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Eine nationale JorAerung. Herr Jarres, geben Sie dieRote Fahne" frei! Der Reichsinnenminister hat die.Rote Fahne" auf drei Wochen verboten, well sie anläßlich des Verfasiungstages in der bei ihr üblichen Weis « die Republik beschimpft und zweifellos zum Sturz der Verfassung ausgefordert hat. Wir halten trotzdem das Verbot nicht nur aus grundsätzlichen, sondern auch aus ganz konkreten Erwägungen für einen Fehler. Die D e u t s ch n a t i o n a l e n wollen jetzt umfallen, da muß doch irgend jemand da sein, der die deutschnationalen Redens- orten über einzweites Versailles ",Londoner Sklavenpakt", jüdischer Weltkaxital'smus".Aufhebung der nationalen Selbst- ständig ktit",Jdolcn-ifierung Deutschlands " usw. usw. aufnimmt und popularisiert. Wohin sollen wir denn kommen, wennder nationale Gedanke gänzlich in den allgemeinen Vre! eines«uro- päischen Sumppses untergeht?" Das wäre doch ein« furchtbare Perspektive! Wie kann«in nationaler Mann in einer solchen Situation die Rote Fahne" verbieten und dadurch die einzige Stimm« töten. die entschlossen zumnationalen Widerstand" gegen denSklaven- pokt der amerikanischen Bankiers mit den sozialdemokratischen La- kaien" aufruft! Herr Dr.?arr«s, können Sie das verantworten? Geben Sie Gewissensfreiheit geben Sie dieRote Fahne" steil

Die Opposition wirü kaltgestellt. Weimar , lg. August.(TU.) Wie bekannt wird, hat der na» tionalsozialistische Frakiionsführer im thüringischen Landtage, Dr. Dinier, sein Führeramt niedergelegt, um sich mehr der Werbearbeit für die von ihm vertretene Bewegung widmen zu können. Sein Nachfolger ist der Abg. Oberlehrer Poelkow aus Münchenpfiffl bei Altstadt. * Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß der Rücktritt Dinfers nicht freiwillig erfolgt. Sein Krach mit seinen Fraktronsfreunden ist bekannt. Dinier wollte eine streng logische nationalsozialistisch« Po- litit betreiben und drang auf Entlassung des jüdischen sozialdemokratischen Leiters der Thüringischen Staatsbank. Da das deutschnational« Ministerium diesen Mann nicht entbehren zu können glaubt, es aber sich ohn« die Hilst der Nationalsozialisten nicht halten kann, beschloß die Landtagssraktion der Nationalsozialist»» gegen den Willen Dinters, den Juden und Sozialdemokraten Lobe zu decken. Und der Parteitag von Weimar scheint der Fraktion recht gegeben zu haben.

Der konservative pole. Enteignung beim Grafen Oppersdorf. Der Laridlieferungsoerband Oberschlesien hat angesichts der Tat- fache, daß aus den umfangreichen Besitzungen des Reichsgrastn von Oppersdorf in Oberglogau bisher noch kein Land für bäuerliche Neusiedlungen zur Verfügung gestellt worden ist, die oberschlesische Siedlungsgestllschaft aufgefordert. Güter im Umfange von zirka 3300 Morgen aus der Herrschaft Ober- glogau auszuwählen/ welche sich am besten für bäuerliche Siedlun- gen eignen, damit deren Enteignung betrieben werden kann. Dlestr Graf Oppersdorf, sttzt begeisterter Pol«, war einst Hospitant der konservativen deutschen Reichstags- f r a k t i o n. der Vorläuferin der jetzigen ,deutjch"nationaknl

