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Frieden und Freiheit. Sinzhsimcr schloß mit den Worten:Es lebe der Linksblock nach der Reichstagsauflösung." Die Konferenz nahm daraufhin e i n st i m m i g die folgende Ent­schließung an: Der Reichsvorstand des Deutschen Republikanischen Reichs- bundes und die versammelten Vorsitzenden der Landesverbände sprechen sich mit allem Nachdruck gegen den Ge- danken eines Bürgerblocks aus. Der Bürgerblock wäre der Ausdruck einer inneren Unmahrhaftigkeit, weil er derjenigen Partei maßgebenden Einfluß auf die weitere Führung der deutschen Politik geben würde, die ihr« bisherige Richtung mit allen Mitteln bekämpft hatte und deswegen keine Gewähr für die notwendig« Führung dieser Politik im Sinne der Sicherung des Fredens auf demokratischer Grundlage bieten kann. Der ent- scheidende Punkt der deutschen Politik liegt heut« in einer am Geist« !v°'k'-rb,. indes innerlich orientierten Politik, welche die Grundlage für die Lösung aller anderen polnischen, wirtschaftlichen und sozial- politischen Fragen ist. Diese Poi'tik zum Siege zu führen, ist heute die deutsche Lebenssraoe. Sie kann nur auf dem Grunde eines wirklichen republikanischen Blockes, der sich in der Hauptfrage innerlich«in'g isi, entschieden werden. Der Block muß daher mi: allen Mitteln im Gegensatz zum Bürgerblock erreicht werden. Ihn im heutigen Reichstag in einer gesicherten und unab- bängiqrn Stellung zu erreichen, die nicht in jeder Stunde durch deutschnationalen Einfluß geschwächt werden kann, ist aber nicht möglich. Deshalb fordern wir die Auflösung des Reichs- raas-ur Herbeiführung eines freien, unabhängigen, zielklaren, republikanischen Blockes. Die Versammlung erwartet, daß die in Betracht kommenden Parteien nicht zögern, schnellstens die hiernach notwendige Entscheidung herbeizuführen."

Republikanzftber Tag in Mecklenburg « Schwerin , 29. September. (Eigener Drahtbericht.) Di« ehemalige großherzoglich« Residenz hatte am Sonntag einen großen Tag. Aeußerlich merkten die ersten Besucher noch nicht viel. Denn in der Bcamtenstadt gibt es ebenso wenig Fahnen in den Reichsfarben wie andernorts. Nur einzelne waren zu sehen. Unter dein Monarchisten- schwangeren Ministerium v. Brandenstein getraut sich keiner als offener Bekenner der Republik . Als aber die ersten Frühzüge«in- trafen, da änderte sich das Bild sofort. Aus Ro stock, Wismar , Greoesmühlen.Hagenow und vielen kleineren Orten kamen mit den Lübeckern, die auf 12 Lastkraftwagen mit Anhängern er- schienen, rund 1000 Reichsbannerleute zusammen. Es galt die Banner weihe der Ortsgruppe Schwerin zu feiern und dann vor allem eine Heerschau über die Republikaner abzuhalten. Den Würgern der Republik , denen die Kommunisten gerade in Mecklenburg durch ihre Purzelbaumpolitit so schön« Beihilfe leisteten, mußte einmal bewiesen werden, daß sie auch in Mecklenburg mit ernstlichen Gegenkräften zu rechnen haben. Es formierte sich sowohl vormittags wie nachmittags ein Festzug, in dem über SO Reichs­banner flatterten und der mit einem Dutzend Musik- und Trommler- und Pfeiferkorps durchsetzt war. Auf dem Marstallplatz fand die Weihe und Begrüßung statt. Es sprachen Studienrat Mo eller- Rostock, Polizeipräsident Krüger- Magdeburg. Polizeioberst a. D. Lange und der frühere thüringische Minister o. Branden st ein. Aus allen Reden erklang der Ruf zum größten Zusammenhalt, um den sich wieder neu formierenden Bataillonen der Gegenrevolution jederzeit gegenübertreten zu können. Freiheitliche Entwicklung des S'aatsbürgers und vor allem Schutz der Verfassung sei oberster Seit- setz des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold, das, wie Genosse Krüger mitteilte, bereits über 3 Millionen Mitglieder zählt, von denen 90 Proz. Frontkämpfer sind. Der republikanisch« Tag in Schwerin hat deswegen Bedeutung über den Ort Hinaus, weil die Hakenkreuzler aller Schattierungen gerade in Mecklenburg zahlreich vertreten sind, die das Land unter dem Schutz« der Junker und der deutschnationalen Regierung von völkischen Gnaden als eventuelles Aufmarschgebiet betrachten. Der Schweriner Tag gab den zahlreich vertretenen Gruppen des Land- gebiets neuen Mut. Sie sehen, daß sie nicht allein stehen. An den Reichspräsidenten wurde«in Telegramm gesandt, das sofort beant- wartet wurde. Das am Ort« erscheinend« Parteiblatt,Das freie Wort", batte eine besondere Festnummer herausgebracht, die viel Anklang fand.

