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tommen. Was sie dann halten werden, davon legen ihre Ge­sinnungsgenossen in den Länderregierungen von Thüringen und Mecklenburg , von Württemberg und Bayern beredtes Zeugnis ab. Noch einer!

Die Götter wandern aus!

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Nach Mar Maurenbrecher ergreift nunmehr auch Herr Spieß, Chefredakteur der Stresemannschen 3eit", die Flucht. Er teilt in den Spalten des bisher von ihm-nach dem Abgang Ripplers geleiteten Blattes mit, daß er mit dem heutigen Tage" sein Amt als Chefredakteur niederlegt, aber bis zum Antritt seines Nachfolgers vorübergehend weiter amtiere. Ganz wie Maurenbrecher soll auch Spieß als ständiger politischer Mitarbeiter mit dem Blatte in Berbin­dung" bleiben.

Der Thüringer Bankskandal.

Der Bürgerblock kneift.

Weimar , 30. September. ( Eigener Drahtbericht.) Die Berhand. lungen im Haushaltsausschuß über die Maßnahmen des thüringi­schen Finanzministers gegen den Staatsbantpräsidenten Loeb find heute ergebnistos verlaufen, weil die Regierung die Heraus­gabe der Aften verweigert. Diesem Standpunkt der Regierung trat die Mehrheit der Vertreter der Rechtsparteien bei. Ein völlischer Abgeordneter beantragte die Herausgabe der Aften mit Rücksicht auf das Amtsgeheimnis zu verweigen. Dieses Verhalten der Rechtsparteien ist um so bezeichnender, als bei den ersten Verhand­lungen im Haushaltausschuß sie selbst auf die Herausgabe der Aften drängten und die Regierung sich auch damals bereit erklärte, die Revisionsberichte den Frattionen zur Kenntnis zu bringen, felbftver. Ueber die Ursachen dieses plötzlichen Stellenwechsels ständlich nur unter strengster Verschwiegenheit. Nach dem heutigen wird in der Zeit" nichts angegeben, während Maurenbrecher Beschluß haben die Rechtsparteien die Herausgabe der Aften ver­doch wenigstens andeutete, daß er in Zukunft für die weigert, die sie gar nicht fennen fönnen, oder aber sie haben sie politische Gesamthaltung der Deutschen Zeitung" feine nur den Linksfraktionen verweigert, und die Regierung hat ihnen Berantwortung mehr zu tragen wünscht. Man geht aber wohl heimlich Kenntnis davon gegeben. Die sozialdemokratische Landtags­nicht fehl in der Annahme, daß mit Spieß das zweite Opfer fraktion hat deshalb beschlossen, einen Antrag zu stellen auf Ein der deutschnational poltsparteilichen Berberufung des Landtages und beantragt die Einfegung brüderung fällt. Aus seiner Feder ist jener vielzitierte eines Untersuchungsausschusses gemäß§ 23 der Ber­Artikel der Zeit" erschienen, der den Deutschnationalen vor faffung des Landes Thüringen . Da der Bandtag aber nur einbe rechnete, daß sie den Berliner Patt am 29. August ja nur rufen wird, wenn ein Drittel der Abgeordneten dies fordert und teilweise erfüllt hätten und deshalb auch ihre Ansprüche unsere Frattion allein nicht ein Drittel hat, so ist doch anzunehmen, nicht ohne weiteres anerkannt werden könnten. Wörtlich schrieb nach der bisherigen Haltung der Demokraten und Kommunisten zu Herr Spieß am 18. September: urteilen, daß sie unseren Antrag unterstützen.

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Die Zusage der Deutschen Volkspartei geht von der Bereit­schaft der Deutschnationalen aus, die Verantwortung für die Londoner Abmachungen mit zu übernehmen. Es ist ganz selbstverständlich, daß diese llebernahme der Berantwor­tung nun auch die Grundlage fein muß, auf der allein die Anteilnahme der Deutschnationalen an der Regierung zustande. tommen kann.... Selbstverständlich ist es, daß eine Partei, die an der Regierungsverantwortung teilnehmen will, grundfählich die­jenige Regierungspolitik anerkennen muß, die sich aus der Unter­zeichnung der Londoner Abmachungen und der Zustimmung des Reichstags von selbst ergibt. An einer solchen flaren Zustimmung haben es die Deutschnationalen als Gesamtpartei bisher fehlen laffen. Der Versuch, durch Drohungen einzuschüchtern, wird fehl schlagen.

