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Str. 410 41.Jahrgang

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12. Beilage des Vorwärts Sonntag, 31. Auguß 1924

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Ach Kamerad, wat sagen zu Exzellenz Ludendorffs Ausspruch: Jüdisches Tannenberg in Reichstag ". Jroßartig nich? Um Jotteswillen, still! Wir haben Exzellenz v. Tirpit injeladen.

Völkische Gözzendämmerung.

Der Block bricht auseinander.

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und geldgieriger Organisatoren, die mehr als Quertreiber| brett zu benutzen, um sie dann mit einem Fußtritt zum Teufel den als zutreiber wirkten. Der Name Frontbann" soll an scheinend der ins parlamentarische Fahrwasser überzuleitenden Bewegung nach außen hin einen neuen militärischen An­strich geben, aber es ist zweifelhaft, ob diese Kulisse, von einigen höheren Schülern und Studenten abgesehen, die Masse täuschen wird. Die Anziehungskraft, die Hitler der Be wegung zu geben vermochte, wird sie jedenfalls nicht zurück­zaubern.

Niemand sieht das klarer als die Bölkischen selbst. Für die heutigen zweiten und dritten Führergarnituren der Nationalsozialisten wirkt der Name Hitler deshalb auch heute noch wie ein Fetisch. So wird in dem bereits erwähnten Artikel der Deutschen Presse" förmlich ausgesprochen, daß die Bewegung ohne Hitler verloren ist. Die Befreiung Hitlers , so heißt es da, müsse das nächste Biel fein. Die völkische Bewegung braucht Adolf Hitler ." Und mit einem fast tomisch anmutenden Graufen wird in dem Aufsatz von der Möglichkeit gesprochen, die bayerische Regierung tönnte Hitler nach seiner Freilassung am 1. Oftober als lästigen Ausländer ausweisen.

Jm völkischen Lager brennt es lichterloh. Die Krise ist nicht nur bei den Vaterländischen Verbänden, den Wehrmoli, Stahlhelm und Jungbo atut, auch der Kern der völlischen Bewegung, der sogenannte Böltische Brod, ist im 3er fall begriffen. Der Bölkische Block sollte die durch den Novemberbräuputsch zersprengten Reste der Nationalsozia­ listischen Arbeiterpartei in Bayern sammeln. Bis zu den Landtagswahlen, die noch unter der Psychose des Hitler Ludendorff- Prozesses standen, langte es. Dann bröckelte der Blod auseinander und auch die offizielle Vereinigung des Völkischen Blocks mit den in der Deutschvölkischen Freiheits partei vereinigten norddeutschen Nationalsozialisten auf dem Barteitag in Weimar fonnte den Zerfall nicht aufhalten. Der Kampf im deutschvölkischen Lager geht um die Frage des Parlamentarismus. Die jetzige Leitung der National­sozialisten unter der Führung der Reichstagsabgeordneten Ludendorff und v. Graefe, sowie des bayerischen Landtags­abgeordneten Strasser bemüht sich, aus der ehemaligen Für die jeßige Reichsführerschaft der Nationalsozialisten revolutionären Kampfgarde eine Partei zu schaffen, die ift dieses Eingeständnis des führenden Blattes natürlich eine ihren Führern erlaubt, ihren persönlichen Zielen auf dem Riefenblamage. Vor allem ist es verwunderlich, daß der Bege des Parlamentarismus, wie ihn die republikanisch sonst so empfindliche Ludendorff die schallenden Maul demokratische Weimarer Berfassung ausgestaltet hat, nachzufchellen ohne zu murren und zu fnurren einsteckt. Zeigt streben. Die bayerische Opposition unter Führung des Lieb- bas doch deutlicher als alles andere, wie wenig populär lingsjüngers Adolf Hitlers , Hermann Esser , will von dieser Mann ist, der sich so gerne feiert und feiern läßt. Aber diesem Gang nach Damastus nichts wissen. auch dieses Schweigen hat seine Gründe. Ludendorff versteht es ausgezeichnet, die seiner Hörigkeit Berfallenen als Sprung­

