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3 ö 1 1 e n, deren finanziellen Ertrag zwar nicht der deutsche  Exporteur, sondern der Transferkommissar zu bestreiten hat, die gleichwohl eine schikanöse Belastung der deutschen   Warenausfuhr nach diesen Staaten dar- stellen. Unter Berufung auf dieReparationen", deren Ab- wicklung die einzelnen Gläubigerstaaten nach dem Londoner Vertrag nichts mehr angeht, hat man die handelspoli- tische Vormacht Frankreichs   und Englands gegenüber Deutschland   zu verstärken gesucht und Eingriffe in den Zahlungsplan vorgenommen, die der rechtlichen Grundlage entbehren. Wir Sozialisten haben um so mehr Veranlassung, das zu bedauern, als dieses Auftreten der Ententeregierungen der Reaktion von Höllein bis chergt Wasser auf die Mühlen geliefert und in weiten Kreisen eine Stimimmgerzeugt hat, die einem freundschaftlichen internationalen Meinungsaus­tausch über die großen Wirtschaftsprobleme alles andere als günstig ist. Die deutsche Regierung trifft eine Mitschuld an dieser Zuspitzung insofern, als sie nicht deutlich genug gesagt hat, was sie will/ Anstatt eine klare handelspolitische Linie , einzuschlagen, pendelt sie in kümmerlicher Haltlosigkeit zwischen dem berüchtigtenSchutz der nationalen Arbeit" und dem Willen zur freihändlerischen Erschließung des Welt- Marktes hin und her. Die Geheimnistuerei, die mit der neuen Zollvorlage betrieben wird, die widerspruchsvollen Aeuße- rungen über die zollpolitischen Absichten, sie müssen nicht nur das Ausland, sondern auch das Inland stutzig machen. Wenn die Regierung positive Arbeit zur Entwirrung dieser schwierigen Lage leisten will, so wird sie nicht nur ihre zollpolstischen Forderungen der breitesten Oeffentlichkeit vorlegen müssen, sie wird auch beim Transferkommissar vorstellig werden müssen dahin, daß sie gegen eigenmächtige Einmischung einzelner Staaten in die Reparationsübertragung Einspruch erhebt und im Zweiselsfalle an das für solche Streitfälle vorgesehene Schieds- gericht appelliert. Der ganze Widersinn in der Behandlung der Zollftage kann nicht deutlicher zum Ausdruck kommen als in der Tat- fache, daß die Frage der Industriezölle bereits im Reichswirt- fchaftsrat verhandelt wird, während über das Schicksal der Getreidezölle, deren Gestaltung für die Produktions- kosten der Industrie von großer Wichtigkeit ist, noch keine Entscheidung getroffen ist. Der Reichslandbundminister Könitz bat mit einem Schein von Recht die Vorlage herausgebracht, als die Tonne Roggen 130 M. kostete. Jetzt kostet der Roggen 217 M., 53 M. mehr als vor dem Kriege. Die Vorlage ist nicht zurückgezogen. Und was das Erstaunlichste ist, die in- dustriellen Interessenten, die aus dem Munde des fchutzzoll- freundlichen Prof. Anhagen wissen, daß Getreidezölle gleichbedeutend sind mit einer Erschwerung des Exports, die- selben Leute, die über dieungel�eure Belastung der Industrie" in einschläferndem Gleichtakt ächzen, stöhnen, schreien diese Leute setzen sich sogar jetzt noch für Agrarzölle ein. So ist es neuerdings wieder zu lesen in einer Entschließung des Deut- schen Industrie- und Handelstoges. Wie wird aus diesem Widersinn ein Sinn? Doch nur dann, wenn man weiß, daß die Industrie seit jeher Agrarzölle nur vertreten hat, wenn sie damit die Zustimmung der Agrarier zu Jndustriezöllen er- kaufte. Gewiß redet man nach außen hin immer so, als wollte man nur einemäßige" Schutzzollpolitik. Aber die Meinung darüber, welche Zölle als mäßig anzusehen sind, geht auseinander, und man weiß nur, daß gewisse Industrie- zweige unmäßig hohe Zölle verlangen und in der Regierungsvorlage auch zugesichert erhalten haben. Daher die zwiespältige Haltung des Reichswirtschaftsrats. Aber dieses ganze Treiben schädigt unsere Stoßkraft nach außen hin auf das Bedenklichste. Wir brauchen einen Zoll- tarif für Handelsvertragsverhandlungen. Wenn damit aber die Absicht projektionistischer Wirtschaftspolitik verknüpft wird, braucht man sich über das Mißtrauen sonst uns wohlwollender Staaten nicht zu wundern. Man kann nicht gleichzeitig ein Zollsystem schassen, das den üblichen Raubzug auf die Taschen der Verbraucher und Exportprämien für die kartellierten Industrien bringt, auf der anderen Seite so tun,