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Inzwischen hat Herr Spieß erlebt, daß diefe Drohungen ihr Ziel nicht verfehlt haben, daß die Einflüsse der Curtius und Zapf von anderen noch abgefehen soweit gingen, fo­gar die entscheidenden Säße der deutschnationalen Ent­fchließung zu formulieren, furz er hat das voltsparteiliche Betteln um deutschnationale Regierungshilfe erlebt. Vielleicht hat er wir möchten das zu seinen Gunsten annehmen- eingesehen, daß diese volksparteiliche Politik selbst für einen waschecheten Nationalliberalen nicht mehr zu tragen ist, und er hat deshalb die Konsequenz seines Rüdtritts vollzogen. Sein Nachfolger wird also noch Stresemann - offiziöser sein, als schon Spieß es war, oder er wird auch nicht mehr sein!

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Bor furzem hat der frühere Leiter der Zeit", Heinrich Rippler , in der Deutschen Presse" fehr bemerkenswerte Aus führungen über den Einfluß fapitalistischer Interessengruppen auf das Zeitungsbild veröffentlicht. Er hat dort auch die Ge­schichte eines Reverses erzählt, der den Redakteuren eines Berliner Blattes vorgelegt wurde, und in dem sie sich schriftlich verpflichten sollten, feine Propaganda für ein Journalisten gesetz zu treiben. Beleuchtete diese Reversgeschichte die An­maßung gewiffer Verlegerfreise im allgemeinen, so gibt heute der Fall Spieß Gelegenheit zu der Frage, ob sie sich nicht etwa gar im Hause der Zeit" selbst abgespielt habe. Oder hat man gar einen neuen Revers vorgelegt, der die Heiligkeit des ,, Berliner Pattes" urkundlich anerkannte?

Der bisherige Gesandte Belgiens in Berlin , Graf de la faille de Leberghem, verläßt seinen Posten nach Abschluß der deutsch­belgischen Handelsvertragsverhandlungen. Sein Nachfolger wird der jezige Gesandte in Beting, Ewerts.

Weimar , 30, September. ( Tul.) Der Haushaltausschuß hat heute in Gegenwart der Mitglieder des Gesetzgebungsausschusses zu­fammen mit Bertretern des Finanzministeriums und des Ministe­riums des Innern und der beiden verantwortlichen Minister den Fall Loe& weiter beraten. Die Regierungsparteien und die Nationalsozialisten stellten sich dabei auf den Standpuntt, baß die Rücksicht auf das Bankgeheimnis es unbedingt erforderlich erscheinen läßt, daß die Gutachten der beiden Revisoren nicht den Mitgliedern des Ausschusses mitgeteilt würden, wie die Linte es verlangt hatte, weil die Gefahr bestände, daß Dinge, die unter das Bantgeheimnis fallen, in die Deffentlichkeit tommen. Ein dahingehender Antrag wurde nach einer langen Aussprache troß heftiger Gegnerschaft der Demokraten und Go: gialdemokraten sowie der Kommunisten angenommen. Bei der Abstimmung enthielten sich die Sozialdemokraten der Stimme mit der Begründung, daß hier eine Bergewaltigung der Minderheit vorliege. Die Demokraten und Kommunisten stimmten dagegen. In der Sache wurde immer wieder vom Finanzminister darauf hinge­wiefen, daß der Grund zur fristlosen Entlassung von Loeb nicht in seiner Zugehörigkeit zur jüdischen Rosse und zum, Sozialismus liege, fondern allein in seinen Berfeh. I ungen(!), darunter besonders die Tatsache, daß er mit aus­ländischen Krediten gearbeitet habe. Die Verantwortung für die Vorgänge in der Staatsbank in der Nacht vom Sonntag auf Montag lehnte der Finanzminister ab, da er erst am Montagfrüh hiervon erfahren habe. Für die Beurteilung des Geschäftsgetarens des Herrn Loeb seien diese Vorgänge von durchaus unter: geordneter Bedeutung(!). Von den Rechtsporteien wurde heute im Ausschuß folgende Erklärung abgegeben: Die Bertreter der Fraktion des Landbundes; der Deutschen Boltspartei und der Deutschnationalen Bolfspartei sowie der Nationalsozialisten haben in der Donnerstagfizung der Aushändigung der Revisionsberichte überhaupt nicht widersprochen, weil sie selbst auf vollständige und rasche Klärung der Geschäftsführung der Staatsbant den größten Wert legen. Nachdem sie aber durch Sachfenner die Ueber: zeugung gewonnen haben, daß auch bei Weglassung der Namen und Bahlen in dem Gutachten die Wahrung des Bankgeheimnisses nicht sichergestellt ist, sehen sie sich mummehr im Interesse der Staatsbon! und der Wirtschaft Thüringens veranlaßt, der Aushändigung der Revisionsprotokolle zu widersprechen.