Verheimlichung üer Erzberger -Morüsr. Diplomatische Aktion in Budapest . Budapest , 19. August.(TU.) In der Affäre des angeblichen Austnthalts der Mörder Erz bergers äußerte sich der Minister des Innern, R a t o w s t i, dahin, daß der deutsche Gesandt« bereits mit dem Ministerpräsidenten in Budapest eine Unterredung über die Verhaftung der Verdächtigen gehabt habe. Der Ministerpräsident Gras Vethlen habe dem deutschen Gesandten die sorgfältig« Unter- suchung der Angelegenheit zugesichert und habe seinerstits auch mit dem Reichsverweser Horthy über die Angelegenheit der in der Villa Gombös sich aufhaltenden deutschen Flüchtlinge verhandelt. Di« deutsche Gesandtschaft hat von der Budopester Gesandtschaft kein« bestimmt« Antwort erhallen, ob es sich wirklich um die Mör- der Erzbergers handelt. In Regierungstreistn wird betont, daß von einer Auslieferung der drei Reichsdeutschen an die deutsche Regierung überhaupt keine Red« sein kann.(I) Min betont, daß die drei Reichsdeutschen keineswegsdieMörder Erzbergers feien, sondern daß es sich um ehemalige deutsche Offizier«, die an dem Kapp-Putsch beteiligt waren, Handell, die dann nach Ungarn ge- flüchtet feien. Der ein« der drei, der verhastete Förster, fei ledig- lich verhaftet worden, weil an seinen Papieren nicht alles in Ordnung war, er sei aber bereits wieder auf freien Fuß gesetzt worden. För- ster hat angegeben, sein« Papiere vernichtet zu haben, weil er ein deutscher Emigrant sei. Was die Aehnlichkeit Försters mit dem Erz- berger-Mörder T h i l e s s e n anlangt, so leugnet Förster auf dos entschiedenste, an der Ermordung Erzbergers beteiligt zu fein. Le- diglich eine Verstümmelung seines linken Ohres habe dazu geführt, ihn für Thüessen zu halten. D!« beiden anderen verhafteten Deut- sehen, Schneider und Meyer, wurden nicht polizeilich verhört. Schneider ist auf das Gut des Abgeordneten Gömbös zurückgekehrt und hat dort seine Stellung als Verwalter wiederum angetreten. Die Budopester Polizei häll damit die Untersuchung für abgeschlossen.

RuMcher Dank an üie Labour Party . Tic Solojetprefse kann auch anständig sei«. Moskau , 18. August. (O.E.) Tie Engländerin Frau Lawrence. Mitglied des Parlaments und der englischen Arbeiterpartei, ist in Moskau eingetroffen, um sich mit den Zuständen in der Sowjet- repiiblik bekannt zu machen. Die Sowjetpreffe begrüßt die Ankunft der Vertreterin der englischen Arbeiter und gibt der Hoffnung Ausdruck, daß dieser Besuch zur weiteren An- Näherung der russischen Proletarier an diejenige Klaffe deS englischen Volles beitragen werde, die zum Zustandekommen des russisch - englischen Abkommens ihren gewichtigen Einfluß in die Wagschale geworfen habe. Verlängerung der belgischen Heeresdienst- eil. Im belgischen KriegSmmisterium wird über die Verlängerung der militärischen Dienstzeil um drei Monate beraten. Der Eiat würde hierdurch mir 2 0 Millionen Fr. M e h.r k o st e n belastet. Eugllsche Schiffe besuche» Rumänien . Da« rumänische Marine. kommando wurde verständigt, daß Ende August mehrere englische Kriegsschiffe die rumänischen Häfen besuchen werden. Unruhen in China . Nach einer Meldung de« amerikanischen Geschäftsträgers in Peking sind in der Provinz Duennan von .neuem Unruhen ausgebrochen. In der unmittelbaren Nähe von Kanton fanden Kämpfe statt. Die amerikanischen Koniuln der Provinz haben Anweisung erbalten, Untersuchungen darüber an- zustellen, ob bei den Kämpfen Amerikaner getötet worden find.