als ob man dem Ausland gegenüber zu Zugeständnissen in der Zollsrage bereit sei. Diese Unklarheit ist es, die uns geschadet hat. Der Reichswirtschaftsminister Hamm hat auf der Tagung der Allslandshandelskammern kräftige und eindringliche Worte gefunden für den Willen, Deutschland   wieder exportfähig zu machen. Wir wünschen, daß die Regierung den Worten auch Taten folgen läßt. Denn wir müssen mit unseren Waren hin- ausaufdenWeltmarkt, oder es sind Millionen Volks- genosien zuviel auf deutscher Erde. Darum fordern wir eine klare, aus die Erschließung des Weltmarktes gerichtete Hau- delspolitik und gründliche Abkehr von dem Schachergeschäft der Interessenten, das sich hinter dem Schlagwort vomSchutz der nationalen Arbeit" versteckt.
Reformator Schlange. Christliche Umsturzabsichten in der Partei Hergt. In Pommern   ist Herr Schlange aus Schöningen   zum Landesvorsttzenden der Deutfchnationälen an Stelle des ver- storbenen Malkewitz gewählt worden. Schlange ist jener Mann, der die schärfste Tonart in der Partei der ab- getakelten Exzellenzen und jugendlichen Dörchläuchtings ver- tritt. Er ist es, der einer Beamtendeputation aus dem besetzten Gebiet, die bei den Deutschnationalen für die Annahme der Dawes-Gesetze plädierte, brüsk erklärte, nun erst recht würde er versuchen, jeden seiner Fraktion?- genosien zu bewegen, daß er mitNein" stimme! Dieser besagte Schlange ist jetzt Landesvorsitzender von Pommern  , hat also in dem neben Ostpreußen   wohl agrarischsten Teile des Reichs eine besondere Rolle zu spielen. Er ist denn auch der Mann, der an derReform" der Partei in der Partei nach der Richtung arbeitet, daß sie in Zukunft schärfste Opposition" treibe. Vorausgesetzt, daß nicht vorher der im heiligen Berliner   Pakt ausbedungene Kaufpreis von vier Ministersitzen für 48 Stimmen bezahlt werde. Für je ein Dutzend deutschnationale Stimmen ein Minsitersitz! Wenn s das nicht gibt, dann hagelt's! Und dann wird Schlange den Hergt fortbeißen... Im Schlange-Gebiet liegt das Städtchen und der Kreis S ch l a w e. Dort hat die deutschnationale Ortsgruppe diesen grimmen Beschluß gefaßt: Die Mtgliederoersammlung der Ortsgruppe Schlawe   der Deutsch  - nationalen Volkspartei ersucht den Landesverband Stettin  (also Schlange! Red. d.V."), die Reichsparteileitung in Berlin   davon in Kenntnis zu setzen, daß die auch hier oller Orten in Erscheinung getretene Erregung über die Abstimmung im Reichstag am 29. August nur dadurch beseitigt werden kann, daß eine grundsätzliche Umwandlung der Reichs Parteileitung nicht nur in Aussicht genommen, sondern tatsächlich durchgeführt wird. Die Kreisgruppe Schlawe   fügte diesem Beschluß hinzu, es handle sichum ein Trugbild H e r g ts, zu glauben, daß von einem maßgebenden Einfluß der Partei in der Regierung die Rede sein könne". In der vorhergehenden Aussprache hafte Pastor Staven- hagen betont, zu der Reichsparteileitung sei das letzte Vertrauen ig esch w u n d e n.Trotzdem bleiben wir bei der Partei." Cr verlange aber von dem Kreisver- treter, daß er fein Wort e i n l ö s e, als er von einerR e- formation an Ha u p t u n d Gliedern" sprach, wobei der Ton aufH a u p t" liegen müsse! Die Herren aus Schlawe sind sicher nicht falsch beraten. Nach allem, was der Wind aus dem Reiche weht, ist kaum noch Stimmung dafür, daß die Fraktion Halb und Halbmaß- gebenden" Einfluß im Kabinett erhalt«. Auf dem badischen Zentrumsparteitag erklärte in einer ösientlichen Ver- sammlung der Fraktionsvorsitzende Fehrenbach, daß der deutschnationale Anspruch, für die halbierte Abstimmung �noch durch Ministersitze belohnt zu werden, durchaus u n- 'berechtigt und außerdem geeignet sei, das Vertrauen