Dieser Bericht spricht Bände. Aus ihm geht folgendes flar und eindeutig hervor: Die bürgerlichen Parteien

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find darüber unterrichtef, daß das Gutachten der Rentforen nicht die geringste Handhabe zu einem Eingreifen gegen den Staatsbankpräsidenten Genossen Loeb bietet, sie sind zu feige, ihre Blamage offen zuzugestehen und verkriechen sich deswegen heuchlerisch hinter dem angeblich notwendigen Schutz des Bankgeheimnisses. Die von der blire gerlichen Presse mysteriös aufgebauschten Borgänge in der Nacht vom Sonntag zum Montag bei der Abreise Loebs find für die schmutzige Gesellschaft so blamabel, daß selbst der Finanzminister gezwungen ist, die Berantwortung für biefen Standal abzulehnen. Die angeblichen Verfehlungen Loebs existieren überhaupt nicht, sonst würde der Finanzministes nicht verfäumen, mit ihnen zu paradieren und mürde sich nicht auf die lächerliche Andeutung beschränken. Loeb habe furchtbares Berbrechen mit ausländischen Krediten ge arbeitet. Es fann alfo gar fein 3weifel daran sein, daß hiet ein schamloser Verfassungs- und Rechtsbrud vorgenommen wird, zu dem die thüringische Regierung durc die Deutschvölkischen gezwungen ist. Wir fragen zum fo undsovielsten Male die Reichsregierung, was fie 3 tun gedenkt, um dieser thüringischen Wirtschaft ein Ende zu machen? Die Herren Bürgerblöckler sollen sich nicht ein bilden, daß es ihnen gelingen wird, auf diese Weise das Rech mit Füßen zu treten.

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Die Bank für Industrieobligationen.

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In Anwesenheit des Reichswirtschaftsministers Dr. Hamm rourde am Dienstagnachmittag die im Dawes- Plan vorgesehene Bank für Industrieobligationen im Reichswirtschafts. ministerium gegründet. Von der Reichsregierung wurden als Auf fichtsratsmitglieder bestellt: Stactsfefretär Dr. Trendelenburg vom Reichswirtschaftsministerium, Ministerialdirektor Bail vom preußischen Ministerium für Handel und Gewerbe, Ministeriairat Dr. Dorn vom Reichsfinanzministerium, das geschäftsführende Mitglied des Reichsverbandes der Deutschen Industrie, Geheimrat Bücher, Professor Dr. Flechthein, Rechtsanwalt mers und Paul v. Schwabach. Von den übrigen Aufsichtsrats. mitgliedern find sisher nur die von der Reparationsfommiffion zu ernennenden drei ausländischen Mitglieder bestellt worden. An den Gründungsaft, den der Reichswirtschaftsminister mit einer Ansprache einleitete, nahmen der von der Reparationskommission zum Treu händer für die Industrieobligationen bestellte italienische Staats. angehörige Nogara sowie Herr Robinson als Bertreter des Reparationsagenten teil.