Stralauer Rummel. Gleich für zwei Wochen ist diesjährig das Stralauer Fisch- z u g s s e st angesetzt. Die Gastwirte und Schausteller brauchen Gell». Am vorigen Sonntag begann der Festrummel in lange nicht ge- sehenem Umfange. Es waren wohl mehr als hunderttausend Men- schen, die sich in drangvoll fürchterlicher Enge durch den Hinteren Teil des sonst so stillen schmalen Halbinselchens schoben. Schon der Fest- zug, der sich um 2 Uhr vom Stralauer Tor nach den FesKokaten be- wegte, brachte«ine große Menschenmenge mit. Von Historischem und Künstl« tisch cm war nichts zu sehen, auch nur wenig, das an die eigentlich« Bedeutung dieses aus der Versenkung hervorgeholten alt- berlinischen Volksfestes erinnert«. Darauf kommt es ja hier auch nicht an. Man will die Masten nach Stralau ziehen und ein gutes Geschäft wachem Deshalb war für die etwa 200 Schauftellerbuden jeder verfügbare Winkel in den größeren Gastwirtschaften und auf Lagerplätzen neben der Hauptstraß« ausgenutzt. Anreißerstimmen überschrien sich, allenthalben schnurrten die Gewinnräder und trudelten die Würfel. Autos und Reitpferd«. als Gewinne hallen sich nach Stralau noch nicht verirrt, aber Hunderte räkelten sich glückselig in dem für ein paar Groschen gewonnenen Korbsessel und trugen ihn am Abend stolz auf dem Buckel nach Hause. Erfreulicherweise fehlten die Gewinnbuden mit Schnapsflaschen. Deshalb blieb alles in den Grenzen harmloser Fröhlichkeit. Das Dorf in der Stadt! Das wird Stralau noch lang« bleibem An keinem anderen Berliner Vorort ist die Entwicklung ähnlich stiefmütterlich vorübergegangen. Die verschiedenen Pläne, den Rummelsburger See zu einem Hafen auszugestalten, die Spree - seit« villenmäßig zu bebauen und die Jnselspitze durch«in« mächtige Brücke mit Rummelsburg und Treptow zu verbind«»', sind Träume geblieben. Manche sehen darin einen Vorteil. Wird auch der hinters Teil von Stralau industriell und baulich ausgeschlachtet, wie es mit dem vorderen Drittel schon geschehen ist, so geht der letzte idyllische Reiz der kleinen Insel verloren.

vichtlmg und Wahrheit. Die Skiefkochker als Delastungszeugln. Unter einem großen Aufgebot von medizinischen Sachverständi- gen begann heute ein umfangreicher Prozeß wegen Notzucht vor dem großen Schöffengericht Mitte, unter Vorsitz von Landgerichtsdirektor Wachler. Wegen des großen Umfanges des auf zrvei Tage berech- neten Prozesses finden die Verhandlungen im Schwurgerichtssaol statt Die Anklage richtet sich gegen den Kaufmann Karl Heinrich v. Langen , der beschuldigt wird, seine jetzt 18 Jahre alte Sttef- tochter L i« s e l o t t« schon im Alter von 8 Iahren und in der Folge- zeit mehrfach vergewaltigt zu haben. Die Anzeige erfolgte im Jahre 1922. nach dem Tode der Mutter der Zeugin. Nach den Behauptungen Lieselottes fei sie von ihrem Stiefvater so«ingeschüchtert worden, da er ihr gedroht hatte, daß sie ins Gefängnis käme, wenn sie sich etwa jemandem anvertraue, daß sie es nicht gewagt habe, über die Vorgänge zu sprechen, nicht einmal zu ihrer Mutter. Erst nach dem Tode der Mutter habe sie. als sie in der Familie eines Apothekers Aufnahme gefunden hatte, sich seelisch zu bedrückt gefühlt, daß sie sich der befreundeten Familie anvertraut habe. Der Angeklagte bestreitet entschieden, sich an seiner Stieftochter vergangen zu haben. Er bezeichnet die ganzen Lezichti- gungen als einen Racheakt des jungen Mädchens, weil sie glaube, bei der Erboerteilung zu kurz gekommen zu sein. Der Angeklagte ist der Sohn eines kleinen Landwirtes und hat zunächst das Fleischer- handwert erlernt. Im Jahre 1912 hatte er einen Automobilunfall durch einen Zusammenstoß mit der Straßenbahn gehabt. 1914 war er in einem Sanatorium und hat dann, als noch ziemlich junger Mann die um sehr viel« Jahr« ältere Frau R. geheiratet, die Witwe gewor- den war und zwei Töchter im Alter von 8 und 19 Jahren in die Ehe mitbrachte. Aus der Ehe ist auch noch ein Kind entsprossen. Di« alte Frau war sehr kränklich und ist im Jahre 1922 gestorben. Sie war' Inhaberin eines großen Glasgeschäftes, dessen Mitinhaber der An- geklagt« auf dem Wege der Erbschaft wurde. Er hat dairn später die Anteile der Töchter abgelöst und die Firma in eine Handelsgesellschaft umgewandelt. Nach der von Staatsanwalffchaftsrat Dr. Wasmund vertretenen Anklage hat er die viele Jahre ältere Frau nur ihres Geldes wegen geheiratet, was der Angeklagte bestritt. Er bezeichnet« seine verstorbene Frau als nervös und hysterisch, die fast täglich Lach- und Weinkrämpfe gehabt habe. Nach den Behauptun­gen der Zeugen sollen diese Anfälle jedoch die Folgen seiner brutalen Handlungen gewesen sein. Die Mutter sei sehr sinnlich und anor- mal veranlagt gewesen, so behauptete der Angeklagte, und die Tochter habe das von der Mutter geerbt. Es handette sich um Phantasien einer Jugendlichen, lieber die Glaubwürdigkeit der Zeugin sind auf Antrag der Verteidigung und Staatsanwaltschaft zahlreiche Sachver- ständige geladen, darunter Geh. Med.-Rat Dr. Moll, Geh.-Rat Dr. Störmer, Prof. Dr. Lispmann und Dr. Kronfeld. Di« Gutachten werden sich nach der psychologischen, physiologischen und gynäkologi- schen Seit« hin erstrecken. Wir werden über den Ausgang des Pro- zeffes berichten._ Ein Protest der Wochenmarkthändler. Der Reichsverband ambulanter Gewerbetrei- bender Deutschlands (Orts Verwaltung Berlin ) rief zum Montag- abend in Haverlands Festsälen all« Wochenmarkthändler Berlins zu emer öffenllichen Protestverfammlunq aus. Der Redner, Gen. Perle, protestierte scharf qegen das Textilverbot auf den städtischen Wochenmärkten. Der Bezirk Charlottenburg ging allen anderen voran und oerbot zuerst den Handel mit Textilwaren aus den öffenllichen Märkten. Mehrer« hundert Familien hätten durch dies« Maßnahme ihre Existenz verloren, wäre es dem Reichsverband ambulanter Gewerbetreibender nicht gelungen, das Verbot rück- gängig zu machen. Auch in Wilmersdorf sollte eine Umstellung der Wochenmarkthändler stattfinden. Durch das Eingreifen der Organi- fotion wurde die Verdrängung der Texttlhändler verhindert. Der zweite Redner, Gen. Opitz, tritt für«ine Ermäßigung der Stand- gelder auf den städtischen sowie Prioatwochenmärkten ein. Während der Ladeninhaber nur 69 Pyoz. Friedensmiete zahll, zahlt der Wochenmarkthändler das Dreifache des Vorkriegsstandgeldes. Der letzt« Redner, Gen. L o h m a n n, betonte, daß sich jeder Händler mit der neuen Wochenmarktverordnung und aiich mit der Reichsgewerbe­ordnung befassen muß. Um die Stoßtraft des Reichsverbandes zu erhöhen, ist ein fester Zusammenschluß auf fteigewerkschaftlichem Boden notwendig. Di« Versammlung nahm einen Antrag an, welcher eine Der- schmelzung desVereins selbständiger Händler" mit dem Reichsver- bände wünscht. Einstimmig wurde eine Entschließung angenommen, die sich gegen die Verdrängung sehr vieler Artikel von den Wochenmärkten wendet. Ein« Beschränkung der Wochenmarktartikel hätte nur das Anziehen der Preise zur Folg« zum Nachteil der Konsumenten. Die Versammelten übertragen dem RaGD. die Wahrung ihrer Inter- effen und verlangen, bei der Beratung der neuen Gesetze gehört zu werden.___