in die Rcichspolitik im In- und Auslande auf das schwerste zu erschüttern! In derGermania  " wird in einem Rückblick auf die ober- schlesischen Wahlen darauf hingewiesen, daß dort die Deutsch  - nationalen das Zentrum und seine toten und lebenden Führer in einer Tonart verunglimpft haben, wie man das kaum je- mals vor dem Kriege erlebt hat. Daß dadurch die Neigung zum Bürgerblock im Zentrum nicht gewachsen ist, liegt auf der Hand. Das Berliner   Zentrum gegen Bürgerblock. Die Zentrumspartei   Groß-Berlin hat folgende Eni- schließung angenommen: Die Zentrumspartei   von Groß-Berlin, vertreten durch den Pro- oinzausschuß und den Vorstand des Gauverbandes der Windthorst- bünde, begrüßt die durch die Gründung des Reichsbanners Schwarz. Rot-Gold zutage tretenden starken Kräfte zum Schuhe der bestehen» den Verfassung gegen gewalsiamen Umsturz. Bezüglich des Bei. tritt s zum Reichsbanner Schwarz-Rot-Gvld läßt die Partei ihren Mtgliedern volle Freiheit. Zur politischen Lage spricht der Provinzausschuß die be- stimmte Ueberzeugung aus, daß einer Partei, welche die Grund- lagen unserer gegenwärtigen Außenpolitik ablehnt und bekämpft, kein Einfluß auf die Fortführung dieser Polilik eingeräumt werden darf und stellt mit Befriedigung fest, daß die Reichstagsfraktion der Zentrumspartei   auf das entschiedenste gewlllt ist, die bisherige gradlinige Richtung der vom Reichskanzler Dr. Wirth eingeleiteten und vom Reichskanzler Marx fortgeführten Politik bei- zubehalten und sichert in dieser Erwartung der Reichstagssrattion und der Parteileitung all« Unterstützung zu. Schwierige Verhandlungen bei der V.lkspartei. Der Vorstand der DeutsSen Volkspartei tu.» gestern nachmittag im Reichstag zu einer Sitzung zusammen»md beschäftigte sich mit der Frage der R cgierungserweiterung. Die Verhandlungen konnten nicht beendet werden. Sie wurden auf heute vertagt._ Deutschnationale vor öen Staatsgerichtshof! Die völkische Forderung. In Bad Doberan   hielt laut.Mecklenburger Barte' der Reicks- tagsabgeordnete Schröder-WiSmar(Natsoz.) eine Rede, die er mit folgender Erklärung schloß: 1. Wenn der völkische Staat errichtet ist und er wird errichtet werden, werden für uns Völkische die DaweS- Gesetze nicht bestehen, 2. wird im völkischen Staat auch ein Staats- gerichtshof bestehen» vor dem sich neben den November-Verbrechern auch alle Jasager vom 29. August zu verantworten haben werden. Diese Erklärung wurde mit ungeheurem Beifall aufgenommen'
Reichsbahn   und Regie. Dortmund  , 24. September.  (Eigener Drahtbericht.) Nach dem Ergebnis der bisher in Mainz   geführten Verhandlungen zwischen den Vertretern der Reichseisenbahn und der Regie siebt fest, daß die Bahnhöfe Witten  -We st und Witten  - L st sowie die Eisenbahnhauptwerkstätt« Witten-Ruhr ebenso wie isie gesamt« Ruhrtalbahn von Vorhalle bis Essen   an» lb. Oktober dem OrganisatiönSkoMitee übergeben werden. Das Organisationskomitee wird dir Sirecken zur Abwicklung der Heber- leitüng 10 Tag« läng verwalten und dann endgültig der Reichs» eisenbahn übergeben.__ verbot derpommerschen Tagespost'. Der Preußische Minister de» Innern, Severing, bat die D e u t s ch n a t i o n a l e.Pom- mericke Tagespost' wegen eines Artikels, in dem von .sozialistischer Luderwirtschaft' die Rede war. auf die Dauer von 2 Wochen, und zwar vom 22. September bi» einschließlich 9. Oktober 1924 verboten. Verlag und Schriitleitung der.Pom» merschen Tagespost' haben gegen dieses Verbot Beschwerde heim StaatSgerichlshof zum Schutze der Republik   in Leipzig   erhoben.