Erledigte Mandate.

Defer, v. Siemens und Klöckner scheiden ans.

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Wahl zum Generaldirektor der Reichsbahn fein Mandat ais Der bisherige Reichsverkehrsminister Deser hat wegen feiner preußischer Landtagsabgeordneter entsprechend den Be­stimmungen der Satzungen der Reichsbahn niedergelegt Deser gehörte dem Borstande der Demokratischen Fraktion des Breußischen Landtags an. Für Deser tritt Reftor Sommer( Magde burg) in den Breußischen Landtag ein. Der auf dem rechten Flügel der Demokratischen Partei stehende Reichstagsabgeordnete D in D. Siemens, der in den Verwaltungsrat Der Reichsbahng felle

schaft gewählt wurde, hat dementsprechend sein Mandat ebenfalls niedergelegt. An seine Stelle tritt Malermeister Paul Koente Auch Kommerzienrat Dr. Peter Klödner( rechter Flügel bes Zentrums), der gleichfalls dem Verwaltungsrat der Reichsbahn an gehört, wird sein Mandat im preußischen Staatsrat niederlegen.

Der Reichspräsident gab zu Ehren des nächster Tage in feine Heimat zurüctehrenden Präsidenten der Vereinigten Staaten bon Merito, General Calles, ein Frühstück, an dem u. a. der Reichsfangler, Reichsminister Dr. Stresemann, Graf Broddorff Ranzau, der megilanische Gesandte in Berlin , Ortiz Rubio , der Bruder des Präsidenten, Generalfonsul Elias Calles sowie Oberst Vizcarra teilnahmen.

Boruch habo, Ludendorff is do! Dorff in leutfeliger Weise mit den Familienangehörigen. Er fragte, nur die ausgedehnten Schaftenfle d'e und die bunfieren, etwas

Erich Ludendorff ist der völkische Führer. Er ist also selbstverständlich Antisemit bis ins Mart hinein. Das hat der General die letzten Jahre her immer und immer wieder nachdrücklich unterstrichen. Im Prozeß in der Infanterieschule erklärte Erich Lind ström, er habe sich im Krieg und in der Nachkriegszeit gewissenhaft mit dem jüdischen Weltproblem beschäftigt und die Juden als Fremd­förper im deutschen Bolt und als die Kriegsschuldigen erkannt.

Daß Ludendorff einmal anders gedacht hat, haben wir seinerzeit mit dem Aufruf nachgewiesen, den er in echt oftjüdischem Jargon an die Juden in Polen erlassen hatte. Der Herr General hat übrigens einmal recht treue Freundschaft mit den Ostjuden gehalten. Das beweist, daß er am 1. April 1917 von dem Oberrabbiner in Warschau eine Einladung bekommen und angenommen hat. Die Einladung war jiddisch abgefaßt und hatte diesen Wortlaut: As Sie haben erflärt, Sie sind gefummen zu gaien als Freind zu die Jidden in Paulen, bitte ich Herrn Generol, dem unterzeichneten Oberrabbiner Salomon Rachmanes anzutun e Ehre, wie sie is noch nicht dagewesen in der Geschicht der Jidden zu Warschau und zu fimmen zu gain am Schabbes abend zu e Fischgericht mit polnischer Sauce, was wird sein felbft e Genuß für den hochmögenden Herrn Generol .

Ludendorffs staatsmärnischer Blid erkannte sofort, daß es not­wendig war, dieser Ginladung Folge zu leisten. Wie er es heute ausgezeichnet versteht, in Bayern bayerisch, in Preußen preußisch zu sein, so verstand er es damals, in Polen die Seelen der Jidden zu suchen. Ludendorff coußte damals, baß er die Juden im Kriege brauchte und daß ein Oberrabbiner einen gemaltigen Einfluß auf feine Gemeinde hat, und da galt es, diesen für das Offupationsgebiet auszunuzen.

