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Abendausgabe

Nr. 461 41. Jahrgang Ausgabe B Nr. 231

Bezugsbedingungen und Anzeigenpreise find in der Morgenausgabe angegeben Redattion: Sm. 68, Cindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292-295 Tel- Adreffe: Sozialdemokrat Berlin

Vorwärts

Berliner Volksblatt

5 Goldpfennig

Dienstag

30. September 1924

Berlag und Anzeigenabteilung: Geschäftszeit 9-5 Uhr Berleger: Borwärts- Berlag GmbH. Berlin SW. 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 2506-250%

Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

Abbau der Militärkontrolle.

Auflösung der Interalliierten Marine- Kommiſſion.

Wolffs Bureau meldet: Da alle Abrüstungsfragen, soweit sie fich auf die Marine allein beziehen, erledigt find, wird die 3nter­alliierte Marine- kontrollkommission laut Beschluß der Botschafterkonferenz am 30. d. M. aufgelöst.

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Wolffs Bureau meldet: Im Laufe der vergangenen Woche sind von der Interalliierten Militärkontrollkommission das Reichswehr­ministerium, die Stäbe der Wehrtreistommandos 1, 2, 3 der 3. Ra­valleriedivision, emige Truppenteile in Schweidnitz , Stettin und Swinemünde , ferner Befestigungswerte in Gestemünde und Cur­haven, verschiedene Verpflegungs-, Bekleidungs- und Zeugämter und die Polizei einiger Regierungen sowie Fabriken besucht worden. Die Besuche sind reibungslos verlaufen.

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Die deutschen Reparationszahlungen.

Die erfte Oktoberrate bereitgestellt.

Die für den Monat September gemäß dem Londoner Abkommen zu leistenden Reparationszahlungen in Höhe von 83 Millionen Gold: mart find, wie die Telegraphen- Union erfährt, nicht nur pünktlich geleistet, sondern sogar überschritten worden, so daß ein be­trächtlicher Ueberschuß erzielt worden ist. Die Totalsumme von 83 Millionen Mart feẞt fich aus den beiden Zahlungen der deutschen Regierung von zufammen 40 Millionen Goldmart, den Einnahmen aus dem Recovery- Att und von der Regie sowie den deutschen Zah­lungen an die Besatzungsmächte zusammen. Nach den Mitteilungen des stellvertretenden Generalagenten für Reparationszahlungen ist der am 1. Oktober fällige Reparationsbetrag von 14 millionen Goldmart bereitgestellt. Nach Meinung des Herrn Dawes liefern biefe Zahlungen einen weiteren Beweis für das erfolgreiche Arbeiten bes Dawes- Planes.

| Zahlungen an seine Reparationsgläubiger zu machen. Times" betont, daß dieselben Kaufleute und Fabrikanten, die jetzt die deutsche Anleihe fritisierten, in dem Glauben, daß sie den britischen Interessen entgegengesetzt sei, dieselben Leute seien, die sich früher bitter über den Wettbewerb der Länder mit entwerteten Währungen beklagt hätten.

Aufnahme der deutschen Denkschrift. Bertrauliche Behandlung.

London , 30. September. ( TU.) Das von der deutschen Regie: rung überreichte Memorandum wird als vertraulich bezeichnet und nicht veröffentlicht werden. Der vertrauliche Charakter der Note bleibt auf ausdrücklichen Wunsch der Berliner Regierung gewahrt. Die Morgenblätter rechnen nicht damit, daß England sofort antwortet, weil sich die Regierung wahrscheinlich vorher mit anderen Empfängern der Note in Verbindung setzen wird.

London , 30. September. ( WTB.) Aus Brüssel meldet Times", Premierminister The unis habe dem deutschen Gesandten bei der Ueberreichung des Memorandums die Hoffnung ausgedrückt, die deutsche Regierung werde nicht von neuem die Kriegsschuld frage aufwerfen. Ein solcher Schritt würde äußerst bedauer­lich sein. Allgemein tönne gesagt werden, daß die Haltung der belgischen Regierung mit der von Herriot und Briand dargelegten identisch sei, die dahin gehe, daß Deutschland sich dem gemeinsamen Gefeß unterwerfen und sich verpflichten müsse, alle Bestimmungen

der Bölkerbundsfagungen zu achten und durchzuführen.

Paris , 30. September. ( TU.). Französische, englische und ameri­fanische Pressevertreter, die sich gestern im Ministerium des Aus­wärtigen in großer Zahl mit der Bitte um Auskünfte über das deutsche Memorandum eingefunden hatten, mußten nach stunden langem Warten unverrichteter Dinge wieder abziehen.. Auf fran­zösischer Seite hält man fich offenbar streng an das Lebereinkommen, Deffentlichkeit dringen dürfe.