MWge und überflüssige Musik. Konzerkumschan von Kurl Singer. Das künstleristhe Bild des Dirigenten Georg Schneevoigt  ist frei von jenen Schattierungen und Pastellfarben, die das Wefent- liche in der Erscheinung einer großen Persönlichkeit ausmochen. Das Bild hat, wie er selbst. Grenzen. Die Konturen sind scharf, und in der Darlegung sinfonischer Gewirke haben wir noch bisher nicht viel mehr als grelles Licht und düsterer Schatten bemerkt. Aber manche halten ihn für den kommenden Mann, für di« Gegenwartsleuchte. Darum unternimmt er das Wagnis, in Berlin   alle Sinfonien und Konzerte Beethovens zum Vortrag zu bringen. Ob der routinierte Mann fühlt, ahnt, weiß, daß diese Aufgabe zu den heiligsten, zu den schwerste-, gehört, die sich ein Dirigent stellen kann? vn einer besonderen Feierstunde gelingt der einzelne Wurf einer sinfonischen Gestaltung im Geiste Beethovens manchem tüchtigen Stabführer. Aber im Rausch des Berliner   Konzerttrubels was soll uns da der Bsethoven-Zyklus? Diese Partituren deuten sich aus zum Grade der menschlichen Beeindruckung durch ihr« eigene Melodie. Sie fest- läglich wirken zu lassen, dazu bedarf es paradox, es zu sagen unerhörter Probengeduld und der Einheitlichkeit eines Willens und der Suggestion eines Arbeitsfanatikers und des Cinfallsreichtums eines Lenkers. Aus der Weltschau eines Mystikers oder eines jeuchzerden Leben sbeja Hers, aus der Perspektive eines Singenden oder Kämpfende� ebnes vom Gegen wartskult Abgestoßenen oder An- gefeuerten gegeben, kann Beethovens Gesamtschaffen Ereignis, chöhensrlebms werden. Wer ist Schneeooigt? Ein höchst routinier- ter, sachlicher, von gutem, ober bequemem Wollen geleiteter Mann, ein« respektable Kraft für«in städtisches Orchester. Aber greifen wir nicht vor: die erste Sinfonie erklang in allen Teilen sauber, an den Ilebergängen und Anfängen nicht gerade minutiös geölt, das Andante stark mechanisiert. Und ob die Fideliv-Arie, von Melawc Kurt mit etwas mattem Ausdruck gesungen, überhaupt vorbereitet war, darf bezweifelt werden. Schneeooigt hat ein dankbares und großes Publikum. Möge er zu feinem Recht kommen! Zu diesem Recht gehört auch die Hinterlegung von 2 Goldmork für das Programm. Darin stehen historische Hinweise aus die Sinfonien, die 7 Vortragsfolgen und Reklamen auf Glanzpapier. Ein Programm des ersten Volksbühnen- Konzerts enthält neben L o r, rag s folge zweier Orgelkonzerte eine isithetifch-kritifche Einführung in den Stil der Orgelmusik und einen freundlichen rosa- farbenen Umschlag. Preis: 10 Pfennigel Es ist zu empfehlen, daß sich das Publikum von den Litfaßsäulen die Programme abschreibt, um dem Wucher(30 Pfg. für den Zettel ohne Text) entgegenzu- arbeiten. Für die Volksbühne spielt« Günther Rom in aus Leipzig  . Ein Abend galt Bachfchem Werk, einer feinen Vorgängern und Bahnebnern, Scheidt, Sweelingk. Lübeck  , Buxtehude  . Der Ge- fchmack der Vortragswahl wurde in dem Geschmack, mit dem Ramin spielt, bestätigt. Das ist kein Stürmer und Draufgänger, sondern «in feiner, stiller, intimer Virtuose des Instruments  . Wenn er erst nuf der ihm unbekannten Orgel der Garnffontirch« eingespielt war, dann verlor er all« Lust zum raumfüllenden und den Körper mchr als die Seele erschiitlernden Musizieren, Ein Meister der beschau-