Ludendorff erschien pünktlich am 1. April 1917, abends 6 Uhr, nachdem er sich vergewiffert hatte, das 5 Minuten vorher die Sonne untergegangen war, im Haufe des Rabbi . Am Eingang wurde er von der Frau des Oberrabbiners mit den Worten empfangen: Boruch habo*), ber Generol is do!" Ludendorff ant­wortete: Gott mit Eich und mit der Jiddenschaft in Baulen und in der Welt!" Darauf reichte er der Gattin des Oberrabbiners, einer älteren und rundlichen Dame, die klassische Formen nicht mehr ihr eigen nennen konnte und die sich zu Ehren des Abends mit weißem Häubchen und weißer Halskrause geschmückt hatte, den Arm und führte sie an den gedeckten Tisch. Rechts neben der Frau des Oberrabbiners faß der General Ludendorff , links der Hausherr, rings herum die zwölftöpfige Kinderschar, nach jüdischem Brauch vor der Mahlzeit mit dem Studium des Talmuds beschäftigt. Erst als der Oberrabbiner in feierlichem Tone wiederholte: Boruch habo, der Generol is do!" tlappten sie die zerlesenen Talmudbände zufammen.

*) Gefegnet fei der Kommende!"

was die beiden Kerzen auf dem Tische bedeuteten, und ein 3wölf jähriger antwortete ihm talmudisch geistreich:" Daß mög tommen Erleichtung in den Herrn Generol !"

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Bor Beendigung des Mahles nahm Ludendorff den Helm vom Kopfe getreu den Troditionen der Juden in Bolen hatte er bebedten Hauptes das Mahl eingenommen und ergriff das Wort zu einer kurzen Rede, in der er ausführte, daß er erst jetzt erkannt habe, welche tiefernste Sittlichkeit dem jüdischen Familienleben innewohne und welch grausames Unrecht der Barismus an den Juden in Polen begangen habe. Was er in seinem Aufruf an die Jidden in Baulen" versprochen habe, werde er halten. Er sei und bleibe ein Freund der Juden.

Juden mit der deutschen Oftupationsbehörden zusammenleben und er In Freundschaft und Eintracht sollten fortan die polnischen werde sich ein Vergnügen daraus machen, den Wünschen der jüdischen Bevölkerung in jeder Weise entgegenzufommen. Er erwarte aber auch von dem Oberrabbiner, daß er seinen Einfluß auf die Juden in Polen geltend machen und ihnen erzählen werde, daß er, Luden­dorff, die erste Gelegenheit benutzt habe, dem Oberrabbiner in seinem gaftlichen Haufe die freundschaftlichen Grüße des deutschen Kaisers zu übermitteln. Er bat um Entschuldigung, daß er schon vor dem Tischgebete, zu dem sich die Familie rüstete, das Haus verlassen müsse, weil er noch wichtige Besprechungen mit dem Ortskommandanten von Warschau habe".

Ludendorff klopfte dem greifen Rabbi auf die linte Schulter, füßte der Hausfrau, die den General entfest ansah, die rechte Hand und verschwand schnell.

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Das Problem der Marskanäle.

Auf der Naturforscherversammlung in Inns . Marsoberfläche im Lichte der physiologischen brud sprach Dr. Kühl. München über Einzelheiten der Optik. Durch zusammenfassende Betrachtung der bisherigen Karten der Marsoberfläche wurde gezeigt, daß die, anäle" eine Reihe von typischen Merkmalen haben, nach denen sie wahr scheinlich auf physiologisch- optischen Täuschungen beruhen und im besonderen als Grenztontraftlinien" anzusprechen find. Bringt man auf einem mit fauberem, beliebigem Drud ver fchenen, weißen Bapier einige nicht zu schwarze Flecke an, so zeigt sich, daß bei Betrachtung aus einiger Entfernung mit reduzierter Eilden, welche als Grenztontraste längs den bebrudten Flächen ver Bupillenöffnung sich zwischen den Flecken feine schwarze Kanäle laufen und genau diefelben Charaktereigenschaften zeigen, wie die Marsfanäle. Variationen des Experimentes zeigen, daß die dunklen Endflede in bestimmter Intensitätsabstufung gegen den Untergrund notwendig find, um die außerordentlich zahlreich vor. handenen Grenzfontrastmöglichkeiten an einigen auserwählten Stellen über die Schwello" au heben.