Ersparnisse bei der Reparationskommission. wonach über den Inhalt des Memorandums nichts in die

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Eine Folge des Londoner Abkommens.

Amerika für eine Abrüstungskonferenz.

New York , 30. September. ( TU.) Auf die Genfer Meldungen über die geplante Abrüstungskonferenz hin wird in Washingtoner über die geplante Abrüstungskonferenz hin wird in Washingtoner Kreisen ertiärt, daß die Regierung jede Abrüftungsfonferenz unter st ühe. Im weißen Hause würde man es aber lieber sehen, wenn statt des Bölferbundes die Großmächte als Einberufer der Konferenz cufträten, weil dadurch Amerita eine weit größere Handlungsfreiheit erhielte. Eine Berkopplung der Schuldenfrage mit der Abrüstungs­fonferenz dagegen wäre Amerifa feinesfails angenehm. Das schließe aber nicht aus, daß Amerifa zu einer besonderen Schuldenkonferenz der europäischen Staaten Beobachter entsende.

Tagung der Londoner Internationale.

Beschlüsse der Exekutive.

Brüffel, 30. Eeptember.( WTB.) Der Brüffeler Berichterstatter des Temps" meldet, daß die belgische Regierung fich inten­fin mit der Frage beschäftigte, welche Ersparnisse bei den ver­schiedenen durch den Versailler Vertrag und den Dames- Blan ein­gesetzten Kommission erzeilt werden könnten. Grundsäglich habe man fich dahin geeinigt, daß die Reparationskommiffion und die neuen Organismen, die der Dawes- Plan vorfehe, nicht mehr Ausgaben verursachen sollen, als die Reparationsfommission bisher verursachte. Aber die neuen Organisationen würden große Kosten verursachen, da ihre Mitglieder auf Goldbafis bezahlt werden und der Lebens unterhalt in Berlin sehr teuer sei. Nach belgischer Ansicht sollten in der Reparationskommission die Delegierten der einzelnen Länder Pein ständiges Mandat mehr haben; sie sollten grundsätzlich nur einmal im Monat zusammentreten und nur Tagesgelder erhalten. Die zweiten Delegierten sollen nach einem Jahre voll­tommen beseitigt werden, da man annehme, daß bis dahin der Dawes- Plan vollständig funktioniere. Das Generalsekretariat, die Personalabteilung, der Finanzdienst, die juristische Kommission und die Nachrichtenabteilung, sowie das Garantiefomitee feien aufzufutive der Internationale nahm in der Montagsfihung den von Condon, 30. September. ( Eigener Drahtbericht.) Die Ere­lösen. In Zukunft werde nur noch ein internationales Gefre- futive der Internationale nahm in der Montagsfihung den von tariat mit 10 Beamten unterhalten werden. Im ganzen werde Adler erstatteten Bericht des Londoner Sekretariats über die Durch­jede Delegation nur etwa drei bis vier ständige Beamte unterhalten. führung der in Wien gefaßten Beschlüffe entgegen. Eine wichtige Dadurch würden die Kosten für die Reparationstommiffion um 60 Neuerung ist ein nunmehr regelmäßig erscheinendes wöchentliches bis 70 Prozent herabgefeht. Auch bei der Rheinlandtom. Preffe- Bulletin der Internationale". Dem Bericht mission fönnten Ersparniffe erzielt werden. Ein Ausschuß be­Ein Ausschuß be- wurde einstimmig zugestimmt. Hierauf fand eine Erörterung der schäftigt sich mit der Frage der Verminderung des Personals und internationalen politischen Cage statt. Bander­velde berichtete über seine Balkanreise und wies auf die ernften der Unterhaltungskosten um 50 Prozent. Belgischerseits glaube man auch, daß die Interalliierte Militär Kontrolltom. Gefahren für den Frieden hin, die durch die Vorgänge auf dem mission ziffernmäßig herabgesetzt werden könnte. Es müsse Baltan heraufbeschworen werden. Angesichts dieser Gefahren, die übrigens auch die Frage der Unterhaltungskosten der Besatzung auf den Krieg und die Friedensverträge zurückzuführen find, fordert geprüft werden. Auf Grund des Abkommens vom März 1922 die Erefufive auf Grund eines einstimmigen Beschlusses alle an­unterhalten die Franzosen 90 400 Mann, die Belgier 19 500 und gefchloffenen Parteien, insbesondere die Parteien Frankreichs und die Engländer 15 000 Mann in den Rheinlanden. Vielleicht könne Englands, auf, alle, Anstrengungen zu machen, um durch Vermitt­man hier eine Reduzierung um 10 bis 12 Prozent ins Auge fassen, lung des Bölkerbundes die Minderheitsrechte auf dem sowie ferner eine Verminderung der Soldatenzulage von zwei auf Balfan wirksam zu gewährleisten und auf Erhöhung der vom eine Goldmart, wenn diese Zulage nicht überhaupt völlig aufge- Bölferbund bereits gewährten Vorschüsse hinzuarbeiten, die dem riefenhaften Umfang des Elends entspricht. Außerdem wurde die Forderung nach Heimstätten für das armenische Bolt

hoben werden könne.