lichen Wirkungen imd der zarten Registertönungen. Sein kühner Griff, der ihn, mdft fremd ist. hebt die weichen Führungen der Hände und sogar des Pedals noch schöne? heraus. Rur   selten ein» mal wurde eine Phrase nebelhaft, oerfchwommen. locker im Zu­sammenhalt. Leider war die Kirche an den Abenden die gleich lehrreich und erquickend ausklangen, felzr leer. Ist die Orgel nicht die Königin unter den Instrumenten mehr? Mehr Sinn für die Tiefe, als für die virtuose Oberfläche, meine Lieben von der Volks- bühn«! Ein neuer Name: Leonora Cortez. Mädel von etwa 18 Iah- ren, das sich vom Lehrer ein Riefenprogramm für drei anspruchsvolle Abende zurechtlegen läßt. Von Vach   und Beethoven   bis Chopin  , Lifzt und Tfchaikowfky. Wird sie das durchhalten? Sie ersüllte heute noch kein einziges Werk höherer intuitiver Prägung mit eigener Kraft, eigenem Durchleben. Der Anschlag gleichmäßig hart. die thematische Ausarbeitung genau und buchstabenmäßig, mit wenig Schnitzern, Geist und Bau salonfähig, spielerisch, doch nicht in plastischer Schwer« nachbildend, die einer Bachfchen Giacoma, Beethovens Op. 110   frommt. Mädchenhaft, weiblich gerät sie ins Haften, wenn weife, bewußt« Zurückhaltung am Platze ist. Werke der letzten Weisheit im Spiel bewältigt welch ein Widerspruch! Und dennoch: eine große Begabung. Wenn auch nur streckenweise und' in Absätzen es schwingt plötzlich einmal tonlicher und Form- bildungsreiz zu uns über. Die Eilfertigkeit scheint ver kehrt wir- kendes Temperament, der hämmerig« Anschlag Ueberschuß an Kraft zu sein. Im Klavierkonzert dürfte sie erfolgreich durchdringen, im Virtuofenstück und de? kantablen Oberflächenmelodi«, etwa Tschai- kowfkys hohes Talent erweisen. Jugend will Oberfläche. Plagt sie nicht mit de? Riystik der Undurchdringliche»! Joseph S zig et! litt uitter der wetterwendischen Stimmung seiner Geige. Hoch aft/ r, wie er im Respekt vor Händel   und Bach sein ungarisches Blut be.higt, feinen Ton, der sonst leichter gewogen schien, tonisiert. stärkt, veredelt. Die Fuge in CJ-Moll von Bach(für Geige allein) spielt auch er nicht mit kontrapunktischer Sauberkeit, zu der ein Ucberwerfkn des Bogens gehört, die Sieiliana und das Presto(sowie Handels>l.-Dur-Sanate) aber mit jener Herbheit, die schönste Seite männliche-. Empfrndungskrast ist. Keiner der aus- erwählten Geiger, so viel Können und Seele er auch freimacht, aber immer in nahem Abstand von den Großen. Felix Weingartner   ,st der elegante und graziös« Dirigent der Madchmhcrzen geblieben, der er vor 20 Iahren war; aber auch der Oberflächenkomponist. Was soll uns dies« flüsiig-überffüsiige Musik der 4. Weingartner-Sinfoni«? Uns, den Menschen von 1924? Diese vier Sätze arbeiten mit allem Komfort alter Toze, es kommt alles in ihnen vor, der Paftoral-Kethoven und der romantische Hörner-Weber und ein moderner Operettenmacher und ein Stück- chen Brahms. Dos anständig gekonnt« und gebaute Stück hat viele Roten, doch kein« Rote, es ist ein Wert ohne Herz, mit wenig wählerischem Geschmack und ohne Tiefgang. Weingartner musizierte es glänzend herunter, gerade als wär's ein Stück von ihm. Den einzigen Emil Sauer   begleitete er in dem schon antiquierten Virtucsenkonzert.-Dur von Lifzt sehr musikamisch. ausmerksam, einfühlsam. Sauer ist der großformatigste Salonspieler, der lebt. immer weich und sangessreüdig, niemals dämonisch, eine Erquickung der Sinne. Keine innere Härte stört, vollendete Harmonie zwischen Mensch und romantischer Ausprägung fühlsamer Musik.
