Angst vor der Sozialdemokratie.
Offizielle Begründung des Umfalls.
Bon der deutschnationalen Parteileitung wird folgende Mitteilung verbreitet: dn
Die beiden Anschauungen, die bei der Abstimmung der Deutschnationalen Boltspartei zum Eisenbahngesetz in Erscheinung traten, beruhen selbstverständlich nicht auf einem Gegensatz der Grundauf fassungen, sondern lediglich auf der differenzierten Beurteilung der Lage. In der Beurteilung des Londoner Abkommens, der Notwendigkeit seiner. Berbesserungen, der Gefahren eines drohen den Linkskurses sind alle Mitglieder der deutschnationalen Fraktion einig. Bei dieser gemeinsamen Grundauffaffung haben die Abgeordneten, die mit Rein" stimmten, den Gedanten der Un. erträglichkeit der Londoner Ergebnisse und der wirtschaftlichen Untragbarkeit der Abkommen den Vorrang gelassen, während die Ja. Stimmen auf die Erwägung zurückgingen, daß durch das Vermeiden einer akuten Krise durch Beteiligung der Deutschnatio nalen Volkspartei an der Regierung und durch Einflußnahme auf die Durchführung des Abkommens im Sinne einer stetigen Berbesserung der augenblicklichen Notwendigkeit genügt
werde.
Bürgerblockdiplomatie 1. Akt. Regierungserklärung zur Kriegsschuldfrage.
Aus Anlaß der Berabschiedung der Gesetze über die Lon doner Vereinbarungen erläßt der Reichskanzler na mens der Reichsregierung folgende Kundgebung:
und fommunistisches Propagandamaterial in Südbayern verbreitet hat.
* Seißer bleibt!
München , 29. Auguft.( Eigener Drahtbericht.) Aus zuverläffiger Quelle wird mitgeteilt, daß die bayerische Regierung am Freitag über den Fall Seißer endgültig entschieden hat. Die kündigung des Vertrages mit Seißer werde auf Grund des Urteils des Staatsgerichtshofes zurüd genommen.
zu verlangen.
Der Reichstag hat mit den heute gefaßten Beschlüffen sein Siegel unter die Londoner Vereinbarungen gesetzt. Damit ist eine Entscheidung getroffen, die für das Schicksal des deutschen Volkes auf Jahre hinaus von maßgebender Bedeutung sein wird. Der Reichsregierung ist es ein Bedürfnis, allen Mitgliedern des Reichstages, die zu diesem Ergebnis beigetragen haben, ihren anf Der, Temps" bestreitet Deutschlands Recht, Nachprüfung auszusprechen. Alle Beteiligten haben schwere Bedenken überwinden und persönliche Ueberzeugungen zurücstellen müffen, um zur Annahme der Londoner Vereinbarungen zu gelangen. So minister Dr. Stresemann am Donnerstag im Reichstag abgeParis, 29. Auguft.( Eigener Drahtbericht.) Die vom Außen-. schwer der Entschluß auch jedem einzelnen geworden sein mag, er gebene Erklärung, daß die deutsche Regierung sich das Recht vormußte doch gemacht werden, wenn unserem Vaterlande der Weg in behalte, gemäß den Bestimmungen des Friedensvertrages eine neue eine beffere Zukunft eröffnet werden sollte. Nachprüfung der deutschen Leistungsfähigkeit zu beantragen, wenn Die Reichsregierung fann und will aber diesen bebeuffamen sich herausstellen sollte, daß die Zahlungen, die der Dawes- Plan von Augenblid, in dem sie in Durchführung des Versailler Vertrages Deutschland erfordere, dessen Leistungsvermögen übersteigen, wird schwere Verpflichtungen auf sich nimmt, nicht vorübergehen lassen, hier als eine irrige Interpretation der Londoner Beschlüsse sehr ohne in der Kriegsschuldfrage, die feit 1919 mit schwerem scharf bekämpft. So erklärt der„ Temps", daß eine Berufung Druck auf der Seele des deutschen Volkes laftet, klar und unzwei Deutschlands auf den Versailler Artikel 234 mit den Londoner Abdeutig ihren Standpunkt darzulegen. Die uns durch