Die deutsche Anleihe. Ausgabe wahrscheinlich Mitte Oktober. Condon, 30. September. ( WTB.) Times" führt in einem Leit­artikel aus, die deutsche Wiederaufbauanleihe werde wahrscheinlich Mitte nächsten Monats zur Ausgabe bereit sein. Es sei die wichtigste der drei beträchtlichen Anstrengungen, die bisher unter nommen worden seien, um eine gefunde Währung und finanzielle Lage auf dem Kontinent wiederherzustellen. Bon der Wieder­herstellung dieser Lage hänge ein wirkliches dauerndes Wiederauf­leben in der Produktionskraft und daher auch der Kauftraft Europas ab. Da England vielleicht mehr als jedes andere Land an der Aus: dehnung des internationalen Handelsverkehrs interessiert sei, fo könnte der Erfolg des Planes England feineswegs gleichgültig fein. Die deutsche Anleihe bilde einen wesentlichen Teil des Dames Berichts, den das Barlament furz nach seiner Ber öffentlichung angenommen und auch gebilligt habe. Das Parlament habe daher das Land dazu verpflichtet, und die Staatsmänner aller Parteien hätten zu seinen Gunsten gesprochen; er habe die englisch­französischen Beziehungen verbessert. Der Zwed des Dawes- Berichts jei, furz gefagt, eine gesunde Währung in Deutschland wiederherzustellen und es Deutschland zu ermöglichen, wesentliche

erneuert.

Sozialistischer Kurs in Dänemark . Aufforderung der Partei an die Regierung. Kopenhagen , 30. September. ( Eigener Drahtbericht.) Hauptvorstand und Parteiausschuß der dänischen Sozialdemokratie haben in einer Sigung zur politischen Cage in Dänemark Stellung genommen. In einer Resolution fordern sie von der Regierung energifche Verfolgung des sozialdemokratischen Kurses, für den fich nunmehr zwei Wahlen ausgesprochen haben. Sie sichern der Re­gierung in ihrer Reformarbeit die nachhaltigste Unterstützung zu und fordern sie wie die Wählerschaft aus, sich auf eine neue Wahl vorzubereiten für den Fall, daß das Bürgertum weiterhin das Ar­beiten der sozialdemokratischen Regierung fabofieren sollte.

Die Schlacht bei Schanghai .

New York , 30. September. ( T.) Die Schlacht mefflich Shanghai hält mit größter Erbitterung an. Alle modernen Waffen find in Benugung. Hunderte von Flugzeugen sind an dem Kampje beteiligt.

Volksgemeinschaft.

Die Tage von Mannheim .

Die Herren, die jetzt in Berlin so eifrig an der Arbeit sind, um den Bürgerblod zusammenzubringen, verfügen hoffentlich über Beobachter in Südwestdeutschland , die sie über die Borgänge in jenen entfernten Reichsteilen rasch und zu berlässig unterrichten. Aus den Zeitungen, die ihnen nahe stehen, konnten jene großen Strategen nichts davon erfahren, höchstens, daß in Mannheim irgendein ,, republikanischer Rum­mel" stattgefunden hätte, der für die ernsten Staatsgeschäfte von der Art, wie sie jetzt in Berlin betrieben werden, ohne weitere Bedeutung sei. Die vertraulichen Berichterstatter wer­den wohl nach Berlin mitgeteilt haben, daß die Dinge doch ein wenig anders liegen, und daß es den Kopf in den Sand stecken hieße, wenn man versuche, die Bedeutung des poli= tischen Ereignisses Don Mannheim herabzusetzen. Nicht, daß am Sonnabend ganz Südwestdeutschland von Sonderzügen mit schwarzrotgoldenem Flaggenschmuck durch­fahren wurde, daß sich über die Feststadt selbst ein Meer von Schwarzrotgold ergoß, daß Fackel- und Festzüge stattfanden, ist das Entscheidende. Das Entscheidende ist der Geist, von dem jene Beranstaltung erfüllt war. Das Entscheidende ist das eindrucksvolle Hervortreten der Tatsache, daß im Reichs­banner Schwarz- Rot- Gold eine Verteidigungsarmee der Republik erstanden ist, die es mit allen Behrwölfen, Frontbannern und sonstigen Berschwörergesellschaften, die sich im Dunkel heranschleichen, doppelt und dreifach aufnimmt; das Entscheidende ist, daß der Wille zur Republit ſeine überparfeiliche Organisation gefunden hat, die den Schutz der, Republik , die Pflege republikanischen Geiftes jeder Regierung, die selber ehrlich will, zur mühelosen Arbeit macht.