Wilhelm II. im Auswärtigen Arnt. Irren wir nicht, so ist bei allen Reichsbehörden schon vor lon- ger Zeit angeordnet worden, daß aus den Bureaus die Bilder Wil- Helms II. zu beseitigen sind. Oder sollte das Auswärtige Amt als einzige der Reichsbehörden sich davon ausgeschlossen haben, diese An- ordnung zu treffen? Wir können das nicht glauben! Tatsächlich hängt aber in der Paßstelle des Auswärtigen Amtes (Verlin, Charlottenstr. 50/51) in einem Bureauzimmer an der Wand noch«in großes Bild Wilhelms II., und zwar so, daß es jedem, der den Raum betritt, sofort in die Augen fallen muß. Auch An-

gehörig« fremder Staaten haben Anlaß und Gelegenheit, die Räume der Paßstelle des Auswärtigen Amtes zu betteten. Welche Achtung sollen sie vor der deutschen Republik haben, wenn bei einer Reichs- behörde noch das Bild des Exmonarchen so liebevoll konserviert wird, als geschähe jede Arbeit an dieser Stätte unter seinem Protektorat! Bei der Paßstelle des Auswärtigen Amtes (wo übrigens der Be- such« gelegentlich auch noch einen Beamten alsHoftat" titulieren hören kann) hat man vielleicht Wichtigeres zu tun, als«in Kaiserbild abzunehmen und zu beseitigen. Doch die verantwortlichen Personen sollten es sich gesagt sein lassen, daß die Unterlassung leicht als Be- kunduna reaktionär« Gesinnung empfunden werden kann. Es geht keinen Menschen etwas an, wen jemand in seiner Privatwohnung aufhängt". Anders ober sind solche Ding« zu beurteilen, wenn man sie im Bureau einer Behörde antrifft. Hier muß ein Bild Wil- Helms II. heut« wie eine dreiste Verhöhnung wirken. Hin- aus damtt!