den machungen unvereinbar sei. Dieser Artikel beziehe sich ausschließBersailler Vertrag unter dem Drud über- lich auf die Deutschland nach Artikel 233, d. h. im tonkreten Fall, mächtiger Gewalt auferlegte Feststellung, daß im Londoner Bahlungsplan auferlegten Zahlungen, nicht Deutschland den Weltkrieg durch seinen Angriff aber auf die in freien Bereinbarungen zustande gekomentfesselt habe, widerspricht den Tatsachen der menen Abmachungen über die Zahlungsmodalitäten. Wenn die Die Lage hat übrigens dadurch eine wesentliche Aenderung er- daß sie diese Festlegung nicht anerkennt. Es den Dames- Plan zu unterhöhlen versuche, so zerreiße fie Geschichte. Die Reichsregierung ertlärt daher, deutsche Regierung durch ein System neuer Moratorien und Rabatte fahren, daß die Regierung inzwischen in einer ausdrücklichen feier eine gerechte Forderung des deutschen Volfes, von der Bürde damit die Londoner Konferenzbeschlüsse und gebe Frankreich das lichen Erklärung das Schuldbekenntnis von Versailles widerrufen hat. Diese grundlegende Aenderung der außenpolitischen Haltung dieser falschen Anklage befreit zu werden. Solange das nicht ge- Recht, auf die Mittel, die ihm der Friedensvertrag liefere, zurüdder Regierung ist ebenso wie die erreichte Verbesserung zu den schehen ist, und folange ein Mitglied der Völk: rgemeinschaft zum Dawes- Plänen ein Erfolg der Opposition, die sich jetzt zuständigung und Versöhnung zwischen den Völkern nicht vollendet Verbrecher an der Menschheit gestempelt wird, kann die wahre Bermitwirtender Teilnahme an der Leitung der werden. Die Reichsregierung wird Anlaß nehmen, deutschen Politit anfchidt. diese Erklärung den fremden Regierungen zur Kenntnis zu bringen.
Die Fraktion, die ihrer Gepflogenheit entsprechend, auch in diesem Falle keinerlei Frattionszwang ausgeübt hat, darf bei jedem diesem Falle teinerlei Frattionszwang ausgeübt hat, darf bei jedem Einsichtigen Verständnis für beide Gedankengänge erwarten. Sie sieht den Misdeutungen ihrer Gegner in dem Gefühl grundsät licher Uebereinstimmung in den hohen Zielen der Partei mit Ruhe
entgegen.
Die Bayerngruppe der Deutschnationalen läßt unter Führung von Tirpitz einen Entschuldigungszettel verbreiten. Danach haben die in Banen gewählten Abgg. Tirpik, Bachmann, Sachs und
Strathmann
mit Rücksicht auf die schwebenden Berhandlungen über die Schaffung des Bürgerblods und angesichts der Tatsache, daß das una bänderliche Ergebnis von London durch die Regierung nach deren bestimmten Erklärungen unter allen Umständen sichergestellt worden wäre, wozu ja die Reichsverfassung Art. 45 eine Handhabe bietet, trot schwerster Bedenken bei der entscheidenden Abstimmung mit 3a geftimmt". Also weil's auch ohne sie ging, haben die Leute mit Ja geftimmt!? Allerdings mit Rücksicht auf die Bürgerblockverhandlungen!
Das Tannenberg der Juden.
Ludendorff blitt Geift.
Biel besprochen wurde gestern im Reichstag folgender Borfall. Nach der entscheidenden Abstimmung trat Ludendorff an den Bolksparteiler Admiral a. D. Brüninghaus heran und sagte in Schroffem Lon: Zehn Jahre nach Tannenberg haben Sie ben Juden zu ihrem Tannenberg verholfen." Darauf Brüninghaus: ,, Exzellenz, darüber wird die Geschichte urteilen!"
Der Parteiausschuß trat am Freitag im Reichstag unmittelbar nach der Abstimmung über die Daives- Geseze zusammen. Nach einem Referat des Genossen Hilferding und furzer überein timmenber Aussprache über die politische Situation befaßte fich der Ausschuß eingehend mit einer Reihe organisatorischer Fragen.