Serufliche Arbeit als physiologisches Problem. Ueber dieses wissenschaftlich und praktisch gleich wichtige Thema sprach auf der gegenwärtig in Innsbruck   tagenden 88. Ver­sammlung deutscher Naturforscher undAerzt« Pro» fessor A tz l« r vom Kaiser-Wilhelm-Jnstitut für Arbeitsphysiologie. Der Redner wies darauf tsin, daß in allen Kulturstaaten In» genieure, Wirtschaftler, Aerzte und Naturwissenschaftler eifrig daran arbeiten, nicht nur die lNaschinen, sondern auch den Menschen mit einem möglichst hohen Wirkungsgrad arbeiten zu lassen. Die Bor- aussetzung für jede rationell« Organisation eines Betriebes ist es, daß der rechte Mann am rechten Platz steht. Zur ErkeimMis der physiologischen Eignung für bestimmt« Berufe genügen die allgernein-ärztlichen Untersuchungsmethoden nicht. Man ist mangels einer geeigneten Allgemeinprob« für die Leistungssähigkeit gezwungen, die Organ« einzeln zu untersuchen. Der Vortragend« hat mit Dr. Herbst eine Methode ersonnen, die es gestattet, das Volumen der unteren Extremitäten zu messen und somit die größere oder geringer« Befähigung eines Arbeiters, Arbeiten in stehender Stellung auszuführen, zu untersuchen. Neben der physiologischen Eignungsprüfung ist die Frage der Rationalisierung der menschlichen Arbeitskraft von besonderer Be- deutung. Mit einem Minimum von Energieverbrauch sollen Maxi- malleistungen ausgeführt werden. Eine modernen Ansprüchen ge- nügende Rattonalisierungsmethode soll die Leistung steigern, ohne daß, wie beim Taylor-System, die Gefahr einer übermäßigen Bean- spruchung des Arbeiters besteht. Durch die Uebung gestaltet sich das Zusammenspiel der einzelnen Muskeln immer zweckmäßiger, dadurch wird der Energieoerbrauch für die gleiche Arbeit sehr viel kleiner. Die Bcwegungskurven eines gut trainierten Arbeiters zeigen«ine auffallende Stetigkeit. Der Ungeübte führt ruckartig« unharmonische Bewegungen aus. Dem Vortragenden' ist es gelungen, all« im Fabrikbetrieb vorkommenden Bewegungsformen auf eine begrenzte Zahl von Elementarbewegungen zurückzuführen. Durch die Unter- suchung dieser Elementarbcwegungen ist das Problem der Ratio- nalisierung der menschlichen Arbeit physiologisch sahbar geworden. An dem einfachen Beispiel des Hebens von Lasten wurde gezeigt, wie durch die richtige Wahl der Ausgangshöh«, der Hubhöhe und der Last«in« Energieersparnis bis zu SO Prozent erzielt werden kann. Als Beispiel, wie wichtig die Wahl des richtigen Arbeitstempos für die Oekonomi« der Arbeitsleistung ist, wurden Untersuchungen über das Drehen einer Kurbel besprochen: dabei zeigte es sich, wie wichtig es für jede von Hand betriebene Maschine ist, daß die bewegt« Mass, im richtigen Verhältnis steht zu der gewählten Geschwindigkeit. Um über die Frage der günstigsten täglichen Arbeitszeit und die günstigste Anordnung der Pausen Angaben machen zu können, sind Untersuchungen'notwendig. Alle bisher angegebenen Methoden zur Erfassung der Gesamtermüdung sind unbrauchbar, während die Messung der einzelnen Organe weniger Schwierigkeiten bereitet. So besitzen wir in der Kralpekinschen Addiermethcd« ein brauchbares Verfahren zur Messung geistiger Ermüdung. Der Ein- tritt der Ermüdung eines Arbeiters ist dadurch gekennzeichnet, daß er zur Ausführung einer bestimmten Bewegung Hilfsmuskeln heran- ziehen muß. Da der Grund für den erhöhten Energieverbrauch bei der Ermüdung in der veränderten Ausführung der Bewegungen