(7SS M). Di«Leiden des jungen Werther ". Ausgabe des Jahres 1771, wurden mit 5000 Frank bewertet(1125 M.). Ebensoviel brachten Die Räuber " von Schiller , gedruckt im Jahre 1781. Wielands sämtliche Werke(erschienen 1791 bis 1802) gingen für 8100 Frank (rund 1800 M.) in andere Hände über. Schließlich wurde nocl, Goethes gedruckte Doktordissertation für 1100 Frank(nahezu 1000 Mark) verkauft. Bei kürzlich stattgefundenen Klassiker-Erstdruckversteigerungen in Deutschland wurden nicht«rnähernd so hohe Preise erzielt! Ein Neger als vorbildlicher Arbeitgeber. Der srühere belgisch« Arbcitsminister Joseph Wauters hat kürzlich ein Buch veröffent. licht(l-e Eonxo au travail), in dem er die Ergebnisse einer im letzten Jahre unternommenen Studienreis« durch den belgischen Kongo zu- sammensaßt. Di« Schrift enthält mancherlei Interessantes über die Lebensverhältnisse und Gewohnheiten der Eingeborenen, von deren Wohlergehen in steigendem Maße nicht nur das moralische Ansehen der kolonialen Regierungen, sondern zum guten Teil auch der Ertrag der an überieeischen Unternehmungen beteiligten kapitalistischen Ge- scllschaften abhängt. Der Verfasser bemüht sich, darzutun, daß die Behandlung der Neger als Arbeiter feit der unrühmlichen Aera Leopold« im ganzen humaner gewordm ist, daß aber das Prinzip inöglichster Schröpsung der unorganisierten Lohnsklaven noch keines- wegs ernsthaft angetastet wurde. Die Unternehmer im Kongo, feien sie belgischer, amerikanischer oder portugiesischer Herkunft, entlohnen den Eingeborenen kümmerlich genug, so kümmerlich, daß ein schwarz- bärtiger Kollege, der sich am Kwango . einem Nebenfluß des Kafai, etabliert hat, ihnen cm Großmütigkeit entschieden überlegen ist. Dieser vom Aequator stammende Konkurrent, der die verschiedensten Unternehmungen ins Leben gerufen hat, macht sehr gute Geschäft«. Seine europäischen Nachbarn hegen gegen ihn die bittersten Ge- fühle, weil er, wie dem Verfasser mitgeteilt wurde,, für das Elfen­bein und die Palmenkerne zu hohe Preise biet« und sein« Arbeiter zu reichlich entlohne und damit ein schlechtes Beispiel gebe! In dem Buch wird auch die trogisch-komifche Geschichte eines Aufrührers, des Propheten Bibanga, erzählt, der bei den Missions- vätern in die Schul« ging und die Gleichnisse der Bibel in allzu kon- kretem Sinne erfaßte. Er rief di« Arbeiter zum Streik auf. weil ihm«ine Stimme verkündigt habe, daß sich in der Gegend der großen Katarakt« das Wunder der Vervielfältigung der Brot« und der reichlichen Fischzüge erneuern werde. Armer Prophet. Die christlichen Richter der Kolonie verurteilten ihn wegen angeblicher politischer Umtriebe zum Tode, doch begnadigte ihn der Gouver- neur zu langjähriger Verbannung nach dem entfernten Katonga, wo er jetzt seine Vorstellungen revidieren und inne werden kann, daß im kapitalistischen Wirtschaftssystem das Manna nicht vom Himmel fällt, sondern auch die Krume Brot in harter Arbeit erworben werden muß._ �h- v>e Zurysrel« Suastschau wird voranSfichtllch am ll. Oktober im Landes- auZflellungSgibäude eröffnet. Aeber einen vorhlllonschen valerlrdischen«ang. der bei PrinceS Tower in Jersey enldeck» wurde wird mitgcleitt. daß er etwa 70 Fuß lang und 5 Fuß bow ist. Er sübrt zu einem croßen Raum, der sich unier einer alten .clavelle befindet. Nach der Ansicht Sachverständiger bandelt cS sich um eine Anlage, die v t c I- t a u j c n d Jahre alt ist und man rechnet mit sehr interessanten Funde».