Ei« bestellter Zeuge. Die Enklafkuugsrede für den Freund in der Tasche. Bei ein« unvermuteten Reviflon am Schalter eines Postbeam- temS. wurde«in Fehlbetrag von 1000 Mark entdeckt. Das Manko war dadurch entstanden, daß bei ihm an Stelle eines bestimm- ten Postens von Wechseisteuermarken stattstisch« Marken aus der In- flationszeit vorgefunden wurden. Ueber die Herkunft dies« nahezu wertlosen Marken befragt,»«wickelte sich der Beamte in Wider- sprüche. Erst wollte« sie versehenllich eingetauscht haben, dann wollte« für denGefallen" sie umzuwechseln, 100 Mark erhalten haben. S. wurde nun bis zur wetteren Untersuchung entlassen. Wenige Tag« daraus aber meldete er sich wieder bei der Kriminal- Polizei, widerrief sein« letzte Angabe und«klärte, er habe die Mar- ken unentgelllich und nur aus Versehen vertauscht. Um dieses zu erhärten, hatte er auch gleich«inenZeugenmitgebracht. In geläufiger Rede setzte dieser Zeuge, ein Eisenbahnbeamter, nun aus- einander, wie er den Vorgang beobachtet Hab«. Von einer Bestechung oder einer Veruntreuung könne keine Red« fein. Die Ermittlungen, die die Kriminalpostdienststelle unternahm,«gaben, daß der Eisen- bahnbeamte an diesem Tage mehrere Züge nach Potsdam hin und zurück geführt hatte. Als diese Ermittlungen den beiden unterbreitet wurden, waren sie empört. Schließlich sollten beide wegen Verdunke- lungsgefahr festgehalten werden. Als man ihnen die Taschen durch- suchte fand man bei dem Eisenbahn« in der Hosentasche die Eni- lastungsrede von seines Freundes Hand geschrieben, wörtlich ausgearbeitet. Der Eisenbahner gab daraufhin seine Schwindeleien zu, während d« Postbeamte all« Schuld auf den Unbekannten schob.

Völkische �riedhofsschänder und Brandstifter. Man schreibt uns aus Zossen : Seit geraumer Zeit treiben Hafenfreuzier hier ihr Unwesen, indem sie Schleifen von den Kränzen abreißen, die unser« Genoffen auf dem Friedhofe nied«gelegt haben. Auch die Urne eines Parteigenoffen wurde das Opf« dieser Rowdys. In letzt« Zeit legten sich die Burschen darauf. Fensterscheiben jüdisch« Mitbürg« einzuwerfen. Anders- gesinnte zu überfalle« und schwarzrotgoldene Fahnen abzu- brennen. Trotzdem von verschiedenen.Seiten Belohnungen aus­gesetzt wurden, gelang es nicht, der Burschen habhaft zu werden. Am Verfaffungstag« wurde einem uns«« Genossen die aus dem Hause hängende Fahne angezündet und nur einem günstigen Um­stand ist es zu verdanken, daß d« Dachstuhl nicht in Flammen aufging. Als Täter wurde van der Polizei der Sohn des Di­rektors Riefe von d« früheren Zementfabrik festaestellt. Dieser hoffmmgsvolle Bursche Hot sich schon am Tage der Reichstags wähl befond«s hervorgetan, indem er bommtwiistfsche und sozialdemo­kratische Plakate abriß und einen Kommunisten mit einem Gummi- knüppel verprügelt«. Die KPD.-Männ«, bescheiden', wie sie den Völkischen gegenüber nun einmal ffttt», hielten stille. Unsere Ge- nassen nahmen dem Helden den Knüppel ab und schickten ihn mit ein« Tracht Prügel nach Haufe.