Die Folge des Konflikts war das Ausscheiden Effers und

Wiefenbachers aus der deutschvölkischen Landtagsfraktion in Bayern und ein Bruderkampf, der mit allen Mitteln geführt murde. Die um Ludendorff bemühten sich, dieses Ereignis als unbedeutend hinzustellen und der Deffentlichkeit einzu­reden, daß hinter dem Dissidenten Effer teine größeren Kreise der Deutschvölkischen ständen. Daß aber die Spaltung teines megs so harmlos ist, geht aus verschiedenen Anzeichen hervor. Es hat sogar den Anschein, daß es bei der einen Spal tung nicht bleibt. So findet man in dem amtlichen Mitteilungsblatt der Nationalsozialisten in Norddeutschland, dem Deutschen Tageblatt", eine, interessante Erklärung der Reichsführerschaft" Graefe, Strasser und Ludendorff, daß in Bayern die bisher wenig bekannten Bölkischen Bolt, Haase und Kunkel ein neues Direktorium der Nationalsozia listischen Arbeiterpartei" gebildet haben. Aus der Erklärung. geht nicht hervor, ob Esser auch hinter dieser Dissidentenbewe gung steht oder ob es fich um eine britte Gruppe handelt, sie zeigt aber deutlich, wie groß der Wirrwarr bei den bayerischen Nationalsozialisten ist und wie wenig nach Hitlers Ausfall die kleineren Götter Straffer und Ludendorff, der Nugnießer der Arbeit Hitlers , imstande sind, die Bewegung zusammen­zuhalten.

Im Lager der Nationalsozialisten ist man sich durchaus der Gefahren bewußt, bie aus der Ohnmacht und Energie­losigkeit ihrer jegigen Reichsführerschaft drohen. So findet man in dem jezigen offiziellen nationalsozialistischen Kampf­blatt für Bayern , der Deutschen Breffe", Klagen über Klagen. Bon dem ehemaligen Draufgängertum ist nichts mehr zu finden und der Inhalt dieses ,, Kampfblattes" ist ganz auf den Ton gestimmt: ,, Hilfe, wir gehen zugrunde!" In einer dieser Jeremiaden heißt es im Hinblick auf die Tätigkeit derer um Esser:

Sie schufen jenes Chaos, bas bie Gegner der völkischen Bewegung wünschen, um über sie hinweg regieren zu können, weil fie glauben, mit ihr als Machtfattor night mehr rechnen. zu brauchen. Heute ist die Lage bedentlich, menn es nicht gelingt, noch in legter Stunde alle jene Kräfte, zu deren Gunsten wir annehmen, daß fie unbewußt ihr gefährliches Spiel treiben, von maßgebender Stelle in der völkischen Bewegung zu ent­fernen. Es ist wieder einmal wenige Minuten vor zwölf Uhr

für die völkische Bewegung.

Derartige Stimmen beweisen, daß man im national­sozialistischen Lager eher an Untergang als an neuen Auf­ftieg glaubt und es ist Donquichoterie, wenn die Ludendorff­Böllischen ihre Berbände zu einer Bereinigung Front­bann" zusammenschließen wollen, um ein weiteres Ausein andergleiten zu verhindern. Die völtische Bewegung hat immer an Ueberorganisation gelitten, und der Krebsschaden

Exzellenz Hergt.

Rüsch

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zu jagen, und es wäre eine dankbare Aufgabe, zu unter­fuchen, zu einem wie großen Teil er dieser Charaktereigen­tümlichkeit seine früheren Erfolge verdankt. Nachdem Kapp­ Putsch und Bürgerbräuputsch ihm die ersehnte Führerrolle nicht gebracht hatten, griff er mit einer merfwürdig bescheide­nen Selbstgenügsamfeit zur Rettungsplante einer Reichstags­tandidatur. Kaum hatte er sich aber auf das sichere Schiff des Reichstags der Republik hinübergerettet, als er auch schon den Staub des gastfreien Bayern von den Füßen schüttelte und seiner Abenteurerlaufbahn abschwor. Norddeutschland ist jetzt der Boden seines Wirkungsfreises. Halle, Weimar , Ost­ preußen sind die Etappen seines neuen Hakenkreugauges. Als nächste ist Münster ausersehen, wo nach Tilfiter und Königs­ berger Vorbild die Deutschen Tage" in Form von Tannen­bergfeiern fröhliche Urstand erleben sollen.