Sozialöemokratischer Wahlsieg. Rückgang der Kommunisten. Halle. 29. September. (Eigener Drahtbericht.) In Könnern bei Halle fand am gestrigen Tage eine Neuwahl zum Stodt- verordnetenkollegium statt, die notwendig geworden war infolge der Auslösung durch das preußische Staalsministerium. Trotz wüstester Agitation sowohl der Bürgerlichen als auch der Kommunisten hat unsere Partei einen glänzenden Sieg davongetragen. Gegenüber der letzten Reichstagswahl vom I.Mai haben die Vereinigien Bürgerlichen 126, die Kommunisten 108 Stimmen verloren, während unsere Partei 128 Stimmen gewann. Die Kommunisten, die bisher im Stadiparlament sieben Stadtverordnete hatten, haben jetzt noch deren vier, ebensoviel wie unsere Partei, die ein Mandat gewann. Das Wahlergebnis ist um so bemerkenswerter, als es sich um eine kommunistische Hochburg dicht vor den Toren Pseudo- Moskaus handelt. Tie Bestürzung bei den Kommunisten ist groß, was um so verständlicher ist, als das Kommunistenblatt noch vor einigen Tagen in hochtönenden Worten versichert hatte, daß der kommunistische Gedanke marschiere. Die Wahlbeteiligung betrug 81 Proz.

Jefuitische Verschlagenheit". Ludendorffs �rontbann. München , 29. September. (Eigener Drahtbericht.) Die Be- mühungen der Kreise um Ludendarfs� darzutun, daß der Frontbann absolut offen und loyal aufgezogen worden sei, widerlegt am Montagnachmitlag dos Justizministerium durch Mitteilungen aus beschlagnahmten Briefen und Verfügungen des Frantbann-Kommandos. In einem dieser Briefe an einen jetzt verhafteten Frontbann-Führer heißt es u. a.:Die Sache steht nun folgendermaßen: R ö h m war beim Jnnetuninistcr und will nun auch noch zum Reichsinnenminister gehen. Ebenso sind Verhandlungen mit S e e ck t im Gang«, um die ganze Geschichte in aller Oeffentlichkeit aufziehen zu können, ohne Gefahr laufen zu müssen, daß die Geschichte gleich mit dem ersten Aufruf, der in der Zeitung erscheint, ein Verbot enthält. Die Aussichten betreffs Ge- stattung sind nichr gerade schlecht,»veil wir die ganze Sache als Ab- wehr maßnahm: gegen die Kommunisten hinstellen, auch ist der Presse- ausruf, den Schramm(Verteidiger Röhms im Hiller-Prozeß. Die Red.) mit echt jesuitischer Verschlagenheit oersaßt hat, den Luden- d o r f f auskorrigiert und genehmigt hat, so staatstreu abgefaßt, daß der Herr Innenminister ganz erstaunt war, daß er uns anscheinend so lang« verkannt hatte.." In einem weiteren Brief«, den Röhm an eine außerhalb Bayerns wohnend« Persönlichkeit geschrieben Hot, heißt es:Sonst geht hier alles seinen alten Trott. Arbeit, die all- mählich schon keine Beschäftigung mehr ist, wie ich es eigentlich lieb«, und recht wenig Erfreuliches, das heißt nicht aus unserem Verband. Da scheint die Geschichte so langsam wieder hochkrabbeln zu wollen. Aber sonst hat man viel Aerger mit der Regierung und mit den übrigen Hochverrätern. Gestern war ich beim Herrn Innenminister und habe mich in empfehlende Erinnerung gebracht. Am Mantag werde ich dem Ministerpräsidenten Grüß Gott ! sagen. Nun, so hat man eben seine Sorgen um den Frontbann. Nun setzte ich es aber doch durch. Die Herren in Bayern , die werden staunen, wie staatstreu ich auf einmal geworden bin." Keine Haftcntlaffung Hitlers am 1. Oktober. München , 29. September. (TU.) Nachdem die Staatsanwaltschaft heute gegen di« Bewilligung der Bewährungsfrist für Hitler und Kriebel Beschwerde eingereicht hat, kommt«ine Haftentlassung Hitlers und Kriebels am 1. Oktober noch nicht in Frage, da di« Beschwerde aufschieben de Wirkung hat. Wann das Oberste Landesgericht seinen endgültigen Entscheid fällen wird, steht noch nicht fest.