Danach wird men schließen müssen, daß auf den Marskarten breiteren Endpunkte der Kanäle reell sind, daß die übrige Mars oberfläche dagegen etwa wie die Erd- oder Mondoberfläche von außerordentlich zahlreichen, willkürlich verteilten Oberflächendetails bedeckt ist, die von der Erde aus mit unseren optischen Hilfsmitteln nicht aufgelöst werden können, sondern sich als verwaschene Flächen An den Grenzen diefer Flächen können durch Kontrast die oben er mit ganz geringen Helligkeitsunterschieden gegeneinander abheben, wähnten Grenzfontrastlinien entstehen. Von den außerordentlich zahlreich vorhandenen, aber sehr schwachen Kontrastlinien sieht in­deffen der Beobachter nur solche, welche durch einige etwas deut lichere Einzelheiten an ihren Endpunkten über die Reizschwelle ge hoben werden. Mit der wirtlichen Topographie des Mars haben also die gezeichneten Kanäle nichts zu tun und damit fallen endgültig auch alle baran getnüpften phantastischen Spetulationen. Selbstverständlich kann man die physiologisch- optisch durch Experiment vorgetäuschten Ranäle" auch auf der photographischen Blatte festhalten, zum Beweis wurden einige Lichtbilder mit folchen fünstlichen( d. h. gar nicht vorhandenen) Kanälen vorgezeigt.

Die nervenfchwache Polizei. Zu den wirksamsten Waffen gegen die Treibereien unverantwortlicher Kriegsheher gehört das Don Ernst Friedrich herausgegebene Buch Krieg bem Kriege". getreue Bilder von Kriegsszenen, Kriegsgreueln, Kriegsopfern. Es Die darin enthaltenen zahlreichen Illustrationen geben wahrheits­find fast durchweg Reproduktionen photographischer Aufnahmen und haben als solche dcfumentarischen Wert. Was man da sieht, läßt fich weder widerlegen, noch beschönigen. Die Wirkung dieses Buches ist stärker als die von hundert pazifistischen Leitartikeln und Volksreden. Eme Berliner Buchhandlung hatte nun eine Anzahl Bilder aus dem Buche Friedrichs zusammengestellt und sie als Werbeplatat in ihr Schaufenster gehängt. Da fommt die Polizei und verbietet die Ausstellung unter Hinweis auf einen Befehl, nach dem schreckenerregende Photographien von Kriegsverwundeten, die abstoßend auf das Publikum wirken fönnten und zu Ansammlungen und Berkehrsstörungen Anlaß geben", zu beseitigen find.

Merkwürdig.( egen bildliche Darstellungen und Plakate, die

zum Kriege heren, hat die Polizei nichts einzuwenden. Wenn aber bie unausbleiblichen Folgen eines Krieges gezeigt werden, wird die Sicherheitsbehörde ploßlich nerpenschwach, und sie möchte das Bullifum vor den Anblick der Greuel und Opfer bewahren, ber zur Tämpfung friegerischer Gelüste beiträgt. Aber es scheint, daß nach polizeilicher Weltanschauung die Verhütung von Kriegen nicht so wichtig ist wie die Verhütung von Anfammlungen und Berkehrs. störungen.

die Beobachtung gemacht, daß der Rundfunt durch die elettrijdge Straßenbahn und Rundfunt. In der letzten Zeit hat man oft Straßenbahn wesentlich gestört werden kann, indem durch Funken­bildung an den Motoren oder Stromabnehmern gebämpfte elettrische Schwingungen erzeugt werden. Man fonnte sich jedoch das Zustande temmen dieser in der Nähe der Straßenbahnen fo unangenehm fühlbaren Störungen gleichwohl nicht erklären, weil sie immer nur