Tödlich« Ausgang eines Tobsuchlsaufalles. Gestern abend tobt« der Schlächter Friedrich Ger lach in sein« Wohnung Sol- diner Straße 4, indem« Wirischaftsgegenstünde, Möbel, Betten usw. aus dem Fenster auf den Hos warf. Auf seine Ehe- frau gab« zwei Schüsse ab, die jedoch fehlgingen. Ein herbei- gerufen« Beamter, der G«lach zur Ruhe bringen wollte, wurde ebenfalls angegriffen und mtt der Schußwaffe bedroht, so daß auch der Beamte von sein« Schußwaffe Gebrauch machen mußte. Ger - lach wurde durch einen Herzschuß tödlich verletzt. Seine Leiche wurde dem Schauhauf« übergeben. Elkernbeiräke! Besucht die h e u t i g« Versammlung des Bundes entschieden« Schulreform«, abends 7K Uhr, in der Aula des Frie- drich-Wilhelm-Gmnnasiums, Kochstraß« 13. Thema:Schluß mit der Schulzerstörung." Die Zentralstelle. Zum Bericht üb« den Dezirksparkeitag schreibt uns Genosse Künstler: D« Bericht üb« den B«l!ner Bezirksparteitag in der Morgenausgab« desVorwärts" sagt in bezug auf die Wahl der Beisitzer zum Bezirksvorstand:Nach Umfrage im Vorftano bleibt Vors. Künstler bei seiner Auffassung, auch als später, da er das Wort zu dieser Frage schließlich nicht mehr«teilt, durch schriftlichen Protest eine Stichwahl zwischen Emil Richt« und Hedwig Wachenheim ge- fordert wird." Zur Ergänzung und Richtigstellung habe ich dazu zu bemerken: Nach Bekanntgab« des Wahlrefuliats(Veisstz«) beantragte Ge- nosse Bernhard Krüger Im Lauf« einer Geschäftsordnungsdebatte Stichwahl zwischen Georg Richter und Hedwig Wachenheim . Der Parteitag lehnte den Antrag Bernhard Krüger mit übergroßer Mehr­heit ab. Des Vorsitzenden Verhalten und Geschäftsführung stand daher im vollen Einverständnis mit der Willensäußerung des Be- zirksparteitogs. Bon den Revisoren waren nur sechs zu wählen, nicht sieben wie derVorwärts" mitteilt. Genosse Beck- Wilmersdorf ist nicht gewählt._ UebcrfaN auf eine Stationskassc. Ein Wildweststück leisteten sich gestern, Montrag, drei Räuber auf der Station Brilonwald bei Dortmund . Gegen halb vier Uhr nachmittags hielt ein eleganter zweisitziger Sportwagen in Tropfenform vor dem Stationsgebäude. Ihm entstiegen drei Männer. Mit vorgehaltener Pistole alles in Schach haltend, dran- gen sie in das Stationsgebäude ein, sprengten die Tür, erbrachen die Kasse und raubten die Stationsgelder in Höhe von 1700 Mark. Unangefochten bestiegen sie wieder ihren Wagen und fuhren aus und davon. Die drei Mann« werden folgendermaßen beschrieben: der eine groß und blaß, er sah wie ein Engländer aus, d« zweit« ebenfalls groß, trug ein« braune Automütze und einen hellbraunen Mantel, der dritte trug ein« Gamaschenhose, eine blaue Jacke mit Leibriemen und einen schwarzen Schlapphut. Auf die Er- greisung der Räuber ist«ine hohe Belohnung ausgeletzt. ,Mit- teilungen nimmt das Raubdez«nat, Kriminalkomissar Wernevurg, im Polizeipräsidium entgegen.

Schweres Fährunglück auf dem Inn . Eine aus sechs Knaben und einem Geistlichen bestehende Gruppe einer in Ober-Perfuß untergebrachten Ferienkolonie Schwarz- Gelb brach gestern, vi« Uhr morgens, zu einem Ausflug auf und wollte bei Unter-P«fuß auf einer Fähre üb« den Inn setzen, ohne die Ankunft des abwesenden Fährmannes abzuwarten Das Fähr- boot wurde in d« Nähe des and«en Ufers von der starken Strömung erfaßt und kippte um. Alle sieben Insassen fielen ins Wasser. Der Geistliche und drei Knaben konnten sich ans Ufer retten, während die drei anderen Knaben, sämtlich im Alter von 13 bis 14 Iah- ren und in Innsbruck wohnhaft, den Tod in den Wellen fan- de». Ihre Leichen konnten bish« noch nicht geborgen werden.