Die Stahlhelmschießereien in Altona . General Ledebur reizt zum Bürgerkrieg auf. Hamburg , 29. September. (Eigener Drahtbericht.) Am Freitag abend veranstaltete die Ortsgruppe Altona desStahl- Helmbundes" ein« Fahnenweihe, deren Auswirkungen zu einem blutigen Zusammenstoß führten. General a. D. Freiherr von Ledebur führte in seiner Festrede u. a. aus:Wer von uns heute von Paztfismus redet, fügt sich feige in sein Los und oerdient die Verachtung der Welt. Noch können wir uns der Schmach und Schande nicht erwehren, ober es kommt der Tag! Wir werden nicht ruhen, bis alle deutschen Brüder wieder mit uns»ereint sind. Wenn wir auch jetzt noch nicht das Schwert ziehen können, um uns vom äußeren Feind zu befreien, so ist uns doch im Lande selbst ein neuer tückischer Feind erstanden: das Reichsbanner Schwarz- Rot- Gold. Wir werden den Kamps gegen es mit rücksichtsloser Schärfe führen. Diese siesbeschämend« Bewegung arbeitet bewußt oder un- bewußt im Dienst unserer Feinde. Das Treiben dieser Leute ist schmählicher Bolls- und Landesverrat. Mögen sich alle Deserteure und Drückeberger in dieser Kampfgruppe wohl fühlen So lange wir nicht das Glück haben, den Komps gegen den äußeren Feind zu führen, werden wir in fester Front stehen gegen die Anhänger des Klassenkampfes." Ein« halbe Stund« später, nachdem dies« von der Versammlung mit stürmischem Beifall ausgenommen« Red« gehalten worden war. entwickelte sich aus noch nicht aufgeklärter Ursach« in der Näh« des Altonaer Hauptbahnhofes eine Schießerei zwischen Teilnehmern an derStehlhelm". Feier und anderen Leuten. Als die Polizei erschien, wurden dem amtlichen Polizeibericht zufolg« zwei junge Leute verfolgt. Nach Aussagen der Kriminalpolizei soll sowohl von den Verfolgern als auch von den Berfvlgten geschossen worden sein. Tatsächlich festgestellt ist nach dem amtlichen Bericht bis- her nur, daß von den verfolgten(die zu denStahlhelm"-Leuten gehörten) Schüsse abgegeben worden find. Der Polizeibeamt« Meyer wurde getötet, vier Personen wurden vertetzt. Die vomhambur- ger Fremdenblatt- aus Grund eines Wolss-Telegramms verbreitete Ansicht, als seien Reichvbannerleute von der Polizei als Schützen festgenommen worden, ist nach Erkundigungen bei der Polizei von dieser als unrichtig bezeichnet worden. Altona . 29. September. (Eigener Drahtbericht.) Die bisherigen Ermittlungen cus dem blutigen Zusammenstoß am Freitag abend zwischen Angehörigen des Stahlhelmbundes und anderen Leuten im Anschluß an die Fahnenweihe des Stahlhelms haben ergeben, daß bei der Schießerei(durch die ein Polizeib-ramter getötet und vier Personen schwer oerletzt wurden) die Stahlhelmleute als Täter in Frag« kommen. Ein amtlicher Polizeibericht, der am Montag mittag herausgegeben wurde, besagt, daß zwei Mitglieder der Hamburger Ortsgruppe des Stahlhelm, ein 19jShriger Kauf- mannslehrling und ein 2öjährig«r Handlungsgehilfe , auf Grund der Vernehmung und Zeugenaussagen unter dem dringenden Verdacht, die Schüsse abgegeben zu haben, dem Gericht zugeführt worden sind. Gegenüber der von WTB. am Sonnabend oerbreiteten Meldung sei nochmals festgestellt, daß das Reichsbanner Schwarz- Roi-Gold mit dem Zusominenstotz nichts z u tun hat und bisher nicht einmal festgestellt ist, ob einzelne Mitglieder des Reichsbanners

in den Zusammenstoß verwickelt sind. Ein zunächst unter dem Ber - dacht, geschossen zu haben, festgenommener Arbeiter ist bereits am Sonnabend wieder freigelassen worden.

