leiten.
Haltung des Parteivorstandes und der Reichstagsfraktion in der 13. Bezirtsvorstand. Der Bezirksparteitag billigt die Frage des Achtstundentages, er mißbilligt die Stellungnahme des Bertreters der deutschen Reichsregierung in Genf und unterstüht den Antrag der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion auf fofortige Ratifizierung des Washingtoner Abkommens über den Achtstundentag durch die Reichsregierung.
14. 8. Rreis Spandau. I. Der Bezirtstag fordert, daß die Hauszinssteuer als unsozialfte aller Steuern beseitigt und an ihre Stelle eine Vermögenssteuer zweds Schaffung genügenden, hygienisch einwandfreien Wohnraums für die gesamte Bevölkerung gesezt wird. II. Der Bezirtstag fordert, daß das Reichsmietengesek und Mieterschutzgesetz aufrechterhalten und ausgebaut werden. ( Schluß im Morgenblatt.)
Gattenmord?
Eine geheimnisvolle Selbstbezichtigung.
Einen Gattenmord will der Klempner Hermann Wallmann in Berlin verübt haben. Er meldete sich bei der Polizeibehörde in feinem Heimatorte Greß- Gaiza und machte folgende Angaben:
Seit längerer Zeit lebe er schon von feiner Ehefrau Lucie geborene Maier getrennt. Sie habe ihn verlassen. Durch Bekannte sei ihm nun zu Ohren gefommen, daß fie fich vorübergehend in Berlin aufhalte. Aus Wut darüber, daß sie ihm fortgelaufen sei, und von Eifersucht geplagt, habe er beschlossen, fie in Berlin aufzusuchen und ihr, wenn sie nicht wieder mit ihm gehen wolle, einen Dentzettel zu verabreichen. In der Nacht zum 30. April dieses Jahres aber habe er sie unvermutet in Begleitung eines Herrn, der ihm auch vom Ansehen nach bekannt sei, auf der Jannowizbrücke getroffen. Hier schien ihm die Gelegenheit zur Ausführung feines Racheattes auf der zurzeit menschenleeren Brücke am geeignetsten. Mit einem heftigen Jiu- Jitsu- Schlag gegen die Schlagader am Halse habe er den Herrn erledigt". Darauf habe er seine Frau an die Rehle gepackt, gemürgt und dann ins Waffer geworfen. Nach der Tat sei er wieder zu seinen Eltern gefahren. Jetzt nach Monaten von der Reue gepackt, stelle er sich der Polizei selbst. Kriminalfommissar Morih wurde nun mit den weiteren Ermittlungen betraut. Diese ergaben, daß tatsächlich am Tage nach der betreffenden Nacht eine Frauenleiche an der Börse gelandet wurde. Da aber Frau Lucie Wallmann nach den Aussagen ihres Mannes furze Haare, einen Bubenkopf, getragen haben soll und die Gefundene lange Haare trug, ist die Frage der Identität sehr zweifelhaft. Eigentümlich ist auch, daß sie nach der fraglichen Nacht aus Schöneberg fortgereift ist, ohne sich abzumelden. Wie ihre Eltern aus Magdeburg mitteilen, soll sie ihnen nach dem 30. April einen Kartengruß aus Breslau gefandt haben. Personen, die in der Nacht zum 30. April 1924 etwas auf der Jannowigbrücke gemerkt haben, was mit der Tat im Zusammenhang stehen kann, und besonders jener Begleiter der Frau Wallmann, werden gebeten, fich bei Kriminalkommissar Morig im Polizeipräsidium zu melden.
Eine schwesterliche Eifersuchtstragödie. Einen tragischen Ausgang nahm eine Eifersuchtstragödie zwischen zwei Schwestern. In dem Haufe Auguststraße 58 wohnt im vierten Stod ein Ehepaar. Die Frau hatte ihre 19 Jahre alte Schwester Ella zu sich genommen. In der legten Zeit glaubte die Ehefrau annehmen zu können, daß zwischen ihrem Manne und der Schwester ein Verhältnis bestehe. Beide stießen Deshalb öfter miteinander zusammen. In der letzten Nacht fam es zwischen beiden wieder zu einer Szene. Die Frau muß wohl ihre Schwester mit irgend etwas bedroht haben, denn diese sprang aus dem vierten Stod zum Fenster hinaus und blieb unten mit zerschmetterten Gliedern liegen. Als die Frau sah, was fie angerichtet hatte, verfiel fie in Krämpfe und mußte nach der Rettungswache gebracht werden. Hier stellte man fest, daß sie vor Schred wahnsinnig geworden war und brachte sie nach Dall dorf . Beamte des 135. Polizeireviers waren schon herbeigeeilt und brachten die schwerverlegte Ella Nase nach dem Elisabethkrankenhaus.
Großfeuer in einer Lackierauftalt.
In der Hermannstraße 18 brach heute vormittag in der Emaillier. und Lackieranſtalt Hans Bauer Nachf., die in der vierten Etage des Hauses gelegen ist, Großfeuer aus. Das Feuer ist durch Selbstentzündung in einem Emailliertrockenofen entstanden. Auf den Alarm Großfeuer rückten drei Züge por Berlin zur Brandstelle aus, die das Feuer mit einem B- und zwei C- Rohren befämpften. Da in der Nähe des Ofens leicht brennbare Materialien wie Firnis, Lacke, Teer ufw. befanden, dehnte sich das Feuer binnen zwei Minuten derartig aus, daß beim Eintreffen der Wehr ein Teil der Werkstatt bereits pöllig ausgebrannt rar. Der Dachstuhl, der durch einen Luftzug Feuer gefange hat, stand ebenfalls in hellen Flammen. Nach zwei