schwindet mehr und mehr, und in den fortgeschritteneren Provinzen unterwerfen fich die jungen Baare aus guten Familien nicht mehr dem alten Brauch, der sie bereits als Kinder zusammengibt, sondern wollen als erwachsene Menschen selbst den Lebensgefährten wählen. An einer chinesischen Universität unterrichten bereits zwei weibliche, in Amerita ausgebildete Professoren die männlicher Studenten. Auch in Japan ist die Frauenbewegung noch nicht vollständig or= ganisiert, aber fie besteht und wächst zusehends. Bis 1921 mar es den Frauen in Japan verboten, an politischen Versammlungen teilzunehmen. Jetzt haben sie sich dieses Recht erobert, und da es 14 Million weibliche Arbeiter in Japan gibt, fo wird die Frau gar bald in der Politif eine Rolle spielen und sich vielleicht in den fozialen Rämpfen des nächsten Jahrzehntes das Frauenstimmrecht er. ringen. Alles in allem genommen hat die Frau des fernen Ostens eben erst begonnen, sich aus den Fesseln zu befreien, in denen sie seit Jahrtausenden gelegen. Die Frauenfrage gewinnt eine immer größere Wichtigkeit, auch in dem Berhältnis von Morgenland zu Abendland, und erst wenn die Frau sich auf eine ähnliche Stufe erhoben hat wie bei uns, wird ein besseres Verständnis zwischen Orient und Abendland anbrechen."
02
Zu Worms sprach Mönch Martin: Hier steh ich, Ich fann nit anders," und blieb feft. Da sieht man doch, wie wenig fähig
Er in Diplomatie geweft.
Hätt Luther schon vorausgeahnet Herrn Hergt und feine Braftita,
Er hätt den Rüdzug angebahnet
Durch ein hinzugefügt Beinah".
"
3. Der Reichstanzler. Μπατξ.
Die Sozialdemokraten sind der Reichsregierung für den Dant, den sie ihnen ausspricht, sehr verbunden, müssen aber bemerken, daß sie nicht um dieses noch eines anderen Dantes willen für die Verwirklichung des Dawes- Planes eingetreten sind. Im übrigen muß man bedauern, daß die Erklärung der Regierung zur Schuldfrage dadurch entwertet wird, daß sie einen Bestandteil eines Außerdem sind die Auftraggeber dieser Erklärung eben im innerpolitischen Tauschgeschäftes darstellt. Begriff, den Reichskanzler, der sie unterzeichnet hat, davon= zujagen, und auch das trägt nicht zur Höherbewertung der Unterschrift bei.
Man fann also nicht behaupten, daß die Bürgerbloddiplomatie mit ihrem ersten Streich besonders glücklich gewesen ist.
zugreifen.
Die Dawes- Kommissare.
Paris , 29. Auguft.( Eigener Drahtbericht.) Die Reparationsfommission ist am Freitag morgen zu einer nicht offiziellen Sizung aufammengetreten, um über die Auswahl der Dawes- Kommissare zu beraten. Als Agent für die Reparationszahlungen" wird Owen Young ( Morgan u. Cie.) gewählt. Er hat die Uebernahme bes Amts jedoch nur auf die Zeit bis zur vollen Ingangsegung des Dames- Plans zugesagt und sich vorbehalten, daß schon jetzt seier zufünftiger Nachfolger ihm zur Seite gestellt werde; als Kandidat dafür wird der amerikanische Bankier Gilbert genannt. Treuhänder und Industrie obligationen soll der belgische Delegierte in der zur Verwaltung der von Deutschland zu übergebenden EisenbahnReparations tommiffion, Delacroig, werden. Die Ernennungen werden der deutschen Regierung alsbald mitgeteilt werden.
Die Völkerbundtagung.
nachmittags begann die erste öffentliche Sigung der Völkerbund Genf , 29. Auguft.( Eigener Drahtbericht.) Heute um 5 Uhr tagung. Herriot und Macdonald sind noch nicht eingetroffen. Auf der Tagesordnung stehen: Stlaverei, Mandate, Opiumhandel- Berichterstatter Branting- Schweden; Frauen-, Kinderschuß und Orient. flüchtlinge Berichterstatter Lord Parmoor- England. Der Bericht über die Kolonialmandate stellt eine
starte Zunahme der Alkoholeinfuhr in die ehemals deutschen Kolonien
Der Botschafter in London , Dr. Sthamer, hat am Donnerstag nachmittag Anweisung erhalten, die Bondoner Togo und Kamerun fest. Es werden Gegenmaßnahmen gefordert Abmachungen am Sonnabend zu unterzeichnen.