Es gibt heute zum mindesten eine deutsche Landes­regierung, die diese Arbeit zu leisten bereit ist und sich dabei mit Freuden der Hilfe des Reichsbanners Schwarz- Rot- Gold bedient, das ist die Regierung des Freistaats Baden. Bon ihr hat der Staatspräsident Dr. Köhler in ausgezeichneter Formulierung gefagt, daß fie den Schuß der republikanischen Berfassung nicht nur als ihre juristische Pflicht" be­

trachte. Herr Dr. Röhler hat damit in taftvoller, aber nicht mißzuperstehender Form den Punkt getroffen, auf den es an­

tommt.

Selbst wenn im Reich die Bürgerblockregierung fäme, würden die Her gt und West ar p den Eid auf die republika­nische Verfassung leisten und sich aus außen und innen­politischen Gründen sehr wohl davor hüten, sich bei einer politischen Gründen juristisch faßbaren Pflichtverletzung ertappen zu lassen. Sie würden sich immer darauf berufen, daß fie die zurzeit geltenden Artikel und Paragraphen respektierten, und sie wür­ben es darauf anlegen ähnlich wie jener Kommerzienrat an haben wir schon regiert, und man hat uns nichts nachweisen seinem siebzigsten Geburtstag- sagen zu können: So lange tönnen." Sie werden sich auf den Buchstaben berufen und werden mit Hilfe des Buchstabens den Geist bekämpfen, der lebendig macht.

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Auf die Gefahr dieser juristisch einwandfreien Methode, von Regierungs wegen Politif gegen die Republik zu treiben, hat Dr. Wirth in seiner großen hinreißenden Rede noch flarer hingewiesen, als es der durch offizielle Rücksichten ge­bundene Staatspräsident hatte tun können. Er hat von der Aushöhlung gesprochen, die der Republik drohe, und die gefährlicher sei als die offene Butschpolitit. Diese Aushöhlungs. politif ist erfolgreich in Bayern begonnen worden, sie hat in Thüringen und Mecklenburg begonnen, sie bedroht jetzt Preußen und das Reich.

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Aushöhlung ist nur Borbereitung. Wird der Kern vera nichtet, dann vertrocknet auch die Schale, bis sie schließlich zer­bricht. Um so höher ist das Verdienst des Reichsbanners Schwarz Rot Gold anzuschlagen, jener aus dem Roden geschossenen republikanischen Massenorganisation, die den Geist lebendig und frisch erhält. Gegen eine entschlossene und bes geisterte Bolts gefinnung fommt man schließlich mit parlamentarischen Schiebungen und bureaukratischen Winkel­zügen nicht auf.

Bürgerblod ist Monarchistenblod! Deutsch­nationale und Volksparteiler stehen zusammen unter den Farben Schwarz- Weiß- Rot. Willig wird sich ihnen die weiß­blaue Bayerische Volkspartei zugesellen, deren Führer, der bayerische Ministerpräsident Held, erst neulich in Tunten­ hausen seiner Sehnsucht nach einem König aus dem Wittels­ bacher Hause Ausdruck gegeben hat. Das Entscheidende der Tage von Mannheim ist, daß sich gegen den Block der Mon­archisten der Blod der Republikaner formiert.

Und so war es auch wahrhaftig kein Zufall, daß jene gemaltige Rundgebung im Zeichen Ludwig Frants stand, jenes flugen und tapferen Sozialdemokraten, den die Parteien stets als Mittel zum höheren Zwed betrachteten, der feine Mitarbeit und Zusammenarbeit verweigerte, wo nur über das zunächst zu entscheidende Ziel ehrliche lleberein­ſtimmung bestand, und der schließlich als Bannerträger einer wahren Bolfsgemeinschaft fiel. Die Bolksgemein schaft", die im Munde der Volkspartei nur eine schamlofe Lüge ist, hat dort ihre Berwirklichung gefunden, wo Ludwig Frant gefallen ist, und sie erlebt ihre Fortsegung und Wieder auferstehung in jenen Massen, die sich am letzten Sonntag in Mannheim um sein Denkmal Scharten.

Die Tage von Mannheim haben ganz Deutschland und der ganzen Welt gezeigt, daß die Republikaner nicht gesonnen sind, sich von den Monarchisten aus der Boltsgemeinschaft" aus. schließen zu lassen. Er hat die ganze Berworfenheit