Liefert Ungarn aus! Budapest . 29. September. (WTV.) wie die Serichkssaal- korrespondcnz mitteilt, ist der Standpunkt der Staatsanwalt. schast in der Affäre Förster-Schulz der, daß dem Auslieferungsbe- S hren Folge gegeben werden müsse, weil die Ermordung Erz- bergers nicht als politis6)es verbrechen anzusehen sei. Die verhand- lung des Auslieserungsscnats soll morgen vormittag unter Ausschluß der Oeffcnttichkeit stattfinden. » Budapest , 29. September. (WTB.) Der Berliner ungarische Gesandte Emrich hatte heute mittag eine Besprechung mit dem Mi- nisterpräsidenten Grafen Bethlen. Wie die Blätter melden, stand der Besuch mit dem Auslieferungsbegehren der deutschen Regierung gegen die Mörder Erzbergers in Zusammenhang. Der Wiener Sankskanöai. Haftbefehl gegen Castiglioni. Wien hat seinen neuen Bankskandal. In seinem Mittelpunkt steht der bekannte Jnstatimisgewmner Eastiglioni, der als reichster Mann Oesterreichs gilt und mit dem verstorbenen Hugo Stinncs tu engen Geschäftsbeziehu.igen stand. Gegen Castiglioni wird der Vorwurf erhoben, daß aus seiner Bant, der Wiener Depositenbank. Aktien verschwunden find, die sich auf verschieden« Geschäfte beziehen. Die Bank war kürzlich zusammengebrochen und stand unter Ge» schäftsaufsicht. Gegen sie schwebt« überdies eine Untersuchung wegen eines betrügerischen S p i r i t u s g e s ch ä f t s, das sie noch unter dem Vorsitz Eastiglionis mit tschechischen Industriellen abgeschlossen hatte. Gegen Castiglioni und die beiden Generaldirektoren der ge- nannten Bank ist nun der Haftbefehl erlassen worden. Alle drei haben sich außerhalb der österreichischen Grenze begeben. Das Haus Cassiglioni erlätzt eine Erklärung� in der es ein« Flucht Castig. lionis bestreitet. Auffallend ist jedoch, daß ein anderer Direktor� der der Depositenbank angehörte, namens Pick, beim Bekanntwerden der neuen Untersuchung Selbstmord verübt hat. Die Firma Cassiglioni bestreitet außerdem, daß zwischen dem Verschwinden der Aktenstücke und dem Hause Castiglioni irgendwelche Zusammenhänge bestehen. Die Polizei hat in den Wohnungen der Beschuldigten Haussuchungen abgehalten und dabei im Palais von Castiglioni wertvolle Juwelen beschlagnahmt. Man vermutet, daß der Aktendiebstahl durch Beauftragte erfolgt ist. Di« gerichtliche Untersuchung wird über eigenartigen Vorgänge Aufschluß suchen. Wie sehr man bemüht ist die Zu- sammenhänge zu vertuschen, geht aus einer Meldung der Wiener Arbeiter-Zeitung " hervor, wonach der Sekretär Eastiglionis, L e d e r e r, der nunmehr polizeilich bewacht wird, der Regierung gedroht habe, daß für den Fall eines gewaltsamen Vorgehens schwere Folgen- einzelne wirtschaftlich« Unter. nehmungen zu befürchten seien. DieArbeiter-Zeitung " ver- langt ein« genaue Mitteilung über die ganze Angelegenheit und warnt alle, insbesonere die Regierung und den Polizeipräsiden- ten. auch nur den geringsten Versuch einer Vertuschung machen zu wollen. Wien , 29. September. (WTB.) Wie dasS-Uhr-Blatt" meldet. seien die Haftbefehl« gegen den Präsidenten der Depositenbank, G o l d st e i n, und Generaldirektor des Castigloni-Konzern, Reu- mann, dadurch notwendig geworden, daß gegen sie der Verdacht der Veruntreuung und des Betrugs vorliege.