Noch ein Schachergeschäft. Bayern , London und die Reichsbahn. München , 29. August. ( Eigener Drahtbericht.) Ueber das fünftige Berhältnis der bayerischen Eisenbahnen zu den Reichsbahnen wird halbamtlich mitgeteilt, daß Bayern die Londoner Konferenz dazu benuht habe, eine Anzahl Sicherungen für die Durchsetzung der bayerischen Forderungen im Eisenbahnwefen zu erreichen. Bayern habe außerdem sich ausdrücklich und feierlich seine Rechte an den Bahnen vorbehalten und ihre Geltendmachung für jeden günstig erscheinenden Zeitpunkt angefündigt. Ueber die mit der Reichsregierung getroffenen Abmachungen wird mitgeteilt, daß bei ihnen von besonderer Wichtigkeit die Befeßung der 3weigstelle Bayern fei, die des Direktoriums, des Berwaltungsrats, insbesondere auch die Besetzung der Präsidentenftellen, ferner die Mitwirkung bei der Tarifgestaltung und die Sicherung bestimmter für Bayern günstiger Tarif systeme, ebenso die Rechte der bayerischen Eisenbahnbeamten. Die erreichten Sicherungen hätten eine weitgehende Selbst. ständigkeit des bayerischen Nezes und schließlich auch einen erleichterten Uebergang in die Selbstverwaltung der bayerischen Bahnen ermöglicht. Wenn dazu, wie bestimmt gehofft werde, die Ablösungsfrage und mit ihr die Sicherstellung der bayerischen Eisenbahngläubiger eine günstige Lösung finde, bei der namentlich auch die Beteiligung am Eigentum gewährleistet sei, dann werde Bayern in der Geltendmachung feiner Eisenbahnrechte gegenüber den letzten Jahren um einen großen Schritt vorwärts gekommen sein.
Frontbann.
Den Wormfer Reichstag nur geafft, Ronnte sein Lutherwort er nugen Zu einem fleinen Tauschgeschäft.
Doch diefer Trogtopf hat auch richtig Des Papstes Bannbulle verbrannt, Und er behielt wie unvorsichtig! Nichts Schriftliches mehr in der Hand. Hergt hätte auch, ein zweiler Luther, Berbrannt das Londoner Dittat. Doch erst, nachdem ins Unterfutter Er eingenäht ein Duplikat.
-
Luther stand fest zu seinem Worte. Ihn traf die Acht. Was nüßt es ihm?- Hergt ist von jener flügeren Sorte, Wo Umfall erst den Helden macht.
H
Mich. von Lindenheden.
Das Deutsche Opernhaus eröffnet seine neue Spielzelt am Sonntag mit einer Aufführung der Meistersinger von Nürnberg boltstümlichen Preisen. Als Hans Sachs verabschiedet sich Julius vom Seibt. Als musikalischer Retter fritt der neu berpflichtete Kapellmeister Paul Breisach sein Amt an.
1.
Systematische Politisierung der Wehrbewegung". München , 29. Auguft.( Eigener Drahtbericht.) Die Angst vor dem Reichsbanner Schwarz- Rot- Gold veranlaßt die Bölkischen, ihre start zerfallenen Rampfverbände etwas aufzubügeln. Der völkische Reichstagsabgeordnete Hauptmann Röhm hat auf Befehl" vermutlich Ludendorffs einen Frontbann" gegründet, der die „ auf dem Boden der nationalsozialistischen Weltanschauung stehenden Verbände und Kameraden, die sich bedingungslos zu Hitler , Frontbann" bilden eine Frontjugend" und der bisher schon bestehende Frontfriegerbund" den" Frontring". Aus drücklich wird vom„ Böltischen Kurier" dazu gefagt, daß mit diesen Organisationen die systematische Politisierung der deutschen Wehr bewegung, d. h. also eine Neuauflage der berüchtigten von der bayerischen Regierung verbotenen Hitlerschen Stoßtrupps betrieben werden soll. Wie unser Münchener Parteiblatt, die Münchener Bost", mitteilen fann, enthalten die Dienst vorschriften der neuen Organisationen neben anderem intereffanten Material, das nicht veröffentlicht werden könne, einen von jedem Mitglied zu leistenden Fahneneid, in dem folgender Satz vortommt: Jch gelobe meinem Führer Ludendorff , den von ihm ernannten Unterführern und meiner Fahne Treue und Gehorsam bis in den Tod."