Nun fann es feinem Zweifel unterliegen: Preußen ist nicht Bayern , und vor allem fehlt Ludendorff sein Tambour major Hitler, der ihn in jedem Belang um ein paar Hauptes­längen überragt. Der persönliche Anhang Luden­dorffs hat sich auf dem Wege von Halle über Weimar nach Tilsit stetig verringert. Und in Königsberg fonnte er sich nur noch in intimstem Kreife zeigen. Ein blamables Omen für einen Mann wie Ludendorff , der sich in letzter Zeit felbstt nicht mehr entblödet, sich wie eine gewiffe Straßen­gaitung öffentlich zur Schau zu stellen und nach der Masse der Arbeiter zu schreien. Blamabler noch, wenn dieser Mann selbst um den Beifall der Kommunisten um Scholem und a girrt. Selbst einer treupöllischen Bresse wie dem Lokal- Anzeiger" ist das zu viel, und sie wendet sich mit einiger Verlegenheit von diesem Beispiel einer Primadonna­eitelkeit ab.

Ludendorffs Traum, von einer enthusiasmierten Ar­beiterschaft umjubelt zu sein, wird sich nie erfüllen. Er wird froh sein müssen, wenn es ihm mit Hilfe einiger furzsichtiger Hochschullehrer und Gymnasialprofessoren gelingt, seinen An­hang unter den Studenten und den hoffnungsvollen Spröß­lingen der höheren Lehranstalten zu halten. Er ist augen­blicklich) die einzig treue Kerntruppe, die ihn feiert und von der er sich sehr zum Leidwesen der politisch reiferen deutschvölkischen Elemente nur allzugern feiern läßt.

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Aber täuschen wir uns nicht. Ein Hitler und seine Be­wegung sind nicht durch sich allein groß geworden. Sie sind zum guten Teil durch eine Regierung großge= züchtet worden, die Weimarer Berfassung und Republik bewußt unterhöhlte. Es wäre deshalb eine unverzeihliche Kurzsicht von den bürgerlichen Mittelparteien, wenn sie jener Partei in den Sattel verhelfen wollten, die den Berrat an der Republik und damit an der Einheit und dem Frieden des Reiches stets mit allen Mitteln unterstützt hat. Aber nie war die Lage in dieser Hinsicht zweifelhafter als heute. In Bayern ist man froh darüber, die Last des Hakenkreuzes von den Schultern geschüttelt zu haben und das Kreuz zer­schmettert om Boden liegen zu sehen. Im Reich atmete man auf, als der Hakenkreuzsput in der Novembernacht vorrgen Jahres nur ein nächtlicher Sput blieb. Wer will dafür garantieren, daß die Deutsch nationalen, wenn man ihnen erst einmal die Machtposition eingeräumt hat, die Ge­spenster nicht wieder durch ein Hintertürchen hereinlassen? Des­wegen muß es für jeden Republikaner von diesem Augenblick an heißen: Augen auf und sich nicht beirren laffen. Gerade jegt gilt es, zu zeigen, daß man da ist.

Vorträge. Vereine und Versammlungen.

Bereinigung ber Freunde von Religion und Bölfestrichen. Am Diens­tag, den 2. Geptember, abends 7 Uhr, veranstaltet die Bereinigung ber Freunde von Religion und Völkerfrieden eine Beltfriedensfeier in derula der Fürstin- Bismard- Schule, Charlottenburg , Sybelstr. 2. Genosse Meter wird die Ansprache halten. Zur Aufführung gelangt das Stild von Karl Bröger : Areusabnahme." Musikalische Umrahmung. Eintritt 50 f. Genoffen, Friedensfreunde, Republikaner ,, erscheint zahlreich).

Gemeinschaft proletarischer Freibenter, Bezirt Graf- Berlin. Dienstag, ben 2. September, Eröffnung der Freibenter- Bolts Soch­fdule, Uhr, Askanisches Gymnafium, E., Sallesche Str. 24/26( am Anhalter Bahnhof ). Maria Krifche: Religion und Geschlechtlichkeit. Altertum.

Berein der Freibenter für Feuerbestattung E. B., Stealis, Bezirk 12. Mittwoch, den 3. September, abends 7% Uhr, in Bantwig, Deutsches Haus, Inh. Alb. Magte. Bittoriaftr. 41/43, film portrag in 4 Atten: Das Be­Mitwirkung: Frauenhor Einigkeit", Lichterfelbe.

Hier stehe ich und möchte beinahe sagen: Ich fangamefen vom Altertum bis zur Neuzeit."

der Partei war von Anbeginn der große Stab ehrgeiziger tann auch anders."

Mieterbunb Ripenie Montag abenb 7% Uhr Mitgliederversammlung in bet Aula ber Dorotheenfchhule.