Gewerkschasten unü Einwanüerung. Prag . 29. September. (Eigener Drahtbericht.) Im Rahmen des Internationalen Sozialpolitischen Kongresses fand heute«ine Be. rvtung des Exekutivkomitees statt, in welcher die Resolutionen für das Kongreßplenuin und die Frage des Kongreßoorsitzes erledigt wurden. Gleichzeitig tagte eine vom Internasionalen Gewerk- s ch a f t s b u n d Amsterdam einberufen« Konferenz über Aus- und Einwanderung, die vom Minister für soziale Fürsorge Genossen Habrman begrüßt wurde. T a y e r le- Tschechoslowakei betonte, dort hätten fremde Arbeiter gleiche Recht« wie die einheimischen und verlongl«, daß alle Gewerkschaftsorganisationen dasselbe in ihren Ländern durchsetzen. Vorsitzender M« r t« n s- Belgien wies darauf hin, daß Arbeitereinwanderung nicht selten die Arbeitsbedingungen der Einheimischen verschlechtert. Der Kongreß müsse Maßnahmen zur internatrcnalen Einwandererfürsorge vom Standpunkt der Arbeiterschaft festsetzen. Knall- Deutschland führt« aus, daß Deutschland vor 20 Jahren unter der Einwanderung von pol- nischen und italienischen Arbeitern ebenso gelitten habe, wie heut« Frankreich . Wenn der gegenwärtige Stand der Auswanderungs- frag« so dringend sei, so lieg« die Schuld bei den Friedensverträgen. Sollt« sich die Durchführung des Da wes- Plans als unmöglich erweisen, dann hätte Deutschland 20 Millionen Menschen mehr als es ernähren könne, Gurion- Palästina bedauerte, daß Amerika nicht vertreten sei, denn es fei der Brennpunkt des Aus- Wanderungsproblems. Cr empfiehlt gegenüber der Abschließung Amerikas in der Angelegenheit der Einwanderung zu protestieren. Schllrmann- Deutschland schilderte die schwierigen Verhältnisse der ausgewanderten Intellektuellen, weil sie in den Ländern, wohin sie wandern, keine Organisationen haben, die sich ihrer an- nehmen können. T a y e r l e- Tschechoslowakei bemerkte, daß vor allem statistisches Material gesammelt werden müsse über die Arbeitsbedingungen in den Ländern, wohin der Sluswanderungs- ström gehe. Di« Auswanderung aus der Tschechoslowakei nach Deutschland sei zwar nicht so bedeutend, man müsse aber auf den Schutz der Saisonarbeiter bedacht sein, von d-n-n-»Mich 10 000 bis 15 000»ach Deutschland kämen. Nochmals die Opfer beim Reichstvehrmanöver. Zu der von uns veröffentlichten Berichtigung der Pressestelle des Reichswehrmini. steriums geht uns von derBremer Volkszeitung' folgende Zuschrift mit der Bitte um Verösfeittlichung zu:Unser« Meldung über die Opfer beim diesjährigen Reichswechnnanöver im westsäiischen und hannvverscheu Gebiet ist durch die Berichtigung der Pressestelle des Reichswehrminlistsriums in keiner Weise erschüttert. Wir hatten berichtet, daß sieben Soldaten und eine Frau bei diesen Manövern von Geschützen der Artillerie überfahren und getötet war- den seien. Und dazu iveiß die Berichtigung der bezeichneten Pressen stelle nur zu sagen, daß dieser Teil der Meldung falsch ist. Was besogt dos? Soll dos etwa heißen, daß nicht sieben, sondern vier, fünf oder gar acht Soldaton getötet wurden? Oder soll behauptet worden, di« Opfer sind nicht von Geschützen der Artillerie, sondern von Wagen der Maschinengewehrabteilungen oder anderen Fuhr- werken überfahren oder getötet? Man kann sich beim Lesen der so- genannten Berichtigung denken was man will. Damit ist sie aber auch als ein Verlegenheitsprodukt gekennzeichnet. Es wird dem Reichswehrministerium nicht gelingen, die tödlich verunglückten Opfer durch eineBerichtigung" zu neuem Leben zu erwecken. Im übrigen hat weder das Bremer Reichswehrbataillon noch die Pressestelle des R-'ichswehrminister>ums uns eine Berichtigung unserer Angaben zugestellt und bisher hat es auch kein« bürgerlich« Zeitung Bremens gewagt, unsere Meldung zu veröffentlichen oder von sich aus als unwahr zu bezeichnen. Es liegt in der Hand der Reichswehr , durch Beröffentlichunq des Tatbestandes in dieser Sache Klarheit zu schaffen."