München , 29. Auguft.( Eigener Drahtbericht.) Wegen För derung der durch Kahr verbotenen Rommunistischen Par tei ist der Hilfsarbeiter Paul Tanzmeier zu 3½ Monaten Gefängnis verurteilt worden. Sein Verbrechen bestand darin, daß er im Zimmer der Kommunistischen Landtagsfraktion telepho nische Verbindung mit der KPD. - Zentrale in Berlin unterhalten
und weiter soll die Aushebung von Eingeborenen zum Heeresdienst für die Verwendung in den Mandatsgebieten felbft gestattet werden. Dazu macht Frantreich einen Borbehalf für den Kriegsfall. Der Mandatsbericht wurde ge= billigt. Der Opiumbericht wurde einer Spezialfonferenz überwiesen, die im November stattfinden wird. vormittags. Sie wird außer den heute nicht erledigten Bunkten Die nächste öffentliche Sigung ist morgen, Sonnabend, 11 Uhr noch über Finanzfragen des Bölkerbundes, Rüftungseinschränkungen, Rontrolle privater Waffenherstellung und des Waffenhandels, den chemischen Krieg, die Regierungsantworten auf den Garantiepaft vorschlagen, den finanziellen Wiederaufbau Deutschösterreichs und Ungarns , die Iraffrage( Mesopotamien ) und die geistige Zusammenarbeit beraten. Ferner wird sich die Bersammlung mit dem Schuß polnischer Interessen in Danzig , mit der Errichtung weisung eines polnischen Postames im Danziger Hafen, mit der Aus Danziger Bolen, mit der Vermehrung der Saar gendarmerie, mit dem Staatsangehöriger Berbleib französischer Truppen im Saargebiet, mit der Kontrolle der deutschen Wareneinfuhr in das Saargebiet und mit der Bestätigung von Regierungskommissaren für das Saargebiet beschäftigen.
aus
Am Freitagmittag ist der Bölkerbundrat unter dem Vorsitz Don Hymans zu seiner ersten nichtöffentlichen Sigung zufammengetreten. Anwesend waren u. a. Branting, Benesch und Lord Parmoor. Es wurde zunächst die Tagesordnung für die Völkerbundkonferenz festgesezt und dann finanzielle Verwal tungsfragen besprochen.
Genf , 29. Auguft.( Eigener Drahtbericht.) Am Freitag hat eine Gruppe der linfsbürgerlichen Mitglieder der Interparlamen tarischen Union in Genf eine Entente cordiale gegründet, deren Aufgabe die dauernde Arbeit am europäischen Frieden ist. Es murde ein Exekutivausschuß von sieben Mitgliedern eingefeßt, der bie erforderlichen Vorarbeiten leisten soll. Bon Deutschland ist an diesem Ausschuß der Demofrat Heile beteiligt.
Sawinkow zum Tode verurteilt.
Mostau, 29. August.( DE.) Vor einigen Tagen, wurde in Minst Boris Sawintow, der unter dem Namen Stephanow aus Polen gekommen war, festgenommen und sogleich nach Moskau gebracht. 72 Stunden nach seiner Verhaftung wurde ihm die Anflageatte vorgelegt. Der Prozeß wurde am 28. Auguft im Militärfollegium des Obersten Gerichts verhandelt. Wie von zuständiger ruffischer Stelle mitgeteilt wird, bekannte fich der Angeklagte schuldig, eine gegen die Sowjetregierung gerichtete gegenrevolutionäre Tätigkeit entfaltet zu haben und verzichtete auf Begnadigung. Während seiner Haft hatte Sawintow einen Aufruf an die russischen Emigranten verfaßt, mit der Aufforderung, die Bekämpfung der Sowjetregierung aufzugeben. Das Gericht verurteilte Sawinfow zum Tode, doch in Anbetracht des erwähn ten Aufrufes, sowie der Reue, die der Angeklagte ausgedrückt habe, beschloß das Gericht, sich an das Allrussische Zentralerefutiv fomitee zu wenden und die Ersehung der Todesstrafe durch eine andere Strafe zu befürworten.
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Gawintow gehörte zur Zeit der Zarenregierung zu den betanntesten russischen Revolutionären. U. a. war er der Organisator der Attentate gegen den Großfürsten Sergius und den Minister Plehwe. Als Gegner der Sowjetregierung hat er sich ebenfalls energisch betätigt. Im Einvernehmen mit der polnischen Regierung vertrat er die Idee der Intervention in Sowjetrußland, welche in dem letzten polnischen Kriege gegen Rußland ihren Ausdruck fand.